Filmfest 938 Cinema – Concept IMDb Top 250 of All Time (115) – Die große Rezension
Der Tag des Zwölfenders
Die durch die Hölle gehen (Originaltitel: The Deer Hunter) ist ein US-amerikanischer Spielfilm des Regisseurs Michael Cimino aus dem Jahr 1978. Das drei Stunden lange Epos wird allgemein dem Genre Antikriegsfilm zugeordnet. In der Handlung ziehen drei Männer aus der US-amerikanischen Provinz in den Vietnamkrieg und sind in der Folge körperlich versehrt und psychisch beeinträchtigt. Der Film ist in drei etwa gleich lange Akte aufgeteilt: die Zeit vor, während und nach dem Krieg. Dabei geht es Cimino, der nach seinen Worten nicht einen Film über Vietnam, sondern einen über die Vereinigten Staaten drehen wollte, um den Einfluss des Krieges auf sein Heimatland und dessen Gesellschaft.
Bei der Oscarverleihung 1979 war der Film in neun Kategorien nominiert; in fünf wurde er ausgezeichnet, darunter in den Kategorien Bester Film und Beste Regie. Auf der Berlinale 1979 sorgte der Film für einen Eklat; die sowjetische Delegation bezeichnete ihn als „Beleidigung für das Volk von Vietnam“ und reiste demonstrativ ab. Das musikalische Hauptthema des Films des britischen Komponisten Stanley Myers, Cavatina (The Theme from the Deer Hunter), ist auch abseits der Leinwand berühmt geworden; es wurde mit dem Ivor Novello Award ausgezeichnet.
Ursprünglich hatten wir die Rezension als für einen 1979 entstandenen Film ins Archiv gestellt. Durch das frühere Erscheinungsjahr ist aber sicher, dass der Film trotzdem die erste ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg war, denn Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“, der ganz sicher als echter Vietnamkriegsfilm bezeichnet werden kann, entstand erst ein Jahr später. Etwa gleichzeitig mit „The Deer Hunter“ entstand „Coming Home“ von Hal Ashby, den wir noch nicht gesichtet haben.
„The Deer Hunter“, so der Original-Titel des Werkes von Michael Cimino, ist ein Werk der Superlative.
- 5 Oscars gingen bei den Verleihungen 1979 an „The Deer Hunter“, darunter der Master-Oscar für den besten Film und der Oscar für die beste männliche Nebenrolle an Christopher Walken. Nominiert in der Kategorie beste männliche Hauptrolle war Robert de Niro, für die beste weibliche Nebenrolle Meryl Streep am Beginn ihrer einzigartigen Karriere.
- Der Film gewann insgesamt 17 Preise.
- Robert de Niro (2), Meryl Streep (3) und Christopher Walken bringen es heute zusammen auf sechs Oscars, damit ist die Besetzung der wichtigsten Rollen aus aktueller Sicht eine der höchstdekorierten aller Zeiten.
Mancher Oscargewinner früherer Jahre hat mit der Zeit an Glanz verloren, nicht so „The Deer Hunter“.
- Gemäß IMDb-Voting von derzeit beinahe 130.000 Nutzern ist der Film in den Top 150 aller Zeiten,
- gilt als einflussreichster Film des Jahres 1978,
- ist in beinahe jeder genreübergreifenden Bestenliste vertreten, die von unzähligen Nutzern der IMDb im Lauf der Zeit erstellt wurden.
- Das American Film Institute listete den Film in seiner ersten Ausgabe der 100 besten amerikanischen Filme aller Zeiten auf Platz 79, bei der Revision 2007 legte der Film auf Platz 53 zu.
- Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung der Rezension: Der Film steht mittlerweile mit einem Durchschnittsvoting von 8,1/10 auf Platz 192 der Top250 der IMDb, vor knapp einem Jahr stand er auf Rang 188, mittlerweile haben ihn ca. 350.000 Nutzer bewertet.
Manche Filme, besondes der letzten Dekaden, finden wir seitens der IMDb-Nutzer überbewertet, dennoch ist sie der wichtigste neutrale Gradmesser dafür, wie ein Film heute von einem breiten, aber überdurchschnittlich am Kino interessierten Publikum rezipiert wird.
Die Hommage an „The Deer Hunter“ verstehen wir. Ob der erste ganz große Vietnamkriegsfilm „The Deer Hunter“ oder der ein Jahr später entstandene „Apokalypse Now“ von Francis Ford Coppola ist, darüber kann man geteilter Meinung sein, aber der Film von dem einfachen Stahlarbeiter und Wildschützen, der in den Krieg zieht und danach das Wild nicht mehr schießen mag, ist einer der besten Antikriegsfilme und von erschütternder Intensität.
Gerade die ausführliche Darstellung des Lebens einfacher junger Männer, die in einem beinahe namenlosen Nest in Pennsylvania in einer Stahlschmelze arbeiten, schafft zunächst beinahe unmerklich, aber nachhaltig eine Identifikation, die durch die traumatischen Szenen in Vietnam so gesteigert wird, dass die Rückkehr von Michael (DeNiro), speziell das Wiedersehen mit Linda (Meryl Streep) zu den besonders bewegenden Momenten der Filmgeschichte zählen.
