Shining (The Shining, USA / GB 1980) #Filmfest 970 #Top250 #DGR

Filmfest 970 Cinema – Concept IMDb Top 250 of All Time (123) – Die große Rezension

Der sechste Sinn erspart die Axt im Haus

Shining (original The Shining[2]) ist ein britischUS-amerikanischer Horrorfilm des Regisseurs Stanley Kubrick aus dem Jahr 1980 nach Stephen Kings gleichnamigem Roman.

„The Shining“ ist der vierte Film von Stanley Kubrick, den wir für die FilmAnthologie des Wahlberliners besprechen (einige der Rezensionen sind noch nicht veröffentlicht). Es ist ohnehin nicht auszublenden, dass Kubrick einer der größten Regisseure ist, der viele Genres konnte, nur eines sicher nicht: Das Leichte. Seine Filme sind so unterschiedlich, dass es schwerfällt, von einem Kubrick-Touch zu sprechen.  „The Shining“ wird allgemein zu seinen besonders gelungenen Werken gezählt und steht mit einer Wertung von 8,5/10 derzeit auf Platz 58 der besten 250 Filme aller Zeiten in der IMDb (8,4/10 und Platz 64 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Rezension im Jahr 2023). Damit ist dieses Werk natürlich auch einer der besten Horrorfilme, zumindest nach Meinung der bewertenden Nutzer der größten Filmdatenbank aller Zeiten. Derzeit haben über eine halbe Million Benutzer der IMDb ein Votum abgegeben, auch das ist ungewöhnlich für einen 35 Jahre alten Film (1,1 Millionen im Jahr 2023). Wie stehen wir zu diesem Werk? Es steht in der –> Rezension.

Handlung (1)

Das Overlook-Hotel, ein riesiger Komplex in den Bergen von Colorado, wird wie jedes Jahr den Winter über geschlossen. Nur der für diese Zeit als Hausmeister engagierte Schriftsteller und ehemalige Lehrer Jack Torrance und seine Familie bleiben in dem Hotel zurück, eingeschneit und abgeschlossen von der Außenwelt.

Der Film beginnt mit einer Kamerafahrt, die Jack Torrance’ Wagen durch die herbstliche Bergwelt auf dem Weg zum Overlook verfolgt. Im Dialog werden nun das Vorstellungsgespräch einerseits und die Situation bei Jacks Frau Wendy und seinem Sohn Danny andererseits gezeigt. Hierbei wird zum ersten Mal auch Tony, der kleine Mann, der „in Dannys Mund wohnt“, vorgestellt. Tony spricht durch Dannys Mund und bewegt dessen rechten Zeigefinger, er sagt Danny, was geschehen wird. So sieht er voraus, dass Jack die Stelle als Hausmeister bekommen wird. Der Hoteldirektor Ullman verschweigt Jack nicht, dass in einem Winter ein paar Jahre zuvor ein früherer Hausmeister namens Delbert Grady seine Frau, seine zwei kleinen Töchter und sich selbst getötet hat, vermutlich in einem Anfall von Trapperfieber, welches durch die Einsamkeit und Abgeschlossenheit hervorgerufen wird. Jack erzählt, seine Frau liebe Horrorfilme und die Einsamkeit mache ihm nichts aus. Er wolle an einem Manuskript arbeiten und die fünfmonatige Einsamkeit sei dafür genau richtig. Auch der Hinweis, dass das Hotel auf einem alten Indianerfriedhof gebaut worden sei, kann Jack nicht abhalten. Später bekommt Danny durch seinen imaginären Freund Tony Visionen aus dem Overlook (zwei ermordete Mädchen, Ströme von Blut aus Fahrstuhltüren etc.), die Danny aber noch nicht zuordnen kann und die ihm Angst machen.

Bei der Fahrt ins Hotel spricht die Familie über einen Fall von Kannibalismus, der in der Sierra Nevada stattgefunden habe. Eine Gruppe abgeschnittener Siedler war dazu gezwungen, sich gegenseitig aufzuessen, um zu überleben. Im Hotel werden den Torrances die letzten Einzelheiten erklärt, während Danny in einem Aufenthaltsraum Dart spielt und dabei das erste Mal zwei Mädchen sieht, die plötzlich im Raum stehen.

