Der Liebe verfallen (Falling in Love, USA 1984) #Filmfest 1029

Filmfest 1029 Cinema

Der Liebe verfallen ist ein Liebesdrama von Ulu Grosbard aus dem Jahr 1984. Der Film lief ab dem 6. April 1985 in den US-amerikanischen Kinos.

Nach dem Premierendatum hätte der Film doch ein 1985er sein müssen. Aber vielleicht lag die Premiere ein ganzes Stück vor dem eigentlichen Kinostart. 

Als Meryl Streep und Robert De Niro für diesen Film geteamt wurden, waren sie die größten Stars, die Hollywood zu dem Zeitpunkt hatte – zumindest schauspielerisch betrachtet. Beide hatten bereits je zwei Oscars (1 x Hauptrolle, 1 x Nebenrolle) gewonnen. De Niro hatte im Jahr zuvor in Sergios Leone fantastischem Gangster-Epos „Es war einmal in Amerika“ die Rolle des guten Gangsters gespielt, Streep würde im Jahr darauf im Romantik-Epos des Jahrzehnts, „Jenseits von Afrika“ die Hauptrolle spielen. Sie war wenige Jahre zuvor durch »Kramer gegen Kramer« zu Ruhm gekommen. Mehr Starpower war also kaum möglich, um einen Liebesfilm zu machen. Außerdem hatten die beiden bereits in „The Deer Hunter“, einem weiteren Meilenstein der Filmgeschichte, ein Paar gespielt, was allgemein als gelungen angesehen wird. Ist aber auch »Der Liebe verfallen« gelungen? Wir klären dies in der –> Rezension.

Handlung (1)

Bauunternehmer Frank, verheiratet und Vater zweier Kinder, begegnet während einer Einkaufstour vor Weihnachten Molly Gilmore, die mit einem Arzt verheiratet ist. Die beiden vertauschen versehentlich ihre Tüten, und an Heiligabend kommt es in beiden Familien beim Auspacken der Geschenke zu großen Überraschungen.

Nach den Feiertagen treffen sich Molly und Frank zufällig wieder, da sie die gleiche Zugverbindung zur Arbeit nutzen. Die beiden verstehen sich auf Anhieb sehr gut und richten fortan ihren Tagesablauf so ein, dass sie sich öfter begegnen. Beide fühlen sich stark zueinander hingezogen, ihr moralisches Gewissen verhindert jedoch, dass es zu einem Verhältnis kommt. Molly ist hin- und hergerissen und sucht Trost und Hilfe bei ihrer Vorgesetzten und zugleich besten Freundin. Diese hat jedoch selbst ständig Probleme mit Männern und kann Molly deshalb auch nicht weiterhelfen.

Da keiner den Schritt wagt, aus seiner Partnerschaft auszubrechen, verlieren sie sich schließlich wieder aus den Augen, als Frank das berufliche Angebot annimmt, für sechs Monate nach Houston zu gehen. Ihre Gefühle füreinander haben in der Zwischenzeit dazu geführt, dass ihre Partnerschaften vor dem Abgrund stehen.

Beim nächsten Weihnachtsfest ist Frank wieder zurück, um sein Haus zu verkaufen. Aus einer Laune heraus geht er wieder in den Buchladen, in dem er Molly vor einem Jahr getroffen hat und es kommt zum Wiedersehen. Beide schaffen es nicht, über ihre Trennungen zu sprechen und verpassen sich dadurch beinahe erneut.

Rezension 

Zur Inhaltsangabe: Frank ist u. E. nicht Unternehmer, sondern Bauleiter, vermutlich Ingenieur, für Großprojekte und Lasky ist nicht nur sein Freund, sondern auch sein Vorgesetzter. 

Kennen Sie aber einen Regisseur namens Ulu Grosbard? Dieser Mann mit seinem selbst für sein belgisches Herkunftsland ungewöhnlichen Namen war uns vor diesem Film kein Begriff. Wie er dazu kam, diesen Starfilm (er sieht auch neben dem Paar De Niro / Streep Harvey Keitel in der Rolle des Freundes von Bauingenieur Frank) zu inszenieren, wissen wir nicht, aber von großen Erwartungen gesteuert, waren wir restlos enttäuscht. Wie man es schaffen kann, mit solchen Schauspielern einen so banalen Film zu produzieren, ist schon wieder eine Art Leistung. Vielleicht sollten die beiden bewusst alltäglich sein,  jedermann darstellen, mit dem sich der Durchschnittsamerikaner identifizieren kann. Der jedoch auf die Idee kam, aus der Familie auszubrechen, eine emotional nicht mehr erfüllende Beziehung aufzugeben, was auch immer eben vorkommen und uns alle treffen kann, nicht nur Bewohner der USA.

