Crimetime Vorschau Titelfoto © BR / Odeon Fiction GmbH, Luis Zeno Kuh
Die Münchener sind heute wieder dran. Die Rekordhalter unter allen Tatort-Teams, die Zahl der bisher gelösten Fälle betreffend.
Königinnen ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Tatort. Der vom Bayerischen Rundfunk produzierte Beitrag ist die 1248. Tatort-Episode und soll am 29. Oktober 2023 im SRF, im ORF und im Ersten ausgestrahlt werden. Das Münchner Ermittlerduo Batic und Leitmayr ermittelt in seinem 94. Fall. Tatort: Königinnen – Wikipedia
Ist es zu glauben? Die Münchener werden in zwei Jahren, Ende 2025 oder Anfang 2026, das erste Tatort-Team der Geschichte sein, das auf 100 Fälle kommen wird. Ich bin mir beinahe sicher, dass sie darauf auch hinarbeiten und zumindest bis zu dem Zeitpunkt im Dienst bleiben werden. Einen weiteren Rekord können sie ohnehin kaum knacken: Denjenigen mit der längsten Dienstzeit. Da ist Lena Odenthal aus Ludwigshafen nämlich um zwei Jahre voraus und ihre Darstellerin hat vor einiger Zeit kundgetan, sie werde so lange weitermachen, wie sie noch laufen und schießen, also glaubwürdig so tun kann. Da sie jünger ist als die Batic- und Leitmayr-Darsteller dürfte dieses Rennen also entschieden sein, solange nicht der SWR sagt, die niedrigen Quoten sind nicht mehr hinnehmbar oder etwas Unerwartetes tritt ein.
Quoten sind allerdings immer schwieriger zu ermitteln, weil die Streamingwerte der ARD-Mediathek, die tendenziell mehr Anteile innerhalb der tatsächlichen Gesamtquote gewinnen, nicht bei der Premierenquote eingerechnet werden. Die Premierenvorstellungen liegen für lineares Fernsehen mit in der Regel über 8 Millionen Zuschauern angesichts der diversifizierten Möglichkeiten, fernzusehen, immer noch sehr hoch.
Ein erster Handlungszeindruck:
„Josef Gehrling, der Präsident des Bavariabundes, wurde bei einem Gipfeltreffen bayerischer Produktköniginnen mit einem Bolzenschussgerät schwer verletzt. Batic und Leitmayr ermitteln schnell, dass er seine Position für sexuelle Übergriffe ausgenutzt hat.“ (Wikipedia, s. o.)
Wir bleiben noch etwas an oder in der Quelle und arbeiten mit ihr zwei Kritiker:innen-Stimmen ab:
„[…] ein „Tatort“ von der Sorte „sehenswert“. Der neueste Münchner-Tatort „Königinnen“ schafft spielend leicht den Spagat zwischen Witz, Spannung und aktuellem Bezug. Mittendrin die immer noch überzeugenden Nemec und Wachtveitls als Ermittlerteam Batic und Leitmayr. Flankiert werden sie in dem guten Sonntagabendkrimi von einer starken Ferres und dem zeitlos eindrucksvollen Fierek.“ – Stern[3]
„[…] was einen nervt an diesem Tatort […] ist die Unentschiedenheit. In Versatzstücken setzt sich der Krimi sehr ernsthaft mit „Me Too“ auseinander, dann geht es um Stadt-Land-Dünkeleien und obendrauf gibt es noch einen großen Schlag komödiantische Soße.“ – Claudia Fromme: Süddeutsche Zeitung[4]
Me Too ist für viele eben kein Thema, das Humor einschließen kann, was ich grundsätzlich verstehe, aber für mich kommt es darauf an, wie der Humor sich ausnimmt und wo er eingesetzt wird. Die Münchener ganz ohne Humor, das ging bisher kaum und hat sich in der Regel auch mit schwerer thematischer Kost vertragen. Wohl aber hängt es von Drehbuch und Regie ab, ob es etwas ins Klamaukige tendiert oder im Ganzen seriös bleibt; da stehen Batic und Leitmayer eindeutig auf letzterer Position.
