Tesla stellt Verkaufsrekord schon im dritten Quartal ein (Statista + Zusatzinfos, deutscher Standort + Kurzkommentar) | Briefing 339 | Wirtschaft

Briefing 339 Wirtschaft, Tesla, Grünheide, Model Y, E-Mobility, Nachhaltigkeit

Uns in Berlin betrifft es ziemlich direkt, was mit Tesla geschieht, ob das Unternehmen erfolgreich am Markt operiert oder nicht. Denn in Grünheide, nahe der Stadtgrenze, entstand ab dem ersten Quartal 2020 das bisher einzige Werk des Unternehmens in Europa, die Gigafactory Grünheide.

Dort wird bisher ausschließlich das Crossover-Modell Y produziert, neben dem Model 3 das erfolgreichste der Marke. Die Gesamtzahlen des Absatzes weisen eine Fortschreibung der Tesla-Erfolgsgeschichte aus, die seit mehreren Jahren anhält:

Infografik: Tesla stellt Verkaufsrekord schon im dritten Quartal ein | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Rund 1,32 Millionen Fahrzeuge hat Tesla im Geschäftsjahr 2023 bereits ausgeliefert. Wie die Statista-Grafik auf Basis von Unternehmensdaten zeigt, hat der E-Autohersteller damit bereits nach einem Dreivierteljahr mehr Fahrzeuge verkauft als 2022. Das vierte Jahresquartal ist zudem üblicherweise Teslas stärkstes – schon im vergangenen Jahr konnten von Oktober bis Dezember mehr als 400.000 Fahrzeuge weltweit ausgeliefert werden. Die Lieferungen für das Jahr 2023 könnten also bis über 1,7 Millionen Einheiten ansteigen.

Der Verkaufsschlager der vergangenen Jahre waren mit deutlichem Abstand die Modelle 3 und Y. Die elektrischen Mittelklasse-Limousinen machten 2022 einen Anteil von rund 95 Prozent an allen Tesla-Auslieferungen aus. Im dritten Quartal 2023 konnte Tesla etwa 419.000 Fahrzeuge dieser Baureihe absetzen.

Finanziell zeigt sich das Automobilunternehmen weiterhin beständig. Gegenüber dem Vorjahresquartal steigt der Umsatz um etwa neun Prozent an, die Gewinne brechen hingegen deutlich ein. Als Grund dafür werden vor allem hohe Produktionskosten angeführt. Trotz eines weiteren Verkaufsrekords, verfehlt Tesla die Markterwartungen, was der Aktie ein Minus von etwa fünf Prozent an der Börse einhandelt.

Zu den weltgrößten Herstellern zählt Tesla mit diesen Zahlen noch bei weitem nicht, aber die Marke Tesla dürfte aufgrund der Tatsache, dass viele der großen Konzerne ihr Volumen auf viele Marken verteilt generieren, bald zu den Top 10 zählen. Was die Baureihen betrifft, könnte das für 3 und Y jetzt schon der Fall sein. Diese Konzentration auf wenige Produkte ist ganz sicher ein Vorteil, eben dem technologischen Vorteil, den das Unternehmen im Bereich E-Mobilität dadurch besitzt, dass es der erste nennenswerte Hersteller reiner Elektroautos war.

Die Ansiedlung in Deutschland wurde kontrovers diskutiert, die Geschichte des Werks in Grünheide ist ebenso kurz wie spannend und natürlich nicht zu Ende geschrieben, ebenso wie diejenige der Elektromobilität, zu der wir uns mehrfach kritisch geäußert haben. Sie behebt nicht das  grundsätzliche Problem des gewaltigen Ressourcen- und Platzverbrauchs des Individualverkehrs. Hinzu kommt jetzt, dass in Zeiten steigender Strompreise Privathaushalte, die mit Elektroautos ausgestattet sind, ein Mehrfaches an Strom verbrauchen wie bisher.