Der Hotelkoch Hallorann zeigt Wendy und Danny die Küche und die Vorräte des Hotels und erkennt Dannys hellseherische Fähigkeit, da er selbst ebenfalls über solche verfügt. So weiß er z. B. von Dannys Spitznamen „Doc“, obwohl ihm niemand davon erzählt hat. Als er mit Danny allein ist, spricht er mit ihm über dessen Hellsichtigkeit, die er das „Shining“ nennt. Danny berichtet ihm auch von Tony. Er nennt ihn den kleinen Mann, der in seinem Mund wohnt. Unerwartet erwähnt Danny von sich aus das Zimmer Nummer 237[2] und fragt nach Geschehnissen, die in diesem Zimmer stattgefunden hätten. Hallorann gibt keine Antwort und verbietet Danny, Zimmer 237 zu betreten.

Kaum ist die Familie längere Zeit alleine im Hotel, fangen die Schwierigkeiten an. Es beginnt damit, dass Jack Wendy aus der Hotelhalle verbannt, die er als Arbeitszimmer verwendet, weil er beim Schreiben nicht gestört werden möchte. Wendy und Danny erforschen daraufhin gemeinsam den riesigen Irrgarten vor dem Gebäude. Die Familie distanziert sich mehr und mehr voneinander. Beim Spielen entdeckt Danny das verbotene Zimmer 237 und hat auch immer mehr mentale Begegnungen mit der Vergangenheit des Hotels: Die toten Mädchen stehen vor ihm und fordern ihn auf, mit ihnen zu spielen und zwar für „immer und immer und immer“. Erneut sieht er Blut aus den verschlossenen Fahrstuhltüren quellen, das die Gänge überflutet. Daraufhin überschlagen sich die Ereignisse. (…)

Rezension 

Von den 16 Filmen, die Stanley Kubrick gedreht hat, erreichen neun derzeit eine IMDb-Durchschnittsbewertung von 8,0/10 oder höher, das ist vor allem quotal gesehen eine besondere Dokumentation von Kubricks Ausnahmestellung. Ob aber wirklich „The Shining“ der beste von allen ist (knapp vor „Wege zum Ruhm“ und „Dr. Strangelove“, dann folgen „A Clockwork Orange“ und „2001“ mit jeweils 1/10 Punkt Abstand – so ist die Rangfolge in der Liste)? Grundsätzlich haben wir nichts gegen die Ausnahmestellung von Kubrick einzuwenden, die ihm hier zugemessen wird.

Obwohl wir aber erst wenige Fime von Kubrick besprochen haben, haben wir bereits andere Favoriten innerhalb dieser schmalen Werkschau. Wir sehen „Wege zum Ruhm“ als das größere, wichtigere Werk an, fantastisch gespielt und von eiserner Logik und Konsequenz. „Spartacus“ empfinden wir als mindestens gleichrangig mit „The Shining“. Die beiden genannten Filme sind Spitzenleistungen ihrer Genres ((Anti-) Kriegsfilm, Historien-Epos). Nun muss sofort das Lästern folgen: Ein Film, der auf einem Buch von Steven King basiert, kann nicht so hochgradig handlungssicher sein wie diese Werke. Es ist bekannt, dass King keine Handlungskonzepte ausarbeitet, bevor er seine Bücher schreibt, und das führt zu Unschärfen, die man auch „The Shining“ anmerkt – unabhängig davon, ob King die Kubrick-Adaption seines Romans als gut empfand oder nicht. Er tat es nicht, weil er fand, dass Jack Torrance zu sehr im Mittelpunkt des Films stehe und das Hotel dabei zu kurz kommt.

