Indiana Jones und der Tempel des Todes (Indiana Jones and the Temple of Doom, USA 1984) #Filmfest 1041

Filmfest 1041 Cinema

Indiana Jones und der Tempel des Todes (Originaltitel: Indiana Jones and the Temple of Doom) ist ein im Jahr 1984 unter der Regie von Steven Spielberg entstandener Abenteuerfilm und der zweite Teil der Indiana-Jones-Filmreihe, in dem Harrison Ford wieder die Hauptfigur Indiana Jones spielt. Bei 28 Mio. US-Dollar Produktionskosten spielte dieser Film über 330 Mio. US-Dollar weltweit ein.[3] Der Film startete am 3. August 1984 in den bundesdeutschen Kinos.[4]

Keine andere Abenteuer-Filmreihe wurde so beliebt wie die mittlerweile fünf Indiana-Jones-Filme, in keiner anderen hat ein Darsteller über mehr als 40 Jahre hinweg dieselbe Figur gespielt und selten kam es zu einer so unterschiedlichen Rezeption der verschiedenen Teile. Während der Auftaktfilm „Jäger des verlorenen Schatzes“ und der dritte Teil, „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ als Klassiker gelten, trifft das auf den hier besprochenen zweiten Teil „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ weniger zu. Geradezu als misslungen gelten in Relation zur Popularität des Franchises und des Hauptdarstellers Harrison Ford die Nummer vier („Indiana Jones und der Kristallschädel“) und fünf, der gerade erst erschien („Indiana Jones und das Rad des Schicksals“). Demgemäß gibt es bei den IMDb-Nutzer:innen zwischen den Filmen eine sehr große Spreizung bei der Durchschnittsbewertung, die von 8,4/10 für den Auftaktfilm und eine klare Platzierung in der IMDb Top 250 reichten, bis hin zu 6,2/10 und eine Goldene Himbeere für das Werk mit dem Kristallschädel. Im Sinne der Durchschnittswertung zählt „Indian Jones und der Tempel des Todes“ zu den besseren bzw. ist der drittbeste von fünf Filmen (Stand Neujahr 2024). Wieh haben wir diesen zweiten Teil gesehen? Es steht in der –> Rezension.

Handlung und weiter zum Inhalt (1)

Im Jahr 1935, ein Jahr vor Indiana Jones‘ Abenteuer mit der Bundeslade, versucht Indy, im Shanghaier Nachtclub „Obi-Wan“ die Urne des Stammesfürsten Nurhaci gegen einen Diamanten zu tauschen, der sich im Besitz des Gangsterbosses Lao Che befindet. Das Geschäft läuft jedoch schief: Indy trinkt aus einem vergifteten Glas und sein Freund Wu Han, der ihm beistehen will, wird erschossen. Indy versucht, an das Gegengift zu gelangen, das sich ebenfalls in Ches Besitz befindet, und richtet dabei Chaos im Nachtclub an. Letztlich gelingt es Indy gemeinsam mit der Sängerin Willie, die inzwischen das Gegengift an sich nehmen konnte, aus dem Durcheinander zu entkommen. Mit Indys Fluchtfahrzeug, das von dem jungen Chinesen Shorty gefahren wird, können sie Ches Schergen nach einer Verfolgungsjagd zunächst abschütteln.

Indy, Willie und Shorty besteigen ein Flugzeug nach Delhi, nicht wissend, dass es zu Lao Ches Fluggesellschaft gehört. Während sie beim Überfliegen des Himalayaein Nickerchen machen, steuern Ches Piloten das Flugzeug auf einen Berg zu, entleeren die Treibstofftanks und springen mit den letzten beiden Fallschirmen ab. Willie wacht auf und weckt Indy und Shorty, sodass die Drei rechtzeitig mit einem selbstaufblasenden Schlauchboot abspringen können, kurz bevor das Flugzeug am Berg zerschellt. (…)