Wir haben uns den Film zweimal in einem Abstand von etwas mehr als zwei Jahren anschauen müssen, um diese Rezension schreiben zu können, wir wollten etwas mehr Distanz und uns noch einmal einige Details genauer betrachten. Damit gehört „Die durch die Hölle gehen“ auch zu der kleinen Schar der Filme, die wir für uns selbst als „besonders schwierig“ definiert haben. Zu dieser Gruppe zählen auch einige besonders kryptische Filme, aber das war bei „The Deer Hunter“ nicht der Grund für die Entscheidung, eine zweite Sichtung vorzunehmen. Wir haben mittlerweile auch volles HD zur Verfügung und der Film ist so beeindruckend gestochen scharf rübergekommen, dass wir ein wenig an den Einstellungen des Fernsehers manipuliert haben, damit die Optik nicht besser wirkt als die Realität, wie sie in klaren und starken Bildern gezeigt wird.
Der Film macht das Einfache zum Besonderen und Allgemeinen und auch unsere Wahlstadt hat eine besondere Geschichte mit ihm. Bei der Berlinale 1979 wurde der Film nicht einmal im Hauptwettbewerb, sondern außer Konkurrenz gezeigt, dennoch reiste das sowjetische Teilnehmerteam ab und zog seine Beiträge zurück – weil der Film eine Beleidigung für das Volk von Vietnam sei. In der Tat ist er weit vor der Zeit der PC entstanden und die Vietnamesen, besonders die Vietkong, werden als äußerst brutale und niedere Typen dargestellt, die mit ihren Gefangenen grausame spiele spielen. Offenbar ist dieses Alles oder Nichts aber auch in Saigon ein Volkssport, wo die Amerikaner gerade abziehen, als der Film endet. Es wird auf das Leben gewettet. Man kann das Ganze steigern, in dem man in einen sechsschüssigen Revolver nicht eine Patrone einsetzt, sondern drei, wie es Michael selbst praktiziert hat, um die Vietkong zu überwinden, bei denen er, Steve und Nick gefangen sind.
Kann man dem Film diese Einseitigkeit vorwerfen, wenn der Regisseur behauptet, keinen Film über Vietnam, sondern über die USA (heute: in jener Zeit) machen zu wollen? Wäre eine Differenzierung nicht auch eine Relativierung der Greul und Traumata gewesen, mit denen die US-Soldaten konfrontiert waren und die sie, sofern sie überhaupt zurückkehrten, mit in die Heimat nahmen? Nach dem zweiten Anschauen sind wir nicht ganz sicher. Wir sehen im Wesentlichen keine Aggressionen der Amerikaner, sondern, wie die Vietkong sogar die eigenen Landsleute abschlachten, von denen sie vermuten, dass diese mit dem US-Militär kooperiert haben. Vor allem die Szene, in der ein Nordvietnamese eine Frau und ihr Kind in Flammen setzt, bleibt nachhaltig in Erinnerung.
Handlung (1)
Michael, Nick und Steven, drei russischstämmige Stahlarbeiter aus dem US-Provinzstädtchen Clairton, Pennsylvania, sind Patrioten durch und durch und ziehen deshalb 1968 freiwillig in den Vietnamkrieg. Knapp vor ihrer Abreise wird die russisch-orthodoxe Hochzeit Stevens mit Angela ausgiebig gefeiert (nach „The Andy Warhol Diaries“ handelte es sich um eine russinische Hochzeit). Am folgenden Tag gehen Michael und Nick mit weiteren Freunden ein letztes Mal gemeinsam ihrem Hobby als Rotwildjäger (deer hunter) nach.
Der zweite Teil in Vietnam setzt erst wieder ein, als Michael, Nick und Steven in die Gefangenschaft der Vietcong geraten; dabei werden Kampfhandlungen kaum gezeigt. Die Gefangenen werden in Käfigen im Fluss gehalten, in denen sie ständig bis zum Mund im Wasser stehen und werden von ihren vietnamesischen Aufsehern gezwungen, „Russisches Roulette“ zu spielen. Durch einen Trick, bei dem sie ihr Leben riskieren, gelingt es Michael, die Wärter auszuschalten und mit seinen Freunden zu fliehen. Auf der Flucht trennen sich die Wege der drei Freunde; nur Nick kann mit einem Hubschrauber gerettet werden.
Steven wird auf der Flucht so schwer verwundet, dass ihm die Beine amputiert werden müssen und er an den Rollstuhl gefesselt in die Heimat zurückkehrt. Dies erfährt Michael erst, als er selbst wieder in den Staaten angekommen ist. Steven bekommt währenddessen regelmäßig Geld von Nick, der in Saigon, der Hauptstadt des umkämpften Südvietnam, zurückgeblieben ist.
Auch Michael, der körperlich unversehrt den Krieg überlebt hat, ist gezeichnet: er findet sich in seiner Heimat nicht mehr zurecht, und der Umgang mit seinen alten Freunden und Bekannten ist ihm unmöglich geworden. Auf einem erneuten Jagdausflug mit seinen Freunden schießt er absichtlich an einem Hirsch vorbei.
