Teslas Marktanteile weltweit und die Herausforderung durch die Konkurrenz (Statista + Zusatzinfos + Kommentar) | Briefing 389

Briefing 389 Wirtschaft, Tesla, E-Mobilität, Elektromobilität, E-Mobility, BYD,, Volkswagen, VW

Die Elektromobilität ist in aller Munde, ist Spielball der Politik, was die Förderung angeht, und Streitpunkt bezüglich ihrer tatsächlichen Nachhaltigkeit, zumindest für uns. Der Pionier mit der größten Verbreitung auf diesem Gebiet ist zweifelsohne die US-Automarke Tesla. Heute zeigen wir deren Marktanteil, exklusive bisheriges Jahr 2023.

Infografik: Wo hat Tesla den größten Marktanteil? | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Seit der Auslieferung der ersten Roadster-Modelle im Jahr 2008 hat sich Tesla vom Start-up zu einem der führenden Autobauer der Welt entwickelt, anhaltende Kontroversen um seinen Geschäftsführer Elon Musk zum Trotz. Schätzungen von Counterpoint Research zufolge hatte der kalifornische Automobilkonzern für das dritte Quartal 2023 einen weltweiten Marktanteil von 17 Prozent. Damit lag der Konzern in etwa gleichauf mit seinem stärksten Konkurrenten BYD aus China. Wie unsere Grafik auf Basis eines Berichts des International Council on Clean Transportation zeigt, ist die Marktmacht Teslas primär auf den Verkaufserfolg in einer Region begründet – und auch dieser scheint in Zukunft nicht mehr komplett gesichert zu sein.

Lag der Anteil an verkauften Elektroautos von Tesla in den USA im Jahr 2020 noch bei 60 Prozent, waren es im vergangenen Jahr nur noch etwa 50 Prozent. Damit bleibt Musks Firma zwar mit großem Abstand Marktführer in den Vereinigten Staaten, in anderen relevanten Regionen spielt Tesla aber eine deutlich geringere Rolle. In China, dem wichtigsten Wachstumsmarkt für E-Mobilität, besaß der Konzern im vergangenen Jahr einen Marktanteil von zehn Prozent. In Europa entfielen 2022 etwa acht Prozent aller verkauften Elektroautos auf den US-Autobauer.

Der ausbleibende Erfolg besonders in China, obwohl ein Großteil der Tesla-Fahrzeuge in der Gigafactory Shanghai vom Band läuft, könnte unter anderem mit der starken heimischen Konkurrenz und den vergleichsweise hohen Preisen zusammenhängen. Erst im August hatte der Konzern die Kosten für ausgewählte Model-S-, Model-X- und Model-Y-Varianten gesenkt. Der preiswerteste Tesla, der Model 3, kostet derzeit hierzulande rund 45.000 Euro. Mit seinem im September vorgestellten Seagull-Modell will BYD Elektromobilität für eine größere Klientel erschwinglich machen. Der derzeit nur in China erhältliche Kompaktwagen kostet umgerechnet rund 10.000 Euro.

Insgesamt wurden 2022 weltweit etwa 10,3 Millionen E-Autos verkauft, sechs Millionen davon allein in China. In den USA wurden etwa eine Million Neuzulassungen für Elektroautos registriert, in Europa 2,7 Millionen. Der Rest der Welt hat bislang in Sachen E-Mobilität wenig Relevanz und war 2022 nur für 600.000 Neuzulassungen verantwortlich.

Der weltweite Marktanteil von Tesla von 17 Prozent ist auf E-Autos bezogen, nicht auf alle verkauften PKW, und das sind in allen Weltregionen immer noch vorwiegend Verbrenner. Damit ist Tesla auch noch nicht einer der größten Autobauer der Welt. Der europäischer Automarkt ist kleiner als der chinesische, der Elektroautor-Verkaufsanteil also wesentlich höher.

