Von Affen und Menschen – Tatort 1268 #Crimetime Vorschau Das Erste 14.04.2024, 20:15 Uhr #Tatort #Zürich #Grandjean #Ott #SRF #Affen #Menschen

Crimetime Vorschau – Titelfoto © SRF / Sava Hlavacek

Von Affen und Menschen ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Tatort. Der vom SRF produzierte Beitrag ist die 1268. Tatort-Episode und soll am 14. April 2024 im SRF, im ORF und im Ersten ausgestrahlt werden. Das Zürcher Ermittlerduo Grandjean und Ott ermittelt in seinem siebten Fall.[1]

Worum geht es?

Zoo Zürich stirbt ein Schimpanse eines unnatürlichen Todes. Die Kommissarinnen Tessa Ott und Isabelle Grandjean ermitteln – obwohl es sich formaljuristisch um eine Sachbeschädigung handelt. Doch im Verlauf der Ermittlungen tauchen immer mehr Leichen in Zürich auf.[2]

Große Aufregung im Zürcher Zoo: Im Affengehege liegt ein toter Schimpanse! Eigentlich kein Fall für die Kripo, geht es doch „nur“ um Sachbeschädigung. Doch schon bald gibt es weitere Tote – und zwar menschliche Opfer. Wie aber hängen die Morde zusammen, und was hat der tote Affe mit allem zu tun? Für die Kommissarinnen Isabelle Grandjean und Tessa Ott beginnt eine aufregende und verwirrende Spurensuche tief hinein in menschliche Abgründe, die sie mehr als einmal an ihrem Verstand zweifeln lässt.[3]

An einem Tatort im Zoo erleben die Kommissarinnen Tessa Ott und Isabelle Grandjean eine Überraschung: Das Opfer ist ein Schimpanse. Obwohl Staatsanwältin Anita Wegenast die schreckliche Tat formaljuristisch korrekt, aber moralisch fragwürdig als Sachbeschädigung klassifiziert, ermittelt Tessa entrüstet auf eigene Faust weiter. Doch nach und nach tauchen immer mehr Leichen in Zürich auf, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben. Auch hinter dem Verschwinden einer Verdächtigen könnte ein Verbrechen stecken. Die Ermittlerin Ott und Grandjean geraten in Zugzwang. Erst als sie ein Muster in den Taten erkennen, können sie das Mord-Rätsel lösen. Dass ihre karrieristische Vorgesetzte Wegenast, die bestens vernetzt an ihrer Beförderung arbeitet, aus Ermittlungsergebnissen einen Vorteil ziehen möchte, erweist sich jedoch in einem politischen Spiel als riskanter Schachzug.[4]

Was sagen die Kritiker:innen?

Sie werden bereits bemerkt haben, dass wir heute sozusagen kopfüber in den Affenkäfig gesprungen sind, ohne Vorwort. Zum Einen liegt es daran, dass wir keine Zeit hatten, uns früher an den Schreibtisch zu setzen und schauen müssen, dass der Artikel noch vor dem Start des Films erscheint, zum anderen – wir sind eben keine Spezialisten für das aktuelle Schweizer Team, weil uns viele jüngere Tatorte in der Sammlung der Rezensionen des Wahlberliners fehlen. Was bedeutet, wir haben sie noch nicht gesehen. Was wir wissen, ist, dass nach Flückiger / Ritschard auch das neue Team Grandjean / Ott viele Zuschauer:innen in Deutschland noch nicht recht überzeugen konnte.

Einige Probleme sind tradiert, wie die Synchronisierung, die den  Filmen viel von ihrer Lebendigkeit nimmt, andere werden vielleicht als filmische Landesspezifika wahrgenommen, aber das war bei uns schon bei den Vorgängern nicht so: Gerade bei den etwas exzentrischeren Tatorten vom SRF waren wie viel eher bereit, mitzugehen als viele andere Beobachter der Reihe. In Deutschland sind die Filme seit dem Restart des SRF oft durch niedrige Quoten aufgefallen, das hat sich auch bei Grandjean / Ott noch nicht geändert. Und damit schon zu den Stimmen aus dem Kritiker:innenchor.