Er kehrt nach Vietnam zurück, um seinen Freund Nick und sich selbst zu finden. Nick wurde durch den auf groteske Weise lebensverachtend geführten Krieg so traumatisiert, dass er – anstatt nach Hause zurückzukehren – in einem Casino in Saigon als Russisch-Roulette-Spieler endet, auf den Geld gewettet wird. Michael versucht ihn während eines Russisch-Roulette-Spiels zur Rückkehr in die Heimat zu überreden. Da Nick ihn anscheinend nicht erkennt, spielt Michael aus Verzweiflung selbst eine Runde mit ihm. Aber Nick hat diesmal Pech mit dem Revolver und erschießt sich genau in dem Moment, als er Michael wieder zu erkennen beginnt. Die Bestattung von Nick findet schließlich in den USA in der Stahlarbeitersiedlung statt.
Rezension
Wir nehmen den Faden aus der Einleitung auf, um zu einer Prämisse zu kommen, welche wir voranstellen müssen, um unsere Wertung von „The Deer Hunter“ 35 Jahre nach seinem Entstehen und 38 Jahre nach dem Ende des Vietnamkrieges zu erklären.
„… als die Gefangenschaft der Hauptdarsteller beim Vietkong geschildert wurde, hätte ich […] beinahe […] aus Protest den Saal verlassen. Die Vietkong-Partisanen waren nicht zart mit ihren Gefangenen umgesprungen, und es war bestimmt gefoltert worden. Aber zum Russischen Roulette hatten die Soldaten Ho Tschi Minhs mit Sicherheit niemanden gezwungen, und schon gar nicht hatten sie um Geld gespielt. Was auch immer man von den vietnamesischen Kommunisten halten mochte, diese plumpe Verunglimpfung war unwürdig und empörend.“
So schrieb die kürzlich verstorbene Journalisten-Legende Peter Scholl-Latour im Bestseller „Der Tod im Reisfeld“. Dass man in einem immerhin drei Stunden langen Film die Gelegenheit nicht wahrnahm, den Vietnamkrieg differenzierter darzustellen, muss in der Tat aus heutiger Sicht besprochen werden – gerade aus heutiger Sicht, denn mittlerweile ist die amerikanische Geschichte vorangeschritten. Der Vietnamkrieg ist nicht mehr so scharf im Fokus und wird nicht mehr so heftig und kontrovers diskutiert wie während seines quälend langen Andauerns, als es erstmalig zu Massenprotesten gegen die Politik der USA überall auf der Welt kam. Die Reflektion setzte im Grunde erst nach dem unrühmlichen Ende ein, das sich wie ein Kainsmal ins Antlitz jener Nation eingebrannt hatte, die ohnehin dabei war, durch entsetzliche Morde an progressiven Politikern und Affären wie Watergate ihren Stolz zu verlieren. Mit einem Mal war deutlich geworden, wie dünn der zivilisatorische Überzug war, nachdem man sich als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges mit gewissem Recht als moralische Instanz der freien Welt, der damals wohl wirklich besseren Welt, weil durch das lebendige Gegenmodell des Sozialismus gebändigt, zeigen durfte.
Heute sind die Wunden bei oberflächlicher Betrachtung nur noch blasse Narben einer gefestigten Nationalpersönlichkeit, die alle inneren und äußeren Kämpfe überlebt hat, doch der Vietnamkrieg war und bleibt der Moment, in dem der schleichende Niedergang dieses immer noch mächtigsten Landes der Erde sichtbar wurde. Die Unruhen und Morde in den 1960ern waren ein Menetekel, aber der Vietnamkrieg markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des bis dahin aufstrebenden und nicht vorgeblich, sondern tatsächlich von Grund auf optimistischen Landes.
Man kann die folgenden Ereignisse – das Revival des Konservatisvismus und einer flachen Form von Patriotismus unter Ronald Reagan und George W. Bush nicht verstehen, wenn man den Vietnamkrieg und die ungeheure Demütigung, durch eine Horde von klein gewachsenen, fanatischen Guerillakriegern besiegt worden zu sein, außer Acht lässt. Dass Vietnam einen wesentlich höheren Blutzoll bezahlt hat als die USA, steht dabei auf einem anderen Blatt, denn wir sehen nur die Zinksärge für die amerikanischen Opfer, sie werden für uns zu Persönlichkeiten, die Gegenseite ist eine grundgelbe Gefahr ohne menschliches Antlitz.
Wir wissen das und nehmen die Szenen bei den Vietkong, in deren Gefangenschaft drei der Hauptfiguren aus dem Film (Michael, Steve, Nick) geraten, und in Saigon nicht in erster Linie als eine plumpe Verunglimpfung wahr, sondern als einen Ausdruck unbewältigten Entsetzens über das, was gerade geschehen war. Die Übersteigerung der Brutalität der Vietkong, die tatsächlich ohne Rücksicht auf irgendetwas kämpften, was sie sowieso nicht hatten, wie zum Beispiel ein schönes Leben im Wohlstand, gipfelt in diesem auch als Sinnbild wichtigen „Russischen Roulette“, das aber nach gängiger Meinung vor allem die Sinnlosigkeit und Zufälligkeit des Todes in diesem Krieg und in jedem Krieg symbolisiert. Der Zufall streckt die Männer nieder, es kommt nicht darauf an, welcher Ideologie oder Fahne sie folgen.