Dabei ist es eine Wucht von einer Herberge. Für die frühen 1980er sehr, sehr stylisch und architektonisch von innen so beeindruckend, dass wir gleich ahnten, was wir von außen sahen, ist ein anderes Gebäude. Das Innere des Hotels wurde komplett in den Londoner Elstree-Studios gebaut, eine Meisterleistung des größten englischen Filmbetriebs (Heimat der Rank-Corporation, die uns viele tolle Filme geschenkt hat). Kurios fanden wir die Tatsache, dass in den Bergen von Colorado Sommertourismus herrscht und im Winter alles dichtgemacht wird. Wir waren immer der Meinung, dass dort vor allem die Wintersportsaison das Geld in die Kassen spült. Hätte man das aber so gezeigt, hätte man gleich mehrere Faktoren nicht zur Verfügung gehabt, die sich wunderbar ergänzen: Die Atmosphäre der Abgeschiedenheit wächst sich zur Abgeschnittenheit aus, weil das Telefon nicht mehr funktioniert (wohl aber noch der Funk, bis Jack es unbrauchbar macht) und man mit normalen Fahrzeugen das  Hotel nicht mehr erreichen kann, sondern nur mit einer Schneeraupe. Natürlich hat das Hotel eine solche, aber auch mit dieser treibt Jack seinen Schabernack. Horror durch kein Entkommen möglich funktioniert eben auf diese einleuchtende Art besser bei besonderen Bedingungen wie dem Schneesturm, mit dem der Höhepunkt der Handlung einhergeht.

Außerdem konnte man so die Irrgarten-Szene mit den von Danny manipulierten Fußspuren zeigen und diesen Garten generell in einen ganz besonderen Ort verwandeln. Letztlich – durch die Vereisung klemmt das Badezimmerfenster  und dient damit der Steigerung des Horrors, als Jack mit der Axt in ebenjenes Badezimmer eindringt.

Der Film hat uns optisch sehr beeindruckt, aber wir haben ein doppeltes Handicap, wenn es darum geht, Werke wie „The Shining“ zu würdigen. Zum einen sind wir keine Jünger von Steven Kings dicken Büchern, zum anderen kommt es in letzter  Zeit immer häufiger vor, dass uns Filme, bei denen andere sich vielleicht furchtbar gruseln, zum Lachen reizen. Vielleicht ist das eine Form erwachsener Sichtweise, die sich darin ausdrückt, dass kein noch so bunter Hollywood-Effekt wie etwa das Blutrauschen im Shining-Hotel dem nahekommen kann, was die Wirklichkeit zwischen Menschen an schockierenden Ereignissen bereithält. Beim Krimi sind wir eher dabei, und der entwickelt sich ja auch immer mehr zum eigentlichen Horrorfilm – wobei natürlich die meisten Horrorfilme auch eine Kriminalhandlung haben, denn sehr häufig basiert das, was geschieht, auf Verbrechen der Vergangenheit. Wie zum Beispiel darauf, dass das Overlook-Hotel auf einem Friedhof von Native Americans gebaut wurde, was bedeutet, man hat heiligen Boden entweiht.

So gesehen, ist „The Shining“ politisch korrekter Horror, ebenso wie der John Carpenter-Film „The Fog“, den wir kürzlich rezensiert haben und anders als „The Thing“ (1951 und 1982, letzterer ebenfalls von John Carpenter). Wenn wir schon bei Carpenter sind: Den Unterschied  zwischen einem mittelmäßig talentierten Splatter-Moviemacher und einem Kubrick bemerkt man durchaus. Kubricks Film ist psychologisch ausgefeilter als die die drei zuvor genannten Werke zusammen und technisch viel anspruchsvoller. Das beginnt mit den Raumkonzeptionen, den optischen Mustern, und endet mit suggestiven Bildeinstellungen, die für die damalige Zeit atemberaubend sind, noch lange nicht.

