Gremlins – Kleine Monster (Gremlins, USA 1984) #Filmfest 1032

Filmfest 1032 Cinema

Gremlins – Kleine Monster (Originaltitel Gremlins) ist eine US-amerikanische Horrorkomödie aus dem Jahr 1984. Der Film entstand unter der Regie von Joe Dante, der den Posten auch bei der Fortsetzung Gremlins 2 – Die Rückkehr der kleinen Monster von 1990 innehatte. Die Hauptrollen spielen Zach Galligan und Phoebe Cates. Bei einem Budget von 11 Mio. US-Dollar spielte der Film allein in den USA 148 Mio. US-Dollar ein.[1] 

Wir verraten nicht, bei welcher Gelegenheit wir „Gremlins“ erstmalig gesehen haben. Jedenfalls waren wir gestern wieder genauso amüsiert und schockiert zugleich, als der Film in HD und mit sehr gutem Ton ablief und wir ihn auch dieses Mal keine Sekunde langweilig fanden. Er hat den „Test of Time“ bestanden. Unser Gefühl ihm gegenüber ist heute kaum anders als vor vielen Jahren, als wir uns nicht nach dem Angucken sofort hinsetzen konnten, um Hintergründe im Internet zu recherchieren. Bei der ersten Sichtung war es für uns auch sicher kaum ein Fakt von Wert, dass im Vorpsann, noch vor dem Cast und dem Regisseur, Steven Spielberg als Produzent genannt wird. Heute kennen wir dessen Filmuniversum etwas besser, außerdem hat es seit 1984 eine wesentliche Expansion erfahren, die Einordnungen erleichtert. Spielberg hat übrigens selbst einen kurzen Auftritt auf der Erfindermesse. Alles Weitere zu den kleinen Monstern findet sich in der –> Rezension.

Handlung (1)

Der Erfinder Randall Peltzer aus Kingston Falls kauft vom Enkel eines Händlers in Chinatown den Mogwai Gizmo. Dabei handelt es sich um ein kleines Tier, das mit Fell bedeckt ist und singen kann. Der Enkel des Händlers gibt ihm drei Regeln mit auf den Weg:

  • den Mogwai nie dem Sonnenlicht aussetzen,
  • den Mogwai nicht nass werden lassen,
  • den Mogwai nicht nach Mitternacht fressen lassen.

Peltzer schenkt das Tier seinem Sohn Billy und kurz darauf passiert das erste Missgeschick: Gizmo wird nass, und unter Zuckungen platzen eine Vielzahl neuer Mogwais aus seinem Fell heraus. Diese tragen allerdings andere Charakterzüge und verhalten sich äußerst unsozial. Ernst wird die Lage, als sie das Stromkabel von Billys Wecker zerknabbern und er so aus Unwissenheit die gefräßigen Tiere nach Mitternacht füttert. Die Mogwais verpuppen sich daraufhin und werden zu äußerst aggressiven Gremlins. Nachdem Billys Mutter und er selbst die Gremlins bis auf deren Anführer Stripe töten konnten, flüchtet dieser in ein YMCA-Gebäude. In dem dort befindlichen Schwimmbad vermehrt er sich durch Wasserkontakt in eine Armee von zerstörungswütigen kleinen Monstern, die den beschaulichen Ort am Weihnachtsabend ins Chaos stürzen.

Bei einer durch Billy herbeigeführten Gas-Explosion im Kino werden erneut alle Gremlins bis auf Stripe getötet. Dieser wird von Gizmo durch Hochziehen einer Jalousie im Kaufhaus durch hereinströmendes Sonnenlicht getötet. Nachdem sich die Familie Peltzer danach im Wohnzimmer eingefunden hat, kommt der Händler aus Chinatown zu Besuch. Er erklärt Mr. Peltzer und Billy, sie seien noch nicht bereit, den Mogwai als Haustier zu haben, und nimmt ihn wieder mit. Zum Schluss ermahnt der Erzähler die Zuschauer, nicht direkt die Handwerker zu rufen, wenn es mal technische Störungen geben sollte, erst solle man überall im Haus das Licht anschalten und alles durchsuchen, denn es könnte sich ein Gremlin im Haus verstecken.

Rezension

 „Gremlins“ ist kein ins Anarchische gedrehter Spin-Off von Spielbergs „E.T.“, der 1981 erschienen war, sondern die dunkel-humorige Spiegelung von Spielbergs Nachbarschaftswelten, die ihrerseits auf den Hollywood-Mythos der amerikanischen Kleinstadt abheben. Einer der bei uns bekanntesten Filme dieser Art: „Ist das Leben nicht schön?“ aus dem Jahr 1946, entstanden unter der Regie von Frank Capra. Wenn man das Personal verstehen will, das in „Gremlins“ vorkommt, etwa die böse Immobilienbesitzerin, die herzlosen Banker, die arme Frau, die von der Hundehasserin gekündigt wurde, sollte man Capras Weihnachts-Meisterwerk kennen.

