Besser geht’s nicht (As Good as It Gets, USA 1997) #Filmfest 1001 #Top250

Filmfest 1001 Cinema – Concept IMDb Top 250 of All Time (131)

Besser geht’s nicht ist eine von Regisseur James L. Brooks inszenierte romantische Filmkomödie aus dem Jahr 1997 mit Jack Nicholson und Helen Hunt in den Hauptrollen.

Beim Anschauen von „Besser geht’s nicht“ hatten wir nicht im Blick, dass Regisseur James L. Brooks einer der profiliertesten Filmemacher der USA ist. Dass er einerseits bei „Zeit der Zärtlichkeit“ Regie führte (15 Jahre vor „Besser geht’s nicht“) und dafür gleich drei Oscars erhielt. Dass er andererseits einer der Väter der „Simpsons“ ist und damit der wohl erfolgreichsten und am häufigsten ausgezeichneten Comicserie der USA, auch beim Simpsons-Film (2007) hat er Regie geführt. Geht als eine Komödie nicht besser als von ihm inzszeniert? Dies und mehr klären wir in der –> Rezension.

Handlung (1)

Der erfolgreiche New Yorker Schriftsteller Melvin leidet an Zwangsneurosen. In Restaurants nimmt er immer sein eigenes Plastikbesteck mit, zum Händewaschen benutzt er jedes Mal ein neues Stück Seife und auf Pflasterfugen zu treten ist tabu. Seinen Mitmenschen gegenüber verhält er sich grob und unsensibel. Darüber hinaus neigt er zu herablassenden und beleidigenden Äußerungen, was ihn allgemein unbeliebt macht. Gegenüber seinem homosexuellen Nachbarn Simon und dessen schwarzem Freund äußert er sogar schwulenfeindliche und rassistische Sprüche.

Der einzige Mensch, der ihm Paroli bieten kann und mit ihm einigermaßen zurechtkommt, ist die Kellnerin Carol, die ihn in seinem Stammrestaurant bedient. Sie ist alleinerziehende Mutter eines asthmakranken Jungen. Wegen des Gesundheitszustands ihres Sohnes Spencer kann Carol eines Tages nicht mehr Melvins Essen servieren. Daraufhin bittet Melvin den Mann seiner Verlegerin, Dr. Bettes, einen renommierten Arzt, Spencer zu behandeln. Er übernimmt auch die Kosten dafür. Melvin beginnt sich nun zu verändern. Er nimmt Medikamente gegen seine Krankheit und bringt seine Zwangsneurosen nach und nach unter Kontrolle. Gleichzeitig kümmert er sich um den Hund seines Nachbarn Simon. Dieser wurde von einer Bande in seiner Wohnung krankenhausreif geprügelt und ist nach einem langen Krankenhausaufenthalt pleite.

Melvin fährt Simon schließlich zu dessen Eltern, mit denen Simon seit Jahren kein Wort mehr gesprochen hat, um sie um finanzielle Unterstützung zu bitten. Melvin will, dass Carol sie begleitet. Als Melvin ihr offenbart, dass er sich ihretwegen ändern wolle, küsst sie ihn. Sie fühlt sich jedoch verletzt, als er ihr unmittelbar danach sagt, dass er hoffe, sie könnte mit Simon schlafen und damit dessen Homosexualität überwinden helfen.

Nach der Rückkehr nimmt Melvin seinen mittlerweile obdachlos gewordenen Nachbarn Simon bei sich auf. Melvin fühlt sich aufgrund der Ereignisse in den letzten Tagen verwirrt. Simon sagt ihm, dass er verliebt sei. Er rät Melvin, Carol sofort zu besuchen. Melvin tut dies noch in der gleichen Nacht. Er gesteht Carol seine Gefühle und versöhnt sich mit ihr. 