Überraschend viele Tote, eine ordentliche Prise schwarzer Humor und eine für Schweizer Verhältnisse fast schon schwindelerregende Dynamik lassen den neuesten Fall der Züricher Kommissarinnen Grandjean und Ott zu einer echten Überraschung werden (…).[5]

Wir halten hier gemäß dem, was wir über die Rezeption der Schweizer Tatorte oben schon angedeutet haben, fest: Jeder gute Tatort aus Zürich ist eine echte Überraschung.

Zugegeben, am Anfang ist es eher schwierig, in den Fall reinzukommen. Wie die übermüdeten Ermittlerinnen verstehen wir nur Bahnhof und sind überfordert von diesen ganzen Charakteren, die eingeführt werden.

Nach und nach kristallisiert sich aber ein richtig spannender Fall heraus, und ich hatte das Gefühl, selten einen so frischen und modernen Krimi gesehen zu haben. Dieser Tatort ist einfach anders. So anders, dass man ihm wahrscheinlich gar keinen oder alle Elche gibt. Für mich sind es ganz klar alle – 5 von 5 Elchen.[6]

Love it or leave it, und da die Zeiten ja recht rosig sind, tendiert man im Zweifel zu Ersterem. Das hat sich jetzt wirklich gut angelassen und wir fragen eine weitere „Stamm-Quelle“ ab:

Die Schweizer können korrekt. Sie sind aber auch immer wieder für Überraschungen gut. „Tatort – Von Affen und Menschen“ (ARD / Zodiac Pictures) liefert den aktuellen Beweis. Der Fall beginnt mit einem ermordeten Schimpansen und stellt mit der Frage um Zuständigkeiten gleich zu Anfang alles auf den Kopf. Imposante Stills von Menschen und Tieren hinter Glas, skurril-spontane Morde und unprätentiös eingewebte Privatgeschichte(n) fügen sich zu einer augenzwinkernden Erzählung über das, was den Menschen vom Tier unterscheidet: Das Talent zu taktischer Täuschung und die unstillbare Gier. Michael Schaerers zweiter „Tatort“, geschrieben vom Stammautorenduo Lorenz Langenegger und Stefan Brunner, ist beste Krimiunterhaltung mit einem Happy Loser garniert.[7]

Das positive Bild bleibt erhalten, Tittelbach-TV vergibt 5/6. Das ist zwar nur wenig über der (etwaigen) durchschnittlichen Note von 4,5/6, aber da diese Publikation bei Tatorten erst bei 3,5/6, zuletzt eher bei 4, anfängt, zählt jeder halbe Punkt mehr eine Menge. An anderer Stelle in der Rezension wird sogar von einem schrägen, Fargo-mäßigen Plot geschrieben und hervorgehoben, es handele sich um den besten Tatort des aktuellen Schweiz-Teams.

Ja, die Gier. Affen leben ohne Eigentumsrecht, jedenfalls Grund & Boden und Wertgegenstände betreffend, soweit wir wissen. Irgendetwas muss bei der vorgeblichen Weiterentwicklung zum Menschen schiefgegangen sein. War es so, wie in „2001“ dargestellt? Möglich. Wir haben eher den Verdacht, es fing damit an, dass irgendein früher Mensch, dem die Sonne zu stark aufs Gehirn gebrannt hat, um sein Haus herum einen Zaun zog und sagte: Das ist jetzt alles meins, und ich habe das Recht. Er war natürlich auch ein früher Misanthrop, und meist in der Nacht, wenn niemand hinschaute, versetzte er den  Zaun immer ein wenig nach weiter draußen, bis er niemanden mehr sehen musste, wenn er sich nicht nach draußen begab, wo die anderen noch darüber rätselten, wie jemand so plemplem sein konnte, sich einzusperren. Einfrieden, diesen beschönigenden Begriff gab es damals noch nicht. Denn letztlich kann der mit der Keule immer über den  Zaun steigen und dem Egoisten eins über die Rübe ziehen, daran hat sich bis heute trotz aller Sicherungsmaßnahmen, die immer aufwendiger werden, weil die Menschen sich immer unsicherer mit ihrem Eigentum fühlen, wenig geändert. Falls es so doch nicht klappt, wartet man einfach, bis er rauskommt, irgendwann muss er das. Und meistens hat er keinen Personenschutz.

