Update: Diese Länder gruseln sich gern +++ Erschreckend günstig: Horrorhits unter einer Million Dollar (Statista + Kommentar) | #Filmfest Special Info

Filmfest Special Information, Filmgenre Horror, Filme mit sehr kleinem Budget und außerordentlich hohen Einspielergebnissen

Liebe Leser:innen, es ist Halloween! Und wir haben noch eine Statistik zum Genre Horror entdeckt, das wir vor ein paar Tagen anhand billig produzierter, aber sehr erfolgreicher Horrorfilme behandelt haben. Besser kann man die Nacht der ausgehöhlten Kürbisse nicht covern als mit folgender Grafik:

Schauriger Spaß: Diese Länder gruseln sich gern

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons  erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Draußen ist es düster und kalt, drinnen wärmen sich die Menschen vor dem Fernseher. Zu dieser Jahreszeit und gerade an Halloween wird sich gerne gegruselt. Nicht zuletzt wegen eines Überangebots von Horrorfilmen auf den bekannten Streamingportalen steigen die Abrufzahlen dieses Genres ab Oktober deutlich an.

Besonders viel Spaß am Schaurigen haben laut Statista Consumer Insights die Menschen in Indien. Rund 59 Prozent der dort Befragten haben angegeben, Filme, Serien und Videos aus dem Genre “Horror” anzusehen. Ähnlich hoch war der Anteil in Mexiko (57 Prozent).

Unter den in Deutschland befragten Personen haben sich etwa zwei Fünftel als Horrorfans herausgestellt. Die Deutschen gehören damit zu den acht Nationen, die sich am ehesten auf einen gruseligen Streifen einlassen, wie die Statista-Grafik zeigt. In der Rangliste der von Statista abgefragten Filmgenres hat “Horror” in Deutschland den siebthöchsten Anteil an Zuschauer:innen.

Anders als etwa in Spanien oder den USA, ist die Horrorfilmproduktion trotz der Popularität des Genres in Deutschland eine kleine Nische. Der wahrscheinlich bekannteste Horrorfilm aus Deutschland ist “Nosferatu“ mit Max Schreck aus dem Jahr 1922.

Ob sich Länder gruseln können, lassen wir mal dahingestellt. Aber man kann sehen, wie lange es her ist, dass in Deutschland ein bekannter Horrorfilm gedreht wurde. Da gerät immer zuerst ein Werk ins Gedächtnis, das sage und schreibe 101 Jahre auf dem Buckel hat.  (Hier unsere Rezension dazu.) Es gibt aber auch das Remake von Werner Herzog aus dem Jahr 1979, mit Klaus Kinksi. Auf die Entwicklung des Horrorfilms und den Einfluss von „Nosferatu“ haben wir im Ausgangsartikel hingewiesen. Die Mexikaner haben einen besonderen Kult, der sich um den „Dio de los Muertes“ entspannt, der nach unserer Ansicht dem Halloween-Klamauk kulturell deutlich überlegen ist; ob es in Indien eine ähnliche Tradition gibt, ist uns nicht bekannt. Die Inder:innen sind aber generell gigantische Filmfans, und dort, nicht in den USA, werden die meisten Spielfilme produziert („Bollywood“).

Der eigene Markt ist ja auch gigantisch, jüngst hat Indien China als bevölkerungsreichstes Land der Erde überholt (mit mehr als 1,4 Milliarden Menschen, zum Vergleich die USA mit 330 Millionen, die EU mit 500 Millionen Einwohnern). Falls die Zustände in einem Land eine Rolle bei der Horror-Affinität eine Rolle spielten, lässt sich auch daraus erklären, warum Indien und Mexiko so weit vorne sind, mit ihrem internen Chaos oder der extremen Mordrate, dem Alltagshorror, der damit einhergeht. So gesehen, müsste Deutschland schrittweise aufholen. Falls es nicht ganz klar wurde: Wir scherzen und es ist etwas Galgenhumor dabei, angesichts dessen, was sich gerade in der Welt wieder abspielt. Besser: was sich so abspielt, dass wir uns betroffen fühlen. 