Anni und Tom über „Indiana Jones und der Tempel des Todes“:

Tom: So eine Hatz. Am besten hat mir die allererste Einstellung gefallen, diese Revue-Parade, in der die Filme der 1930er toll zitiert werden. Wie geschickt dieser energetische Eindruck entstand, sogar die Kamera bewegt sich etwa im Rhythmus der Showgirls mit, damit alles noch rasanter wirkt. Hingegen das Ende oder die letzte Actionsequenz mit den Loren: Sicher eine der bis dahin aufwändigsten Actionszenen überhaupt und noch ohne CGI-Einsatz, aber irgendwie auch totaler Selbstzweck und inhaltsleer. Das trifft im Grunde auf den ganzen Film zu.

Anni: Beim ersten Indiana Jones haben dir die Nazis nicht so richtig gepasst, dieses Mal gefällt dir deren Abwesenheit auch nicht. Sie kommen im dritten Film von 1989 aber wieder. Es hat sich eben doch herausgestllt, dass sie die viel cooleren Gegner sind im Vergleich zur Kail-Bande, die offenbar Jules Vernes „In 80 Tagen um die Welt“ entommen ist, nur eben weitergedacht zu einem unterirdischen System für minderjährige Arbeitssklaven. Wenn die Sache mit der Bundeslade in „Jäger des verlorenen Schatzes“ eine Allegorie auf das Gerade-so-Überleben des jüdischen Volkes war, dann ist das hier eine Metapher dafür, wie in vielen Ländern günstige Konsumprodukte hergestellt werden. Ich fürchte nur, dieses Mal ist es so nicht gedacht gewesen. 

Tom: Der erste Teil des Films bis zum Absturz beinhaltet auch Anregungen durch das Tim-und-Struppi-Heft „Der blaue Lotus“ und des Films „In Fesseln von Shangri-La“, aber Spielberg räubert natürlich auch ziemlich da durch. Da wir den Film erst nach Mitternacht aufgezeichnet haben, dürfte das, wir sahen, auch die „FSK 16-Version“ gewesen sein. Jedenfalls sind einige so grausame oder ekelige Szenen drin, dass ich mich gefragt habe, warum vor dem Vorspann nicht trotz der späten Sendezeit den Warnhinweis beigefügt war. Die Szene, in welcher der Kämpfer der Kali-Leute von diesem Malmrad zerquetscht wird und man dann die Blutspur auf dem Rad sieht, ist für mich auch heute noch zu deftig für 12jährige Kinder. 

Anni: Und dieses Dinner im Tempel, oh Mann, ich hab noch nie eine solche Ansammlung ekeliger Nahrungsmittel oder Tiere als Esswaren gesehen. Affenhirn auf Eis, sag ich nur. Irgendwie ist dieser Spielberg doch nicht ganz von dieser Welt. Apropos Welt: Ich fand Indiana Jones vor allem am Anfang des Films dieses Mal deutlich anders dargestellt, nämlich viel machohafter, etwas mehr an Rambo angenähert. So beeinflusste sich das Actionkino der frühen 1980er gegenseitig. Verstärkt wird der Eindruck dadurch, dass man dieses Mal den Kontrast zu seiner beschaulichen Uni mit den Studentinnen der Archäologie nicht gezeigt bekommt, die natürlich alle in ihn veknallt sind. Trotz der Machoisierung der Figur fand ich Harrison Fords Darstellung aber wieder gelungen. Nicht oscarwürdig, es gab ja auch nur Nominierungen für die Technik, aber doch gut. Du sagtest aber in der Rezension zu „Jäger“, dass Ford und Karen Allen nicht perfekt als Paar sind – dann trifft das aber noch viel mehr auf Ford und Kate Capshaw zu. Immerhin wurde sie nach dem Dreh Spielbergs Frau. Was ich den Kostümdesignern und Visagisten echt übelnehme: Dass sie die Frau mit dieser typischen Brazzo-Mopp-Frisur der 1980er haben rumlaufen lassen, anstatt ihr ein cooles 1930er-Styling mit Wellen zu verpassen. Mich hat das die ganze Zeit über gestört. 