Die Schweiz ist nach meiner Ansicht wie gemalt dafür, Gier-Tatorte zu fertigen. Man ging dort auch schon recht selbstkritisch ans Werk, aber irgendwie wurde es in Deutschland nicht als spannend und authentisch empfunden. Vielleicht, weil das Schweiz-Authentische nach Weltmaßstäben nicht spannend ist. So zu denken, ist aber ein Riesenfehler und beweist, wie naiv viele Völker sind, auch und gerade immer wieder die Deutschen. Es gibt nichts Spannenderes, wenn wir schon beim Thema Zoo sind, als echtem Raubtierkapitalismus bei der Arbeit zuzuschauen und Schlüsse daraus zu ziehen.

Man kommt unweigerlich zu der betrüblichen und auch alarmierenden Erkenntnis, dass die Menschen sich innerlich, seit dieser Zaun gezogen wurde, kaum weiterentwickelt, aber hart an ihren technischen Möglichkeiten gearbeitet haben. Das führt dazu, dass die Gier immer absurdere Dimensionen annimmt und auch politisch höchst gefährlich ist, weil sie in der Hauptsache für die Konflikte auf der Welt verantwortlich zeichnet. Überheblichkeit und denken, man sei etwas Besseres als die anderen, sind auch wichtige Faktoren, aber wenn man etwas genauer hinschaut: Damit lässt sich ideologisch prima die eigene Gier rechtfertigen. Kleine Länder wie die Schweiz profitieren davon besonders, und je mehr, je unsicherer die Zeiten werden. Wen hätten wir denn noch?

Das Affenhaus im Zürcher Zoo ist diesmal der erste Tatort. Aber ist ein ermordeter Schimpanse ein Fall für die Ermittlerinnen von „Leib und Leben“? Für die Staatsanwältin Anita Wegenast (Rachel Braunschweig) zählt ein totes Tier nur als „Sachbeschädigung“, die Kommissarin Tessa Ott (Carol Schuler) aber ist stark mitgenommen vom Anblick des erstochenen Tembo, der gerade erst vom Kongo in die Schweiz gebracht worden war.[8]

Auch diese Publikation aus Berlin findet den Tatort ausnehmend gelungen, wir haben aber nicht die bewertenden Zeilen zitiert, sondern den Beginn. Wegen der Sachbeschädigung. Na klar, die Schweizer, Tieren sind nur Sachen. Menschen sind eigentlich auch Sachen, im Sinne von Humankapital. Was lebt, ist nur die Münze, wenn sie klingt. Das mit den Tieren als Sachen war aber in Deutschland bis vor einiger Zeit auch so, das sollte man nicht vergessen. Selbstverständlich kommt diese Einordnung aus der Zeit, als es noch viel weniger Haustiere als Nutztiere gab und verkennt daher den emotionalen Mehrwert  der meist vierbeinigen, meist felligen Mitbewohner:innen. Sind Zootiere eigentlich Nutztiere oder Haustiere? Vermutlich nichts davon, sie sind einfach eingesperrt und können höchstens von weiten Savannen träumen, falls sie nicht im Zoo geboren sind und falls nicht diese Träume schon mit den Genen ausgeliefert und weitergegeben werden. Trotzdem hat uns noch nicht losgelassen, wie in Deutschland die Tötung von Tieren in der heutigen Zeit behandelt wird:

Töten und Schlachten von Tieren Das Tierschutzgesetz schützt nicht nur das Wohlbefinden des Tieres sondern auch dessen Leben. Nach § 17 Nr. 1 TierSchG wird das Töten von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bewehrt.
 
Es steht also nicht im Strafgesetzbuch, Kapitalverbrechen, die dort Eingang gefunden haben, können nach wie vor nur an Menschen begangen werden. Es sind aber auch Straftaten in anderen Gesetzen niedergelegt, hier also im Tierschutzgesetz. Es versteht sich von selbst, nach menschenzentrierter Auffassung, dass das Strafmaß für das, was man bei Menschen als kaltblütigen Mord bezeichnen würde, bei Tieren wesentlich geringer ist. Okay, jetzt hat es uns doch interessiert, die Schweizer Situation zu recherchieren:
 