Das Problem ist aber, dass die Romanze genauso wenig aussagt wie die Ehen der beiden, die sich hier in New York bei einem Buchhändler begegnen und uns als erstes, sicher ungewollt, darüber erzählen, wie hirnlos der vorweihnachtliche Konsumrausch ist und dass man seinen Kram vertauscht, weil die vielen Tüten hinfallen und nicht mehr richtig auseinandersortiert werden können.

Der Film ist darüber hinaus so langsam und handlungsarm, dass wir zwei Drittel zugewartet haben, ob nicht doch noch etwas passiert, passiert, passiert, das den Sinn des Projekts wenigstens halbwegs verständlich machen könnte. Und dann kam diese Szene mit Molly in ihrem kleinen japanischen Auto, wie sie versucht, Frank noch vor dessen Abfahrt nach Houston zu erreichen. Vorher sagt er ihr am Telefon, er wohne quasi um die Ecke. Dann rast sie unter Lebensgefahr durch die Nacht, als sei dem Drehbuchautor eingefallen, dass da noch irgendein dramatisches Ereignis fehlt. Als dieses stattfindet, ist es komplett unlogisch, wegen der erwähnten Entfernung. Dies erweiterte die ohnehin große Distanz zu diesem Film noch einmal, die wir zu dem Zeitpunkt längst aufgebaut hatten.

Die Dialoge sind fantasielos, ebenso die Musik, das Weihnachtslieder-Gedudel in vielen Szenen schafft keine Atmosphäre, sondern nervt. Was sicher nicht daher kommt, dass wir den Film bei 25 Grad im Mai angeschaut hatten. Es war keine Aufzeichnung, sondern „direkt “. Ihn als Superfilm anzukündigen, das kann man übelnehmen, bei vorliegendem Ergebnis. Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung: Weihnachtszeit geht immer, Buchhandel, solange es noch Buchhandlungen gibt, erfolgreicher, aber für uns in vieler Hinsicht auch nicht ganz überzeugend in »E-Mail für dich« (1998) mit echten Romantikstars.

Vielleicht ist Robert De Niro für uns nicht in erster Linie ein romantischer Star, vielleicht können wir uns für eine spontane Liebe einen Frauentyp vorstellen, der uns mehr anziehen würde als Meryl Streep. Doch dies war nicht der Punkt, denn dass die beiden Identifikation erzielen können, haben sie in vielen anderen Rollen bewiesen.

Bei der Oberflächlichkeit dieses Films ist das Detail besonders nett, dass De Niro sich für seine Figur sogar Business Cards drucken ließ, obwohl diese im Film nie zum Einsatz kamen. Er war der Ansicht , dass man sich in jede Rolle komplett hineindenken und auf jedes Detail achten muss. In vielen Rollen De Niros kann man klar nachvollziehen, warum er mit solchen Ansätzen so erfolgreich war bzw. ist, hier nicht. Es wirkt beinahe, als solle er seinen Frank nicht zu einem Charakter werden lassen, der uns die Magie erklären könnte, die zwischen ihm und Molly entsteht.

Typisch für das Niveau des Films, wenn auch nicht prägend, ist die Tatsache, dass die beiden tatsächlich nicht zum Sex kommen, weil sie so skrupulös – und langweilig sind. Da winken die 1980er mit ihrer massiven Tendenz zum konservativen Rollback so heftig wie in den Seifenopern jener Zeit bei weitem nicht. Wenn man Von diesem Film zu „Dallas“ oder „Dynasty“ umschalten würde, die auch typische Produkte jener Zeit sind, würde das Leben toben und es gäbe es wenigstens Konflikte und Intrigen, Emotionen und seltsame Schicksalsverläufe.

Finale

Neben uns liegt das aktuelle Programmheft unseres Entertain-Anbieters mit Meryl Streep als Cover-Pinup. Die Frau ist eine Ausnahmeerscheinung selbst in Hollywood, mit einer nunmehr 40 Jahre umspannenden Karriere, aber wer viele Filme macht, hat auch immer mal einen Flop darunter wie diesen.

