Waldschäden nehmen zu – der Grund hat sich geändert | Briefing 566 | Klima / Umwelt KER Klima-Energie-Report, Waldschäden, Stürme, Insekten, Schadholzeinschlag, Klimawandel

6 Minuten Lesezeit Briefing 566 KER, Schadholz, Schädlingsbefall, Borkenkäfer, Sturm, Insektenbefall, Biomasse, Klimawandel, steigende Anfälligkeit der Wälder, Wiederaufforstung, Schadholzverwertung, Waldsterben

Der Montags-Infoartikel kommt heute erst als zweiter – und startet eine kleine Reihe zum Thema „Wald“ im Rahmen unserer Berichterstattung zu „Klima / Umwelt“.

In den letzten Jahren kam es vermehrt zu Holzeinschalg wegen Baumschäden – und dafür sind vor allem Insektenplagen verantwortlich. Eine Statista Racing-Bar-Grafik für die letzten 20 Jahre gibt es hier und hier bei Youtube. Das Video ist am Ende des Artikels auch direkt eingestellt.

 Die Wäler werden immer stärker durch Insekten geschädigt. Das zeigt die Statista-Animation mit Daten des Statistischen Bundesamts. Im Jahr 2023 wurden in deutschen Wäldern aufgrund von Insektenschäden 27,2 Millionen Kubikmeter Schadholz eingeschlagen. Das entspricht das einem Anteil von 70,3 Prozent an dem durch Waldschäden bedingten Holzeinschlag in Höhe von 38,7 Millionen Kubikmetern.

Insekten wie der Borkenkäfer breiten sich aufgrund von Trockenheit und Temperaturanstieg zuletzt immer stärker in den Wäldern aus. Seit 2016 stellt der Befall durch Schädlinge die Hauptursache für den Schadholzeinschlag in deutschen Wäldern dar. Zudem spielen Wind- und Sturmschäden als Einschlagsursache eine größere Rolle. Starke Winde oder Orkane treten meist als singuläre Ereignisse und unterschiedlich häufig auf. Entsprechend kann diese Kategorie von Jahr zu Jahr großen Schwankungen unterliegen.

Wie man an der Darstellung der Laufbalkengrafik sehen kann (in diesem Fall eher eine Laufliniengrafik), hat sich der Schadholzeinschlag nach einem Höhepunkt Mitte der 2000er zunächst abgemildert, aber kürzlich aufgrund von Insektenbefall neue Höhen erreicht. Vielleicht steckt da noch der Kaufmann drin, jedenfalls war eine der ersten Fragen, die wir uns gestellt haben, ob man mit dem Schadholz noch etwas anfangen kann.

Infoblock 1

Schadholzeinschlag kann unter bestimmten Bedingungen noch wirtschaftlich verwertet werden, jedoch gibt es erhebliche Herausforderungen und Einschränkungen.

### Wirtschaftliche Verwertung von Schadholz

  1. **Mengen und Ursachen**:

   – Im Jahr 2023 wurden in deutschen Wäldern insgesamt 70,6 Millionen Kubikmeter Holz eingeschlagen, davon 38,7 Millionen Kubikmeter Schadholz. Die Hauptursachen für Schadholzeinschlag sind Insektenbefall und Stürme[3].

  1. **Qualität und Marktbedingungen**:

   – Schadholz, insbesondere das durch Insekten wie den Borkenkäfer befallene Holz, hat oft eine geringere Qualität. Dies kann den Marktwert des Holzes erheblich mindern.

   – Der Markt für Schadholz ist oft gesättigt, was zu niedrigeren Preisen führt. Dies war besonders nach den Rekordjahren 2018 bis 2020 der Fall, als große Mengen Schadholz auf den Markt kamen[3].

  1. **Kosten und Logistik**:

   – Die Kosten für die Aufarbeitung und den Transport von Schadholz können hoch sein. Dies betrifft insbesondere abgelegene oder schwer zugängliche Waldgebiete.

   – Die Wiederaufforstung geschädigter Flächen ist ebenfalls kostenintensiv. Pro Hektar können Kosten zwischen 5.000 und 10.000 Euro anfallen, was für viele Waldbesitzer, insbesondere kleinere, eine erhebliche finanzielle Belastung darstellt[2].

