Briefing 417 USA, Wahl 2024, Geopolitik, Trump, Biden, Politik, Personen, Parteien, Umfragen
Hiermit eröffnen wir die Berichterstattung zu den Präsidentschaftswahlen 2024 in den USA. Wie keine andere Wahl im Ausland wird diese Abstmmung die Geschicke Deutschlands und der Welt mitbestimmen. Daher ist es absolut angemessen, schon jetzt darüber zu schreiben – zumal die Vorwahlen bereits laufen und es bei den Republikanern aussieht, als ob Donald Trump noch einmal um die Präsidentschaft kämpfen wird.
In den Vorwahlen von Iowa und New Hampshire hat Donald Trump gerade deutliche Siege gegen die parteiinternen Mitbewerber:innen eingefahren und Ron DeSantis, der lange Zeit als aussichtsreichster parteiinterner Herausforderer galt, hat gerade seine Kampagne beendet. Jetzt ist es ein Duell Trumps gegen Nikki Haley alleine, die weitermachen will und bereits eine andere Generation repräsentiert. Im Moment gehen die Kommentatoren davon aus, dass Trump das Rennen bei den Republikanern machen wird und dass es zu einer Neuauflage des Duells Trump gegen Biden kommen wird. Da bietet es sich an, die aktuelle Stimmungslage in einer Grafik darzustellen, das hat Statista getan.
Infografik: Trump liegt in Umfragen vor Biden | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.
Im Rennen um das Amt des US-Präsidenten liegt der Herausforderer Donald Trump (77) in Umfragen weiterhin vor Amtsinhaber Joe Biden (81). Der Abstand zwischen den beiden Kontrahenten hat sich dabei zuletzt wieder vergrößert: Trump konnte auf 47,2 Prozent zulegen, Biden ist auf 44,3 Prozent abgefallen. Aktuell liegt zwischen beiden eine Differenz von 2,6 Prozentpunkten. Am 17.12.2023 lag Trump sogar 3,5 Prozentpunkte vor Biden. Das zeigt die Statista-Grafik auf Basis von Daten von RealClearPolitics. RealClearPolitics ist ein Umfrageaggregator, der Umfragen, die im etwa gleichen Zeitraum erschienen sind, durch Berechnung des ungewichteten Mittelwerts miteinander kombiniert.
Immer noch lehnen mehr Menschen in den USA Donald Trump ab als dass sie ihm zustimmen, allerdings sinkt die Ablehnung seit Monaten. In einer Befragung Anfang Januar 2024 haben rund 50 Prozent der Befragten angegeben, ein negatives Bild von Donald Trump zu haben, während etwa 45 Prozent angegeben haben ein positives Bild zu haben.
Die kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA finden am 5. November 2024 statt. In den USA wählen die Wählerinnen und Wähler den Präsidenten nicht direkt. Am sogenannten Election Day werden durch die Bevölkerung in den einzelnen Bundesstaaten lediglich die Wahlmänner und -frauen für das Electoral College bestimmt, die dann wiederum gemäß dem Wahlergebnis in den jeweiligen Bundesstaaten zu einem späteren Zeitpunkt den Präsidenten und Vizepräsidenten wählen. Je größer die Bevölkerung in einem Bundesstaat ist, desto mehr Wahlleute werden aus diesem Bundesstaat in das Electoral College entsandt.
Wir haben ein paar Eckpunkte festgehalten:
- Das Duell der alten weißen Männer. Egal, ob Biden oder Trump gewinnt, der nächste Präsident der USA wird am Ende der nächsten Wahlperiode, im Jahr 2028, über 80 Jahre alt sein. Noch nie haben sich zwei so alte Personen um dieses Amt beworben.
- Gegenwärtig hat Donald Trump nicht weniger als 91 Verfahren gegen sich laufen. Trotzdem traut man ihm nicht nur zu, das alles zu überstehen und trotzdem als Kandidat für die GOP (die „Grand Old Party“, wie die Republikaner sich selbst nennen) gegen Biden anzutreten. Sofern er nicht gerade ins Gefängnis muss oder das passive Wahlrecht verliert, kann er sich auf seine Anhänger:innen verlassen. Einer Mehrzahl davon ist es egal, ob sie einen verurteilten Straftäter wählen.