Nicht umsonst läuft es in der Küche der Peltzers im Fernsehen, während Mutter Peltzer Weihnachtsmänner aus Zimtgebäck anfertigt. Warum sie den Film als traurig bezeichnet, während die rührselige Schlussszene läuft, in der George Bailey wieder zu seiner Familie findet, erschließt sich erst nach kurzer Denkpause, dann aber deutlich: Die Menschen in „Gremlins“ sind etwas simpel gestrickt. Oder würde eine mehr akademische Frau mit einem Mann klar kommen, der nichts als technischen Unsinn erfindet, so dass die Familie ganz auf das kleine Gehalt angewiesen ist, welches Peltzer junior als Nachwuchs-Banker nach Hause bringt? Auch das ist eine Referenz an „Ist das Leben nicht schön“ und an George Bailey, der von Jugend an immer Verantwortung übernehmen und für andere zurückstehen musste.

Allerdings hatte George, anders als William Peltzer, keinen Vater, der eigens nach Chinatown geht, um ein besonderes Weihnachtsgeschenk für seinen Sohn zu kaufen. Chinatown ist natürlich auch eine Art Symbol für das Wunderbare und Unheimliche, das die Amerikaner an Asien fasziniert hat, seit die Filmbilder das Laufen lernten. Wo sonst als in Chinatown sollte man einen Mogwai erwerben können, der schrecklich süß ist und ein furchtbares Geheimnis birgt. Schon das Tier selbst, das je eine Erfindung ist, die mittlerweile in die Nähe der Wirklichkeit gerückt ist, beinhaltet eine Message (in China wird gerade die größte Klonfabrik der Welt gebaut und bis zu designten Haustieren ist der Schritt gefühlt nicht mehr weit).

Die Message ist aber zwiespältig. Der Mogwai ist für den täglichen Gebrauch zu empfindlich, denn wer schafft es schon, die oben genannten drei Kritieren, besonders jenes mit der Lichteinwirkung, ständig einzuhalten? Andererseits erfordert er viel Verantwortung, wie sein unversehens zum Verkäufer gewordener Besitzer verrät. Der weise alte Chinamann hat nämlich einen Enkel, der, durch seine Baseballcap und seine Kleidung sichtbar gemacht, unverkennbar amerikanisiert ist und für 200 Dollar den Mogwai Gismo ohne Wissen seines Großvaters an Peltzer verhökert. Den Mythos „Chinatown“ hatte der gleichnamige Film zehn Jahre vor „Gremlins“ zu einem eigenen Werk verdichtet, 1983 spielten einige Szenen von „Es war einmal in Amerika“ in einer Opiumhöhle im Chinatown von New York. Jede größere US-Stadt hat eben ein solches verwunschenes Viertel.

Eine launige Konsumkulturkritik mit vielen Brechungen zieht sich quer durch den Film, aber wir fanden den Teil am schönsten, in dem der wundervolle Gismo noch nicht seine bösen Ausgeburten zustande gebracht hat – wenn man Filme rezensiert, muss man sich ohnehin etwas Kindliches bewahrt haben, aber die Kulleraugen, die Fledermausohren, das dicke Fell in Weiß und Braun und die Geräusche, die das Tier von sich gibt, das Timing seiner Lautäußerungen und seine sprachlichen Ansätze, die hin und wieder hörbar sind, das ist so gut gemacht, man kann gar nicht anders, als sich auch einen Gismo für graue Novembertage wie diesen, an dem wir jetzt am Schreibtisch sitzen und diesen Beitrag tippen, zu wünschen. Die Gremlins hingegen rufen alles in Erinnerung, was man sich selbst nie getraut hat.

Sie sind nicht so bedrohlich wie die Körperfresser aus dem Jahr 1956, die ihr Erscheinen auf witzige Art ankündigen (auch dieser Film läuft bei den Peltzers im Fernsehen, kurz bevor wir erstmalig einen Gremlin zu Gesicht bekommen), selbst wenn sie den Hund der Peltzers in der Kälte aufhängen und wenn sie mit landwirtschaftlichen Geräten Holzhäuser mit Menschen drin plattfahren, wirken sie nicht so furchterregend wie jene Monster, die Hollywood in großer Anzahl hervorgebracht hat – sondern im Verlauf der Handlung immer mehr wie ein Haufen pubertierender Teenager, die mal richtig die Sau rauslassen – nicht umsonst trägt der Chef der Gang ein Punkfrisur. Und wenn  „Schnewittchen und die sieben Zwerge“ läuft, schunkeln sie auf den Sesseln des Kinos wie eine Karnevalsgesellschaft, wenn die Zwerge zur Arbeit gehen und  „High ho, wir sind vergnügt und froh“ singen. Da wir „Schneewittchen“ natürlich mittlerweile auch kennen, fanden wir die Szene zum Schießen komisch, weil man beim Lied der Zwerge, das, wie der gesamte Film, zu Disneys Geniestreichen zählt, genau dieses Feeling hat, das, könnte man es für länger als ein paar Minuten konservieren, dafür sorgen würde, dass wirklich frohgemut in die Werkwoche geht.