Dass man die Vietnamesen gar nicht erst verstehen wollte, ist der ganz und gar amerikanischen Perspektive des Films geschuldet und reflektiert absichtlich oder unabsichtlich die traditionelle Art der Amerikaner, anderen Völkern gegenüberzutreten. Wir erleben das auch derzeit wieder, dass die USA im Ukraine-Russland-Konflikt die Anbindung an Freund und Feind auf seltsam autistisch wirkende Art verloren haben (2) Russischstämmig sind auch die wichtigen Figuren des Films, alles einfache Leute, eine christlich-orthodoxe Einwanderergemeinde mit einer Zwiebelturmkirche, deren Pracht in seltsamem Kontrast zu dem einfachen Leben der Menschen steht. Beinahe wie im alten Mütterchen Russland, wo die Kirche reich war und den Menschen nicht einmal ihr eigenes Leben gehörte. Es ist auffällig: Dass diese Leute in einem Stellvertreterkrieg gegen die Sowjetunion kämpfen, aus der sie oder ihre Vorfahren eingewandert sind, und deren Welt alles andere als der amerikanische Traum ist. Sie sind derb, ungebildet, trinken sehr viel und manche schlagen Frauen, die Geschlechterrollen sind nicht sozialpädagogisch umgeformt, aber am Ende singen sie „God bless America“, die heimliche Hymne der USA, die wir schöner finden als die offzielle.
Aus journalistisch-dokumentarischer Sicht sind die Szenen in Vietnam gewiss viel zu einseitig gefilmt, zumal jeder die Geschichte von Agent Orange und von amerikanischen Massakern an der Zivilbevölkerung kennt, aber man darf diesen Film nicht als objektiven Bericht ansehen, sondern er ist eine Fiktion, erzählt aus der Sicht einiger Soldaten, die gemeinsam in den Krieg gezogen sind und gemeinsam in Gefangenschaft geraten. Genauer: Wir sehen alles aus der Perspektive von Michael. Die drei Kameraden stehen wiederum für das, was der Krieg anrichtet: Michael ist erwachsener und sanfter geworden, nimmt viel Verantwortung für andere wahr. Steve hat keine Beine mehr und wird von Michael in die Gemeinschaft zurückgeholt. Nick ist wahnsinnig geworden und kann nur noch mit dem Thrill der ständigen Todesdrohung leben – und kommt dadurch um, genau in dem Moment, als Michael ihn in die Staaten heimholen will.
Systemwahrnehmung und Wehrdienst
Keiner der Charaktere diskutiert in „The Deer Hunter“ über die Hintergründe des Krieges oder gibt seine Gedanken preis. Wohl ist Skepsis spürbar und es wird kein Hurra-Patriotismus gezeigt, trotz Rot-Wie-Blau geschmückten Festhalle, in der die letzte große Szene vor dem Abflug der Soldaten nach Vietnam stattfindet. Wir sehen keine Intellektuellen, die den Krieg in These und Antithese ausgewogen an den Zuschauer vermitteln würden. Die Männer sind Arbeiter und die Frauen Hausfrauen oder Supermarktverkäuferinnen. Aus der Arbeiterklasse, den Unterprivilegierten und dem unteren Mittelstand rekrutiert sich bis heute im Wesentlichen die Armee der Vereinigten Staaten von Amerika.
Die Haltung der Männer im Film wirkt selbstverständlich und schicksalsergeben und es wird nur gezeigt, wie der Lauf der Dinge ist. „The Deer Hunter“ beginnt als eine Art Buddy-Film und die gezeigten Kumpels sind alles andere als herausragende Persönlichkeiten, schon gar keine Helden. Die drei sympathischsten von ihnen werden in den Krieg ziehen, die anderen haben alle möglichen Gründe, es nicht zu tun – oder werden nicht gezogen, gemäß dem damaligen „selective service system“ . Als Michael an einer Stelle bemerkt, dass einer seiner Buddies nicht in Vietnam helfen wollte, spielt dies nicht darauf an, dass dieser Dienstuntauglichkeit simuliert habe, sondern, dass er nicht eigezogen wurde, wofür er nichts kann, sich aber auch nicht freiwillig gemeldet hat, was er hätte tun können.
Wir gehen davon aus, dass der Beginn des Films noch in der Zeit spielt, in der die USA eine Wehrpflicht hatten und die hier gezeigten Männer demgemäß keine überzeugten Freiwilligen sind, sondern wehrtauglich und wehrwillig sind – oder eben nicht. 1973 / 1975 wurde die Wehrpflicht aufgrund der Vietnam-Erfahrungen abgeschafft und die USA haben seitdem eine Berufsarmee (zu den Besonderheiten des Verfahrens nach heutigem Muster, der Registrierungspflicht usw., siehe WIKIPEDIA).