Aber haben wir uns wirklich gegruselt? Ja. Manchmal. Aber an anderen Stellen auch nicht, die eben belegen, dass wir ein grundsätzliches Problem damit haben, das Tun von Menschen noch mit zu Berge stehenden Haaren zu kommentieren, wenn es im Grunde ganz banal ist. Als die Kamera mit Danny auf Augenhöhe durch die endlos scheinenden Gänge des Hotels gefahren ist, als schon der Wechsel zwischen dem Fahren der Gummiräder des kleinen Go-Karts des Jungen auf Parkett und auf Teppich für einen tollen Rhythmus und enorme Spannung gesorgt hat und wir dachten, jeden Moment, jeden Moment passiert etwas Furchtbares, da hat das Gruseln funktioniert. Immerhin sind dann ja auch die beiden Schwestern, die 1970 getötet wurden, mehrmals mit Danny in Kontakt getreten. Aber wenn Jack Torrance mit der Axt eine Tür einschlägt, um seine Frau umzubringen, dann haben wir nicht dieselbe innere Anspannung.

Es liegt wirklich nicht an Jack Nicholson. Wenn es einen Hollywoodstar gibt, der Maniacs kann, dann sicher ihn, wie wir seit seiner zum Niederknien schön gespielten Rolle eines Anstaltsinsassen in „Einer folg über das Kuckucksnest“ wissen.  Da hat die Energie, die aus ihm herausbricht, etwas Positives, auch wenn er am Ende stirbt. Aber hier? Bei allem, was sich mit dem Mann tut, es bleibt klein im Vergleich zu dem unheimlichen  Hotel mit seiner ebenso unheimlichen Geschichte. Es ist statsächlich auch eine Frage der Dimensionen, und wir könne nicht ganz nachvollziehen, warum Steven King sich ausgerechnet daran so gestört haben soll, dass Nicholson durch sein Spiel seine Figur zu sehr in den Vordergrund gerückt hat bzw. dass Kubrick sein Buch so umgesetzt hat. Wir wohnen in Berlin in einem Haus, das ziemlich genau zu dem Zeitpunkt gebaut wurde wie das Hotel Overlook (1906-07) und haben schon oft gedacht: Welches Karma hat dieses Haus eigentlich, was ist hier möglicherweise schon geschehen, gab es Dramen, gar Verbrechen in diesen über 100 Jahren des Bestehens? Waren die Menschen hier überwiegend glücklich?

Käme nun jemand vorbei und wollte unsere Wohnungstür mit einer Axt einschlagen, wären wir selbstverständlich aufs Höchste alarmiert, könnten aber die Wohnung leicht verlassen. Sicher, jetzt banalisieren wir den Film selbst, aber kommt immer mehr dahin, dass wir die menschlichen Dimensionen in guten Krimis oder Dramen gut aufnehmen können, aber Kettensägenmassaker höchstens abstoßend und geschmacklos finden, nicht aber schlaflose Nächte durch das Anschauen selbiger haben. Das mag daher kommen, dass wir wissen, der echte Horror spielt sich in Menschen ab, die Aktionen sind nur Ausdruck unvorstellbarer Dispositionen.

Und warum wolle diese nicht durch die Umgebung befördert werden? Es ist im Grunde Blödsinn, dass den ganzen Sommer über nie etwas geschieht, dass alle Gäste und Angestellten lustig ihre Zeit an diesem schönen Ort genießen und nur einzelne Familien im Winter von den Dämonen des Hotels heimgesucht werden. Die Abgrenzung verschiedener Phänomene hätte auch um einiges klarer ausfallen dürfen: Was ist Halluzination, was ist „Shining“, was ist tatsächlich supernatural im physischen Sinn? Der Bruch in einem bis dahin denkbaren Konzept kommt, als Jack Torrance von einem früheren Hotelangestellten, den er im „Goldenen Salon“ kennenlernt, aus einer dummen Lage befreit wird, in die er sich selbst gebracht hat, weil er seine tapfere Frau unterschätzt hat. Wir meinen die Sequenz, in der Torrance im Speiseraum eingesperrt ist. Vielleicht trägt genau diese Szene, dass ihm da ein paar alte Geister auf die Sprünge helfen müssen, dazu bei, dass wir die Figur Torrance nicht mehr ganz ernst nehmen können, wie gnadenlos durchgedreht Nicholson sie auch spielt.