„„Königinnen“: Warum unser Kritiker dem Tatort mal eine ziemlich gute Bewertung vergibt Im neuen Tatort aus Bayern geht es um sexuelle Übergriffe gegen junge Produktköniginnen. Ideal besetzt: Veronica Ferres“ „Königinnen“: Warum unser Kritiker dem Tatort mal eine ziemlich gute Bewertung vergibt (berliner-zeitung.de)
Auch wenn unsere Berliner Medien nicht im Verdacht stehen, Spezialisten für ökonomisiertes bayerisches Brauchtum zu sein (es gibt, das steht im Artikel, tatsächlich über 100 Produktköniginnen in Bayern, aber keinen einzigen Produktkönig), hier geben sie eine guten Einblick in den Inhalt des Films und sind zufrieden mit dem Outcome. Da Christian Buß vom Spiegel wenigstens im Schnellcheck für alle lesbar ist, heute wieder ein paar Worte von ihm: Er findet den Film zu zotig für das schwere Thema und vergibt nur 5/10. Trotz starker Königinnen-Darstellerinnen. »Tatort« heute aus München: »Königinnen« im Schnellcheck – DER SPIEGEL
Nur Lob habe ich bisher über Veronica Ferres als Organisatorin des Königinnentaxes und natürlich selbst Ex-Produktkönigin, gelesen.
Eine gelungene Gratwanderung. Da haben wir also Provinz-Klischee, Dialog-Gags wie im „Münster-Tatort“, alles unterlegt mit Gute-Laune-Mucke von „LaBrassBanda“ und dann sexuelle Übergriffe – alles in einem Tatort. Das könnte komplett in die Hose gehen, aber irgendwie schafft es das Team auf der Rasierklinge, auf der sie reiten, zu bleiben. Für mich ist es ein humoriger Kriminalfall, der unterhält. 4 von 5 Elchen.“ Tatort heute aus München: „Königinnen“ mit Batic und Leitmayr (swr3.de)
Soweit unsere bisher obligatorische Stimme aus der eigenen Senderwelt, in der auch die Tatorte entstehen. Es zeichnet sich trotz unterschiedlicher Bewertungen eine eindeutige Tendenz ab: Es kommt stark darauf an, ob man das Arrangement aus Humor und Me Too gelungen findet oder wiederum übergriffig und dem Thema nicht gerecht werdend.
„Der originelle BR-„Tatort“ (Odeon Fiction) ist trotz des ernsten MeToo-Themas mindestens so sehr Komödie wie Krimi: Der Veranstalter eines jährlichen Erntedankfestes, bei dem Produkt-Königinnen aus ganz Bayern für ihre Region werben, wird leblos in seinem Hotelzimmer gefunden; allerdings ist unklar, ob sein Nahtoderlebnis ein Unfall, ein missglückter Suizid oder ein Mordversuch war. Für die letzte Variante gäbe es eine Reihe von Kandidatinnen: Alle wissen, dass der Mann für seine Unterstützung der jungen Frauen gewisse Gefälligkeiten erwartete. Robert Löhr (Buch) und Rudi Gaul (Regie) haben genau den richtigen Tonfall für diese Geschichte gefunden, die immer wieder durch kleine Heiterkeiten erfreut.“ http://www.tittelbach.tv/programm/serie/artikel-6422.html
Warum die Experten von Tittelbach-TV trotzdem nur 4/6 vergeben, also eine für ihre Verhältnisse leicht unterdurchschnittliche Wertung, müssen Sie in der detaillierten Kritik nachlesen, abgebildet haben wir, wie üblich, die Zusammenfassung. Zum Schluss lassen wir noch unseren Mailprovider zu Wort kommen:
„ (…) Aber das Bestreben, wirklich jede feministische Welle anreißen und auch den männlichen Blick aus den unterschiedlichsten Perspektiven zeigen zu wollen, sorgt dafür, dass der Film sich vor einer Haltung drücken kann, die Komplexität seines Themas verwässert und damit Potenzial verschenkt. Was bleibt, ist allerdings immer noch ein sehr unterhaltsamer moderner Heimatfilm, kongenial begleitet von der Band La BrassBanda: Der Offbeat der Blasmusiker vom Chiemsee passt perfekt in diese bayrische Idylle voll hässlicher dunkler Flecken.“ Münchner „Tatort“: Zwischen Mädchenträumen und Männertrieben | WEB.DE
Viel schlauer sind wir jetzt nicht, weil es nach wie vor um den Tenor des Films geht, den man als seine Schwäche oder seine Stärke auslegen kann.