Michael
Die zentrale Figur Michael ist derjenige, der ohne physische Schäden aus dem Krieg nach Hause kommt und wieder auf die Jagd geht. Dieser Typ, der es früher auch gerne hatte krachen lassen und mit den anderen zusammen einen drauf machte, ein Kumpel, aber auch ein eigenwilliger Typ ist, gezeigt u. a. in der Hochzeitszene, die das erste Drittel des Films dominert, und auf der gemeinsamen Jagd mit den Kumpels. Er ist auch dadurch als Sonderling konstituiert, dass er offenbar keine Familie anzielt, sondern alleine in einem verwitterten, immobil gewordenen Wohnwagen haust. Dieser Mann kommt nach Hause und tut, als habe er sich verspätet, um sein Empfangskommittee zu verpassen. Der Sinn steht ihm nicht nach Feiern. Schließlich geht er aber ins Dorf, trifft seine Leute, geht mit den verbliebenden Buddies auf die Jagd. Dort zeigt sich, dass er zwar den grundsätzlichen Instinkt nicht verloren hat und beharrlich sein Ziel, das scheue Wild, verfolgt, dass er weiterhin in der Lage ist, konzentriert zu sein – aber er kann letztlich auf den Zwölfender, als dieser frei vor ihm steht, nicht mehr schießen. Später erzählt er, das Tier sei ihm entkommen.
Hingegen lässt er sich auf eine Affäre oder Beziehung mit Linda ein, mit der ihn immer schon etwas verband, obwohl diese zwischenzeitlich – vermutlich auch, weil Michael keine eindeutigen Zeichen an sie ausgesendet hatte – eine Verlobung mit Nick eingegangen war. Trotzdem bricht Michael noch einmal nach Vietnam auf und sucht Nick, der ins Spielermilieu abgetaucht ist und das, was im Gefangenenlager stattfand, sozusagen professionalisiert hat: russisches Roulette um Geld zu spielen. Michael tritt noch einmal gegen ihn an – und verliert, weil sich Nick in der letzten Runde tatsächlich selbst erschießt. Michael kehrt nach Hause zurück, seine Mission, zu welcher er sich verpflichtet fühlte, auch Linda gegenüber, ist gescheitert. Aber nicht er als Mann ist gescheitert.
Zuvor hatte er auch ins Leben von Steve eingegriffen, der schwächsten der drei Männerfiguren. Steve hatte unter den entwürdigenden und höchst anspannenden Bedingungen der Gefangenschaft bei den Vietkong zunächst die Nerven und auf der Flucht seine Beine verloren und lebt in einem Militärhospital. Obwohl Steve nicht mehr ins normale Leben zurückkehren will, fährt Michael ihn kurzerhand im Rollstuhl nach draußen. Dort wird er allerdings auf eine traumatisierte, bettlägerige Ehefrau treffen, die mit Michael nicht einmal sprechen wollte, sondern ihm den Aufenthaltsort von Steve auf einen Zettel geschrieben hat.
Michael ist von Beginn an der männlichste und stärkste Charakter im Film, aber da ist noch etwas Primitives und Machohaftes, das weicht durch die Kriegserlebnisse von ihm und übrig bleibt eine tatsächliche, lakonische Persönlichkeit, die zwischen Held und Antiheld steht. Wie er sich in Vietnam für die Kameraden eingesetzt hat, das kennzeichnet seinen Wandel. Nach all dem trinkt er nicht einmal mehr Alkohol, wie sich im dritten Teil des Films zeigt. Dieser Wandel wirkt ambivalent. Einerseits ist die Ernsthaftigkeit wohltuend und glaubhaft und spielt de Niro alle Facetten seiner Figur so, dass die zeitweilige Überlänge von Szenen nicht langweilig wird, andererseits ist die Freude am Leben – symbolisch: an der Jagd – dahin.
Nick, Steve und die anderen
Ein weiterer Aspekt ist erstaunlich. Dass die tendenzielle Vorhersehbarkeit des Films ihn ebenfalls nicht langweilig macht. Zum Beispiel ist Steve, der zurückhaltende Junge mit dem sensiblen Gesicht, zum Opfer prädestiniert. Er heiratet, geht nach Vietnam und wird dort so schwer verletzt, dass man ihm die Beine amputieren muss. Würde nicht Michael ihn retten, würden wir ihm im dritten Teil des Films nicht mehr begegnen. Menschen wie er sind nicht für Kriege gemacht, wie so viele, die im 20. Jahrhundert in den Krieg ziehen mussten. Anders als Michael ist er dem Druck der Situation in keiner Weise gewachsen und es ist ein Wunder, dass es ihn nicht dahinrafft. Psychisch ist er aber trotz seines anschließenden Daseins im Rollstuhl weniger ein Wrack als sein Freund Nick. Ein symbolischer Wendepunkt für Michael wiederum, der wiederum gar nicht ins Bild gesetzt wird, ist die Tatsache, dass er sich dann doch entschließt, Steve zu retten, obwohl er vorher zu Nick sagt, entweder sie beide versuchen durchzukommen oder sie sind zu dritt dem Untergang geweiht. Klassisches Dilemma in so vielen Kriegs- und Gangsterfilmen.