Über den Bezug zwischen Gewalt in der Realität und im Film haben wir uns im Ausgangsartikel ebenfalls ein paar Gedanken gemacht. Er hängt an.

TH

Sind Sie ein Fan von Horror-Movies? Insbesondere von welchen, die aussehen wie von Amateuren gemacht, was in bestimmten Fällen tatsächlich zutrifft? 

Unser bevorzugtes Genre ist es nicht, dafür aber jenes, in dem man mit dem geringsten Aufwand den größten Ertrag erzielen kann. Relativ zum Aufwand natürlich. Das würde sie Chance bieten, sogar in Deutschland einen gefragten Horrorfilm zu machen. Immerhin wurde dieses Genre hierzulande erfunden. Der Anlass ist das sich jedes Jahr bedrohlich wiederholende Halloween, die letzte Nacht im Oktober.

Es waren Filme wie „Nosferatu“, die den Horrorfilm begründeten oder auf eine neue, höhere Ebene hoben,  das auf eine tiefgründigere Art und Weise als diese im Grunde nur trashigen Videos für so viel Horror auf der Leinwand sorgten, dass die Zuschauer:innen kreischend den Kinosaal verließen. Beim oben erwähnten Film soll das so gewesen sein. Heute reicht es angesichts von spektakulären Exzessen aller Art noch für einen gewissen Schauer auf dem Rücken, ein paar Härchen, die sich aufstellen. Das ist schon viel, angesichts des abstumpfenden Medien-Bombardements. Wie kam es zur Renaissance des Genres, das zu Beginn der 1990er ziemlich tot war, vielleicht auch nur untot ruhend?

Infografik: Erschreckend günstig: Horrorhits unter einer Million | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons  erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Für einen guten Horrorfilm braucht es nicht viel. Oftmals sind kleine unabhängige Produktionen deutlich erfolgreicher an den Kinokassen als Triple-A-Blockbuster von renommierten Studios. Wie die Statista-Grafik zeigt, hat es in den letzten knapp 60 Jahren immer wieder Filme gegeben, die mit verhältnismäßig geringem Budget zu schaurigen Schockern der Extraklasse wurden.

Besonderen Erfolg hatte 1999 “The Blair Witch Project”. Mit einem Produktions- und Marketingbudget von weniger als 500.000 US-Dollar erreichte der Horrorstreifen ein weltweites Einspielergebnis von etwa 404 Millionen US-Dollar und ist damit auch der finanziell erfolgreichste unter den Horror-Produktionen unter einer Million US-Dollar.

Durch den großen Erfolg hauchte “The Blair Witch Project” dem Genre der Found-Footage-Filme neues Leben ein und öffnete auch die Türen für eher subtileren Horror. In den Folgejahren wurden zunehmend mehr Gruselfilme veröffentlicht, die den Anschein machen mit einer Handkamera gefilmt worden zu sein. Einer dieser Kinofilme wurde zu einem ähnlich großen Hit wie sein Vorbild – “Paranormal Activity” konnte 2007 mit einem Budget von etwa 200.000 US-Dollar ganze 194 Millionen US-Dollar an den Kinokassen generieren.

Interessant ist außerdem, dass sich die Horror-Schnäppchen vor 1999 eher klassischer Stilmittel wie Zombies oder Serienmörder bedient haben, statt den Horror wie spätere Filme eher auf einer psychologischen Ebene stattfinden zu lassen.

