Filmfest 838 Cinema
Die Hindenburg ist ein von Robert Wise produzierter und inszenierter Katastrophenfilm aus dem Jahr 1975, der von der letzten Reise und der Zerstörung des deutschen Verkehrsluftschiffes LZ 129 „Hindenburg“ im Jahr 1937 handelt. Dabei wird zugunsten der Spannung eine fiktive Geschichte erzählt, die auf Spekulationen über einen Anschlag auf das Luftschiff basiert. Grundlage für das Drehbuch war vor allem das Buch Hindenburg. Der letzte Flug von LZ 129 (Originaltitel: The Hindenburg) von Michael Mooney.
Der Film ist ein spannender Thriller, der aber auch historisch ungenau und spekulativ ist. Es gibt keine Beweise für einen Anschlag auf die Hindenburg, und einige Szenen sind an reale Ereignisse angelehnt, die aber nicht auf der letzten Fahrt des Luftschiffes stattfanden. Der Film zeigt auch einige Aspekte des Nazi-Regimes und seiner Propaganda, die das Luftschiff als Symbol nutzte. Der Film wurde für mehrere Oscars nominiert, erhielt aber auch negative Kritiken für seine Effekte und sein Drehbuch. Mehr dazu haben wir in der -> Rezension aufgeschrieben.
Handlung (1)
Durch Drohungen gewarnt, und um das Gerücht zu überprüfen, ein Saboteur könne die Fahrt des Luftschiffes Hindenburg nach Amerika behindern und dieses bedeutsame Symbol des Dritten Reiches vernichten, beauftragt die Gestapo den Luftwaffenoberst Franz Ritter mit der Überwachung der Sicherheit des Luftschiffes und schleust gleichzeitig einen Agenten unter die Passagiere.
Vieles scheint verdächtig, und im Zuge von Nachforschungen gesteht ein Besatzungsmitglied Franz Ritter, dass er eine Bombe an Bord versteckt hat, die nach der Landung explodieren soll. Ritter, der selbst auch keineswegs zufrieden mit der Politik des NS-Regimes ist, ist unschlüssig und versucht Zeit zu gewinnen.
Kurz vor der Landung in Lakehurst, New Jersey, entschließt er sich zum Widerstand. Die Bombe soll 90 Minuten nach der Landung explodieren. Doch die Landung verzögert sich. Franz Ritter versucht zwar noch, die Katastrophe abzuwenden, doch zu spät. Er und 35 andere finden in den Flammen den Tod.
Anni und Tom über „Die Hindenburg“
Anni: Roger Ebert hat in seiner Kritik auf ein Grundproblem hingewiesen, das „Die Hindenburg“ von anderen Katastrophenfilmen unterscheidet, die ja damals sehr in Mode waren („Die Poseidon“ und „Flammendes Inferno“, beide aus dem Vorjahr, seien hier stellvertretend genannt). Während in den anderen Filmen das die Katastrophe auslösende Ereignis schon nach kurzer Zeit passiert und die Menschen dann eine Stunde lang oder länger gegen die Folgen kämpfen müssen, wobei einige nachrangige Charaktere natürlich den Tod finden, die wichtigen Figuren aber überleben, läuft in „Die Hindenburg“ alles auf einen Moment zu, der sich erst kurz vor Schluss ereignet. Interessanterweise stimmt das aber nicht so einheitlich, was Ebert da schreibt: Im „Titanic“-Film von 1997 und noch mehr in den früheren Versionen des Stoffes nimmt die Entwicklung bis zur Katastrophe größeren Raum ein als die Katastrophe selbst.
