Briefing 334 Wirtschaft, Fleischkonsum, Vorteile des fleischfreien Lebens, Schlachtzahlen pro Tag (ex Fische), das große Schlachten nach der qualvollen Aufzucht
Da ja auch unter Menschen das große Schlachten wieder sehr in Mode ist, haben wir uns gedacht, wir schauen mal nach, wie die Menschen mit den Tieren umgehen. Sie ahnen es schon: Das Schlachten ist noch größer und bedenkenloser.
Dieser Artikel ist eine Übernahme von Teilen dieses Beitrags auf „Our World in Data“ Wie viele Tiere werden täglich geschlachtet? – Unsere Welt in Daten (ourworldindata.org) mit kurzer Kommentierung.

Max Roser (2023) – „How many animals get slaughtered every day?“. Published online at OurWorldInData.org. Retrieved from: ‚https://ourworldindata.org/how-many-animals-get-slaughtered-every-day‘ [Online Resource]
Selbst, wenn man die Zahl der Fische außen vor lässt, deren Zahl sich nicht genau bestimmen lässt, werden täglich über 200 Millionen Tiere geschlachtet, damit Menschen sie essen oder sonst verwenden können. Das macht im Jahr 80 Milliarden Tiere oder 8 Tiere, die ihr Leben für etwas geben müssen, was man durch pflanzliche Ernährung substituieren kann, zumindest weitgehend. Die Zahl der geschlachteten Tiere nahm in den letzten Jahrzehnten auch schneller zu als die Weltbevölkerung, was unter anderem der Tatsache zu verdanken ist, dass mehr Menschen von günstiger pflanzlicher Ernährung zum Fleisch essen übergegangen sind, was sie als Indiz für ihren persönlichen Wohlstand betrachten. Deutschland macht da keine Ausnahme – mit einem logischen Unterschied natürlich: Im Weltvergleich stieg das Schlachten stärker an, weil weltweit die Bevölkerung erheblich stärker zugenommen hat als Deutschland, im betrachteten Zeitraum seit Beginn der 1960er Jahre. Außerdem kam es hierzulande zuletzt zu einer Stagnation. Ob sie auf freiwilliger Änderung von Essgewohnheiten oder auf zunehmenden ökonomischen Problemen basiert, ist eine Frage, die wir hier nicht beantworten können.
Animal Welfare Data Explorer – Unsere Welt in Daten (ourworldindata.org)
Dabei geht es nicht nur um das Leid beim Schlachten, sondern auch bei der Aufzucht von Tieren:
„Es geht nicht nur darum, wie viele Nutztiere getötet werden, sondern auch um das Leid, das sie während ihrer Aufzucht ertragen mussten. Die Mehrheit der Nutztiere der Welt wird unter erbärmlichen Bedingungen aufgezogen. Schweine werden unter beengten, stressigen Bedingungen gehalten und leben ein Leben in chronischem Unbehagen und Stress. Kühen werden ihre Kälber weggenommen, um Milch für den menschlichen Verzehr zu produzieren, eine Praxis, unter der sowohl die Mutter als auch das Kalb leiden. Viele Tiere werden ohne Betäubung kastriert. Hühnern wird oft der Schnabel genommen, um sie davon abzuhalten, aus Unbehagen und Schmerzen mit anderen Hühnern zu kämpfen. Viele können ihr ganzes Leben nicht umkrempeln.
Was wären die Vorteile von weniger Fleischkonsum?
„Weniger Landverbrauch für die Landwirtschaft und mehr Biodiversität: Die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen ist die Hauptursache für den Verlust der biologischen Vielfalt. 3 Heute wird fast die Hälfte des eis- und wüstenfreien Landes der Welt landwirtschaftlich genutzt, und der größte Teil dieses Landes wird von Vieh genutzt. Die gesamte globale Landnutzung für die Fleisch- und Milchproduktion beläuft sich auf 37 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche, die so groß ist wie ganz Amerika – von Alaska im Norden bis Kap Hoorn im Süden.
Die Daten finden Sie auf unserer Seite zur Landnutzung.
Wie meine Kollegin Hannah Ritchie gezeigt hat, wäre es möglich, die landwirtschaftliche Nutzfläche von 4 auf 1 Milliarde Hektar zu reduzieren, wenn wir kein Fleisch essen würden. Veränderungen hin zu weniger Fleischkonsum hätten große Vorteile für Tiere auf der ganzen Welt, da die Wildnis nachwachsen könnte, um Lebensräume für Wildtiere zu schaffen. 4
Vorteile für das Weltklima: Eine Reduzierung des weltweiten Fleischkonsums würde auch zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen: Sie würde die direkten Emissionen von rülpsenden Kühen und Lachgas aus Gülle reduzieren, aber auch die Emissionen aus Entwaldung und Landnutzungsänderungen verringern.
