Crimetime Vorschau – Titelfoto © WDR, Frank Dicks
Der Mann, der in den Dschungel fiel ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Tatort. Der vom WDR produzierte Beitrag ist die 1253. Tatort-Episode und soll am 10. Dezember 2023 im SRF, im ORF und im Ersten ausgestrahlt werden. Das Münsteraner Ermittlerduo Thiel und Boerne ermittelt seinen 44. Fall.[1]
Welche Assoziationen kommen Ihnen bei dem Titel? „Der Mann, der vom Himmel fiel“? „Der Spion, der aus der Kälte kam?“ Nun ja, es gibt sicher bessere, aber es ist Sonntagmorgen und wir googeln sie jetzt nicht. Es scheint sich im 44. Tatort nicht um halbes „H. H.!“ zu handeln, sondern um einen Mann, der einst ganz unspektakulär sein Dasein begann … nicht in Münster, sondern, wenn der Plot Thiels Werdegang berücksichtigt, als dessen Mitschüler in Hamburg. Der Rollenname „Koslowski“ ist möglicherweis eine Anspielung auf eine Rolle als Frau eines Privatermittlers in der Serie Heiter bis tödlich: Koslowski & Haferkamp, die Eva Verena Müller, die hier Golds Agentin Kupfer darstellt, dort als Frau des Privatermittlers Koslowski ausgefüllt hat. Haben Kupfer und Gold ein Verhältnis miteinander? Kann eine Legierung daraus funktionieren?
- Rotgold ist eine Legierung aus Gold, Kupfer und wenig Silber12.
- Gelbgold ist eine Legierung aus Gold, Silber und Kupfer, wobei der Silberanteil dem Kupferanteil entspricht32.
- Blassgold ist eine Legierung aus Gold, Silber und Kupfer, wobei der Silberanteil höher ist als der Kupferanteil3.
Soweit ChatGPT zur Sache. Wer ist also das Silber? Derjenige, der Koslowski alias Gold nach dem Leben trachtet? Vielleicht sogar Kupfer, weil ohne Silberanteil keine Legierung möglich ist? Fragen, die Ihnen nicht das Leben und kein metallurgisches Studium, sondern ausschließlich der heutige 1253. Tatort beantworten wird. Schon vor der Premiere am Abend können wir Ihnen jedoch mitteilen, was die Kritiker:innen zum aktuellen Fall geschrieben haben:
„Die Redaktion von Tatort-Fans meint: Es ist mal wieder eine ziemlich skurrile Story, fast schon eine Krimipersiflage, die uns das Team aus Münster diesmal präsentiert. Dass die Handlung auf dem schmalen Grat zwischen Krimi und Komödie dennoch nie ins Lächerliche kippt, ist eindeutig dem kongenialen Zusammenspiel des „Trios Infernale“ Prahl, Liefers and the one and only Detlev Buck (in seiner Paraderolle!) zu verdanken. Einfach nur 90 Minuten pure Spielfreude, die den Zuschauer in ihren Bann zieht und bestens unterhält.“[2]
Hier gibt man nicht nur als Fans des Tatorts, sondern auch von Detlef Buck zu erkennen. Das können wir verstehen, weil er in den 1990ern als derjenige Regisseur galt, der die deutsche Komödie vor dem endgültigen Untergang gerettet hat und ihr neue Impulse verlieh, indem er zum Beispiel eine auf der großen Leinwand längst anstehende und deutliche Verschiebung vom krachledernen oder karnevalistischen hin zum trocken-norddeutschen Humor hin vornahm.
Damit kam er näher an den britischen Humor heran, und das war ein Fortschritt. Der Humor in Münster zeigt manchmal etwas davon, aber nach unserer Ansicht nicht überwiegend, dafür ist er zu – nun ja, klamaukig waren die Monty Pythons auf den ersten Blick auch, aber eben nur auf den ersten Blick, während man in Münster nicht den Fehler begehen sollte, zu lange nach dem tieferen Sinn zu suchen, gar dem Sinn des Lebens, denn selbst die Pythons … genau, schauen Sie sich „Den Sinn des Lebens an“, dann wissen Sie Bescheids.