Tom: Sehr gut analysiert. Es ist tatsächlich ein Unterschied in der Plotkonstruktion, ob du eine Katastrophe früh einsetzen lässt und dann Einzelpersonen in epischer Breite Heldenmut beweisen können, oder ob am Schluss etwas passiert, wogegen alle machtlos sind und sich höchstens noch schnell retten können oder eben nicht. So gesehen, ist die Explosion der „Hindenburg“ ein denkbar schlechtes Skript aus dem realen Leben. Es geht gar nicht anders als Spannung aufzubauen, indem zum Beispiel die Sabotage-Variante ausgespielt wird, die ebenso unbewiesen ist wie jedes andere auslösende Moment, aber am wahrscheinlichsten dürfte die Selbstentzündung sein. Denn der Saboteur ist ja ein Anti-Nazi und die haben sich in Deutschland, so es welche gab, die nicht emigrieren mussten, um ihr Leben zu retten, nicht gerade durch spektakulär Anschläge hervorgetan. Abgesehen von den beiden bekanntesten Attentaten auf Hitler selbst 1939 und 1944 natürlich. Aber dass Deutsche versucht haben, die Technik der Nazis durch Attacken auf sie zu desavouieren, war wohl kaum zu besorgen. Dafür waren die Deutschen viel zu stolz auf ihre technischen Fähigkeiten, was im Film ja auch ein wenig zum Ausdruck kommt. Dass Ebert den Film aber auch einfach nicht mochte, kann man daran feststellen, dass er darüber witzelt, dass ein Film, dessen Ende man kennt, nicht spannend sein kann. Das würde dann für die Titanic-Filme logischerweise auch gelten und es gilt sogar für jeden Film, über den man vorher eine Zusammenfassung gelesen hat, die das Ende nicht ausspart.
Anni: Wichtiger finde ich in dem Zusammenhang auch, dass eben der Luftwaffenoffizier Ritter ums Leben kommt, und der ist ja die Identifikationsfigur. Die zweite Figur, die man so bezeichnen kann, die Gräfin, überlebt aber und kann ihre Tochter in die Arme schließen, die auf dem Landefeld wartet. Es ist überhaupt erstaunlich, dass 62 Menschen dieses Höllenfeuer überlebt haben und nur 35 dabei starben. Daran siehst du, dass die Luftschiffe eben doch sicherer waren als Flugzeuge – wenn da eines abstürzt, gibt es in der Regel keine Überlebenden. Deswegen eignen sich Flugzeugabstürze ja auch nicht als Katastrophenfilme. Von den Airport-Filmen abgesehen, in denen ja immer nur Beinahe-Abstürze vorkommen. Ich finde gerade den Realismus von „Die Hindenburg“ sehr stark, auch wenn das Sabotageding nicht bewiesen ist. Ansonsten ist er eben nach Hollywood-Muster inszeniert, ein paar Charaktere werden herausgehoben und differenzierter dargestellt, die anderen sind Stereotypen, die das Tableau vervollständigen oder anreichern. Aber woran es jetzt lag, dass „Die Hindenburg“ trotz ihrer wirklich gelungenen Trick- und Settechnik, die man in HD wirklich bewundern konnte, kein Erfolg wurde, ob am Plot oder an den Figuren, lässt sich wohl nicht so leicht sagen.
Tom: Es gab in den 1950ern mal eine Zeit, da haben einige US-Filme in Deutschland gespielt, wie etwa Remarques „Eine Zeit zu lieben und eine Zeit zu sterben“, aber in den 1970ern war das US-Kino schon von diesen Klamotten und Spionagefilmen verseucht, in denen Deutsche ausschließlich als tumbe Nazischergen dargestellt wurden, die natürlich Dutzendweise von einem einzigen aufrechten Amerikaner abgeknallt werden können. Da war die „Hindenburg“ mit den vielen intelligenten Menschen, die sie erdacht, bedient und die auf ihr als Passagiere mitgeflogen waren, etwas zu spät dran, und ich denke, auch diese differenzierte Darstellung hat dem Publikum nicht so zugesagt.
Anni: Gerade in den 1970ern waren die Amerikaner aber auch relativ kritisch sich selbst gegenüber, wie die politischen Filme der Zeit beweisen. Aber vielleicht war diese Darstellung auch zu glatt, diese saubere Trennung in saubere und unsaubere Figuren. Und die tolle Technik kommt noch dazu.
Tom: Die wird doch heute noch eher bewundert, sonst würden sich deutsche Autos in den USA nicht so gut verkaufen.
Anni: Vor allem die deutschen Autos, die schon in den USA selbst oder in Mexiko hergestellt werden, ist klar. Mir war die Darstellung der Deutschen auch zu positiv, tut mir leid. Richtige Nazis gibt es fast gar nicht, selbst Goebbels wirkt eher wie ein ziemlich normaler Minister, der halt für Propaganda zuständig ist und nicht wie der Dämon, welcher er nun einmal war. Die Leute sind mir auf eine erschreckende Weise zu normal. Zu amerikanisch, wenn du so willst. Das Schneidige, auf das die Nazis ja selbst immer so viel Wert gelegen hat, zeigen sie überhaupt nicht.