Tom: Ich erkenne da noch was anderes. Diese ständig schreiende Blondine ist eine klare Rückentwicklung gegenüber der Figur, die Allen gespielt hat, besonders am Beginn von „Jäger“. Und ich kann mir nicht helfen, Spielberg, der ja immer am Puls der Zeit sein will, hat erkannt, dass die 1980er ein Jahrzehnt des Rollbacks sind, besonders in den USA. Ich bin schon gespannt auf den dritten Teil, weil ich irgendwie glaube, man kann zwar die Kamerabewegungen noch einmal dynamisieren, aber eine noch schnellere Sequenz als die Lorenfahrt geht kaum. Und natürlich überwiegt der Comic-Charakter dieses Mal wegen der pittoresken Kali-Jünger noch mehr als im ersten Teil mit den vergleichweise realistischen Afrika-Korps-Truppen, die es 1936 oder 1938 natürlich noch gar nicht gab. Warum man Indiana Jones‘ zweiten Film zeitlich auf 1935 zurückgesetzt hat und Jones trotzdem eine deutlich stämmigere Aura verpasst hat, wie du mit anderen Worten sagtest, wird das Geheimnis der Filmemacher bleiben. 

Anni: Die Thuggee, eine indische Mörderbande, die offenbar auch die Göttin Kali verehrte und die Menschenopfer bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts, also nicht mehr Mitte der 1930er wie auch das britische Einschreiten gegen diese Gruppierungen in den 1830er gab es ja wirklich, insofern ist die Anwesenheit des allerdings naiven britischen Offiziers in gewisser Weise teilhistorisch. Wie ja alles in Filmen wie diesem teihistorisch ist und dann doch wieder fast komplett ahistorisch in der Zusammensetzung. Mir fehlt im zweiten Teil die inhaltliche Hinterlegung, ich fand den Kampf gegen die Nazis wirklich besser als diese ziemlich abstrakte, wenn auch showprächtige Indien-Reise. Du nimmst da irgendwie nichts mit. Ich war dieses Mal auch, abgesehen vom Ekel-Effekt in verschiedenen Szenen, ziemlich emotionslos. Obwohl der Film ja nicht unspannend ist. 

Tom: Dieses Mal fällt auch der Metascore heutiger Kritiker mit 59/100 deutlich schwächer aus als für den ersten Film (85/100). In der IMDb werten die Nutzer mit durchschnittlich 7,6/10 („Jäger“ bekam 8,5/10 und steht auf einem sagenhaften Platz 39 der besten Filme aller Zeiten).  Anmerkung anlässlich der Publikation des Textes im Januar 2024: Aktuelle Bewertungen siehe eingangs.

Anni: Und wenn du über die Infantilisierung des Mainstream-Kinos schon anhand des ersten Jones-Films referierst, dann musst du hier von Babyisierung sprechen, nicht nur wegen der vielen Kinder, die wohl die Identifikation bringen sollten, die den Hauptfiguren nicht gelingt – bis auf Jones natürlich, ich mag ihn nun einmal. Ich hab auch mal was von deinem Part übernommen und mir den „Demogaphic Breakdown“ der IMDb angeschaut. Es ist wirklich so, dass dieses Mal die älteren Zuschauer nicht so mitgehen wie beim ersten Teil, ees gibt einen Wertungsabfall in den höheren Altersklassen, der bei „Jäger“ nicht zu verzeichnen ist. Ich finde, der Todestempel fällt auch hinter die Bond-Filme zurück, die ja auch bei diesen überdrehten Abenteuerfilmen eine Art Patenstellung einnehmen, weil dort eben doch dieser politische Hintergrund da ist, der letztlich auf Vereinigung hinausläuft, die Welt gegen das Böse, alle Allüren natürlich eingeschlossen. Und die Frauenfiguren, um darauf kurz zurückzukommen, waren dort trotz des allfälligen Sexismus schon in den 1960ern moderner und das setzte sich mit einem steten, moderaten Typenwandel fort bis heute. Der einzige Moment, der mich wirklich überrascht und schockiert hat, war der, in dem das strassbesetzte Prinzchen beim Dinner seelenruhig erklärt hat, alles ist okay im Tempel. So ein verlogenes Kind habe ich im Film bisher selten gesehen. 