Top 15 Automakers in the World | Car Sales Rank Worldwide (factorywarrantylist.com)

Am Ende der Liste findet sich Tesla. Mit beeindruckenden Zuwachsraten, aber noch weit davon entfernt, einer ganz Großen zu sein. Was man auch sieht: VW hat sich davon verabschiedet, mit Toyota um Rang 1 kämpfen zu wollen. Das wird gerne als eine gewollte Strategie zugunsten der Renditeentwicklung verkauft, die bei der Kernmarke VW traditionell schwach ist, aber wir meinen, hier folgt die vorgebliche Strategie einfach den Tatsachen. Vor allem erholt sich VW nicht mehr von dem starken Corona-Rückgang im Jahr 2020, anders als andere Hersteller, aber parallel zur deutschen Gesamtwirtschaft. Für uns an dieser Grafik nicht verständlich, warum Renault und Nissan noch immer getrennt aufgeführt werden, obwohl sie ein Konzern unter französischer Führung sind. In der Tabelle  gar nicht enthalten sind die großen chinesischen Autohersteller, die allerdings auch teilweise wiederum Joint-Ventures betreiben (wie etwa FAW-Volkswagen und FAW-Toyota). Es wird neuerdings erwartet, dass die chinesische Erfolgsmarke BYD Tesla bald beim Verkauf von Elektrofahrzeugen überholen könnte. Natürlich zu anderen Preisen, aber BYD und andere chinesische Unternehmen spielen auch bis in die Mittelklasse hinein mittlerweile eine Rolle.

Move over Tesla: BYD holt auf und wird voraussichtlich Marktanteile anführen (electrek.co)

Man sieht für den Oktober 2023 hier also schon einen Gleichstand. Kleiner Hoffnungsschimmer für VW: Sie liegen weltweit bei den verkauften Elektroautos auf Platz 3, mit einem leichten Anstieg von 7 auf 8 Prozent Marktanteile, das Doppelte des aufstrebenden koreanischen Hyundai-Kia-Konzerns. Die weiteren chinesischen Hersteller verbessern sich alle um einen Prozentpunkt, soweit sie in der Grafik einzeln aufgeführt sind. Das belegt, wie der Wandel bei der Antriebstechnik die Karten im Welt-Automobilbau neu mischt. Ob Tesla die Power haben wird, dem Ansturm der chinesischen Konkurrenz standzuhalten? VW hat schon oft gezeigt, dass sie auch als Spätstarter gut performen. Das galt aber in den alten Zeiten, zum Beispiel, als die SUVs aufkamen. Die neuen sind viel stürmischer und wir möchten nicht prognostizieren, ob sich diese konservative Art, Erfolg zu generieren, nämlich abzuwarten, was die anderen machen und es dann ein klein wenig besser hinzubekommen, noch einmal wiederholen lässt. Dazu sind die gegenwärtigen Veränderung nach unserer Ansicht zu fundamental.

In Deutschland wird ein BYD Seagull allerdings mehr als 10.000  Euro kosten, das dürfte sicher sein, falls er hierzulande überhaupt angeboten werden wird. Das nächstgrößere Modell der Marke namens Dolphin, seit Juni 2023 in Deutschland erhältlich, ist mit 38.000 Euro Einstiegspreis nicht unbedingt ein Sonderangebot, wenn auch etwa 3.000 Euro günstiger als ein vergleichbarer VW ID.3. Erfahrungsgemäß reichen knapp 10 Prozent Preisunterschied in einem Segment, das bei Verbrennern bereits die Mittelklasse darstellt, nicht, um ein auch technisch ähnliches, vom Design eher überlegenes einheimisches Modell zu überflügeln. Aber es gibt andere Märkte, die sind viel größer und dort gelten andere Voraussetzungen.

Besorgniserregend ist aber dennoch, dass deutsche Firmen sich auf der Jagd nach immer höherer Rendite generell aus dem Segment der preiswerteren Autos zurückziehen. Kann zum Beispiel eine Marke wie VW funktionieren, ohne wenigstens ein einziges voll elektrifiziertes Auto unter 30.000 Euro anzubieten?  

Beste Elektroautos 2023: Testsieger nach Fahrzeugklassen (adac.de)

Dieser Test weist ganz unten gar keine deutschen Autos aus, eine Klasse höher sieht man die ersten Opel-Modelle, die günstig baugleich mit entsprechenden Peugeots unc Citroens entwickelt werden können, VW kommt erst in der Mittelklasse zum Zuge – und dort gibt es, unabhängig vom Header, eine Überraschung: Technisch ist Tesla längst nicht mehr State of the Art, weder mit dem Model 3 noch mit dem Model Y. Schlecht für Brandenburgs neue Industrie-Ikone, die Gigafabrik in Grünheide?