Rezension 

Auf den ersten Blick scheint die Spreizung zwischen den Simpsons und „Zeit der Zärtlichkeit“ ziemlich groß, aber es passt. Denn etwa in der Mitte liegt „Besser geht’s nicht“. Und überhaupt kann Brooks, hier unterstützt durch Drehbuchautor Mark Andrus, Charaktere. Die Figuren haben etwas Comichaftes. Sie sind über dem angesiedelt, was man echten Menschen gemeinhin an Exaltiertheit und an Marotten zurechnet, aber sie sind auch wunderbar spannend und liebenswert. Das gilt auch für den Autor Melvin Udall, und natürlich ist das auch seiner Verkörperung durch den wieder einmal fantastischen Jack Nicholson zu verdanken.

Ihm steht Helen Hunt als Kellnerin Carol nicht nach. Eines der wichtigsten Geheimnisse, warum der Film funktioniert, ist also dieses Paar von adäquaten Darstellern in den Hauptrollen. Nur konsequent, dass beide die Hauptrollen-Oscars 1998 erhalten haben, während fast alle anderen Oscars an „Titanic“ gingen.

Für uns war „Besser geht’s nicht“ eine echte Entdeckung und schloss eine wichtige Lücke zwischen den früheren Nicholson-Werken und denjenigen der 2000er, die wir schon kennen: „Something’s Gotta Give“ oder „About Schmidt“. In „Besser geht’s nicht“ ist Nicholson noch gerade jung genug, um für eine Frau in Frage zu kommen, die allerdings schon eine andere Generation darstellt. Helen Hunt hingegen kam aus dem Fernseh-Sitcom-Bereich und „Besser geht’s nicht“ war einer ihrer ersten Kinoerfolge.

„Besser geht’s nicht“ ist ein richtiger Publikumsfilm, was sich am besten auf der Kritikerbasis „Metascore“ ablesen lässt: Die professionellen Topkritiker der USA haben ihm nur 67/100 gegeben, was für einen Film, dessen beide Hauptdarsteller oscarprämiert wurden, sehr wenig ist. Das Publikum der gleichen Plattform jedoch lässt ihn mit 89/100 hochleben und die IMDb-Nutzer siedeln ihn mit respektablen 7,8/10 ziemlich genau in der Mitte an. Wir tendieren sogar eher zu der Durchschnittswertung, die er auf „Metacritic.com“ von den Amateuren bekommen hat.

Sicher, die Handlung ist nicht überragend konzipiert, teils Alleinerziehenden-Drama, teils Stadtneurotiker-Satire, teils Roadmovie, nichts von allem so richtig und der Film lotet das Drama auch nicht so aus wie die komödiantische Seite. Die politische Korrektheit der 1990er trieft außerdem aus allen Ecken und wird doch auf eine etwas manipulative Weise gekontert. Andererseits ist es gerade der Entstehungszeit des Films zu verdanken, dass er so eine schöne, optimistische Grundstimmung hat. Viele Werke der Clinton-Ära haben eine anziehende Aura, sie sind locker, spielerisch, frech und witzig. Etwa so, wie man im Nachhinein und in Kenntnis dessen, was sich seit dem Millenniumswechsel schon alles ereignet hat, diese Zeit wahrnimmt.

Das Happy End wirkt in diesem Film sehr selbstverständlich. Geht nicht gibt’s nicht, in dieser weltoffenen Phase, in der eine Kellnerin, die Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung hat und ein Großautor, der Bestseller am Fließband produziert, die sorgenvolle Mutter eines kranken Jungen, ein Misanthrop, schlussendlich den bestmöglichen Kuss üben können.

Selten haben wir in letzter Zeit eine Komödie so ins Herz schließen können wie diesen Film. Er ist nicht sentimental, ist teilweise sogar skurril und hat für eine typische Liebeskomödie zu viele Überraschungsmomente, schräge Figuren und schräge Szenen, aber er hält uns trotzdem nicht auf Distanz. Und genau das erinnert sehr an die gelben Simpsons, deren Identifikationspotenzial gerade darin liegt, dass sie alles andere als nur gut oder gar perfekt sind.