Da Trends aus den USA sich regelmäßig um den Erdball weiterverbreiten, ist der Zustand der amerikanischen Demokratie auch für uns ein wichtiger Fingerzeig für das, was in den kommenden Jahren in Deutschland zu erwarten sein wird. Progressive Strömungen begannen sich in den 1960ern zunächst in den USA durchzusetzen, bevor sie zu uns kamen. Die konservativen Gegenbewegungen zeigten sich ebenfalls mit einem gewissen Zeitversatz in Deutschland.
Der Zustand der amerikanischen Demokratie muss uns also Sorgen bereiten. Hinzu tritt, dass das, was in den USA nicht nur demokratietechnisch relevant ist, sondern auch geopolitisch von herausragender Bedeutung. Wenn Trump die europäisch-amerikanischen Beziehungen noch einmal so beschädigen sollte wie während seiner letzten Präsidentschaft oder noch mehr, wird es vielleicht kein Zurück mehr geben und Europa wird gar nichts anderes übrigbleiben, als selbstständig zu werden. Zu enormen Kosten, das lässt sich angesichts der unruhigen Zeiten schon voraussehen.
Vielleicht ist das alles aber auch eine Chance. Unter Biden ist so etwas wie eine scheinbare Normalisierung eingetreten, aber bei näherer Betrachtung stimmt das nicht. Biden hat sogar in noch stärkerem Maße protektionistische Akzente in der Wirtschaftspolitik gesetzt als sein konfrontativer Vorgänger und kluge Beobachter hatten das schon vor der Wahl 2020 vorhergesagt. Vielleicht ist es deshalb eine Chance, dass im Wege einer erneuten Präsidentschaft von Donald Trump die Diskrepanzen wieder ganz offen zutage treten werden und damit dieses lahme Europa endlich zum Handeln gezwungen wird. Trump könnte der Präsident sein, der die Europäer dazu bringt, erwachsen zu werden, die sich gerade wieder zurücklehnen und gar keinen Plan für den erneuten Fall Trump haben.
Es versteht sich von selbst, dass wir in unseren Beiträgen zur US-Wahl 2024 die europäische Sicht betonen werden, aber wir werden auch Einblicke in das Geschehen in den USA selbst weitergeben, dafür haben wir uns an mehrere Nachrichtenportale und Publikationen angedockt. Bisheriger Stand: Es wirkt nicht erfreulich, was wir aus den USA mitgeteilt bekommen, gleich, wer das Rennen machen wird.
Immerhin ist der Unterschied zwischen Trump und Biden in der Wählergunst für Biden nicht uneinholbar. Die Grafik zeigt nur einen kleinen Ausschnitt der Zahlen zwischen 0 und 100 Prozent, sodass der Abstand größer wirkt, als er wäre, wenn man die ganze Skala vor sich hätte. Uns hat dieses relativ enge Rennen überrascht, wir dachten, Trump würde schon jetzt umfrageseitig einen Kantersieg einfahren. Möglicherweise kommt das noch, aber noch ist für die Demokraten und Joe Biden nicht alles verloren. Das wird gegenwärtig ein bisschen vom parteiinternen Durchmarsch Trumps überdeckt.
Wir haben schon im Wege der Wahl 2020 geschrieben, dass das US-Wahlsystem reformiert werden müsste, weil die großflächigen Gebiete, in denen die Republikaner stark sind, durch den Zuschnitt bevorzugt werden. Auch 2024 könnte es wieder passieren, dass nicht derjenige Bewerber Präsident wird, der die meisten Stimmen erhält. Das war schon 2016 so. Trump konnte selbst gegen die ziemlich unbeliebte Hillary Clinton nur siegen, weil es diese Verzerrung gibt. Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2016 – Wikipedia. Das bedeutet aber auch, dass Biden wohl deutlich mehr Stimmen auf sich wird vereinigen müssen als Trump, wenn er 2024 wiedergewählt werden will. Er muss also nicht nur den gegenwärtigen Rückstand auf Trump ausgleichen, sondern seinen Gegner möglichst mit mehreren Prozentpunkten auf Abstand halten, wenn es nicht wieder zu einer Situation wie vor acht Jahren kommen soll. Unmöglich ist eine solche Aufholjagd nicht, aber ist es realistisch? Wir bleiben auf jeden Fall dran.
TH
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