Für DeNiro gilt das noch mehr, er ist in der Wahl seiner Rollen durchaus weniger achtsam als einige andere Superstars, die sich immer weise begrenzt haben. Die Gagen können nicht das Hauptmotiv für diesen Film gewesen sein, denn er hat insgesamt 12,5 Millionen Dollar gekostet, inklusive der Ausgaben für alle Darsteller:innen.  Auch wenn der Hauptteil dieses Budgets vermutlich für die Schauspieler draufging, denn ansonsten gibt es nichts Spektakuläres, was hätte viel Geld kosten können. Nicht einmal Mollys kleines Autos geht zu Bruch. Wenn das doch geschehen wäre, wäre das Entsetzen groß gewesen und die Symbolik ebenso: Das gemeinsame Fahren im Zug hat die beiden zusammengebracht und ein Zug beendet auf drastische und endgültige Weise dieses Verhältnis. Nebenbei erfahren wir, dass in den USA die Züge schon durch die Bahnübergänge sausen, wenn die Schranken noch nicht komplett geschlossen sind. Es ist eben ein schnelles und gefährliches Land.

Angelockt durch die großen Namen, wie sicher im Jahr 1984 auch viele Kinozuschauer, haben wir heute eine der größten Talentverschwendungen zu rezensieren, die es bisher in der FilmAnthologie des Wahlberliners zu vermerken galt (Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung des Films im Jahr 2023: Dies gilt für den Zeitpuntk der Erstellung des Entwurfs im Jahr 2015). Hätte der Film die Namen nicht gehabt, hätte er ja auch nicht auf unserer Liste gestanden. 

Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung: Es kommt allerdings auch selten vor, dass wir bei einer Bewertung 15 Punkte unter dem Durchschnitt der IMDb-Nutzer:innen liegen (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Dezember 2023 liegt er bei 6,5/10), was eher bei Abwertungen aus politischen Gründen vorkommt, wie bei »GWTW«, selten aber aus qualitativen. Hier war es so, for the better oder eher for the worse. Wir haben noch einmal nachgeschaut: Der Kritiker-Metascore liegt nur bei 55/100, also kaum über unserer Bewertung.

In dieser Bewertung aus dem Jahr 2015 war sicher auch Enttäuschung darüber enthalten, wie man zwei solche Stars so banal inszenieren kann. Aus heutiger Sicht, nachdem wir die meisten Rom-Coms oder Liebesdramen der 1990er gesehen haben: Die große Zeit solcher Filme sollte erst noch oder erst später wieder kommen und De Niro und Streep, auch wenn das Titelfoto vor allem sie sehr styllisch für so einen Film wirken lässt, sind für uns keine typischen Schauspieler für dieses Genre. Filme wie „Jenseits von Afrika“ oder später „Brücken am Fluss“ mit Streep sind Ausnahmen, bei denen ihre her nicht so weiche Ausstrahlung eingesetzt wird, um in Verbindung mit ihrem Können einen besonderen Typ zu schaffen, der auffällt und interessant wirkt und mit guten Drehbüchern oder großen Szenarien mehr Wirksamkeit erzielen kann. In „Der Liebe verfallen“ hingegen haben sowohl sie als auch De Niro Rollen, die in den 1990ern viel besser von Darsteller:innen wie Tom Hanks, Richard Gere und mehreren anderen, die sich damals gerade einen Namen zu machen begannen, von Sandra Bullock, Julia Roberts, Meg Ryan ausgefüllt werden konnten. Diese standen aber alle in den frühen 1980ern noch nicht dort, wo man solche Rollen bekommt. Die manchmal etwas sülzige Warmherzigkeit ist wichtig, um solche Filme funktionieren zu lassen, nicht unbedingt die Tiefe, die ist in den Rom-Coms der 1990er meist auch nicht so beeindruckend.

50/100

© 2023  Der Wahlberliner, Alexander Platz (Entwurf 2015)

Regie Ulu Grosbard
Drehbuch Michael Cristofer
Produktion Marvin Worth
Musik Dave Grusin
Kamera Peter Suschitzky
Schnitt Michael Kahn
Besetzung

 

 

 

 

 

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