Weniger Antibiotikaresistenzen: Eine Reduzierung des weltweiten Fleischkonsums würde den Einsatz von Antibiotika in der Viehzucht verringern, eine Praxis, die zum Anstieg antibiotikaresistenter Bakterien beiträgt. Diese Reduzierung könnte die Wirksamkeit der bestehenden Antibiotika und die Gesundheit der Menschen auf der ganzen Welt erhalten.
Geringeres Risiko von Pandemien: Viele Infektionskrankheiten haben ihren Ursprung bei anderen Tieren. Die hohe Dichte in vielen Fleischproduktionsbetrieben schafft ideale Bedingungen für die Mutation und Ausbreitung von Krankheitserregern. Eine Reduzierung des weltweiten Fleischkonsums würde das Risiko von Zoonosen und das Risiko einer weiteren Pandemie verringern.
Weniger Tierleid: Um auf den Ausgangspunkt dieses kurzen Textes zurückzukommen: Weniger Fleischkonsum würde weniger Leid für die Tiere bedeuten.
Ich denke, diese Zukunft ist möglich. Ich kann mir eine Zukunft vorstellen, in der unsere Enkel auf unsere Zeit zurückblicken und es kaum glauben können, dass wir heute in einer Welt leben, in der wir jeden Tag Hunderte Millionen Fische, 900.000 Kühe, 1,4 Millionen Ziegen, 1,7 Millionen Schafe, 3,8 Millionen Schweine, 11,8 Millionen Enten und mehr als 200 Millionen Hühner töten.“
Wir befürchten auch, dass unsere Enkel einmal erstaunt sein werden, mit wie wenig getöteten Tieren wir Anfang der 2020er noch ausgekommen sind. Denn die Weltzahlen steigen immer weiter an, sie vermindern sich nicht – und damit werden all die oben genannten positiven Effekte vorerst nicht eintreten. Selbst, wenn wir in Deutschland wieder einen Sonderweg gehen und gar kein Fleisch mehr essen, wird das die Weltzahlen nicht wesentlich beeinflussen, sondern höchstens unser Gewissen beruhigen, wie schon bei anderen Sonderwegen. Auf Deutschland entfallen etwa 1 Prozent der weltweit geschlachteten Tiere, das entspricht in etwa dem Welt-Bevölkerungsanteil von 0,85 Prozent. Es ist also nicht so, dass hierzulande unmäßig viel mehr verbraucht wird als beispielswiese in ärmeren Teilen der Welt. Zumindest nicht pro Tier-Kopf, vermutlich aber mit einem höheren Anteil an Schweinen und Rindern an der Gesamtzahl der geschlachteten Tiere und weniger Hühnern, also mehr Groß- als Kleinvieh, um es in der Sprache der Landwirte auszudrücken.
Und was ist insbesondere mit den malerischen Kühen auf der Weide? Da werden wir wohl doch weiter ein wenig Milch trinken und Käseprodukte essen müssen, um sie nicht ganz aus dem Landschaftsbild zu verlieren, auch Schafe sind können ja dazu beitragen, die Welt pittoresker zu machen. Aber vielleicht ist das nur rückständige Schäfer- und Kuhglocken-Romantik und man könnte sich darauf vereinbaren, dass Windräder auch ihre Ästhetik haben, mit der sie erheblichen Einfluss auf das Landschaftsbild nehmen. Und sie haben überhaupt keine Schmerzen, beim Strom produzieren, allerhöchstens fliegt mal der eine oder andere Vogel zu dicht heran und es kommt zu einem Kollateralschaden der modernen Energieversorgung. Ganz ohne Leid geht es aber auf dieser Welt nicht, das wissen wir und denken gerade wieder an Menschen, die nicht nur Tiere schlachten, sondern sich auch gegenseitig. Es ist noch ein ganz weiter Weg bis zur wirklichen Zivilisation, und dass diese Spezies des vorgeblichen Homo Sapiens (Wissen schützt außerdem vor Gemeinheit nicht, merken Neurologen ohnehin an) ihn zu Ende gehen darf, ist zu bezweifeln.
TH
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