Tom: Ja, dass Kinder falsch Zeugnis ablegen, geht gar nicht. Dabei lernen sie es doch von den Erwachsenen, die Kids sind ja nicht blöd. Aber das war ja auch schon eher ein Jugendlicher, etwas älter als die positive Jungs-Gestalt, die sie eingeführt haben, weil sie der Anziehungskraft oder dem Identifikationspotenzial von Jones eben doch nicht getraut haben. Spielberg selbst sah den Film später allerdings auch kritisch, das muss man zu seiner Ehre sagen. Auch ein großes Werk weist mal ein paar Schwachstellen auf und Sequels, obwohl es hier ja eigentlich ein Prequel ist, das vor der Handlung des ersten Films spielt, sind immer kritisch. Ich kann spontan keinen zweiten Teil von einem Franchise nennen, der besser war als der erste. Bei Franchises, aus denen ganze Reihen über Jahrzehnte wurden, wie bei den erwähnten Bond-Filmen, ist das natürlich etwas anderes, die erhalten immer wieder neue Akzente und Modernisierungen. 

Anni: Und das Bashing des Hinduismus genauer zu beschreiben, überlassen wir dann doch indischen Kritiker_innen, jedenfalls finde ich, gerade die schwächeren Filme offenbaren viel über die Denkweise gewisser Kreise in den USA, die sich nicht nur einfach für etwas Besseres halten. Nirgendwo ist das Kino so voller Idioten-Klischees wie dort und durch die dominierende Stellung des US-Films werden diese Klischees natürlich überall verbreitet, anstatt dass man andere Kulturen besser verstehen lernen will. Nein, nicht jedes Abenteuer-Movie muss ein pädagogischer Lehrfilm sein, aber man kann die Action auch mit nicht ganz so billigen Diskreditierungen verbinden. Das erinnert mich wieder daran, dass die US-Gesellschaft konstitutiv rassistisch ist, anders als bei uns vor den Nazis und anders als in Europa mehrheitlich heute. Jetzt kommen wir doch noch richtig in den politisch-ethischen Trichter. 

Tom: Ja, aber der Film ist einfach zu einfach, um sich da nochmal in Rage zu reden. Dass er vielen Leuten gefällt, gibt Spielberg ja im Grunde Recht. Gestern Nacht haben wir ja den letzten Kreuzzug aufgezeichnet, auf den bin ich schon sehr gespannt, nicht nur, weil man wirklich weiß, was man an handfesten Nazis als Gegner hat.

Anni: Sondern auch, weil dein Lieblingsschauspieler Sean Connery mitmacht. Okay, ich mag Harrison Ford in dieser Jones Rolle, ich glaube, ich sage das jetzt  zum dritten Mal, aber Connery ist eine andere Hausnummer, keine Frage. So, was geb ich denn? 6/10 sollten genügen.

Tom: Dann sind wir einer Meinung. Wirklich wahr.

60/100

© 2024, 2017 Der Wahberliner, Thomas Hocke

Regie Steven Spielberg
Drehbuch George Lucas (Story),
Willard Huyck,
Gloria Katz
Produktion Robert Watts
Musik John Williams
Kamera Douglas Slocombe
Schnitt Michael Kahn
Besetzung

 


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