Aus dem Dunkel – Tatort 1245 #Crimetime #Vorschau #Tatort #Mainz #Berlinger #SWR #AusdemDunkel #Dunkel

Crimetime Vorschau Titelfoto ARD 

Aus dem Dunkel ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Tatort. Der vom SWR produzierte Beitrag ist die 1245. Tatort-Episode und soll am 8. Oktober 2023 im SRF, im ORF und im Ersten ausgestrahlt werden. Die Mainzer Ermittlerin Ellen Berlinger ermittelt in ihrem fünften und letzten Fall.  Tatort: Aus dem Dunkel – Wikipedia

„Nach nur vier Folgen heißt es Abschied nehmen: Aus Kostengründen stellt der Südwestrundfunk (SWR) den Mainzer „Tatort“ ein und konzentriert sich fortan auf seine Ermittlerteams in Stuttgart, Ludwigshafen und im Schwarzwald. So wird Kommissarin Ellen Berlinger (Heike Makatsch) in der Episode „Aus dem Dunkel“ ihren letzten Einsatz haben. Und darum geht’s: Eine junge Frau ist vom Balkon ihrer Wohnung gestürzt. Was zunächst nach einem lupenreinen Suizid aussieht, entpuppt sich als komplexer Fall rund um Stalking und Frauenhass. Offenbar will der Täter seine Opfer gezielt in den Tod treiben, und auch Berlinger selbst gerät in sein Visier.“ Tatort Folge 1245: Aus dem Dunkel – Tatort Fans (tatort-fans.de)

Ein wichtiges Thema. Selbstverständlich, muss man hinzufügen. Es gibt kaum noch Tatorte ohne gesellschaftspolitische Implikationen. Oder, besser geschrieben: offen gezeigte Implikationen. Denn auch die klassischen Filme, die auf den ersten Blick nur ein paar mehr oder weniger ausgebuffte Verbrecher und einen oder zwei Ermittler zeigten, die am Ende auf jeden Fall schlauer waren, kommentierten durchaus soziale Zustände. Dezenter eben als heute, wo die Tatorte vom sozialen Thema her gedacht werden, um das der Krimi herumgebaut wird, nicht umgekehrt. Mit Ausnahmen natürlich, wie es auch in den 1970ern schon Filme der Reihe mit klarer Message gab, etwa den Bayern-Tatort „Tote brauchen keine Wohnung“. Auch wieder ein ganz aktuelles Thema, in Zeiten der Wohnungsnot. Der Femizid ist erst als solcher in den 2010ern – nun, nicht identifiziert, aber mit diesem Begriff als Sonderfall der Tötungshandlung installiert worden. Frauen werden umgebracht, weil sie Frauen sind; Männer töten Frauen, weil sie Macht über Frauen erringen oder behalten wollen, weil sie Machtverlust nicht akzeptieren wollen, weil sie mit Machismo sozialisiert wurden, weil Frauen nach ihrer Auffassung weniger wert sind. Hinzu kommt die in der Mehrzahl der Fälle gegebene physische Überlegenheit des aggressiven Mannes.

Ich bin kein Fan der Lindholm-Figur am Tatort und auch nicht von deren Darstellerin Maria Furtwängler, aber um die Bekanntmachung des Clusters Femizid innerhalb der strafbewehrten Tötungshandlungen hat sie sich verdient gemacht. Ich bin gespannt darauf, wie der Film das Thema im Jahr 2023 aufbereitet. Dass die Zuschauer wieder dadurch integriert werden sollen, dass die Ermittlerin involviert ist, ist auch ein Trend der letzten Jahrzehnte,  kann man mittlerweile sagen, mit dem man es zeitweise übertrieben hat, aber vielleicht passt es ja hier, um eine eindringliche Darstellung zu erwirken.