Nick ist im Grunde die spannendste Figur bezüglich der Möglichkeiten, wie seine Biografie sich entwickeln könnte. Man ahnt, dass auch ihm etwas zustoßen wird, und zwar schon deswegen, weil sonst das Versprechen an Linda, zurückzukehren, so wie Michael ihm verspricht, ihn zurückzubringen, keiner Enttäuschung ausgesetzt wäre. Dass er psychisch, hat uns überrascht und die stellt dramatischste aller gezeigten Kriegsfolgen dar.
Eine wunderbare Möglichkeit, sich in Szene zu setzen, hat Meryl Streep, die mit ihrer Beseelung ebenso wie optisch sehr gut die Tochter russischer Immigranten verkörpert. Von ihrem Vater geschlagen, zieht sie in Michaels Wohnwagen, als dieser im Krieg ist, und wartet nur darauf, dass die Männer heimkommen, geht ansonsten unscheinbar ihrem Job im örtlichen Supermarkt nach. Sie ist die mitleidende „Heimatfront“ und steht für alle Frauen, die um ihre Männer bangen. Diese Passivität und das den Mächten ausgeliefert sein ist noch existenzieller als bei den Männern, die auf den ersten Blick immerhin die Chance darauf haben, zum eigenen Überleben etwas beitragen zu können. Genau betrachtet, gilt dies im modernen Krieg, galt das immer schon im Krieg für beide Geschlechter nicht. Es sind all diese einfachen Menschen, welche die Zeche für ideologisch motivierte Konflikte und Weltmachtphantasien zahlen. Die Wiedersehenszene mit Michael und das Heraustasten aus der Bindung an Nick, die ohnehin zweifelhaft war und die Hinwendung zu Michael sind wunderbar gefilmt und sehr anrührend.
Handlung
Setting. Sieht man von Vietnam (Mekong-Delta, Saigon) ab, spielt der Film an einem sehr traditionellen Ort der USA. Pennsylvania ist einer der 13 Gründerstaaten, geprägt einerseits durch die Stahlindustrie, andererseits durch eine ländliche Region, in denen sich zahlreiche bibelfeste Gruppen niedergelassen haben. Die Ausläufer der Appalachen sind das Revier, in dem die Männer um Michael jagen. Sie sind Angehörige einer Nicht-WASP-Minderheit (russisch orthodoxe Christen) und repräsentieren sowohl den Geist der USA als Einwandererland, in dem die verschiedensten Herkünfte und Glaubensrichtungen tatsächlich zu einer Nation verschmelzen konnten. Sie stehen aber auch für die nicht reflektierte Stellung als Menschen zwischen den Fronten des Kalten Krieges. Ihre Herkunft verbindet sie mit dem Land, gegen das die USA in Vietnam einen Stellvertreterkrieg führen, man merkt ihnen dies aber nicht an und sie äußern keine Zweifel oder denken über ihren Missbrauch als Kanonenfutter in einem Kampf nach, der nicht der ihre sein sollte. Amerika als Hort der Freiheit ist nicht bedroht, was man während der Kubakrise (1962) immerhin noch annehmen konnte. Es geht um weltweite Einflusssphären, um Machtpolitik, die dem Denken dieser Arbeiter ganz und gar fremd ist. Dass es auch unter ihnen Hierarchien, ein wenig Mobbing und klare Strukturen gibt, darf man nicht zu sehr als ironische Brechung interpretieren.
Plot und Dramaturgie. Die klare Aufteilung dieses epischen Kriegsdramas in drei ähnlich lange Akte Akte ist evident. Der erste spielt vor dem Einrücken der drei Männer Michael, Nick und Steve nach Vietnam und wird durch die Hochzeit von Steve und Pamela sowie durch die gemeinsame Jagd zentriert. Der zweite stellte die Hölle von Vietnam dar, die den deutschen Titel des Films geformt hat. Der dritte schließlich befasst sich mit der Rückkehr von Michael, seinem Verhältnis zu Linda, mit Steve im Krankenhaus, seiner Familie, dem veränderten Verhältnis Michaels zu den alten Kumpels und mit dessen Versuch, Nick heimzuholen.
Zeitweise wirkt die Handlung elegisch und Szenen werden sehr ausgedehnt, zum anderen gibt es heftige Sprünge. Man hat diese Gestaltung wohl zu Recht überwiegend so interpretiert, dass das Unkommentierte, die Momentaufnahmen, das Chaos, das durch den Krieg im Sinn eines plötzlichen Herausreißens aus einfachem Alltag gemeint und dieser unrunde Rhythmus des Films gewollt ist. Durch die Auslassungen wird auch das Verhältnis vom fernen Land und den USA sehr kontrastreich, wird jede Szene zu einem symbolisch aufgeladenen Akt – und lässt die Emotionen hochgehen. Als sei alles darauf abgestellt, kulminiert das in der Umarmungszene zwischen Michael und Linda nach dessen Heimkehr, die zwar nicht zum Kanon der Filmgeschichte zählt, weil sie, für sich genommen, banal ist – aber wie sehr man als Zuschauer involviert ist, merkt man genau daran, dass sich die ganze, riesige Anspannung, die sich zuvor aufgebaut hat, in diesem eher verhalten erleichterten als glücklichen Moment löst.
