Zigaretten & Co. sind ein teures Umweltproblem (Statista + Zusatzinfos + Kommentar) | Briefing 548 | Gesundheit, Gesellschaft, Wirtschaft, Tabakkonsum

Briefing 548 Gesundheit, Tabakkonsum, Zigaretten, Müll, Vermüllung, Giftstoffe in der Umwelt, Rohstoffverbrauch

Wenn es schon nicht klappt mit den Appellen an die individuelle Gesundheit, könnte ja der folgende Beitrag dazu führen, dass man das Rauchen einstellt – aus Umweltgründen.

Infografik: Zigaretten & Co. sind ein teures Umweltproblem | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Die Kosten für die Beseitigung weggeworfener Tabakwaren wie Zigaretten oder Einweg-E-Zigaretten liegen laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO in Deutschland im dreistelligen Millionen-Bereich. Für das Jahr 2021 geht die WHO von Kosten in Höhe von 235 Millionen US-Dollar aus, wie die Statista-Infografik zeigt. Damit hätten die Kosten zur Beseitigung von Tabakmüll einen Anteil an den Gesamtkosten der Müllbeseitigung in Höhe von 26,3 Prozent.

Besonders hoch sind die Kosten mit geschätzten 2,6 Milliarden in China. Laut Daten der OECD raucht in China jeder vierte Einwohner ab 15 Jahren. In Deutschland liegt die Raucherquote demnach bei 14,6 Prozent. Die WHO kritisiert, dass die Kosten für die Beseitigung weggeworfener Tabakwaren zu Lasten des Steuerzahlers gingen und nicht der Industrie angelastet würden, die das Problem verursache.

Tabakprodukte verursachen weltweite gewaltige Müllmengen und enthalten laut WHO über 7.000 giftige Chemikalien, die bei der Entsorgung in unsere Umwelt gelangen. „Etwa 4,5 Billionen Zigarettenfilter verschmutzen jedes Jahr unsere Ozeane, Flüsse, Bürgersteige, Parks, Böden und Strände“, konstatiert Dr. Rüdiger Krech, Direktor für Gesundheitsförderung bei der WHO. Die riesigen Müllmengen sind laut WHO nicht das einige Umweltproblem: so zerstöre die Tabakindustrie jedes Jahr 600 Millionen Bäume bzw. 200.000 Hektar Land. Zudem würden zur Produktion von Tabak 22 Milliarden Tonnen Wasser verbraucht.

In Berlin trifft es sicher nicht den Kern. Hier die öffentliche Vermüllung so groß, dass Zigarettenkippen beseitigen unmöglich ein Viertel der Kosten davon verursachen kann, vorausgesetzt, dass nicht auch um ein Mehrfaches geraucht wird wie in anderen Städten. Die Kostenbetrachtung sollte angesichts der gewaltigen Summen, die für andere Dinge ausgegeben werden, auch nicht im Vordergrund stehen. Da Zigaretten im öffentlichen Raum auch oft mit Events und Nachtleben zu tun haben, fällt uns zum Beispiel ein, dass der Steuerzahler, nicht die Veranstalter, für die Kosten immer aufwendigerer Sicherheitsmaßnahmen für Events aller Art aufkommen müssen.

Wir finden die Zahl der kleinen Giftbomben, die jedes Jahr weltweit in die Umwelt entlassen werden, viel relevanter. Das könnten die Raucher:innen selbst besser steuern, indem sie ihre Kippen nicht einfach wegschmeißen, sondern in dafür vorgesehene Behälter tun. Verblüfft hat uns, dass die Tabakindustrie jedes Jahr so viele Umweltschäden schon bei der Produktion verursacht, besonders offenbar durch Rodung, was darauf hindeuten würde, dass der Rückgang des Tabakkonsums in den westlichen Ländern durch die Zunahme anderswo marginalisiert wird. Es ist ähnlich wie bei den Treibhausgasen, da können wir uns in Deutschland noch so sehr anstrengen, wenn in China der Ausstoß nur um 10 Prozent ansteigt, ist die komplette Klimaneutralität Deutschlands für die Katz.