Allerdings: Die Einstellung des Berlinger-Tatorts begrüße ich. Es gibt mehrere Sender mit vier Sonntagabendkrimi-Schienen, der SWR war damit nicht alleine. Der WDR und der NDR sind auch sehr busy. Der NDR hat neben den beiden Hamburg-Teams, die wir aber hier als eines werten, neben Kiel und Hannover allerdings auch noch einen Polizeiruf, der BR kommt mit dem Münchener Polizeiruf auf drei Schienen an zwei Standorten. Der WDR bedient drei Schienen mit hoher Frequenz und Intensität.

Der SWR hat hingegen Schwierigkeiten, für alle seine bisherigen vier Tatortstädte gute Drehbücher zu organisieren, in den letzten Jahren war oft Lena Odenthal in Ludwigshafen die Leidtragende dieses Problems, während man erkennbar die Premium-Skripte nach Stuttgart an Lannert und Bootz vergeben hat bzw. solche annahm, die für sie geschrieben worden waren. Auch den Wechsel vom Bodensee- zum Schwarzwaldtatort hat der SWR nicht maximal gut bewältigt; nicht so, dass das Publikum dem neuen Team schon so geneigt wäre wie einst Klara Blum, der beliebtesten weiblichen Ermittlerperson ihrer Zeit. Neben Lindholm, zugegebenermaßen, die quotenmäßig fast immer über dem Durchschnitt liegt, auch heute noch, mit Schmitz zusammen. Der NDR und der WDR wirken, als ob sie drei sehr unterschiedliche Varianten des Tatorts bewältigt bekommen, das war beim SWR in den letzten Jahren nicht so. Dafür sind Lannert und Bootz mit die Beliebtesten im Tatortländer-Verbund, Österreich und die Schweiz also eingerechnet, und haben oft wirklich gute Fälle, in denen sie auch glaubwürdig unterwegs sind.

„Über fünf Folgen hinweg – eine in Freiburg, vier in Mainz – hat Schauspielstar Heike Makatsch souverän die engagierte und toughe Kommissarin Ellen Berlinger verkörpert. Ihr letzter Fall rückt nochmal ein gesellschaftlich relevantes Thema in den Fokus und erzählt die Leidensgeschichte einer Frau ohne geheucheltes Mitleid oder erhobenen Zeigefinger. Zwar steht der Täter relativ früh fest, doch tut das der Spannung keinen Abbruch, denn die eigentliche Herausforderung für die Kommissare besteht im Nachweis der Taten – bis alles im spektakulären Finale gipfelt. Insgesamt ein gelungener Abschluss der eindeutig zu kurzen Mainzer Tatort-Historie.“ (Quelle s. o.)

Hier ist man also mit Berlinger immer gut unterwegs gewesen – ich habe dazu noch keine abschließende Meinung, weil ich ihre neueren Filme noch nicht gesichtet habe. Doch der SWR hat sich mit vier Schienen verhoben, das steht für mich fest, und welche hätte man sonst kippen sollen? Odenthal hat offenbar einen Vertrag auf Lebenszeit, die Stuttgarter sind zu gut und der Schwarzwald-Krimi zählt zu den „Regelmäßigen“, während Berlinger nur ab und zu ermittelt hat. Außerdem  sind Berg und Tobler schon ein interessantes Duo, wie sich m. E. besonders in dem vielgeschmähten „Ich hab im Traum geweinet“ gezeigt hat. Da fehlt noch der ultimative Knaller-Film.

„Bemerkenswert an diesem Tatort ist auch der doppelte Schluss. Als Zuschauer denkt man schon, das war’s – da ploppt plötzlich die knifflige Frage auf, ob der Rechtsstaat bei notorischen Stalkern nicht mehr oder weniger machtlos ist. Denn Eingesperrte kommen irgendwann wieder auf freien Fuß und Annäherungsverbote sind schwer durchzusetzen und schwer rund um die Uhr zu kontrollieren.

