Briefing 581 PPP, Großbritannien, Labour, Conservatives, Parlamentswahl, Unterhaus, Keir Starmer
Nach Frankreich nun auch in Großbritannien eine Parlamentswahl. Allerdings ging es dabei in die andere Richtung: Die Labour-Partei fuhr einen Erdrutsch-Sieg ein, die Konservativen haben sich beinahe gedrittelt. Dazu die Statista-Grafik:
Labour nach 14 Jahren wieder an der Macht

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.
Die Labour-Partei triumphiert bei den britischen Unterhauswahlen 2024 mit einem Erdrutschsieg. Nach 14 Jahren ununterbrochenen Regierens werden die Tories nun abgelöst und Labour-Chef Keir Starmer zum neuen Premierminister des Vereinigten Königreichs. Dass die Einwohner:innen Großbritanniens sich von den Conservatives abwenden, hatte sich bereits bei den vorangegangenen Kommunalwahlen angedeutet.
Wie die Statista-Grafik zeigt, sichern sich die Sozialdemokraten rund 412 der 650 Sitze im britischen Parlament, wodurch sie künftig eine Mehrheitsregierung bilden (Stand: 05. Juli 2024; 13:30 Uhr; BBC). Im Vergleich zur letzten Unterhauswahl im Jahr 2019 hat Labour 211 Mandate dazugewonnen. Die Tories müssen hingegen 250 Sitze abgeben und halten nach der Wahl 2024 nur noch etwa 121 Sitze.
Ein weiterer großer Gewinner dieser Wahlen sind die Liberal Democrats – sie sind mit 71 Mandaten drittstärkste Kraft und konnten ihre Sitzanzahl gegenüber 2019 fast verzehnfachen. Die Verteilung der Stimmen deutet einen langsamen Übergang vom bisherigen Zwei- zu einem Mehrparteisystem in Großbritannien an. Die Wahlbeteiligung war mit knapp unter 60 Prozent indes so gering wie seit 2001 nicht mehr. Viele Wahlberechtigte haben ihre Chance eine Stimme zu vergeben, also wissentlich nicht wahrgenommen.
Auch auf den britischen Inseln ist nichts für ewig, nicht einmal das Zweiparteiensystem. Obwohl es offenbar grundsätzlich nach wie vor funktioniert. Werden die Briten von einer Seite enttäuscht, wählen sie eben die andere, und gehen nicht dritte Wege, jedenfalls tun das nicht so viele, dass das System sich wesentlich ändern würde. Labour wird im neuen Parlament 450 von 650 Sitzen einnehmen. Das ist eine Mehrheit von fast 70 Prozent. In allen großen Demokratien gibt es nur in in den USA nach wie vor ein ähnlich stabiles System. Was nichts über dessen innere Entwicklung aussagt. Großbritannnien ist kein demokratisches Musterland, auch wenn es in allen relevanten Indizes besser abschneidet als die USA und etwas schlechter als die demokratischen Kernländer des europäischen Kontinents.
Die Novitäten halten sich also in Grenzen, wie das Ergebnis anhand der neuen Sitzverteilung belegt. Die Liberaldemokraten gibt es schon sehr lange, nur ihre vergleichsweise starke Zunahme ist neu. Vermutlich haben viele enttäuschte Konservative, die nicht Labour ihre Stimme geben wollten, sie gewählt. Was auf den ersten Blick wie das Gegenmodell zum Rechtstrend in Europa wirkt, könnte man auch so bezeichnen: Großbritannien hat schon den Kater, der auf das rechts wählen folgt, wenn man dann merkt, dass es man sich verwählt hat, weil die Rechten es nicht reißen. Auf dem Kontinent steht dieser noch aus. In Polen gab es zuletzt auch wieder eine Bewegung in Richtung Mitte, einige Länder sind noch stabil. Aber wirklich von einer Linksregierung zu sprechen, verbietet sich bei denen, die noch nicht das ultrarechte Lager favorisieren. Oder würden Sie die Ampelregierung als links bezeichnen?
Dummerweise ist die britische Wahl für EU-Europa auch keine Erholung, denn Labour wird vielleicht das eine oder andere ändern, aber dies nicht: Es wird kein neues Brexit-Referendum geben. Das Land noch einmal so durchzuschütteln wie 2016, fänden wir auch nicht ratsam, selbst wenn sich jetzt wieder eine Mehrheit für die EU finden würde.
Wir meinen, wenn ein Politiker in Deutschland noch recht unbekannt ist, sollte man in diesem Fall keine vorgefasste Meinung haben. Es ist bekannt, das Keir Starmer wesentlich mehr „mittig“ ist als sein Vorgänger Jeremy Corbyn, von den einen wird er dafür gelobt, von den anderen kritisiert. Wir meinen: Am Ende muss er den Brexit, den er nicht gewollt hat, zum Erfolg führen und beweisen, dass eine Agenda, die nicht die seine war, tatsächlich den Menschen dient, und zwar am besten so, dass die britische Wirtschaft und das Soziale besser laufen als drüben auf dem Kontinent. Dem Vergleich standzuhalten, dürfte nicht so schwe fallen, denn im einstigen sozialdemokratischen Vorbild Deutschland geht es ziemlich bergab. Doch jenseits dieses schlechten Vergleichs hat Großbritannien nach wie vor eine so schwache soziale Ausprägung, dass deutliche Verbesserungen nur möglich wären, wenn man vor den Stand der Amtszeit von Margaret Thatcher zurückkehren würde. Das hat schon Tony Blair, der dreiviertel-neoliberale Premier, der „New Labour“ erschaffen hat, gar nicht erst versucht. Daher liegt es nah, dass auch Keir Starmer die grundsätzlich kapitalorientierte und eben nicht den Arbeiter:innen zugewandte Linie beibehalten, allenfalls moderat modifizieren wird.