Uns erinnert das jedenfalls an etwas, was vor längerer Zeit ein US-Autojournalist geschrieben hat: Mir will es nicht in den Kopf, dass ein Freak wie Elon Musk besser sein soll als Weltmarken, die seit hundert Jahren Autos produzieren und immer Erfolg hatten. Wer weiß, vielleicht wird Space X bald das erfolgreichste Musk-Unternehmen sein, denn hier sieht eine wichtige Sache anders aus: Seine Produkte ersetzen bisher staatliche, sehr aufwendig hergestellte Weltraumtechnik zunehmend. Das kann man nicht mit der harten Konkurrenz auf dem Automarkt vergleichen, der trotz aller Konzentrationsprozesse immer noch ein Polypol ist, nicht ein, auf jeweilige nationale Verhältnisse bezogen, Monopol, bestenfalls Oligopol.

Die hiesigen Hersteller sind gleichwohl immer mehr darauf angewiesen, ihren Premium-Appeal bei den Kunden geltend zu  machen, obwohl die a.) immer weniger Geld in der Tasche haben und b.) der Vorsprung der Deutschen bei der Verbrenner-Motorentechnik bei den E-Autos sich eher in einen Rückstand verwandelt hat. Sicher werden die sehr teuren Autos, die von Menschen mit hoher Markebindung gefahren werden, vorerst nicht von der Erosion betroffen sein, die sich aus der Zange zwischen dem Verbrenner-Aus und der wenig überzeugenden Performance der hiesigen Hersteller im E-Auto-Bereich ergibt. Die beste Strategie hat nach unserer Ansicht gegenwärtig BMW. Man setzt auf Plattformen, die für beide Antriebskonzepte geeignet sind und kann daher Trends viel schneller folgen als etwa Mercedes, die mit ihren großen E-Modellen überhaupt keine Verkaufserfolge einfahren können, deren eigenständige Plattformentwicklung aber große Summen gekostet hat. Ein EQS wird von vielen offenbar nicht als gleichwertig mit der S-Klasse wahrgenommen, obwohl die Vorteile auf der Hand liegen, zum Beispiel ein größerer Innenraum und eine noch höhere Leistung. Den 7er hingegen gibt es auf de selben Basis mit fast gleichem Aussehen als Verbrenne rund als E-Modell.

Vor allem angesichts des gerade angerührten Förderungs-Desasters ist die Kompromiss-Strategie von BMW ein ganz deutliches Plus. Außerdem zieht sich Mercedes immer weiter aus der Mitteklasse zurück und versucht, nur noch Luxusautos zu verkaufen. Der Markt dafür ist aber limitiert und nach oben gedeckelt, wo die wirklichen Luxusmarken zuhause sind. Dort ist BMW wiederum mit Rolls-Royce vertreten, Mercedes hingegen hat die eigenständigen Maybach-Entwicklungen wegen mangelnden Erfolgs aufgegeben und die Marke zu einer besser ausgestatteten S-Klasse bzw. einem besser ausgestatteten GLS degradiert.

Und wie mit Volkswagen? Wer bei diesem Konzern noch den Überblick behält, der muss schon dort arbeiten und jeden Tag jede Wandlung mitbekommen. Sicher haben sie ganz starke Marken gesammelt, davon profitieren sie auch, aber die Baustellen, Erfolge und Misserfolge sind so zahlreich, dass man dazu eine größere Recherche betreiben und sie in einem eigenständigen Artikel unterbringen müsste. Jedenfalls hat VW das Problem, in China mit seinen E-Autos nicht richtig Fuß zu fassen. VW war lange Zeit der führende Hersteller dort überhaupt, dank einer beherzten Strategie, durch die das Unternehmen bei den Chinesen sehr beliebt ist und die da hieß, wir investieren in der Volksrepublik, auch wenn die anderen es nicht tun, auch wenn die Stückzahlen vorerst klein sind.

Für die deutschen Hersteller ist dieser Markt generell wichtiger als der Heimatmarkt, weil um ein Vielfaches größer. Tesla hat dort überraschenderweisen nicht in dem Maße den Pionierstatus erreicht wie in den USA, wo der Anfangsvorsprungs-Marktanteil nur langsam abschmilzt. Es ist ein bisschen wie mit VW in China, man hatten den Vorteil des frühen Starts.

In Europa hat VW allerdings etwas ganz richtig gemacht. Die tschechische Marke Skoda zu einer etwas preiswerteren Volkswagen-Doublette aufgebaut. Das wird angesichts des breiten Angebots an E-Autos, die Skoda schon hat, möglicherweise ein entscheidendes Plus zumindest beim Kampf um Marktanteile in Europa sein. Trotzdem fehlt auch hier ein Modell in der Kleinwagenklasse, die in aus deutscher Fertigung bei den E-Autos  nur von Opel bedient wird, vor allem mit dem Corsa-e und dem Mocca-e.

TH

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