Die gestalkte Frau im Tatort will nur eins: der Stalker, der sie um den Verstand bringen will, soll sterben. Am besten soll die Polizei ihn erschießen, am liebsten in Notwehr, damit alles seine Ordnung hat. Und als Zuschauer kann man sie irgendwie verstehen. Das nicht gutheißen. Aber verstehen. Ein Ritt auf einem schmalen Grat: Rechtschaffenheit oder Gerechtigkeit, so ungefähr lautet die Frage. Wir haben also einen richtig guten, ja sogar einen wichtigen Tatort rund um das Thema Stalking. Zum Abschied vier von fünf Elchen nach Mainz.“ Tatort aus Mainz „Aus dem Dunkel“ mit Berlinger (swr3.de)

Vielleicht gab es einen Extra-Abschiedselch. Ich finde es immer spannend, wenn die SWR-Tatortchecker:innen die Filme aus dem eigenen Haus bewerten. Kann man da neutral sein? Ich meine aber, sie haben für SWR-Produktionen auch schon weniger vergeben. Es ist also ein Howcatchem, und wenn die Bedrohungslage für Berlinger ernst wird und vielleicht noch ein Zeitfaktor hinzukommt, ist der Film auch ein Thriller und liegt damit auch im schon lange sichtbaren Trend weg vom Rätselkrimi.

„Im fünften und letzten Fall ermittelt Ellen Berlinger in einem „herbeigeführten“ Tod. Um das nächste Opfer eines Stalkers zu schützen, muss sie mit einem neuen Kollegen der Psyche des Täters so schnell wie möglich auf die Spur kommen. Der „Tatort – Aus dem Dunkel“ (SWR / Zieglerfilm Baden Baden) verhandelt toxische Männerbilder innerhalb des Polizeiapparats und traut der Ermittlerin einen von allem seelischen Ballast befreiten Alleingang zu.“ http://www.tittelbach.tv/programm/reihe/artikel-6410.html

Hier gibt es keine Extrapunkte fürs Byebye. 4/6 sieht auf den ersten Blick gut aus, aber die Tittelbach-Rezensent:innen vergeben bei Tatorten erst Punkte ab 3/6 aufwärts und der Durchschnitt für die Reihe liegt bei etwa 4,5/6; mit einigen ganz hohen Bewertungen in den letzten Jahren. Ganz so spannend sei der Film nicht, heißt es außerdem, obwohl er, das lässt sich auch herauslesen, in der Tat Thriller-Charakter hat und die Umbauarbeiten in Berlingers Büro stehen symbolisch dafür, dass der Mainz-Tatort immer eine Baustelle gewesen sei.

Drehbuchautor Jürgen Werner hat einen psychologisch starken „Tatort“ geschrieben, der spannend bleibt, obwohl der Täter früh feststeht. Auch weil Berlinger diesem nichts beweisen und er sein perfides Spiel weitertreiben kann. Und weil Julia Ritter fragwürdige Ausbruchsversuche aus ihrer Opferrolle unternimmt.

Jeder beobachtet jeden, jeder verschweigt den anderen etwas. Es herrscht eine nervöse, angespannte Stimmung, die durch Jochen Alexander Freydanks atmosphärische Regie und das streng komponierte Szenenbild von Söhnke Noé unterstrichen wird. Da lässt sich auch ein beherzter Griff in die Psychopathen-Klischeekiste und das etwas aufdringliche Spiel aus Licht und Schatten verzeihen. Und die vielen Wasserlecks: Ständig tropft es in „Aus dem Dunkel“ aus dem Dunkeln – Berlingers fünfter Fall ist trotzdem ein würdiger Abschluss für den „Tatort“ aus Mainz. „Aus dem Dunkel“ – Lohnt sich der letzte „Tatort“ mit Heike Makatsch als Kommissarin? | WEB.DE