Was wir uns vorstellen könnten, ist, dass Starmer gemäß seinem obigen Statement in der Lage sein wird, die Abspaltungstendenzen vor allem Schottlands etwas zu dämpfen, die sich immer wieder zeigen.
Ansonsten machen wir es jetzt schlicht und lassen die englischsprachige Wikipedia sprechen, die sich mit Keir Starmer besser auskennt, als das bei uns bisher der Fall ist. Wenn Sie dem eingangs gesetzten Link folgen, können weiterforschen, ohne die Quelle wechseln zu müssen.
Main article: Political positions of Keir Starmer
Starmer’s politics have been described as unclear and „hard to define“.[106][107][108] When elected as Labour leader, he was widely believed to belong to the soft left of the Labour Party;[109] he has since moved to the political centre-ground,[110][111] and has been widely compared to Tony Blair’s leadership and New Labour, having taken the party rightward to gain electability.[112] Despite this, it has been argued that „Labour under Starmer has advanced a politics of anti-neoliberalism like that of Jeremy Corbyn and John McDonnell„, that it is „best understood as a party aspiring to restructure an economic model perceived to have failed„, and that in that sense „it differs markedly from New Labour“.[112] The term „Starmerism“ has been coined to refer to Starmer’s political ideology, and his supporters have been called Starmerites.[113][114] In June 2023, Starmer gave an interview to Time where he was asked to define Starmerism:[115]
Recognizing that our economy needs to be fixed. Recognizing that [solving] climate change isn’t just an obligation; it’s the single biggest opportunity that we’ve got for our country going forward. Recognizing that public services need to be reformed, that every child and every place should have the best opportunities and that we need a safe environment, safe streets, et cetera.
In April 2023, Starmer gave an interview to The Economist on defining Starmerism.[114][116] In this interview, two main strands of Starmerism were identified.[116] The first strand focused on a critique of the British state for being too ineffective and overcentralised. The answer to this critique was to base governance on five main missions to be followed over two terms of government; these missions would determine all government policy. The second strand was the adherence to an economic policy of „modern supply-side economics“ based on expanding economic productivity by increasing participation in the labour market, reforming public services, increasing state intervention, mitigating the impact of Brexit and simplifying the construction planning process.[116]
Starmer has described the Labour Party as „deeply patriotic“ and credits its most successful leaders, Clement Attlee, Harold Wilson, and Tony Blair, for policies „rooted in the everyday concerns of working people“.[117] Starmer advocates a government based on „security, prosperity and respect“. In a speech on 13 May 2023, Starmer stated:
Don’t mistake me, the very best of progressive politics is found in our determination to push Britain forward. A hunger, an ambition, that we can seize the opportunities of tomorrow and make them work for working people. But this ambition must never become unmoored from working people’s need for stability, for order, security. The Conservative Party can no longer claim to be conservative. It conserves nothing we value – not our rivers and seas, not our NHS or BBC, not our families, not our nation. We must understand there are precious things – in our way of life, in our environment, in our communities – that it is our responsibility to protect and preserve and to pass on to future generations. If that sounds conservative, then let me tell you: I don’t care.
— Keir Starmer[118]
Starmer has moved the Labour Party towards the political centre.[119] He pledged to end antisemitism in the party during his acceptance speech, saying: „Antisemitism has been a stain on our party. I have seen the grief that it’s brought to so many Jewish communities. On behalf of the Labour Party, I am sorry. And I will tear out this poison by its roots and judge success by the return of Jewish members and those who felt that they could no longer support us.“[120][121] In October 2020, following the release of the Equality and Human Rights Commission (EHRC)’s report into antisemitism in the party, Starmer accepted its findings in full and apologised to Jews on behalf of the party.[122][123] In February 2023, Starmer’s antisemitism reforms resulted in the party no longer being monitored by the EHRC.[124] His supporters praised him for his antisemitism reforms and for helping to improve Labour’s credibility with the electorate, while his critics characterise him as dishonest and factional for discarding many of the policies he pledged to uphold and aggressively marginalising the party’s left, with many prominent members (including his predecessor Corbyn) being deprived of the whip or outright expelled under his leadership.[125][126]
In June 2024, Starmer pledged to reduce record high legal immigration to the United Kingdom. Net migration to the UK was 685,000 in 2023.[127] On foreign policy, Starmer marched and authored legal opinions against the Iraq War following the 2003 invasion of Iraq, stating in 2015 that he believed that the war was „not lawful under international law because there was no UN resolution expressly authorising it.“[128][129] During the Israel–Hamas war, Starmer received criticism over his initial refusal to call for a ceasefire in the Gaza Strip amid the Israeli bombardment; he later called for a ceasefire.[130] Starmer has pledged support for Ukraine during the Russian invasion of Ukraine, and told Volodomyr Zelenskyy that there would be no change in Britain’s position on the war in Ukraine under his leadership.[131]
TH
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