Als Verbraucher kann man diesen Verbrauchsanstieg  natürlich mit wegfallenden Kosten für fossile Treibstoffe gegenrechnen, aber der Ausbau des Stromnetzes, der Lade-Infrastruktur, die nur dann halbwegs günstige Energiebilanz, wenn dies alles rein mit erneuerbaren Energien geschieht. Der verbleibende hohe Einsatz von Rohstoffen bei Erstellung und Wartung, der Platzverbrauch dieser meist großformatigen Fahrzeuge, das sind Faktoren, die man berücksichtigen muss, wenn man die Elektrifizierung des Straßenverkehrs betrachtet. Sie kann nach dem Prinzip des ewigen Wachstums gemäß der herrschenden Wirtschaftsordnung nicht auf sinnvolle Reduktion ausgerichtet sein.

Dem steht die Schaffung von bisher 12.000 Arbeitsplätzen allein in Deutschland und in einer relativ strukturschwachen Region entgegen, was einen bedeutenden Faktor für das gesamte Bundesland darstellt, in dem sich das Werk angesiedelt hat. Zum Vergleich: Das Ford-Werk im Saarland, dessen Zukunft nun ungewiss ist, hatte zu Spitzenzeiten etwas mehr als 7.000 Beschäftigte, hinzu kam allerdings ein Industriegebiet mit Zulieferern, das es so in Grünheide noch nicht gibt.

Weitere Ausbaupläne wurden vor wenigen Monaten verkündet. Mit einer Kapazität von einer Million Fahrzeuge pro Jahr wäre Tesla dann die größte Auto-Produktionsstätte in Deutschland, 22.500 Mitarbeitende sollen nach dieser Ausbaustufe in der Gigafabrik tätig sein.

Brandenburg: So will Tesla das größte Autowerk Deutschlands errichten | tagesschau.de

In Zeiten also, in denen andere Hersteller in Deutschland ihre Kapazitäten abbauen, trägt Tesla erheblich dazu bei, den Industriestandort zu erhalten. Wiegt das alle Nachteile auf, die wir nur kurz angerissen haben und einige, die wir in diesem kurzen Artikel kaum behandeln können? Für uns angesichts der durch viele Jahre verfehlter Politik zugespitzten Wirtschaftslage schwer zu beurteilen, aber im Moment tendieren wir dazu, froh zu sein dafür, dass in Deutschland überhaupt neue Industrie in nennenswertem Ausmaß entsteht.

Typischerweise ist es kein deutsches Unternehmen, das diese Investition von bisher fast 6 Milliarden Euro in den Standort tätigt. Noch vor wenigen Jahren haben Analysten, auch in den USA, die Ansicht vertreten: Was soll ein Newcomer wie Tesla können, was Giganten wie BMW und Mercedes nicht können? Mittlerweile ist die Antwort wohl klar: Elektroautos herstellen, die tatsächlich gekauft werden. Die Markenfetischisten machen bei der Betrachtung auch einen grundsätzlichen Fehler. Sie unterschätzen, dass Tesla bei der E-Mobilität einen ähnlich herausragenden Ruf hat wie deutsche Premium-Hersteller bei den Autos mit Verbrennermotoren.

Nicht, weil Tesla perfekt ist und alles besser macht, sondern, weil sie es überhaupt machen und damit vor allem Käufer auf ihrer Seite haben, die sich für modern, für progressiv halten und sich gerne mit Elon Musk und seiner Fähigkeit in einem Boot sehen, in Zukunftstechnologien zu investieren. Selbst sein zunächst belächeltes Projekt Space X rentiert mittlerweile, vermutlich sogar mehr als Tesla, und ersetzt viele Weltraumdienste, die bisher von öffentlichen Organisationen wie der NASA oder ESA erbracht wurden. Da steckt mehr dahinter als die Philosophie einer Person oder eines Unternehmens, sondern die gesamte Ideologie, dass die Privatwirtschaft es wirklich  kann (nicht besser kann), nachdem sie mittlerweile vielfach subventioniert und gestützt werden muss.

Selbstverständlich wurde auch die Standortentscheidung von Tesla mit staatlichen Subventionen unterstützt. Beinahe überflüssig, dies zu erwähnen. 

TH

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