Früher einmal war die Optik der Tatorte oft besonders schlicht; legendär im negativen Sinne sind die 1980er, als außerdem immer mal wieder auf billigem Videoband gefilmt wurde. Mittlerweile ist es schon sehr in die andere Richtung gegangen, die Filme versuchen, sich gegenseitig bezüglich der  eleganten Visualität zu überbieten. Die lässt sich wohl auch günstiger herstellen als beispielsweise viel Action.Ich hoffe, das möchte ich an der Stelle noch loswerden, dass die ÖRR-Anstalten ein paar Gebührenerhöhungen unfallfrei durchbekommen, denn über den „Staatsfunk“ meckern, sich die Tatorte reinziehen und dann bemängeln, dass sie stellenweise nicht ausgestaltet und ausgestattet werden konnten wie Kinofilme oder internationale Spitzen-Serien, mit denen große Bezahldienste weltweit Kasse machen, ist unterkomplex.

Wir wollen es auch nicht zu kompliziert machen und belassen es bei diesen vier Kritiken und den bisherigen Zwischenanmerkungen. Es ist ja heute auch noch Wahltag in zwei großen Bundesländern, da wollen wir auch noch ein wenig Zeit mit Beobachten, Nachdenken und einem oder zwei weiteren Artikeln dazu verbringen.

TH

Handlung Aus dem Dunkel – Tatort – ARD | Das Erste

Eine Frau stürzt vom Balkon ihrer Wohnung. Einer Wohnung, deren Fenster verklebt sind, deren gesamter Zustand für Verzweiflung spricht. Es war offensichtlich Selbstmord. Aber Ellen Berlinger begegnet in der Wohnung Hauptkommissar Thomas Engels von der Schutzpolizei, der vergeblich versucht hatte, Amira Hassan vor einem anonymen Stalker zu beschützen. Er geht davon aus, dass Hassan in den Tod getrieben wurde. Berlinger beginnt zu ermitteln und setzt sich damit gegen die Einschätzung ihres Kollegen Lukas Wagner und Engels‘ Vorgesetzten Zerrer durch.

Als sich mit Julia Ritter eine weitere Frau wegen anonymer Verfolgung an die Dienststelle wendet, sieht Berlinger ihren Verdacht bestätigt. Der anonyme Stalker treibt sein niederträchtiges Spiel mit Julia Ritter, zerstört ihren Ruf, ihr Selbstbewusstsein, will sie in den Selbstmord treiben. Berlinger will alles daransetzen, Julia Ritter zu schützen – und hat diesmal nicht nur Thomas Engels, sondern auch Lukas Wagner an ihrer Seite. Sie versuchen, Julia Ritter abzuschirmen und zu beschützen und gleichzeitig den Verfolger zu entlarven. Aber Indizien weisen darauf hin, dass der Täter in den Reihen der Polizei zu finden sein könnte.

Besetzung und Stab

Kommissarin Ellen Berlinger – Heike Makatsch
Kommissar Lukas Wagner – Ludwig Trepte
Schutzpolizist Thomas Engels – Andreas Döhler
Schutzpolizist Niklas Zerrer – Rainer Sellien
Julia Ritter – Susanne Wuest
Daniel König – Matthias Lier
Polina Spanos – Anastasia Papadopoulou
Nadine Salzmann – Elena Halangk
Maja Ginori – Jule Böwe
Brigitte Köhler – Melanie Straub
Amira Hassan – Elmira Bahrami
Julian Pfeiffer – Marcel Andrée
Rahil Hassan – Marzieh Alivirdi
u. v. a.

Drehbuch – Jürgen Werner
Regie – Jochen Alexander Freydank
Kamera – Namche Okon
Musik – Andrej Melita
Casting – Liza Stutzky
Kostümbild – Teresa Grosser
Maske – Katja Reich, Markus Hollinger
Licht – Carsten Christmann
Ton – Markus Rebholz
Szenenbild – Söhnke Noé
Schnitt – Robert Stuprich
Produzenten – Marc Müller-Kaldenberg, Pascal Nothdurft
Herstellungsleitung – Hartwig König
Produktionsleitung – Maximilian Höhnle
Redaktion – Ulrich Herrmann

Hinterlasse einen Kommentar