Der Weltmüll trägt sich nicht vor allem in Europa zusammen, auch wenn die hiesigen Zahlen immer noch zu hoch sind und in vielen Bereichen auch kaum abnehmen können, weil sich Konsumgewohnheiten hier und da von sich aus positiv verändern oder durch gesetzliche Vorgaben verbessert werden, auf der anderen Seite poppen neue Probleme hoch. Nachhaltigkeit ist und bleibt ein schwieriges Thema.

Wie sieht es aber mit dem Tabakkonsum aus? Da er im Statista-Text erwähnt wird,  haben wir uns mal den Anteil von Raucher:innen an der Gesamtbevölkerung (über 15 Jahre) angeschaut. Auch, weil uns die genannten Zahlen sehr niedrig vorkamen. Dazu gibt es nämlich unterschiedliche Quellen, und Statista hat sich diejenige mit den niedrigsten Werten ausgesucht:

Laut den verschiedenen Quellen liegt der Raucheranteil bei Menschen ab 15 Jahren in Deutschland zwischen 15-26%.

Statistisches Bundesamt

Das Statistische Bundesamt  gibt basierend auf Daten des Mikrozensus 2022 an, dass insgesamt 15,7% der Bevölkerung ab 15 Jahren regelmäßig oder gelegentlich rauchen. Bei den 15-20 Jährigen liegt der Anteil bei 17,8%.

Tabakatlas Deutschland 2020

Der Tabakatlas Deutschland 2020  zeigt, dass 2019 der Raucheranteil bei den 18-25 Jährigen 19,3% und bei den über 25 Jährigen 16,2% betrug.

DEBRA-Studie

Die DEBRA-Studie  kommt für 2022 auf einen deutlich höheren Raucheranteil von 35,5% bei Personen ab 14 Jahren. Bei den 14-17 Jährigen lag der Anteil sogar bei 15,9%.

Bundesdrogenbeauftragte

Die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig erwähnt in einem Vorwort zum Tabakatlas 2020 , dass etwa jeder vierte Erwachsene in Deutschland raucht. Zusammenfassend deuten die Quellen auf einen Raucheranteil zwischen 15-26% bei Menschen ab 15 Jahren hin, wobei die DEBRA-Studie mit 35,5% deutlich höhere Werte angibt als andere Erhebungen. 

In der Debra-Studie heißt es auch, seit Corona und dem Ukrainekrieg sei der Anteil jugendlicher Raucher:innen und junger Erwachsener, die zum Glimmstängel greifen, stark angestiegen. Unsere Beobachtungen im Alltag bestätigen das, deswegen wollten wir es etwas genauer wissen, wobei wir 35 Prozent wiederum für sehr hoch gegriffen halten. Wir schätzen, die Wahrheit liegt zwischen 20 und 25 Prozent in dieser Altersgruppe, die vermehrt in der Öffentlichkeit raucht.

Wir glauben nicht, um unsere Einschätzung zur Eingangsfrage abzugeben, nicht, dass die Gifteinbringungszahlen oder die Umweltprobleme durch die Tabakindustrie zu einem veränderten Konsumverhalten führen werden. In den USA steuert man die Lage einfach über den Preis, Zigaretten kosten dort etwa doppelt so viel wie bei uns. Das können sich viele nicht mehr leisten. Aussagen von Menschen zufolge, die wir kennen und die gerade „drüben“ waren, riechen dafür jetzt ganze Städte nach Gras, nicht wie bei uns der eine oder andere Treppenaufgang.

Wir halten den Cannabiskonsum übrigens nach wie vor nicht für unbedenklich, da können die Lobbyisten des Hanfstängels noch so viel lobbyieren, vor allem wirken die freigegebenen Mengen ziemlich üppig. Wir haben bei der Frage, ob wir die Freigabe in dieser Form unterstützen, mit „Unentschieden“ gestimmt, weil letztlich jeder selbst wissen muss, was er (sich an-) tut, und so umweltschädlich wie die Produktion und die Umweltvergiftungs- und Müllergebnisse des Tabakrauchens ist das Kiffen vermutlich nicht, um diesen Aspekt nicht zu vergessen.

TH


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