Briefing 490 Gesellschaft, Clubkultur, Ausgehen, Restaurants, Kneipen, Gaststätten
Da heute für uns ein besonderer Tag ist, gibt es nur einen (frisch verfassten, kleinen) Artikel, der auch im Wesentlichen nicht kontrovers zu diskutieren ist – zumal er keinen Ländervergleich beinhaltet. Sind die Deutschen Ausgehmuffel (bzw. die Bevölkerung in Deutschland) hat Statista sich besorgt gefragt, und hier ist das Ergebnis:
Wie oft gehen die Deutschen aus?
Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Feiern gehen in Discos und Clubs? Das kommt für die Hälfte der Deutschen nicht in Frage. Wie die Statista-Grafik auf Basis der aktuellen VuMA-Umfrage zeigt, meiden rund 49 Prozent der über 23.000 Befragten Diskotheken und Clubs.
Etwa ein Drittel der Umfrageteilnehmer:innen ist seltener als einmal im Monat in Feierlaune. Der Anteil der Feierverrückten, die mindestens mehrmals im Monat Party machen, beträgt in Deutschland etwa neun Prozent und ist damit um drei Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Etwa zwei Prozent der Umfrageteilnehmer:innen lassen es sich nicht nehmen mehrmals pro Woche das Nachtleben unsicher zu machen.
Deutlich mehr Anklang finden Restaurants, Kneipen und Gaststätten. Etwa fünf Prozent der Befragten lassen es sich mehrmals pro Woche schmecken. Das urige Beisammensein in der Kneipe scheint den Menschen momentan eher zuzusagen alles Menschenmassen und Strobolicht in der Disco.
Rund 35 Prozent besuchen diese Gastronomien mehrmals im Monat, weitere 26 Prozent zumindest einmal pro Monat. Der Anteil der Personen, die sich auch dauerhaft von den Wirtschaften fernhalten liegt bei etwa acht Prozent.
Wir möchten den Kommentar mal so einleiten: Fünfmal in die Woche in einen Club zu gehen, ist genauso wenig eine besondere Qualifikation, wie fünf Smartphones zu besitzen. Vor allem in unserer ersten Zeit in Berlin waren wirklich viel unterwegs, man kann fast von allabendlich sprechen. Trotzdem waren selten Club-Besuche dabei. Warum nicht?
Ganz einfach. Es ist eine Altersfrage, und das war es auch damals schon. Deutschland ist ein Land mit sehr vielen alten Menschen und da ist der Wert von 51 Prozent, die es überhaupt in einen Club schaffen, schon ziemlich hoch. Denn es gibt auch Menschen, die sich dort generell nicht wohlfühlen und das können wir genauso verstehen, wie dass jemand nicht segeln geht oder in den Zoo. Bei uns ist es so: Ab einem gewissen Alter sollte man einsehen, dass man in einer „Disco“, falls das Wort heute überhaupt noch irgendwo verwendet wird, aber jedenfalls in einem Club, genau überlegen sollte, ob man nicht lächerlich wirkt. Auch dann, wenn man sich von der Figur her etc. einigermaßen gehalten hat.
Die Infantilisierung der Gesellschaft führt ja leider dazu, dass es etwas wie ein altersgemäßes, also etwas würdevolleres Verhalten, kaum noch gibt. Wir finden es durchaus schön, wenn Menschen in jedem Alter ausgelassen feiern können, aber es gibt eben für uns Grenzen, die der gute Geschmack setzt. Und dazu gehört, sich mit 70 oder 80 nicht mehr als Discoqueen oder -king aufzuführen. Und um nur dort rumzusitzen und vor allem junge Frauen anzugaffen oder anzumachen, sollte man das Clubleben auch nicht verwenden.
Wir kennen diese Clubs, in denen sehr unterschiedliche, auch unterschiedlich alte Menschen „zusammenkommen“, wir könnten darüber etwas schreiben, wenn auch nicht gleich ein Russendisco-Buch. zum Glück ist diese „Clubkultur“ in Deutschland nicht so verbreitet und nicht so klassistisch wie in einigen anderen Staaten, wo das eben auch viel exklusiver und mehr Herausstellung als Feiern mit sich und ein paar anderen darstellt. Was Kultur ist, hängt eben auch von der persönlichen Einstellung und von der Umgebungskultur ab, und in Deutschland sind große Tanzclubs, von ein paar bekannten Namen abgesehen, kein totaler Hype. Wo wir nie dabei waren: „Szenen“ wie die Raverszene in den 1990ern oder frühen 2000ern mit ihrer in der Tat interessanten Milieukultur.
Es war aber schon von jeher so, dass uns ganze Nächte in solchen Etablissements eher gelangweilt haben als Nächte mit tatsächlichen Kulturevents, mit Freund:innen, mit Lesen oder Schreiben oder sogar nur mit am Computer sitzen und Informationen sammeln. Wir sind vermutlich mehr Input- als Output-Menschen, vom Schreiben für dieses Blog abgesehen. Trotzdem waren wir früher auch mal in Clubs unterwegs. Die schönsten Erinnerungen haben wir aber eher von anderen Orten. Sie sind teilweise oben auch genannt.
Wer also nicht in jeder Lebenslage in einem Club abhängt, ist noch lange kein Ausgehmuffel.
TH
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