Auf der Suche nach dem Sinn kann es ohnehin passieren, dass der Krimi längst vorbei ist und der Spaß auch. Denn das ist das Wichtigste: Spaß am Sonntagabend zu haben. Was auch bedeutet, die Münster-Tatorte nicht zu sehr nach den Krimi-Qualitäten ihrer Plots zu beurteilen. Es gab einmal eine Zeit, da verband sich beides tatsächlich, die ersten Jahre bis etwa 2007 haben den Ruhm dieses Teams begründet. Gute Handlungen und ein damals noch sehr frischer Humor. Es war absehbar, dass sich dieses Niveau nicht würde über Jahrzehnte halten lassen, wir hatten das einmal anhand der Filme berühmter Komiker (-duos oder -truppen) erklärt. Es liegt daran, in erster Linie, dass bestimmte Gags und Verhaltensweisen zu Manierismen gerinnen und ein Reservor für Witze nicht unendlich ist, dass sie es leer zu werden droht, wenn man zu viel daraus schöpft. Wir haben das anhand der Alberich-Gags oder -diskriminierungen beschrieben. Eine erste recht positive Stimme haben wir jedenfalls aus dem großen Kritiker:innen-Reservoir geschöpft.
„Der neue Tatort Fall für das Team Münster „Der Mann in den Dschungel fiel“ ist manchmal Krimikomödie, dann wieder Spannung pur – auf jeden Fall aber erneut ein Feuerwerk an genialen Thiel-Boerne-Sprüchen. Dauer-Schmunzel-Alarm für alle Fans der beiden. Für alle anderen manchmal etwas zu skurril. Mir hat das Ausgeflippte und Alberne sehr gefallen. Deshalb gibt es 4 von 5 Elchen.“[3]
Viele Kritiker:innen, aber nur eine:r davon hängt Elchgeweihe an die Wand. Es sind natürlich die Kollegen vom SWR, die jeden neuen Tatort zuvor einem Elchtest unterziehen, damit er unfallfrei genossen werden kann. In diesem Fall scheint das nach Meinung der Testerin so zu sein.
„Ist das womöglich der Abschied von Axel Prahl aus dem „Tatort“? Man kann sich die erste Szene von „Der Mann, der in den Dschungel fiel“ (ARD / Molina Film) auch noch ein zweites Mal anschauen: Man erkennt kein Zucken, kein Zwinkern, Thiel sieht mausetot aus. Der abstruse Fall, das Genre Krimikomödie und ein Unikum wie Detlev Buck in der Episoden-Hauptrolle legen allerdings nahe, dass sich das Ganze schon irgendwie zum Guten wenden dürfte. Aber wie nur? Selten tappten selbst in einer Krimikomödie die Kommissare so lange im Dunkeln wie in dieser höchst unterhaltsamen Räuberpistole. Die Geschichte ein Rätsel, die Gast-Hauptfigur, der Münsteraner Stadtschreiber, ein Filou und Abenteurer in Lebensgefahr, ein Rätsel, einige Rückblenden ein Rätsel – das sorgt für einen wachen Blick beim Zuschauer. Der kann dann auf dem Weg zum Clou auch noch ein paar Filmzitate aufsammeln.“[4]
Wenn es um Münster geht, lässt es sich (zumindest in Bezug auf den Tatort 1253) der Chef der hoch angesehenen Fernsehkritiken-Spezialisten von Tittelbach-TV, Rainer Tittelbach, nicht nehmen, selbst zur Feder / in die Tasten zu greifen. Eine Räuberpistole also. Wie so oft und gerne gesehen in den ersten Tatortjahren, wenngleich der Humor damals subtiler war, oft so sehr, dass man noch heute, wo wir doch alle in Sachen Erkennung des Subtilen viel mehr geschult sind, große Mühe hat, ihn zu entdecken. Auch wenn die Politik … die Kritik positiv klingt, die Bewertung ist eine mittlere: 4,5/6. Warum das höher aussieht, als es ist, erklären wir fast jede Woche, darum lassen wir es heute mal weg. Jedenfalls fängt es beim Tatort-Format erst bei etwa 3,5/6 an. Neben Referenzen an frühere Münster-Tatorte beinhaltet der neue sogar solche, die zurückreichen in die Tage des Kultkrimis, der sich aus schlechtem Geschmack speiste, nämlich den Edgar-Wallace-Filmen, denen wir unsere erste und bislang einzige große Werkschau gewidmet haben. Wer das geschafft hat, der erträgt auch den schhlechten Geschmack, der manchmal in Münster absichtlich gezeigt wird.