„An der einen oder anderen Stelle weht tatsächlich ein Hauch von „Rosenheim-Cops“ durch diesen Tatort, und dass Wolfgang Fierek und Veronica Ferres alles tun werden, um die mit ihren Rollen verbundenen Klischees zu bestätigen, war nicht anders zu erwarten. Dennoch hält der Film gekonnt die Waage zwischen Kitsch und Kriminalfall und gleitet trotz eines aufblitzenden derb-galligen Humors nicht in reine Parodie ab. Und für alle, die einfach nur gut unterhalten werden wollen, lohnt sich das Einschalten sowieso.“ Tatort Folge 1248: Königinnen – Tatort Fans (tatort-fans.de)
Es wird Ihnen, liebe Lesende, nichts übrige bleibe, als selbst zu schauen, wenn Sie sich ein Bild machen wollen, das zu Ihnen passt. Wir zählen jetzt schon einmal weiter, bis 100. Denn eines ist allen Kritiken gemein: Der Film wird nicht als Flop dargestellt, weil Batic und Leitmayr es etwa nicht mehr können. Das Ermitteln natürlich. Die beiden Ermittelnden haben wir hingegen dieses Mal nicht abgebildet, obwohl wir traditionell Titelbilder nehmen, auf denen Mitglieder des Cop-Teams am jeweiligen Standort zu sehen sind. Das, was fast alle anderen auch ihren Artikeln als visuellen Eindruck beistellen, haben auch wir verwendet, nämlich das Bild mit den drei Königinnen und ihrem Mentor und Me-Too-Verursacher. Es ist einfach pittoresker als die wieder eher sachlichen Abbildungen mit Ivo und Franz. Wir zeigen es hier ausnahmsweise auch noch einmal innerhalb des Textes:

Handlung (ARD)
Beim Gipfeltreffen bayerischer Produktköniginnen gab es einen Mordversuch: Der Präsident des Bavaria-Bunds wurde mit einem Bolzenschussgerät attackiert und liegt seitdem auf der Intensivstation. Batic und Leitmayr kommen dahinter, dass das Opfer seine Position für sexuelle Übergriffe ausgenutzt hat: Keine Königin war vor seinen Belästigungen sicher. Jede hatte also ein Motiv, es ihm heimzuzahlen – die Organisatorin des Königinnentags eingeschlossen.
Die Ermittler tauchen ein in die vermeintlich heile Welt der Gemüse-Monarchie und ermitteln zwischen Heuballen, Traktoren und weißblauen Wimpeln; zwischen Spargel-, Honig- und Weißwurstköniginnen von Aschaffenburg bis Berchtesgaden. Glücklicherweise erhalten sie bei ihrer Ermittlung Unterstützung: Die Nördlinger Zwiebelkönigin ist im bürgerlichen Leben Polizeischülerin.
„An der einen oder anderen Stelle weht tatsächlich ein Hauch von „Rosenheim-Cops“ durch diesen Tatort, und dass Wolfgang Fierek und Veronica Ferres alles tun werden, um die mit ihren Rollen verbundenen Klischees zu bestätigen, war nicht anders zu erwarten. Dennoch hält der Film gekonnt die Waage zwischen Kitsch und Kriminalfall und gleitet trotz eines aufblitzenden derb-galligen Humors nicht in reine Parodie ab. Und für alle, die einfach nur gut unterhalten werden wollen, lohnt sich das Einschalten sowieso.“ Tatort Folge 1248: Königinnen – Tatort Fans (tatort-fans.de)
Hauptkommissar Ivo Batic – Miroslav Nemec
Hauptkommissar Franz Leitmayr – Udo Wachtveitl
Oberkommissar Karl-Heinz „Kalli“ Hammermann – Ferdinand Hofer
Gerichtsmediziner Dr. Matthias Steinbrecher – Robert Joseph Bartl
Sylvia – Veronica Ferres
Josef Gehrling – Wolfgang Fierek
Clemens Raupach – Max Rothbart
Annelie / Nördlinger Zwiebelkönigin – Daria Vivien Wolf
Sina / Bayerische Weißwurstkönigin – Bernadette Leopold
Toni / Kemptener Honigkönigin – Lilly Wiedemann
Luise / Aichacher Spargelkönigin – Phenix Kühnert
Aurica – Petya Alabozova
Katrin Vranic – Jelena Kuljić
Dr. Ludovika Kreissler – Jessica Stewart
u. v. a.
Regie – Rudi Gaul
Drehbuch – Robert Löhr
Kamera – Michael Hammon
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