Paranoia – Polizeiruf 110 Episode 405 #Polizeiruf #Polizeiruf110 #München #Eyckhoff #Eden #BR #Paranoia

Crimetime Vorschau – Titelfoto © BR/Amalia Film und Dragonbird Films / Sabine Finger

Die vorletzte Sonntagskrimi-Premiere vor der Sommerpause bringt uns keinen neuen Tatort auf den Bildschirm, sondern einen Polizeiruf aus München und einen Abschied.

Paranoia ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Polizeiruf 110. Der vom Bayerischen Rundfunk produzierte Beitrag ist die 405. Polizeiruf 110-Episode und soll am 11. Juni 2023 im Ersten ausgestrahlt werden. Die Münchner Ermittlerin Elisabeth Eyckhoff ermittelt in ihrem sechsten und letzten Fall.[1]

Da wir schon mit der Wikipedia begonnen haben, ziehen wir aus ihr auch unsere erste Stimme zum 405. Polizeiruf:

„Also: Dynamik, Schnitt, Auswahl des Personals, Einsatz von Musik – alles Teile eines Gesamtkunstwerks. Und alles in der Episode „Paranoia“ […] eingesetzt und ausgespielt.“ – Holger GertzSüddeutsche Zeitung[2]

Verena Altenberger hat die ARD-Krimireihe “Polizeiruf 110” verlassen. Sie trat in die riesigen Fußstapfen von Matthias Brandt und war seit 2019 als Kommissarin Elisabeth Eyckhoff im Einsatz. Warum sie ausgestiegen ist, ist nicht bekannt123. 1. t-online.de, 2. taz.de, 3. spiegel.de

Vielleicht kommt es ja noch zu einer nachträglichen Erklärung. Nach dem heutigen Abend, der Erstausstrahlung ihres letzten Polizeirufs, wäre ein toller Zeitpunkt. Der verlinkte Spiegel-Artikel widmet ihr einen geradezu hymnischen Bessie-Eyckhoff-Nachruf, kritisierte aber den Bayerischen Rundfunk, der für sie keinen Plan gehabt habe, sodass ihre Ermittlerinnenfigur in jedem Film anders akzentuiert war. Das war natürlich bei den Vorgängern, bei Matthias Brandt und Edgar Selge, ganz anders, die mit einer eindrucksvollen Klarheit als Typen definiert waren. Eyckhoff war übrigens die erste weibliche Person, die beim bayerischen Rundfunk als Hauptermittlungsperson eingesetzt wurde, zuvor gab es bei Tauber im Polizeiruf 110 und jetzt im Franken-Tatort ein gemischtes Duo.

Was wir wiederum aus dem verlinkten Taz-Beitrag erfahren, ist, dass Johanna Wokalek in die Fußstapfen von Verena Altenberger treten wird. Das wird sicherlich wieder sehr interessant werden, da stimmen wir zu – unter Anrechnung der Tatsache, dass der Sonntagabendkrimi bei uns nicht mehr den Stellenwert hat wie, interessanterweise, vor der Corona-Pandemie.[2] Das bedingt auch, dass wir noch nicht alle bisher ausgestrahlten Filme mit Bessie Eckyhoff / Verena Altenberger kennen und daher vorsichtig damit sind, die Meinungen der Profis, die wir hier anreißen, unsererseits zu kommentieren.

Einziges Manko: Das offene Ende des Polizeirufs aus München. Wer über eine Stunde lang mitgefiebert hat und endlich wissen will, was da in München los ist, warum Menschen sterben müssen und wer jetzt recht hat – der wird am Ende enttäuscht. Kein Spannungsabfall – sondern ein komplett offenes Ende beendet die Polizeiruf-Karriere von Bessie Eyckhoff in München. Für ihren letzten Fall hätte ich mir einen befriedigenderen Abschluss gewünscht, deshalb gibt es von mir auch nur 4 von 5 Elchen.[3]

Das (allzu) offene Ende wurde auch von einer der oben erwähnten Stimmen kritisiert, es gehört sich für einen Krimi irgendwie nicht. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert, auch wenn es bei Tatorten schon die Variante gab, dass zwar ein Täter gefasst wurde, der ein konkretes Verbrechen begangen hat, der Täter aber Teil einer OK-Maschine ist, von der jeder weiß, dass sie durch dieses Herausbrechen eines kleinen Rädchens, das schnell ersetzt werden kann, nicht einmal ins Stottern kommt.  

Da kommt Wehmut auf: Mit dem sechsten Film verabschiedet sich Verena Altenberger als Münchener „Polizeiruf“-Kommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff. Die Episode „Paranoia“ (BR / Amalia Film, Dragonbird Films) bringt trotz kleinerer Ungereimtheiten die Stärken der Figur und der Reihe noch einmal auf den Punkt: den empathischen, niemals lauten Umgang der Kommissarin mit anderen Menschen, den hintergründigen, eigenwilligen Humor und den gesellschaftskritischen Anspruch. Bei ihrem letzten Einsatz ermittelt Eyckhoff gemeinsam mit Kollege Dennis Eden (Stephan Zinner) in zwei Mordfällen. Beide werden außerdem von einer psychisch labilen Rettungssanitäterin auf Trab gehalten. Der vom Schweizer Tobias Ineichen inszenierte Film verbindet stimmungsvoll und spannend die Subgenres Verschwörungsthriller und Stalkingdrama.

