Briefing 454 Milchersatzprodukte, Fleischersatzprodukte, Ernährung, Gesundheit, Hafer, Soja, Mandeln, Hülsenfrüchte, Gemüse
Liebe Leser:innen, folgen Sie dem Trend der Zeit und sind Sie vegetarisch oder gar vegan unterwegs? Oder waren Sie sogar Vorreiter dieser Bewegung? Mittlerweile sieht man auch in „normalen“ Supermärkten mehr Milchersatzprodukte nebeneinander aufgereiht als Varianten simpler Kuhmilch.
Auch die Präsentation ist in der Regel edler. Schön nebeneinander gereiht stehen schön designte Beutel mit Hafermilch, Sojamilch, Mandelmilch und was es sonst noch gibt. Der Unterschied dürfte allerdings nur bedingt mit einer Art Wertschätzungsgefälle der typischen Milchersatzklientel gegenüber der Noch-immer-Milch-Klientel zu tun haben: Die Ersatzprodukte müssen nicht gekühlt werden und dürfen mehr Platz im Regal beanspruchen als die oft lieblos in angerissenen Kartons gestapelten Milchbeutel im Kühlregal. Trotzdem sind die Alternativen meist wesentlich teurer, auch gegenüber Biomilch. Was aber wird davon am meisten genommen? Anhand des Platzes, der einem Produkt im Regal zugesprochen wird, lässt es sich nach unserer Meinung nicht ohne Weiteres feststellen, aber natürlich gibt es auch dazu eine Statistik:
Infografik: Hafer und Hülsenfrüchte statt Kuhmilch und Fleisch | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.
Im Supermarktregal reihen sich Hafer-, Mandel- und Sojamilch dicht nebeneinander – doch zu welcher Sorte greifen Konsument:innen von Milchalternativen am ehesten? Laut Daten der Statista Consumer Insights zeigt sich Hafermilch mit einem Anteil von 70 Prozent bei den Befragten als Spitzenreiter und überzeugt vor allem Kaffeeliebhaber durch ihre Schaumfähigkeit. Mandelmilch folgt mit 63 Prozent. Sojamilch wählten etwas mehr als die Hälfte der Befragten in den drei Monaten vor dem Zeitpunkt der Umfrage. Sie gilt als nährstoffreicher Allrounder, da sie dem Eiweißgehalt der Kuhmilch am nächsten kommt.
Der Bereich der Fleischersatzprodukte ist geprägt von Diversität und Innovation. Hülsenfrüchte wie (Kicher-)Erbsen nehmen hier mit 55 Prozent die führende Position ein, stehen allerdings nur knapp vor gemüsebasierten Alternativen (54 Prozent). Auch auf dem Markt der Fleischalternativen ist Soja mit einem Konsument:innenanteil von 42 Prozent ein wichtiger Spieler. Gleichzeitig bringt der Anbau von Soja auch kritische Fragen der Nachhaltigkeit und Landnutzung mit sich, die es zu berücksichtigen gilt.
Die Entscheidung für Milch- und Fleischalternativen ist komplex und wird von Faktoren wie Gesundheit, Umweltbewusstsein und ethischen Überlegungen beeinflusst. Verbrauchertrends zeigen einen deutlichen Hang zur Nachhaltigkeit in der Ernährung, aber auch das Bedürfnis, individuelle Geschmackspräferenzen zu erfüllen.
Wichtig ist, noch einmal darauf hinzuweisen, dass hier nur die Konsument:innen betrachtet werden, die zu Milch- und Fleischersatzprodukten greifen, auf Erstere haben wir uns auch deshalb konzentriert, weil wir sie alle durch haben. Die Ersatzprodukte. Um es ehrlich zu schreiben: Wenn man mit Milch aufgewachsen ist und gute Geschmacksnerven hat, ist der Umstieg gar nicht so einfach. Teurer, aber weniger wohlschmeckend auch von einer irgendwie seltsamen Konsistenz zwischen Wässrigkeit und Klebrigkeit sind die Milchersatzprodukte regelmäßig. Am besten klappte es mit Mandelmilch oder Mischprodukten aus mehreren Ersatzstoffen. Aber bis jetzt haben wir es nicht geschafft, regelmäßig das Doppelte für die Hälfte an Genuss auszugeben. Beim Fleischersatz hingegen hat sich der Umstieg mehr oder weniger nicht in als bewusst wahrgenommener Elefant in den Raum gestellt, weil wir ohnehin fast nur noch vegetarisch essen. Im Grunde ist es noch das Flexitariertum, aber mit immer weiter abnehmendem Fleischanteil. Das war keine ideologische Entscheidung nach dem Motto: Ab heute kein Fleisch mehr, die Welt muss gerettet werden!, sondern eher eine ökonomische. Denn anders als bei den Milchersatzprodukten ist nicht Fleisch oft auch günstiger als Fleisch. Zumindest als gutes Fleisch, das man im Sinne der eigenen Gesundheit einigermaßen bedenkenfrei verzehren kann, ohne Berücksichtigung aller anderen Aspekte der Fleischproduktion. Gemeint ist das der Ersatz durch traditionelle Produkte wie Obst, Gemüse, Kartoffeln, Hartweizennudeln, nicht der Verzehr von pflanzlichen Fleischersatzprodukten, die auch ganz schön ins Geld gehen können.
Außerdem greifen wir immer wieder auch auf Nahrungsergänzungsprodukte zurück, wohl wissen, dass man da vorsichtig, dosiert und gewählt vorgehen muss.
Am Ende ist alles eine eigene Wissenschaft. Die Zeit für die Zubereitung eines guten, nahrhaften Essens, die man früher viel häufiger investiert hat, die muss man ebenfalls in die Befassung mit Ernährung einrechnen. Aber es hat auch mehr Spaß gemacht, als ständig Tabellen zu studieren und Inhaltsstoffe auswendig zu lernen, alle möglichen Labels und Testberichte zu lesen und doch immer das Gefühl zu haben, nicht alles richtigzumachen. Allein die Kombination des an sich Richtigen könnte wiederum falsch sein. Durch die Umstellung auf Nachhaltigkeit ist bis zu einem gewissen Grad auch die Sicherheit für gutes Essen verloren gegangen, die frühere Generationen noch hatten.
Sie wurden auch nicht ständig mit Berichten bombardiert, die das, was gestern noch gut war, heute als grundfalsch darstellen. Selbst bei Obst und Gemüse gibt es allerlei Fallen, an deren Existenz früher kein Mensch dachte. Man war komplett ahnungslos und wurde ziemlich alt dabei, wie wir in unserem Umfeld mit einer gewissen Verwunderung feststellen. Vielleicht lag es an der Art, wie man an das Thema Essen heranging. Es war einfach alles relaxter und mehr mit Freude verbunden, allein das Vorhandensein von ausreichend Nahrung wurde einst wertgeschätzt. Und die Wertschätzung dessen, was auf den Tisch kommt, soll ja auch zur Gesundheit beitragen.
Natürlich sind wir auch eine Umbruch-Generation, eine Generation, die sich umstellt. Die nach uns Kommenden werden so selbstverständlich mit der neuen Ernährungswelt umgehen, wie sie Digital Natives sind. Ein Zurück wird es nicht mehr geben, es sei denn, man verzichtet auch auf das Gendern. Wenn diese Bastion der Moderne fällt, dann wird es vermutlich auch wieder zu immer mehr Schweinereien kommen.
TH
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