Tom: Das dürfte auch eher dem Wochenschau-Duktus zu verdanken sein, dass wir glauben, damals seien alle so zackig gewesen. Aber natürlich wirken die Deutschen hier sehr gepflegt und bis auf die Bier-Szene auch kultiviert. Wenn du sagst, das war alles nicht so, musst du aber auch sagen, dass die Amerikaner im Film genauso unrealistisch dargestellt werden. Da gibt es keine verblödeten Rednecks im Flyover-Country, sondern nur Helden zu Land, in der Großstadt, zu Wasser und in der Luft.
Anni: Das stimmt ja nun heute auch längst nicht mehr, aber der Film hat etwas Steriles und Künstliches und die Spannung baut sich ziemlich langsam auf. Ich bin vor allem deshalb dran und drin geblieben, weil ich natürlich wissen wollte, wie unser Land in seiner Verfassung von 1937 in einem solchen Film dargestellt wird. Gab es da wirklich diese österreichischen Flaggen mit dem Hakenkreuz drauf? Ich dachte, alles wäre schon rot mit weißem Kreis und dem Kreuz drin gewesen, wie am Leitwerk der „Hindenburg“.
Tom: War es sicher auch. Und Opel wurde 1929 von GM übernommen, nicht 1937. Aber was stimmt, ist der wichtige Helium-Aspekt. So technisch überlegen waren die Deutschen eben doch nicht, sie konnten nämlich das eigentlich für eine gefahrenarme Luftschifffahrt erforderliche Helium nicht gewinnen. Und schon damals gab es eine Liste mit technischen Produkten, die nicht exportiert wurden.
Anni: Man kann die Amerikaner dafür natürlich kritisieren, aber der Warenaustausch war ja wohl seit der Machtübernahme der Nazis eh nicht mehr ungestört. Ich meine aber, das Helium wurde nicht nur den Deutschen verweigert, sondern durfte generell nicht exportiert werden. Schlüsseltechnologie, you know. Militärisch nutzbar, möglicherweise. Was in den Film auch auffällt – in den meisten Katastrophenfilmen spielen Superstars mit, die natürlich, das stimmt schon, dann auch die Figuren mimen dürfen, die überleben. Undenkbar, dass Charlton Heston am Ende versucht, aus der Kanzel der „Hindenburg“ zu hüpfen und dabei verbrennt oder noch gerade so, mit versengten Klamotten oder Brandwunden im Gesicht, davonkommt.
Tom: Aber er hätte ja den Ritter spielen können, der versucht hat, die Katastrophe zu verhindern. Klar, Flammentod eingeschlossen. Vielleicht noch einige Fakten?
Anni: Verweisen wir doch mal auf diese deutsche Rezension, die wir in der IMDb gefunden haben von Jens Adrian, in der zum Ereginis selbst, zur Hindenburg und deren früheren Fahrten einiges nachzulesen ist. Ich gebe 7/10.
Tom: 7,5/10 von mir. Ich fand den Film atmosphärisch und darstellerisch okay, nicht überragend, technisch aber schon herausragend, für seine Zeit, er war auch für drei technische Oscars nominiert. Das Plotproblem lässt sich nicht von der Hand weisen, aber man kann auch sagen, wir sind etwas zu sehr von diesen Heldenmythen beeinflusst, um uns noch für normale Handlungsverläufe begeistern zu können. Die Darstellung der Deutschen nehme ich mal als neutral. Und man merkt schon, dass der Film von einem Regisseur gemacht wurde, mehrere Oscars gewonnen hatte, unter anderem Klassiker wie „West Side Story“ (1960) oder „The Sound of Music“ (1965), aber auch Thriller konnte wie „Bis das Blut gefriert“ (1962).
73/100
© 2017 Rote Sonne 17, Thomas Hocke
(1), kursiv und tabellarisch: Wikipedia
| Regie | Robert Wise |
|---|---|
| Drehbuch | Nelson Gidding, Richard A. Levinson (Geschichte), William Link (Geschichte) |
| Produktion | Robert Wise |
| Musik | David Shire |
| Kamera | Robert Surtees |
| Schnitt | Donn Cambern |
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