Ach ja: Eyckhoffs Ermittlungspartner Dennis Eden bleibt erhalten. Damit wird erstmal im Münchener Polizeiruf wenigstens eine Teilkontinuität aufgebaut, bisher haben die Teams immer komplett gewechselt, von Meuffels war ohnehin als Solist unterwegs. Tobias Ineichen ist mir natürlich ein Begriff, er war einer der Regisseure, welche sich der undankbaren Aufgabe annahmen, das Schweizer Tatort-Team Flückiger und Mayer zu einer Beliebtheit zu führen, die in Deutschland offenbar unmöglich ist, auch der jüngste Schweiz-Tatort mit den Ermittlerinnen Grandjean und Ott wurde von ihm inszeniert und fiel in der Gunst des Publikums mit Pauken und Trompeten durch. Aber ein Film besteht eben nicht nur aus der Regiearbeit, sondern auch aus Besetzung und Drehbuch. Vor allem bei den Drehbüchern sehe ich in den Rezensionen für den Wahlberliner regelmäßig die Schwachstellen, wenn gute Darsteller:innen nicht richtig zur Wirkung gelangen, etwa, weil die Plots unglaubwürdig und verquast erscheinen.

Wir übertreiben es heute mit der Wehmut nicht, vielleicht kommt dieses Gefühl noch, wenn wir mit dem Nachholen der noch nicht angeschauten Eyckhoff-Fälle durch sind und falls dies der Fall sein wird. Es ist tatsächlich so, dass wir aktuell an Boden verlieren. Wir rezensieren weniger Polizeirufe und Tatorte, als Filme der beiden Reihen neu erscheinen.

 TH

Handlung

Die Rettungssanitäterin Sarah Kant wird zusammen mit ihrem Kollegen Carlo Melchior zu einem Noteinsatz gerufen. Sie bringen die schwer verletzte Frau ins Krankenhaus. Am nächsten Tag erfährt Sarah, dass diese Frau nicht als Patientin eingewiesen wurde. Verwirrt versucht Sarah Carlo zu erreichen, dieser wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Was ist in dieser Nacht passiert? Die Kommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff und ihr Kollege Dennis Eden versuchen, die Geschehnisse der Nacht zu rekonstruieren. Es beginnt ein spannendes Spiel um Wahrheit und Täuschung.

Besetzung und Stab

Kommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff – Verena Altenberger
Kommissar Dennis Eden – Stephan Zinner
Sarah Kant – Marta Kizyma
Carlo Melchior – Timocin Ziegler
Schumann – Sebastian Kempf
Kerstin Schnabel – Maria Lüthi
Umut Kanoglu – Aslan Aslan
Dr. Matar – Michele Cuciuffo
Martin Blank – Francis Fulton-Smith
Doldinger – Peter Luppa
Pfleger Fahad – Delschad Numan Khorschid
Billinger – Olaf Becker
Kim – Katharina Hauter
Sven Dörner – Max Rothbart
Alban – Imad Mardnli
Jenny – Sushila Sara Mai
Mia – Giulia Goldammer
Kollege Richter – Matthias Ransberger
u. v. a. 

Regie – Tobias Ineichen
Drehbuch – Martin Maurer; nach einer Vorlage von Claus Cornelius Fischer
Musik – Marius Ruhland

 

 

 

 

 

 

 

[1] Polizeiruf 110: Paranoia – Wikipedia

[2] Dass ein Zusammenhang bestehen könnte, fiel uns kürzlich erst in der Nachbetrachtung auf. Hingegen arbeiten wir noch konsequenter an der Rezension historischer Filme, was gegenwärtig nicht so auffällt, weil wir mit dem Veröffentlichungsplan im Rückstand sind. Trotzdem ist weiterhin jeder dritte Platz im Kulturbereich Film / Fernsehen dem Format „Crimetime“ gewidmet, das im Wesentlichen Tatorte und Polizeirufe umfasst, zwei Drittel des des Kontingents entfallen demnach auf die Rubrik „Filmfest“. Früher war das Verhältnis 1:1, wir bilden die veränderte Interessenlage seit 2021 auch bei der Artikelplanung ab. Der gesamte Kulturbereich soll wiederum etwa ein Drittel aller Artikel umfassen, die beim Wahlberliner erfasst werden, die übrigen zwei Drittel sind vor allem der Politik gewidmet.

[3] Polizeiruf-Kritik zum Polizeiruf 110 „Paranoia“ aus München (swr3.de)

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