Das Anarchische der Comicserie spiegelt sich recht gut insbesondere den Szenen, die sich um den schwulen Nachbarn Simon drehen. Allerdings fehlt „Besser geht’s nicht“ ein Element bzw. es wird mehr oder weniger nur vorgetäuscht, das bei den Simpsons grundlegend ist: Die Gesellschaftskritik. Melvins anfänglicher Rassismus und seine Eigenschaft, Hunde in den Müllschlucker zu werfen, sind zu persönlich, zu sehr ihm eigen, als dass man sie abstrahieren, auf eine allgemeinere Ebene stellen könnte.

Solche Menscheng gibt es und wird es immer geben, aber sie sind Einzelgänger, die gegen den Strom der allgemein toleranten Zeit schwimmen und die deshalb so kurios wirken, weil sie schnulzige Liebesszenen schreiben können und gleichermaßen ihre Nachbarn, die Kellnerin, alle Leute im Stammrestaurant beleidigen.

Lediglich, als es um die offensichtlich zweitklassige medizinische Versorgung von Kassenpatienten geht, die einem kleinen Jungen eine notwendige Heilbehandlung nicht ermöglicht, kommt das Kritische dann doch noch zu seinem Recht, und dieser Moment hat eine tiefere Bedeutung.

Letztlich sehen wir, dass das Wohlergehen von Carol und ihrem Sohn nicht aus einem Anspruch herrührt, sondern durch die letztlich doch karitative Haltung von Melvin möglich ist. Genau das entspricht den Ansichten vieler Amerikaner. In der Folge geht es deshalb auch um Dankbarkeit oder nicht, geht um einen riesigen Dankesbrief, der für komische Augenblicke sorgt. Es lässt aber auch auf etwas blicken, was Regisseur und Drehbuchautor hier so subtil einfließen lassen, dass es vermutlich die meisten Zuschauer und Kritiker gar nicht bemerkt haben werden. Vor allem nicht in den USA, weil die Innensicht dies nicht zulässt: Wie eine hart arbeitende Mutter sich keine anständige Gesundheitsversorgung leisten kann und es dadurch erst zu ihrer Verbindung mit dem knurrigen Schriftsteller kommt.

Was jüngst Präsident Obama auszuhalten hatte, als er endlich eine Grundversorgung für alle Amerikaner erreichen wollte, ist bekannt. Wie wenig wir uns darüber stellen können, ebenfalls, angesichts immer weiterer Abstriche in der Versorgung von Kassenpatienten in Deutschland und immer steiler ansteigender Beiträge für Privatversicherte.

Finale

Dass wir auf den Aspekt der medizinischen Versorgung eingestiegen sind, hat sich erst während des Schreibens der Rezension ergeben, als wir die Handlungselemente und die Gründe für die Entwicklung der Handlung noch einmal haben Revue passieren lassen. Unserer Sicht auf den Film hat es keineswegs geschadet, dass man sogar über ihn anhand seiner Darstellung eines sozialen Aspekts reflektieren kann und er dadurch eine weitere, dieses Mal nachträgliche Überraschung für uns bereitgehalten hat. Dass seine Handlung nicht zu sehr gestanzt ist, hat hingegen zu vielen überraschenden Momenten schon beim Anschauen geführt. Vergnügen und Rührung sind perfekt verteilt, es wird nie zu viel mit dem Klamauk und nie zu sentimental. Für uns ist „Besser geht’s nicht“ tatsächlich eine der schönsten Komödien der 1990er, die man auf ihre Weise kaum besser machen kann.

85/100

© 2023 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2015)

(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia

Regie James L. Brooks
Drehbuch Mark Andrus
James L. Brooks
Produktion Bridget Johnson
Musik Hans Zimmer
Kamera John Bailey
Schnitt Richard Marks
Besetzung

 


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