Als am Ende der Chinamann seinen Gismo wieder mitnimmt, befindet er, dass die Menschen nicht reif sind für das Halten eines so anspruchsvollen Haustieres. Er spricht das aus, was schon während des Films klar wird: Die Technikgläubigkeit und der Machbarkeitswahn der Amerikaner und deren Konsumverhalten verstellen den Blick für den achtsamen Umgang mit der Natur. 30 Jahre nach den „Gremlins“ können wir sagen: Mogwaisno. Selbstverständlich gilt das für alle die Natur immer weiter aufkonsumierenden Nationen, nicht nur für die USA, die unter Präsident Obama immerhin ca. 5 % grüner geworden sind als bisher, sodass bis zum Erhalt des Mogwai-Führerscheins, gemessen an den Verhältnissen von 1984, nur noch 95 % der Prüfungen zu bestehen sind.

Selbstverständlich wirkt der Film andererseits immer noch roh. Wie Gremlins im Mixer zermatscht oder in der Mikrowelle zum Platzen gebracht werden, kommt auch heute noch trashig und ekelig rüber und wir waren beim gestrigen Anschauen erstaunt, dass man so etwas im Jahr 1984 in einem Film brachte, der für jugendliches Publikum gedacht ist (in den USA hat „Gremlins“ das Rating „PG“, der Nachwuchs ab 13 in Begleitung Erwachsener dürfen ihn also schauen, in Deutschland ist er nach einigem Hin  und Her erst ab 16 freigegeben worden). Das Ganze wird dann auch noch auf eine herzerfrischende Art lakonisch dargeboten. Sicher, eine Familienmutter, die einen Erfinder zum Mann hat, dessen Produkte wegen ihrer zum Spritzen neigenden Disfunktionalität sehr abhärtend wirken, die weiß auch bei kleinen Monstern sofort, wie man sie auf maximal robuste Weise in den Griff bekommt.

Im letzten Drittel de Films nutzt sich die Action der Gremlins bereits ab, spürbar an den Szenen im Pub, die wiederum viele Anspielungen auf Standards des US-Kinos enthält. Es ist keine Sekunde zu spät, als die kleinen Monster ins Kino wechseln. Eine weitere Szene gibt es in einem Spielzeugladen, in den ein Gremlin eingedrungen ist, in diesem Fall ist der Film ein Vorbild und zitiert nicht ältere Werke: „Toy Story II“ (1999) enthält eine Sequenz, die sehr ähnlich aufgebaut ist. Wie Gismo fährt dort auch eine der Figuren mit einem Spielzeugauto quer durchs bereits angerichtete Chaos.

Finale

Wer „Gremlins“ geschaut hat, wundert sich nicht mehr, dass am selben Set der Warner Brothers ein Jahr nach dessen Veröffentlichung ein weiteres Protegée von Steven Spielberg einen noch größeren Knaller abfilmen sollte: Robert Zemeckis drehte „Zurück in die Zukunft“, der ebenfalls von Anspielungen wimmelt und noch hintergründiger ist als die „Gremlins“, welcher mit der Ironisierung der Kleinstadtidylle einiges dafür tut, dass die 1980er mit ihrer Verzuckerungstendenz, die sich auch im Kino deutlich bemerkbar machte, nicht ganz so konservativ und verstaubt wirken. Der Film hingegen ist gar nicht verstaubt, auch wenn er einen Vorzug moderner Technik noch nicht nutzen konnte: Die Monster und Gismo sind noch richtige Puppen und keine computeranimierten Illusionen.

Das erhöht den rauen Charme des Films, aber auch wir sind manchmal Opfer der Technikfaszination, weil wir uns nicht aus Prinzip gegen das Neue stellen wollen: Ein Wahnsinn, was man am Computer mit diesen Gremlins alles hätte anstellen können. Aber man vermisst auch nichts Wesentliches, bei der traditionellen Tricktechnik, die hier noch angewendet wird.

Anmkerung anlässlich der Veröffentlichung des Textes 2023: Wir hatten uns etwas gewundert, dass dieses Werk nie Bestandteil der IMDb-Top-250-Liste war. Heute hat er 7,3/10, die Frage, ob er Kult ist oder nicht, kann zumindest daran  nicht festgemacht werden, aber wir meinen, er ist ein paar Punkte mehr wert. Was auffällt und die Wertung des Publikums beeinflusst haben könnte, ist, dass in diesem Film nicht, wie in vielen anderen jener Jahre, neue Stars geboren wurden. Die Darsteller:innen sind bis heute zumindest ei uns relativ unbekannt geblieben.

80/100

© 2023 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2015)

Regie Joe Dante
Drehbuch Chris Columbus
Produktion Michael Finnell
Musik Jerry Goldsmith
Noel Regney
Kamera John Hora
Schnitt Tina Hirsch
Besetzung

 

 


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