### Fazit

Obwohl Schadholz unter bestimmten Bedingungen noch wirtschaftlich verwertet werden kann, sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oft ungünstig. Die Qualität des Holzes, die Marktbedingungen und die hohen Kosten für Aufarbeitung und Wiederaufforstung stellen erhebliche Herausforderungen dar.

Zitate

[1] https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/forstwirtschaft

[2] https://www.zeit.de/news/2023-06/27/schaedlinge-sind-hauptursache-fuer-schadholzeinschlag

[3] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Wald-Holz/aktuell-holzeinschlag.html

[4] https://www.saarland.de/stat/DE/aktuelles/medieninformationen/Pressemitteilungen/PM_2023/pm_2023-04-14_Holzeinschlag_017

[5] https://de.statista.com/infografik/32482/schadholzeinschlag-in-deutschen-waeldern-nach-schadenursache–in-tausend-kubikmeter-/

Ganz nebenbei kam dabei heraus, dass Schadholzeinschlag im Jahr 2023 mehr als die Hälfte des gesamten Einschlags ausmachte. Das fordert natürlich zu erheblichen, außerplanmäßigen Wiederaufforstungen heraus und zu Kosten, die durch die Schadholzverwertung sicherlich nicht gedeckt werden können. Weiterhin gehen wir davon aus, dass Wiederaufforstung in Schadholzgebieten schwieriger ist als bei geplantem Einschlag von Baumfeldern, die z. B. ein bestimmtes Alter erreicht haben. Während Mitte der 2000er wohl vor allem Stürme für das Schadholz verantwortlich waren, hat die Hauptverursachungsquelle inzwischen zu Insekten gewechselt. Aber woher kommt dieser extreme Insektenbefall?

Infoblock 2

Der zunehmende Insektenbefall als Hauptursache von Waldschäden in den letzten Jahren ist das Ergebnis mehrerer zusammenhängender Faktoren:

  1. Klimawandel: Der menschengemachte Klimawandel führt zu häufigeren Hitzeperioden und Trockenheit. Diese Bedingungen schwächen die Bäume und machen sie anfälliger für Schädlingsbefall[1][5].
  2. Wassermangel und Trockenstress: Durch anhaltende Trockenheit leiden die Bäume unter Wassermangel, was ihre natürlichen Abwehrmechanismen gegen Schädlinge beeinträchtigt[1].
  3. Begünstigung von Insektenpopulationen: Wärmere Temperaturen und mildere Winter fördern die Vermehrung und Ausbreitung von Schadinsekten wie dem Borkenkäfer[1][2].
  1. Monokulturen: Der Anbau von Monokulturen, insbesondere von Nadelbäumen wie Fichten, begünstigt die massenhafte Ausbreitung von Schadinsekten[1].
  2. Geschwächte Widerstandskraft: Durch die Kombination von Umweltstress (Hitze, Trockenheit) und Luftverschmutzung sind die Bäume weniger widerstandsfähig gegen Insektenbefall[2].
  3. Schnelle Ausbreitung: Insektenbefall kann sich, ausgehend von kleinen Befallsherden, innerhalb weniger Wochen bis Monate auf große Waldflächen ausbreiten und zum Absterben ganzer Bestände führen[3].
  4. Wechselwirkungen: Die verschiedenen Stressfaktoren verstärken sich gegenseitig. Durch Trockenheit geschwächte Bäume sind beispielsweise anfälliger für Insektenbefall oder Sturmschäden[5].

Diese Faktoren haben in den letzten Jahren zu einer Situation geführt, in der Insektenbefall, insbesondere durch Borkenkäfer, zu einer der Hauptursachen für Waldschäden geworden ist. Im Jahr 2022 war der Schadholzeinschlag aufgrund von Insektenbefall mit 26,5 Millionen Kubikmetern immer noch sehr hoch, obwohl er im Vergleich zum Vorjahr um über 35% zurückgegangen war[4].