„(…) Doch der Krimi kommt nicht recht vom Fleck, was vor allem an Schauspielern liegt, die arg aufdringlich agieren und vom Regisseur Till Franzen bei ihrer Knatterei leider nicht eingefangen werden. Detlev Buck zeigt allzu deutlich, dass sein „Stan“ nur ein Aufschneider ist. Auch Eva Verena Müller geht einem mit ihrer Überdrehtheit schnell auf die Nerven. Warum sich die weltläufige Literaturagentin privat mit ihrem ungehobelten Autor einlässt und sogar begeistert von dessen Hochzeitsantrag ist, bleibt das größte Rätsel dieser Räuberpistole. Erst in den letzten zwanzig Minuten, als endlich eine Leiche auf Boernes Seziertisch liegt, bekommt der Fall etwas Schwung – und Björn Meyer als Assistent Mirko Schrader eine unverhoffte Sonderaufgabe.“ [5]
Eines unserer Hauptstadtmedien gibt nur 2/5, womit wir auch die Aufgabe erfüllt haben, nicht immer nur Kritiken zu präsentieren, die ganz oder überwiegend positiv klingen. Was oben beschrieben wird, mag in den Augen der Rezensenten auch daran liegen, dass, wie es an anderer Stelle heißt, Boerne seine Selbstverliebtheit auf noch höhere Stufe hebt als bisher. Das kostet vermutlich auch Zeit, währenddessen flaut sie Spannung ab.
„Detlev Buck spielt in „Der Mann, der in den Dschungel fiel“ den durchgeknallten Starautor mit großer Lässigkeit und absurdem Witz. Richtig spannend ist dieser Krimi zwar nicht, aber für Spannung ist der Tatort aus Münster auch nicht unbedingt bekannt. Die Story von Thorsten Wettcke (Buch) und Till Franzen (Regie) rückt den Protagonisten allerdings dermaßen ins Licht, dass Thiel und Boerne etwas blass aussehen, auch in ihrem Hauptfach Humor. Angereichert durch Zutaten alter Münster-Krimis wie Bienengift und Luftröhrenschnitt wirkt der Film auf der Ermittlerseite ein wenig abgehangen, was dem großen Auftritt Bucks wiederum sehr dienlich ist.“
Das haben wir im Grunde von Buck auch erwartet, aber hier wird auch hervorgehoben, dass seine Figur sehr hervorgehoben wird. Es ist schon interessant, wie unterschiedlich wir Dinge wahrnehmen. Daher sind auch große Communities für uns in der Regel ein guter Gradmesser dafür, wie ein Film wirklich ankommt. Natürlich die der IMDb für Kinofilme, mit allen Verzerrungen, die wir manchmal berücksichtigen, manchmal auch nicht. Zum Beispiel dann nicht, wenn es um die Werkschau einzelner Regisseure geht, um die auf eine Person fokussierte Betrachtung, die nicht in Relation zu anderen Filmkünstlern gestellt wird, denn dabei dürften Präferenzen des Publikums, zum Beispiel für US-Filme, keine Rolle spielen. Für die Tatorte war einmal der Tatort-Fundus eine sehr gute Bezugsquelle, bis die Rangliste geschlossen wurde. Die Zeiten, in denen wir die Entwicklung von Tatort-Teams in den Augen der bewertenden Fundus-Nutzer:innen anhand von Grafiken darstellen konnten, sind wohl für immer vorbei. Können wir Ihnen diese Exklusiv-Informationen (zumindest die grafische Darstellung betreffend) irgendwie ersetzen? Nein. Aber es gibt Erhellendes zur Zukunft des Münster-Teams zu lesen:
Darüber [über den Tatort 1253 hinaus, Anm. TH] hinaus hat Drehbuchautorin Regine Bielefeldt, die bereits die Geschichte zu MagicMom schrieb, auch den nächsten Münster-Tatort konzipiert: Die erste Klappe fiel im September 2023 unter dem Arbeitstitel Unter Gärtnern. Regie führt Brigitte Maria Bertele, die bereits den Münster-Tatort Rhythm and Love inszenierte. Im Film ermitteln Thiel, Boerne & Co. nach dem Tod einer älteren Dame (Sybille Canonica), deren Leiche in einem Schrebergarten gefunden wird – zusammen mit zwei toten Eichhörnchen. Was hat das zu bedeuten? Einen wichtigen Geistesblitz bei den Ermittlungen hat die pflanzenkundige Assistentin Silke Haller: Ihr fällt eine Unregelmäßigkeit in der Parzelle auf, die das Team zu Ermittlungen von internationaler Tragweite führt. Die Komödie wird laut WDR im nächsten Jahr ausgestrahlt; wir gehen von der 1. Jahreshälfte 2024 aus. Der Kölner Stadtanzeiger berichtete über einen Dreh im Leverkusener Erholungshaus.
