Wo wird der ÖPNV am meisten genutzt? „Südkorea, Land der Bus- und Bahnpendler:innen“ +++ Fahrradnutzung (Statista + Kurzkommentar) | Briefing 304 | Verkehrswende, Wirtschaft, Klima / Umwelt

Briefing 304 | Wirtschaft, Verkehrswende, ÖPNV

Liebe Leser:innen, heute etwas zur Verkehrswende. Wie steht Deutschland da, wenn es ums Pendeln zur und von der Arbeit mit dem ÖPNV geht? Ein kurzer Kommentar wie immer unter der Grafik und dem Begleittext.

Infografik: Südkorea, Land der Bus- und Bahnpendler:innen | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz Creative Commons — Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International — CC BY-ND 4.0  erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

41 Prozent der im Rahmen der Statista Consumer Insights befragten südkoreanischen Pendler:innen nutzen für ihren Weg zur Arbeits- oder Bildungsstätte Bus oder Bahn. Damit liegt das asiatische Land deutlich vor den drei Mitgliedern des DACH-Raums, wie unsere Grafik zeigt.

Während sich Österreich und die Schweiz mit 34 Prozent den dritten Platz hinter Südkorea und Polen (39 Prozent) teilen, liegt Deutschland bei den insgesamt 21 untersuchten Ländern mit 27 Prozent ÖPNV-Nutzung für die tägliche Pendelstrecke lediglich im Mittelfeld. Auch Japan, das in der öffentlichen Wahrnehmung für sein effizientes Schienennetz bekannt ist, landet mit 30 Prozent Bus- und Bahnpendler:innenanteil auf den mittleren Rängen hinter europäischen Ländern wie Schweden oder Spanien.

Besonders irrelevant ist der ÖPNV im Pendelkontext in den USA (13 Prozent), Südafrika (17 Prozent) und den Niederlanden (19 Prozent). Die Erklärungen dafür sind unterschiedlich. In den Vereinigten Staaten, denen abseits von Metropolen wie Los Angeles oder New York die nötige Infrastruktur für zuverlässigen Pendelverkehr mit Bus oder Bahn fehlt, nutzen 73 Prozent der befragten Pendler:innen das eigene oder ein im Haushalt befindliches Auto für den Weg ins Büro, zur Schule oder in die Universität. In den Niederlanden hingegen hat das eigene Fahrrad eine höhere Relevanz. 35 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen geben an, zweirädrig zu pendeln. Was allerdings alle Länder, in denen die Umfrage durchgeführt wurde, eint: Das Auto ist mit Werten zwischen 41 (Japan) und 73 Prozent (USA) das meist genutzte Transportmittel im Pendelverkehr.

Die Grafik ist leider auch ein Teaser, denn sie beruht nicht auf einer unabhängigen Quelle, sondern auf eigenen Erhebungen im Rahmen der „Consumer Insights“ von Statista, sodass wir keine Möglichkeit hatten, uns ohne Bezahlung die übrigen Länder anzuschauen oder die Methodik, nach der die Fragen erhoben wurden. Dass Deutschland nicht besonders weit vorne ist, wenn es um den ÖPNV geht, ist nicht sehr überraschend. Und liegt es daran, dass die Verkehrsanbindung auf dem Land schlechter ist als etwa in Österreich oder der Schweiz? Oder in Spanien, um ein flächiges, nicht zu dicht besiedeltes Land zu nehmen. Vermutlich spielt auch hier wieder der Autofetisch in Deutschland eine Rolle.

Viele, die den ÖPNV nutzen könnten, nehmen die schlechte Anbindung als Ausrede für die eigene Bequemlichkeit. Selbstverständlich ist das nicht bei allen Menschen so, die das Auto bevorzugen, aber die vorliegende Grafik zeigt nicht, wie viele Prozent das in Deutschland sind, wir werden als diese Information noch ergänzen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Aber eine Quote von 27 Prozent ÖPNV-Nutzer:innen ist für ein Land, das sehr wohl überwiegend städtisch geprägt ist, zu wenig.

Zwar gibt es diese großen Lücken, aber eben in dünn besiedelten Gebieten, nicht in den Städten, die überwiegend mit anderen, kleineren Städten auch Verkehrsverbünde haben, die eine gute Anbindung gewährleisten, wie etwa Brandenburg mit dem VBB, dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg mit dem brandenburgischen Hotspot Potsdam. Auch dieser Verbund kann nicht alle Regionen gleichermaßen gut versorgen, aber nach unserer Ansicht wäre für mehr als zwei Drittel aller Menschen in Berlin und Brandenburg, die z. B. täglich innerhalb Berlins oder von Brandenburg nach Berlin zum Arbeiten pendeln, eine ÖPNV-Nutzung problemlos möglich, in vielen Fällen stellt sie sogar eine Zeitersparnis gegenüber dem Auto dar, auch wenn verschiedene Navigationssysteme das Gegenteil suggerieren: Da wird immer noch vom optimalen Verkehrsfluss ausgegangen, den es in Berlin aber zu den Stoßzeiten nicht gibt, schon gar nicht, wenn man in Richtung Mitte oder von dort weiter nach draußen fahren muss. Auch mit dem Fahrrad ist man in dieser Stadt nicht viel langsamer als mit dem Auto und tut etwas für seine Gesundheit.

Dazu haben wir vor einiger Zeit auch eine Statistik gezeigt, die wir hier wieder einbinden:

Da sieht Deutschland nicht so schlecht aus und Länder wie Spanien haben kaum Fahrradnutzung zu verzeichnen, mithin dürfte dort also der Autonutzungsanteil, wenn wir ÖPNV-und Fahrradnutzung zusammenrechnen, größer sein als bei uns. 

Was bleibt festzuhalten? Bei der Verkehrsmittelnutzung muss dringend umgedacht werden und das ist eine politische Angelegenheit, bei der z. B. der neue Berliner Senat prompt komplett falsche Zeichen gesetzt hat (grundsätzlich wie erwartet, aber im Detail noch schlimmer).  

TH

 

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