Wenn dieser Film ironische Brechungen und hintergründigen Humor hätte, wäre auch dieser Spuk okay gewesen, aber Kubrik, wir schrieben es bereits, ist kein Mann, der auf subtile Art sein Publikum hochnimmt – die Satire „Dr. Strangelove“ bildet dabei eine Ausnahme und doch nicht: Kubrick nimmt auch seine Satire durchaus ernst und damit die Kinogänger.

Auch die an sich sehr klaustrophobische und bedrängende Irrgartenszene, die ebenfalls filmisch von Feinsten ist, leidet darunter, dass Torrance schon nicht mehr im Vollbesitz seiner Kräfte ist und sozusagen im Laufen oder Humpeln verendet. Man ist recht bald beruhigt, dass Danny nichts geschehen wird, der vor seinem Vater durch ebenjenen Irrgarten flieht.

Der menschliche Horror wird noch am besten ausgespielt in den Szenen zwischen Jack und Wendy Torrance, etwa in dem Moment, als sie seine Manuskriptseiten durchsieht, auf denen in unterschiedlicher Anordnung immer derselbe, hochgradig interpretierbare und in verschiedenen Synchronfassungen höchst unterschiedlich übersetzte Satz steht: „All work and no play makes Jack a dull boy“. Sinn-wörtlich übersetzt heißt dies, Torrance ist ein sinistrer Typ, der immer nur an seine Arbeit denkt, anstatt die Zeit im Hotel zu genießen und sich den Zugang zu seiner Familie zu erhalten. Da kommt möglicherweise ein Bezug ins Spiel, den der Film in der Tat außer Acht lässt und ohne den der Satz ziemlich allein dasteht: Torrance ist offenbar als Lehrer gescheitert und nimmt deshalb die Hausmeisterstelle in diesem Hotel an. Er muss eine Familie durchbringen und kann außerdem die Zeit nutzen, um ein neues Leben als Schriftsteller zu beginnen. Hinzu kommt, dass er urplötzlich austickt, als er seine Frau aus der Lobby verbannt, vorher war kein Ansatz von Abdrehen zu bemerken, und von da an geht alles furchtbar schnell. Das hätte man dramaturgisch etwas subtiler gestalten können. Dass Torrance der whiskyfreudige Wiedergänger des Hausmeisters von 1921 ist, kann man wahrnehmen, aber was geschah damals, dass sein demnach einstiger Arbeitskollege Grady ihn, im Jahr 1980 als Erscheinung auftretend, dahingehend manipuliert, dass er endlich seine Familie umbringt? Es wird viel Zeit darauf verwendet, darzustellen, dass Jack ja seinen Whisky als früherer und aktueller Hausangestellter nicht zahlen muss, aber über den Bezug des Einst von Torrance zum Abdriften in den Wahnsinn und seinen mörderischen Wegen schweigt sich der Film aus, das Gleiche gilt übrigens auch für die Familie, die 1970 umkam – damals traf es Grady, den sein Ex-Kollege von 1921 nun als Pinguin bezeichnet (despektierlicher Ausdruck für Kellner im Frack, dieser wiederum nennt den afroamerikanischen Küchenchef Nigger, den es wohl  1921 ebenfalls schon gab, wie eben 1980). Und wer ist die Frau auf Zimmer 237? Mrs. Grady vor und nach ihrem Tod? Und hatte der gute Jack im Jahr 1921 etwas mit der Frau seines Kollegen oder warum wird dieses Element der Anziehung in ausgezogenem Zustand installiert?

Dass das Mini-Massaker, von dem Manager Ullman zu Beginn spricht, auf 237 geschah, ist klar, aber es ist eine weitere Schwäche der Konzeption zumindest des Films, dass die Inbezugsetzung seiner Elemente mehr oder weniger misslingt. Wir können höchstens über Zusammenhänge zwischen den Zeitebenen und Jacks Besessenheit und den Erscheinungen in diesem Hotel mutmaßen, über Prädestination, welche das Hotel schon durch den Ort seiner Errichtung von Beginn an gehabt haben könnte – ohne dass ein besonderes Ereignis in den Jahren 1906-1970 tatsächlich belegt wäre bzw. erwähnt würde. Wieder quer dazu verläuft das Shining-Talent von Jacks Sohn. Der Film schafft nicht, all dies zu seiner Einheit und zu einer Philosophie zu verbinden, und sei diese noch so eigenwillig.