Dass es mit Thiel, Boerne und Co. trotz einiger schwacher Filme in den letzten Jahren weitergehen würde, stand nie zur Diskussion – die Einschaltquoten sind schließlich noch immer überragend. (…)
Im Januar 2023 gab Hauptdarsteller Axel Prahl zudem einer großen Boulevardzeitung ein Interview, in dessen Nachklapp über das Ende der Tatort-Folgen aus Münster spekuliert wurde. Hinter den Kulissen gebe es das Codewort „GTM 50“, das für „Goldene Tatort Münster 50“ stehe. Die Produktion wolle sicherstellen, dass Thiel und Boerne die 50 Folgen vollmachen. Bei zwei neuen Folgen pro Jahr hieße das, dass der letzte Münster-Tatort mit Axel Prahl und Jan Josef Liefers 2026 ausgestrahlt würde.[6]
Gerade Münster hat ja sehr viele eingefleischte Fans, die auch eine solche zusätzliche Information vielleicht zu schätzen wissen. Die aktuellen Rekordhalter (München, 94 Fälle, Köln 88, Ludwigshafen 78) kann Münster sowieso nicht einholen, weil sie emhr neue Fälle pro Jahr lösen. Mit 50 wären sie aber für eine Zeit das „abgeschlossene Team“ mit den meisten Fällen – sofern nicht eine der oben geannnten drei Städte zuvor die Ermittler:innen wechselt. Wir werden in den nächsten Jahren sicher von einigen der ganz Großen Abschied nehmen müssen, die den Tatort der letzten Jahrzehnte mitgeprägt haben, denn sie sind teilweise schon über 30 Jahre im Einsatz oder kommen bald dorthin, wie ebenfalls vom WDR produzierten Kölner Ballauf und Schenk. Sie werden ihr 30-Jähriges feiern, wenn Münster die 25 erreichen wird oder würde. Das wäre 2027, nicht 2026 der Fall. Gehen doch noch zwei Filme mehr?
Damit schließen wir den redaktionellen Teil der heutigen Vorschau und wünschen – genau, viel Spaß mit dem 44. Münster-Tatort! Vielleicht ist es schon der sechstletzte!
TH
Handlung[7]
Kommissar Thiel steht vor einer Herausforderung: Statt einen Mord aufzuklären, muss er diesmal einen verhindern. Professor Boerne versucht sich währenddessen als Mäzen, Silke Haller begibt sich mit Mirko Schrader auf Spurensuche.
Der Grund für all das ist Stan Gold, ein verloren geglaubter Sohn der Stadt, der aus dem paraguayischen Dschungel in seine Heimat zurückgekehrt ist. Gold ist nicht nur inzwischen Starautor, sondern auch Münsters neuer Stadtschreiber – und ein ehemaliger Mitschüler von Thiel. Nur hieß er damals nicht Stan Gold, sondern schlicht Hotte Koslowski und war auch sonst eher mittelmäßig.
Dass der seinen späten Triumph länger als ein paar Stunden genießen kann, hat er nur dem beherzten Eingreifen von Professor Boerne zu verdanken. Denn kaum ist der neue Stadtschreiber gekürt, stirbt er um ein Haar an einem anaphylaktischen Schock. Und das ist erst der Auftakt zu einer ganzen Reihe von dramatischen Ereignissen, in die Stan Gold verwickelt wird.
Besetzung und Stab
Hauptkommissar Frank Thiel – Axel Prahl
Rechtsmediziner Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne – Jan Josef Liefers
Rechtsmedizinerin Silke „Alberich“ Haller – ChrisTine Urspruch
Staatsanwältin Wilhelmine Klemm – Mechthild Großmann
Kriminalassistent Mirko Schrader – Björn Meyer
Herbert „Vadder“ Thiel – Claus D. Clausnitzer
Hotte Koslowski alias Stan Gold – Detlev Buck
Sabina Kupfer – Eva Verena Müller
Gisela – Nicole Johannhanwahr
Jürgen – Thomas Fehlen
Oberbürgermeisterin – Nicola Gründel
Bernhard Henckel – Ralf Drexler
u. v. a.
Drehbuch – Thorsten Wettcke
Regie – Till Franzen
Kamera – Timo Moritz
[1] Tatort: Der Mann, der in den Dschungel fiel – Wikipedia
[2] Tatort Folge 1253: Der Mann, der in den Dschungel fiel – Tatort Fans (tatort-fans.de)
[3] Tatort-Kritik zum neuen Fall aus Münster lesen (10.12.) (swr3.de)
[4] http://www.tittelbach.tv/programm/reihe/artikel-6457.html
[5] Tatort Münster: „Der Mann, der in den Dschungel fiel“ (berliner-zeitung.de)
[6] Wie war der Tatort?: Wann kommt der nächste Tatort aus Münster?
[7] Der Mann, der in den Dschun… – Tatort – ARD | Das Erste
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