Ob dieser Impact im Ganzen so gedacht war? Wir sind uns nicht sicher und denken daran, dass das Gesamtkonzept von „The Deer Hunter“ aufgrund vieler besonderer Faktoren geglückt ist, dem Regisseur aber kein ähnlich hervorragend rezipierter Film mehr gelang – sinnfällig wird das am nachfolgenden Riesenflop „Heaven’s Gate“ (1980), der in der Tat als überdehnt und dramaturgisch schwächelnd angesehen wird. Deswegen ist die Frage berechtigt, ob Cimino auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen im Film nicht bei „The Deer Hunter“ auch einen Glückstreffer gelandet hat, alternativ – ob er bei „Heaven’s Gate“ noch einen Schritt weiter gehen wollte und diesen in die falsche Richtung getan hat. Unzweifelhaft hingegen ist, dass Cimino das Potenzial der Top-Schauspieler, die er zur Verfügung hatte, in „The Deer Hunter“ zur Geltung bringen konnte.
Die Atomosphäre ist nie frei von Bedrückung. Selbst die Hochzeit wirkt auf seltsame Art unheilschwanger, so dass es übertrieben symbolisch wirkt, als Braut und Bräutigam „Brüderschaft“ trinken und einige Rotweinflecken Pamelas Kleid verunzieren. Vorher wurde gesagt, wenn kein Tropfen verloren geht, bedeute dies ewiges Glück. Was man ahnte, weiß man in dem Moment: Es wird das Blut des Bräutigams fließen, in jenem fernen Krieg in Südostasien. Über die Stimmung von großer Angst und Machtlosigkeit, von fiebriger Bedrängnis im zweiten Teil muss man kaum reden: Für die Zeit gut gemacht, andere Vietnamkriegsfilme haben sich hier noch mehr in Gewalt gesuhlt. Die Reduzierung auf die Situation in Gefangenschaft (wieder nach einem großen Handlungssprung) wirkt allerdings packend und die Konzentration auf nahezu ein Thema – das Pistolenduell um Leben und Tod – macht einiges von der Intensität des Filmes aus.
Technik
Der in Cinemascope gedrehte Film hat noch heute eine sehr große bildliche Ausstrahlung. Die Szenen in den Bergen und die Hochzeit sind in diesem Format perfekt abzulichten, die überaus klaustrophobische Situation bei den Vietkong steht eher neutral zur Bildgröße. Die Sprünge in der Handlung werden bildlich überhaupt nicht angedeutet, es gibt keine Szene, deren Ende einen Hinweis auf den nächsten Sprung bieten würde. Auffällig sind die gedeckten Farben der amerikanischen Szenen und das buntere Bild in Vietnam – man kann auch sagen, alles ist grell und demaskiert, während dieses Leben der pennsylvanischen Arbeiterschaft nur von der Glut des Hochofens immer wieder für einige Sekunden in gleißendes Rotorgange getaucht wird. Starke Kontraste mit Sonnenlicht und Schatten werden bei den Außenaufnahmen in den USA auffällig vermieden.
Der Ton muss für damalige Verhältnisse sehr gut gewesen sein, denn auch für ihn gab es eine Oscar-Nominierung – die 70 mm-Kinokopien waren im seit den 60ern bekannten 6-Kanal-Stereo gehalten, die 35 mm-Varianten in einem frühen Dolby-System. Da sich gerade auf dem Gebiet des Tons im Film der letzten Jahrzehnte am meisten getan hat, bemerkt man die Unterschiede im Ton zu heutigen Produktionen deutlich, während die Bildgestaltung immer noch sehr modern wirkt.
Finale
Das erst leise, dann geradezu trotzig anschwellende „God bless America“ am Ende des Films in der kleinen Runde von Immigranten russischer Herkunft trägt, wie so Vieles in diesem Film, Symbolik in sich.
Es steht für die unverkennbare Ambivalenz des Werkes. Ist es patriotisch? In Maßen und in Moll, gewissermaßen. Zeugt es von Reflektion? Sicher nicht. Es ist vielmehr ein Reflex des Aufbegehrens und ein Zeichen der Gemeinschaft und des Zusammenhaltes. Es heißt nicht „Cheers“, sondern „No Sdarovje“, wenn angestoßen wird, aber das Land der Freiheit, in dem jeder ankommen und sich doch seine Identität bewahren darf, sind die USA.
Keine Diskussion darüber, dass die meisten Amerikaner das auch heute noch so sehen und die Korrumpierung der Politik und der Ideale an dieser Substanz nicht rütteln kann, solange das Land nicht durch schiere Naivität immer weiter reglementiert und die Bürgerrechte gekürzt werden. Da sind wir heute auch schon weiter, vor allem dank des 9/11-Rückschlages, aber 1978 war das anders (3).
Wir haben es sehr genossen, zwei lebende Schauspiellegenden, Robert de Niro und Meryl Streep, in einem Film, als Liebespaar und in recht jungen Jahren sehen zu dürfen, auch die Besetzung weiterer Rollen ist superb – Christopher Walken und John Savage gehören bis heute zu den gefragtesten Charakterdarstellern in den USA. Dieses Benefit der Extraklasse hebt den Film über die Kontroverse hinaus, die gerade heute, 35 Jahre nach seinem Entstehen, nicht umgangen werden kann.