Das Eidgenössische Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (TSchG) verbietet das Töten von Tieren auf qualvolle Art oder aus Mutwillen (Art. 26. Abs. 1 lit. b TSchG). Begeht der Täter diese Tierquälerei vorsätzlich, wird er mit Freiheits- oder Geldstrafe bestraft. Als vorsätzliche Tierquälerei wird die qualvolle und die mutwillige Tötung entsprechend der Strafandrohung als Vergehen geahndet und im Kanton Zürich durch die Staatsanwaltschaft untersucht. Die fahrlässige Tierquälerei gilt ebenfalls als Vergehen. Im Gegensatz zum deutschen Tierschutzgesetz schützt das schweizerische das Leben des Tieres nicht ausdrücklich. Tiere haben keinen Lebensschutz, bloss einen Anspruch auf Wohlergehen während der Dauer ihres Lebens. Das Töten von Tieren ist aus der Sicht des eidgenössischen Tierschutzgesetzes nicht grundsätzlich unzulässig. Die meisten Tiere in Menschenhand werden früher oder später getötet; nicht bloss zur Produktion von Nahrungsmitteln und anderen Verbrauchsgütern, sondern etwa auch, um alten und kranken Individuen Leiden, Schmerzen und eine erhebliche Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens zu ersparen oder um sich «überzähliger» Tiere in Zuchtbetrieben zu entledigen. Nicht selten muss man von einer eigentlichen Pflicht zum Töten von Tieren sprechen, gerade wenn Heimtiere gebrechlich und unheilbar krank werden. (Quelle)
 
Auch wenn die deutsche Situation für Tiere noch nicht optimal ist und Nutztiere sowieso ausgenommen sind (deshalb wird auf die grundlose Mutwilligkeit abgestellt), in der Schweiz wird eine andere Perspektive eingenommen: Ein grundsätzliches Recht auf Leben gibt es für kein Tier und auch wenn ein Tier nicht ein Nutztier und nicht alt und gebrechlich ist, darf es straffrei getötet werden. Grundsätzlich könnte das auch die Logik hinter dem sein, was wir aus den Beschreibung zum Tatort 1268 herausgelesen haben: Es ist kein Fall für die Staatsanwaltschaft, wenn Tiere töten grundsätzlich straffrei ist.
 

Noch etwas Werbung?

Die Autoren Lorenz Langenegger und Stefan Brunner wurden jüngst auf dem Deutschen Fernsehkrimi-Festival in Wiesbaden für ihr Buch „Von Affen und Menschen“ mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet – unter den zehn nominierten Krimis waren immerhin fünf „Tatorte“.[9]

Mit diesen Einsichten kommen wir schon zum Ende der Vorschau zum 1268. Tatort. Die Zahl wirkt ganz unspektakulär, aber der eigentliche Wahnsinn des menschlichen Zoos ist, dass es darin Bewohner gibt, die sich seit nunmehr 54 Jahren immer mehr oder weniger das Gleiche angucken und glauben, es wäre immer etwas Neues. Selbstverständlich lebe ich auch in diesem Zoo, sonst hätte ich Besseres zu tun, als eine solche Vorschau zu schreiben, die zudem heute anteilig noch mehr aus Fremdtext besteht als üblich. Dafür ist sie auch etwas kürzer als üblich. Schrieben wir, bevor wir uns doch etwas in die Strafbewehrung oder Nicht-Strafbewehrung der Tiertötung eingelesen und ein paar Ergänzungen vorgenommen haben. Jetzt ist es geradewegs eine durchschnittlich lange Vorschau geworden. Bald ist Abendessen. Gerüchteweise, ich habe noch nicht rübergeschaut, mussten dafür Tiere dran glauben. Ich habe nie behauptet, stets besser zu sein als die anderen. Nur meistens. 

TH

Besetzung und Stab

Regie Michael Schaerer
Drehbuch
Musik Mirjam Skal
Kamera Gabriel Sandru
Schnitt Hubert Schmelzer
Premiere 14. Apr. 2024 auf Das Erste
Besetzung

 

[1] Tatort: Von Affen und Menschen – Wikipedia

[2] Quelle wie FN 1.

[3] Tatort Folge 1268: Von Affen und Menschen – Tatort Fans (tatort-fans.de)

[4] Von Affen und Menschen – Tatort – ARD | Das Erste

[5] „Tatort“ heute am Sonntag: Zürich dreht am Rad und es macht einfach nur Spaß (kino.de)

[6] Heute: Tatort-Kritik zu „Von Affen und Menschen“ aus Zürich (swr3.de)

[7] Tatort – Von Affen und Menschen – Kritik zum Film – Tittelbach.tv

[8] „Tatort: Von Affen und Menschen“: Wie versnobt und unmoralisch ist die Zürcher Gesellschaft? (berliner-zeitung.de)

[9] Quelle wie FN 8.


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