Der alltägliche Horror, der darin liegt, was Menschen einander antun, ist im Grunde durch nichts zu übertreffen. Das sieht man aktuell wieder besonders deutlich, weil Konflikte bestehen oder aufgeflammt sind, die uns mehr interessieren als das, was in irgendwelchen abgelegenen Regionen der Welt passiert. Abgelegen für uns, nicht für die Menschen dort, die täglichen Gewalthorror erleben. Aber wer will das in Form eines Kinofilms sehen? Das Übernatürliche ist’s! Also ob die Realität nicht schrecklich genug wäre. Vermutlich ist es aber auch eine Art Transzendierung und Symbolisierung dieser Realität. Was man den Filmen sieht, die nach unserer Ansicht wirklich gut sind, wie der erwähnte Klassiker aus dem Jahr 1922, steht für Ängste, die sehr wohl einen Bezug zur Realität haben. Gleichzeitig kann man sich vom Inhalt eines Horrorfilms besser distanzieren, weil man weiß, dass es das, was man darin sieht, weit überwiegend nicht wirklich gibt. Es ist kein Zufall, dass die Phantastik im Allgemeinen, zu der Fantasy, Mystery und eben auch der Horrorfilm zählt, gemeinsam einen solchen Auftrieb erlebt haben, in den letzten Jahren. Vermutlich gibt es schon mehr Blockbuster aus diesem Bereich als aus Genres, die mehr der offensichtlichen Realität verhaftet sind.

Um beliebte traditionelle Genres up to date zu halten, werden sie deshalb auch mehr und mehr als Crossovers angelegt, wie zum Beispiel der Mystery-Thriller, der Horrorkrimi, wie immer man diese Filme nennen will, in denen sich bei handfesten Verbrechen plötzlich übernatürliche Aspekte einschleichen. Dereinst werden Kulturforscher, falls es noch welche gibt, festhalten, dass die Abspaltung der Menschen von sich und ihrem realen Sein und der Welt, wie sie ist im Allgemeinen, damit weiter voranschritt und es möglich machte, dass die Realität immer grausamer wurde und niemand sich noch groß darüber aufregte, bis die Grausamkeit alle erfasste, auch die Grausamsten selbst, und diese Zivilisation in einem Atom-Inferno ein verdientes Ende fand. Wahrscheinlich wird es auch danach weiterhin Untote geben, das liegt beinahe in der Natur der Sache und gerecht wäre diese Lösung nur, wenn es die Antreiber des Horrors zuerst erwischen würde.

Haben Horrorfilme nun eine kathartische Wirkung oder betreiben sie eine Konditionierung auf Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft? Das werden Fans und Gegner des Genres naturgemäß unterschiedlich beantworten. Wir meinen, es kommt darauf an. Auf den Film selbst, was er vermittelt, wie er mit Manipulation und Botschaft umgeht, aber auch auf die Rezipienten. Manche Menschen finden witzig, wovor andere sich schaudern. Sie können mal an sich selbst testen, ob Sie zur Distanzierung fähig sind oder immer mittendrin. Passen Sie mal auf, ob Sie nach dem Anschauen eines Horrorfilms, im Grunde generell eines Films mit viel Gewalt, entspannter oder aggressiver Auto fahren als üblich. Wie Sie sich in dieser Situation verhalten, das könnte ein Indiz dafür sein, ob Sie stark genug sind, um die Fiktion nicht nur wegzustecken, sondern ihr eine befreiende Wirkung abzuringen.

In gewisser Weise gefährlicher sind deshalb für uns Filme, in denen es keinen Ausweg, kein gutes Ende gibt. Dadurch kann die Beunruhigung und das Übel, das man gesehen hat, nicht in das Gefühl überführt werden, noch einmal davongekommen zu sein. Das gilt übrigens für alle Genres, weshalb so viele Filme geradezu unnatürlich wirkende Happy Ends haben. Gerade beim Horrorfilm liegt aber die Versuchung nah, anders zu optieren. Mittlerweile auch deswegen, damit man ungebremst Fortsetzungen auf Basis eines offenen Endes mit vermutlichem Weiterwirken des Bösen drehen kann.

Wenn sie also ein paar hunderttausend Euro gut investieren und damit schneller reich werden möchten als mit irgendeiner Aktie, dann drehen Sie einen Horrorfilm wie das Blair Witch Project, das die Grafik sozusagen anführt. In dem Fall haben diejenigen, die den Film inszenierten, dass 800-Fache des Einsatzes erwirtschaftet.

TH

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