Wäre die Eindringlichkeit geringer gewesen, wenn man die Bedrängnis der Menschen und die Greul des Krieges nicht durch eine doch recht einseitige Sicht, welche die Rolle der USA politisch weitgehend ausklammert, sondern durch andere, grausame Umstände dargestellt hätte? Es wäre aufwendiger gewesen und vielleicht wirklich nicht so effektvoll mit simplen Mitteln. Die überragende, statuarische Einfachheit des Films wäre nicht möglich gewesen, wenn man nach heutigen PC-Maßstäben differenzierter geworden wäre. Das Kompromisslose und Unkommentierte macht den Film einerseits groß, verhindert andererseits aber, dass wir ihn zu den absoluten Tops mit 9/10 oder mehr rechnen, denn selbstverständlich messen wir ein Werk auch an seiner Botschaft, wie sie sich aus der Sicht des 21. Jahrhunderts darstellt.
Dieser Überprüfung müssen Filme aus allen Epochen der Kinogeschichte zu allen Zeiten unterziehen und deshalb können wir ein Sonderprädikat nur eingeschränkt vergeben, das uns an manchem noch viel älteren Werk bereits fasziniert hat: „The Deer Hunter“ ist zeitlos in den Ängsten und Kriegsfolgen, die in subjektiver Auswahl gezeigt werden und beeindruckt uns mit seiner Dichte und aus einfachen Szenen geborenen Emotionalität, aber er ist nicht überzeitlich im Ganzen – aufgrund seiner politisch reduzierten Sicht.
Diese Subjektivität ist allerdings auch ein Stilmittel. Wie in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ist auch hier zu bemerken, dass der philosophische Wurf vermieden wird, weil das Geschehene zu nah und zu wenig der Analyse von oben zugänglich ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Bücher vermehrt im „Ich“ geschrieben, hat man sich auf das persönliche Erleben des Einzelnen beschränkt, das grausig genug sein konnte, ebenso hat sich die Technik der Interpretation von Literatur in diese Richtung bewegt, nur noch immanent zu analysieren.
Letztlich steht „The Deer Hunte“ im Zeichen von New Hollywood, das Filme ohne Thesen hervorbrachte, die vorgeblich nur zeigen wollten, was ist oder sein könnte. Was darüber zu denken sei, überließ man dem Zuschauer und wir meinen, das ist auch heute noch eine gute Herangehensweise.
Für uns gehört der Film zum Kanon der wichtigen Reflektionen über Vietnam. Zwischen der ersten und der zweiten Sichtung haben wir nun auch „Full Metal Jacket“ (1988) und „Geboren am 4. Juli“ (1988) gesehen, ebenso „Bunker Hill“ (1986), die das eigentliche Kriegsgeschehen in den Vordergrund stellen. Besonders „Geboren am 4. Juli“ greift Motive aus „The Deer Hunter“ wie den Verlust der Beine als Kriegsfolge auf und befasst sich ebenfalls intensiv mit der Zeit nach dem Krieg und was er aus einem bestimmten Menschen macht – wieder etwas anderes, einen Friedens-Aktivisten. Davon ist Michael weit entfernt, denn der Krieg wird für ihn immer etwas ganz Nahes bleiben.
88/100 (9/10 vorgesehen bei Verfassung des Entwurfs)
© 2023 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2013)
(1), kursiv und tabellarisch: Wikipedia
(2) Dieser Absatz wurde nicht anlässlich der Veröffentlichung im Zeichen des Ukrainekriegs beigefügt, sondern stammt aus dem Jahr 2013, bevor Russland die Krim besetzte.
(3) Der Beitrag wurde zur Zeit der Präsidentschaft von Barack Obama verfasst, das ist evident, um einige Aussagen im damaligen Zeitkontext bewerten zu können. Heute sieht es eher so aus, als ob die USA wirtschaftlich besser fahren, als man das vor einiger Zeit noch dachte, aber aufgrund der Trump-Ära und dem „Sturm aufs Kapitol“ in Washington wirkt die ideelle und demokratische Konstitution des Landes mittlerweile so schwach, dass sie negative Auswirkungen auf den gessamten Westen hat. Im nächsten Jahr sind wieder Wahlen, und gleich, wie sie ausgehen, das Echo des Vietnamkriegs und was er zum moralischen Niedergang des Landes beigetragen hat, ist wieder deutlicher hörbar. Zum Beispiel sollte man neuere historische Fails der USA, die auch während der Obama-Zeit stattfanden, fortgeführt oder eingeleitet wurden, nie ohne diesen Hintergrund betrachten. Das gilt auch für das neueste dieser Engagments in der Ukraine, bei dem bisher aber keine Truppen des Westens eingesetzt werden.
| Regie | Michael Cimino |
|---|---|
| Drehbuch | Michael Cimino, Deric Washburn |
| Produktion | Michael Cimino, Michael Deeley, John Peverall, Barry Spikings |
| Musik | Stanley Myers |
| Kamera | Vilmos Zsigmond |
| Schnitt | Peter Zinner |
| Besetzung | |
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