Finale

Damit fällt auch eine starke Botschaft flach und alles, was wir sehen, wirkt selbstzweckhaft. Dass man respektvoll mit sich und anderen umgehen soll, ansonsten großes Unglück droht, ist das, was man auf einer ganz oberflächlichen Ebene noch ohne große Gefahr der Fehlinterpretation resümmieren kann. Das Hotel wurde am falschen Platz errichtet, die Selbstbezogenheit von Menschen, die im Wesentlichen nur an ihr eigenes Ding denken, sei es ökonomischer oder geistiger Natur wie etwa ein neues Buch, das unter gegebenen Umständen ohnehin misslingen muss (vielleicht hat Torrance auch seine Schüler viele Male einen einzigen Satz an die Tafel schreiben lassen, wenn sie nicht gespurt oder etwas nicht verstanden haben, und dies rächt sich in seiner Arbeit am Buch – es wird aber nicht erwähnt).

So gesehen gibt es Grund, mit Kubricks Umsetzung von Spielbergs Buch unzufrieden zu sein, und da King zur ausführlichen Schreibe neigt, ist es durchaus möglich, dass wesentliche Elemente in der Kinoumsetzung weggelassen wurden, und dass die Auswahl der entfernten Handlungselemente darauf schließen lässt, dass Kubrick tatsächlich keinen besonders guten Zugang zu Kings Roman hatte. Leider gibt es in der von uns gesehenen deutschen Fassung ein weiteres Problem, das schon viele Kinofilme mehr oder weniger zerstört hat: Sie ist mehr als 20 Minuten kürzer als das Original, wie es in den USA gezeigt wurde, und dadurch sind möglicherweise Sinnzusammenhänge vernichtet, weil auch die hiesigen Zensoren nicht so richtig durchgestiegen sind, was nun eigentlich zum Verständnis des Films ist– vermutlich jede der 142 Minuten der US-Fassung, deswegen hoffen wir auf eine restaurierte Version, die mit oder ohne Untertitel oder auch synchronisiert die europäische Fassung auf US-Länge bringt.

In der Fassung, die wir gesehen haben, müssen wir bei einer Wertung unter 80 Prozent verbleiben. Für einen Horrorfilm ist das angesichts unserer eher distanzierten Einstellung zum Genre allerdings ein Beleg, dass dies eben doch ein Kubrick ist, und das bewahrt ihn vor dem Abgleiten in die Mittelmäßigkeit.

Der Film wurde überwiegend positiv aufgefasst. So erhielt er eine Quote von 82 % auf der Plattform Rotten Tomatoes.[22]

Ulrich Behrens empfindet den Film als ein Meisterwerk, in dem die Wahrnehmungen der einzelnen Figuren mit der Realität verschmelzen, und sieht in ihm eine Kritik an der amerikanischen Zivilisation und eine Fortsetzung Kubricks von 2001: A Space Odyssey.[23]

Christian Neeb vermutet in einem Artikel im Spiegel, dass Kubricks Perfektion und der enorme Druck, den er auf einzelne Schauspieler ausgeübt haben soll, zu diesem „Monument des psychologischen Horrors“ geführt haben. Zugleich verweist er auf die Vielschichtigkeit des Filmes, über dessen Bedeutung Fans immer noch nachdenken würden.[24]

77/100

© 2023 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2015)

(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia

Regie Stanley Kubrick
Drehbuch Stanley Kubrick,
Diane Johnson
Produktion Stanley Kubrick
Musik Wendy Carlos,
Rachel Elkind
Kamera John Alcott
Schnitt Ray Lovejoy
Besetzung

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