Zitate

[1] https://www.studysmarter.de/schule/biologie/oekologie/waldschaeden/

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Waldsch%C3%A4den

[3] https://www.fva-bw.de/top-meta-navigation/fachabteilungen/biometrie-informatik/fernerkundung/schaderfassung

[4] https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/forstwirtschaft

[5] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2023/PD23_26_p002.html

Der Borkenkäfer ist es also. Das erklärt auch, warum andererseits von einer erheblichen Abnahme der Biomasse an Insekten die Rede ist, die in den letzten Jahren auffällig wurde und ebenfalls als schlechtes Zeichen für den Zustand der Natur gewertet wurde. Bei dieser Abnahme handelt es sich vor allem um Fluginsekten, die vielfach mit mit Menschen in Berührung kommen oder als lästig empfunden werden. Die Abnahme beispielsweise von Stechmücken in Berlin ist auch uns bereits aufgefallen. Wir sind dieses Jahr erst zwei Mal leicht gestochen worden. Die Abnahme von Insekten wirkt sich wiederum negativ auf die Möglichkeit für Vögel aus, Nahrung zu finden und stellt neben der Sanierung von Häusern, die zu weniger Nistplätzen führt, einen Grund dafür da, dass auch der Bestand an Vögeln sinkt.

Vieles hängt eben miteinander zusammen, nicht jeder Effekt wird sofort als unerwünscht empfunden, den der Klimawandel mit sich bringt. Letztlich aber schadet er dem biologischen Gleichgewicht massiv. Auch dazu noch ein Infoblock, obwohl wir das ursprüngliche Thema auf diese Weise verlassen:

Infoblock 3

Die Biomasse an Insekten in deutschen Städten nimmt aus mehreren Gründen massiv ab:

  1. Lebensraumverlust: In Städten gibt es weniger natürliche Lebensräume für Insekten. Grünflächen werden oft in Form von kurz gemähten Rasenflächen angelegt, die für Insekten wenig Nahrung und Nistmöglichkeiten bieten.
  2. Versiegelung: Ein Großteil der städtischen Flächen ist versiegelt (Straßen, Gebäude, Parkplätze), was den Lebensraum für Insekten stark einschränkt.
  3. Lichtverschmutzung: Die künstliche Beleuchtung in Städten stört den natürlichen Rhythmus vieler Insektenarten und kann zu erhöhter Sterblichkeit führen.
  4. Pestizideinsatz: In städtischen Gärten und Parks werden oft Pestizide eingesetzt, die Insekten direkt schädigen.
  5. Mangel an Nahrungsquellen: Es gibt in Städten oft weniger einheimische Pflanzen, die als Nahrungsquelle für Insekten dienen.
  6. Wärmeinseleffekt: Städte sind oft wärmer als das Umland, was für manche Insektenarten problematisch sein kann.

Eine Studie zeigte, dass die Insektenbiomasse in Städten um 42 Prozent niedriger war als in naturnahen Gebieten[1]. Um diesem Trend entgegenzuwirken, fordern Forscher mehr Lebensräume für Insekten in Städten, wie etwa naturnahe Grünflächen[1]. Es ist wichtig zu beachten, dass der Rückgang der Insektenbiomasse nicht nur ein städtisches Problem ist, sondern auch in Naturschutzgebieten und landwirtschaftlich genutzten Flächen beobachtet wurde[3][5].

Der Klimawandel spielt also bei den Waldschäden eine große Rolle. Häufigere Naturereignisse (Stürme), die so stark sind, dass sie Schäden verursachen, Trockenheit – und nicht zuletzt Waldbrände aufgrund anhaltender Sommertrockenheit, einhergehend mit steigenden Temperaturen, die hier als Waldschäden nicht erwähnt sind. Beachten Sie dazu diesen kürzlich veröffentlichten Artikel zum Thema Dürre / Waldbrände.

Zitate

[1] https://www.mdr.de/wissen/verstaedterung-stadt-schluesselfaktor-insektensterben-100.html

[2] https://www.bundestag.de/resource/blob/565012/dbe480eb0a2e488771f4b002f8d3b6cb/WD-8-048-18-pdf-data.pdf

[3] https://www.scinexx.de/news/biowissen/drastischer-insektenschwund-in-deutschland/

[4] https://www.boerse-frankfurt.de/nachrichten/Artenschutz-verlagert-sich-in-Staedte-Rasen-bedeutet-Tod-fuer-Insekten-42d9afbc-0051-4f2c-b1c0-ac7c4495e331

[5] https://www.bfn.de/bestand-und-gefaehrdung

TH


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