Bekenntnisse eines möblierten Herrn (DE 1963) #Filmfest 940

Filmfest 940 Cinema

Bekenntnisse eines möblierten Herrn ist ein deutscher Spielfilm aus dem Jahre 1963. Unter der Regie von Franz Peter Wirth spielt Karl-Michael Vogler die Hauptrolle eines charmanten Frauenhelden.

Der Spiegel schrieb: „Die Inszenierung von Franz Peter Wirth („Helden“) ist, am deutschen Unterhaltungsfilm-Niveau gemessen, angenehm leicht, ohne seicht zu sein. Hinter dem Vorbild („Liebesspiele“) des Franzosen Philippe de Broca bleibt der Film aber vor allem wegen geringerer Abneigung gegen Klischees zurück.“[1]

In Filmkritik ist von kub zu lesen: „Amouröse Abenteuer, wie man sie anderen im Café erzählt oder vorspinnt – nicht mehr; aber wann ist zuletzt einem deutschen Film dergleichen geglückt? Dazu eine Fülle unaufdringlicher Gags, ironische Musikakzente, erfreulich konkrete Typen, mit der linken Hand karikiert. Dialoge und Gesten brechen im Unsicheren ab; ein Meister darin ist Karl-Michael Vogler, ein bißchen Cary Grant, ein bißchen Jack Lemmon. Manchmal scheint indes das Vorbild „Ein Pyjama für zwei“ etwas zu deutlich durch.“[2]

Das Handbuch VII der Katholischen Filmkritik bemängelte durchgehend mangelnde Moral. Dort heißt es: „Mißlungener Versuch einer Gesellschaftssatire, deren moralische Standpunktlosigkeit in der selbstverständlichen Billigung sexuellen Auslebens vor der Ehe und der Verharmlosung des Ehebruchs gipfelt.“[3]

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte der Evangelische Film-Beobachter: „Deutlich auf erotische Erwartungen abgerichtet und von verantwortungsloser Lebenssicht. Abzulehnen.“[4]

Bis in die 1970er Jahre wurde Vogler immer wieder auch in internationalen Kinoproduktionen besetzt. So war er 1965 in Ken Annakins Komödie Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten der Partner von Gert Fröbe, in John Guillermins Der blaue Max spielte er 1966 mit George PeppardJames Mason und Ursula Andress, 1967 in Richard Lesters Satire Wie ich den Krieg gewann mit John Lennon und 1969 in Michael Ritchies Skifahrer-Film Schußfahrt mit Robert Redford und Gene Hackman. 1970 verkörperte Vogler in Franklin J. Schaffners Oscar-gekröntem Film Patton – Rebell in Uniform dessen deutschen Gegenspieler Erwin Rommel.

In der Folgezeit wurde Karl-Michael Vogler mit insgesamt fast 300 Rollen einer der meistbeschäftigten Darsteller des deutschen Fernsehens. 1972 übernahm er die Hauptrolle in der Science-FictionSerie Alpha Alpha. Die Produktion erinnerte in ihrer Thematik an den viel späteren US-Serienhit Akte X, war jedoch ihrer Zeit voraus und wurde nach der ersten Staffel eingestellt. Ungleich erfolgreicher war Vogler 1973 bis 1975 mit der Titelrolle in der aufwändig produzierten Serie Kara Ben Nemsi Effendi nach den ersten sechs Orient-Romanen von Karl May.

Wir haben ein paar Sätze aus der Wikipedia über Karl-Michael Vogler beigefügt, weil er nicht zum üblichen Personal des damaligen deutschen  Kinofilms zählt, wie wir es zum Beispiel in den zur selben Zeit, in der „Bekenntnisse eines möblierten Herrn“ entstand, zahlreich in den Wallace-Krimis vertreten sehen, inklusive einiger Altstars, die wieder in einer anderen Kinoepoche berühmt wurden.

Uns hat der Film offensichtlich besser gefallen als der kirchlichen Filmkritik. Vermutlich stellt er inhaltlich und stilistisch ein „Übergangswerk“ dar zwischen den klassischen Kinofilmen im Duktus der 1950er und den großen Kassenschlagern der frühen 1960er wie den erwähnten Wallace-Adaptionen oder den Karl-May-Western und dem Ton, der sich später im Fernsehen etablierte und erheblich nüchterner und moderner war.

Franz Peter Wirth war auch vor allem ein Fernsehregisseur. Insofern fällt „Bekenntnisse eines möblierten Herrn“ wohl etwas aus dem Rahmen, obwohl er nicht als Frühwerk oder Vorläufer des „Neuen Deutschen Films“ gilt. Das Produktionsjahr hatten wir im Filmverzeichnis Nr. 8 aus dem Jahr 1989 mit 1962 angegeben, 1963 ist die Angabe laut Wikipedia. Das ist nicht ganz unwichtig, weil sich  zur Mitte der 1960er hin tatsächlich der „neue sachliche Ton“ insbesondere im Fernsehen etablierte.

Höhepunkte des neuen Stils waren die Fußballreportagen aus den frühen 1970ern, wir erinnern uns noch: Die Reporter verbaten sich jegliche Emotion, sodass die Kommentierung lediglich daraus bestand, die Namen der Spieler zu nennen, die gerade an den Ball kamen, denn die Namen standen damals noch nicht auf den Trikots aufgedruckt. Die Fernseher waren kleiner und die meisten strahlten ihre Bilder noch in  Schwarz-Weiß ab. Das ist uns nur gerade so eingefallen, aber in der Tat waren auch Fernsehfilme von einer zuvor nicht gekannten Dezenz geprägt, die angesichts der hochgradig aufgeregten und agitatorischen Sprechweise, die sich im III. Reich etabliert hatte und sich bis in die 1950er zog, eine wohltuende Neuausrichtung waren und diese begann eben zu der Zeit, in welcher „Bekenntnisse eines möblierten Herrn“ entstand. Selbstverständlich hatte diese Entwicklung mit dem beginnenden Siegeszug des Mediums Fernsehen zu tun, sie wirkte sich aber auch auf den Spielfilm aus, wo wiederum der Höhepunkt in den frühen Werken des NDF, des Neuen Deutschen Films, ebenfalls in den frühen 1970ern erreicht wurde. 

© 2023, 1989 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Kursiv und tabellarisch: Wikipedia

Regie Franz Peter Wirth
Drehbuch Oliver Hassencamp
Produktion Wolf Schwarz für die NDF, München
Musik Bert Grund
Kamera Günther Senftleben
Schnitt Lilian Seng
Besetzung

Hinterlasse einen Kommentar