Tour de France II: Wo kommen die Sieger her und Rekordsieger +++ Zu schnell, um sauber zu sein? (Statista + Infos + Kommentar) | Briefing 0575 Update | Sport, Tour de France, Doping

Briefing 575-UD Sport, Tour de France 2024, Beginn am 30.06.2024, Länder, Sieger, Doping, Systemkritik, Meiste Toursiege nach Ländern und Fahrern

Mittlerweile gibt es zur Fußball-EM zwei Artikel bei uns zu lesen, also können wir auch einen zweiten zur Tour de France erstellen – als Update (der Ausgangsartikel ist hier zu finden und angehängt).

Da die zugehörige Statista-Grafik schon den Titel „Zu schnell, um sauber zu sein?“ trug, haben wir uns natürlich ein wenig übers Doping Gedanken gemacht und in dem Zusammenhang auch einen Satz über den Fußball verloren. Heute treten wir einen Schritt zurück von der Kritik und ergänzen unsere Darstellung um die glorreichen Nationen und die glorreichen Fahrer – dadurch, dass man Lance Armstrong seine sieben Toursiege aberkannt hat (jetzt sind wir doch wieder beim großen D.) steht der Rekord bei fünf Siegen. Das scheint eine magische Zahl zu sein, die von mehreren Fahrern erreicht wurde, deren Namen heute noch jeder kennt, der sich mit dem Radsport ein wenig befasst – oder auch nicht befasst, denn zum Beispiel der Belgier Eddie Merckx ist eine Legende mit einem Bekanntheitsgrad wie ein Fußball-Superstar. Auch er hatte einmal ein Ding mit dem D., wie die Zusammenfassung ergeben hat, die die KI für uns geschrieben hat. Schau an, das wussten wir bisher nicht. Es war nicht bei der Tour de France. Nun ja.

Woher kommen die Sieger der Tour de France?

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Am 29. Juni beginnt die 111. Tour de France. Startpunkt des weltbekannten Radrennens ist mit Florenz erstmals ein Ort in Italien. Und auch in der letzten Etappe der Tour gibt es erstmals in der mehr als hundertjährigen Geschichte ein Novum – da zum Zeitpunkt der Zieleinfahrt in Paris die Olympischen Sommerspiele stattfinden, entschied man sich dazu das Rennen nicht wie gewohnt auf den Champs Élysées zu beenden, sondern im südfranzösischen Nizza.

Die letzten beiden Touren konnte Jonas Vingegaard gewinnen. Damit hat der Däne seine Nation fast im Alleingang zu einer der acht erfolgreichsten in der Geschichte der Tour de France gemacht. Den ersten Gesamtsieg für Dänemark fuhr Bjarne Riis 1996 ein – er gab jedoch später zu sich mittels Doping einen Vorteil verschafft zu haben. Da das Vergehen jedoch schon verjährt war, blieb sein Sieg bestehen.

Dänemark liegt im Ranking der erfolgreichsten Nationen nun gleichauf mit den USA. Diese würden sich eigentlich mit Italien den vierten Rang mit 10 gewonnenen Radtouren teilen, wäre Lance Armstrong seine sieben Siege nicht wegen Dopings aberkannt worden. Platz eins belegt mit deutlichem Abstand Frankreich – ganze 36 Siege verzeichnet das Heimatland der Tour. Nachbar Belgien folgt auf dem zweiten Rang mit 18, Spanien bringt es auf 12 Gesamtsiege. Deutschland konnte das gelbe Trikot bisher nur einmal mit Jan Ullrich nach Hause holen. Die erfolgreichsten Fahrer der Tour de France Anquetil, Merckx, Hinault und Induráin haben das prestigeträchtige Rennen jeweils fünfmal gewinnen können.

Was macht eigentlich Jan Ullrich? Er bezeugt und bekennt  und bezeugt und … Sie wissen schon. Es geht um Doping. Natürlich fragt man sich, wie die Leistungen in Zeiten zustande gekommen sind, in denen Dopingkontrolle ein Fremdwort war und als hauptsächlich Franzosen die Tour gewannen. Und vor allem aus der Anfangszeit gibt es unzählige Anekdoten, zum Beispiel die von dem Fahrer, der, um das Prozedere abzukürzen, einen Teil der Strecke mit der Bahn fuhr. Er wurde erwischt, sonst gäbe es diese Anekdote nicht. Natürlich, er hätte später auch eine Bekenntnisbiografie über eine frühe Form der unerlaubten Leistungssteigerung schreiben können, aber dies ist nach unserem Wissen nicht der Fall. Nun wollen wir aber noch ein wenig die großen Tourfahrer würdigen, die vier mit den fünf Siegen.

Infos zu den Rekordgewinnern:

## Jacques Anquetil

Jacques Anquetil, geboren 1934 in der Normandie, war der erste Fahrer, der die Tour de France fünfmal gewann (1957, 1961, 1962, 1963, 1964)[1][3]. Bekannt als „Monsieur Chrono“ aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten im Einzelzeitfahren, dominierte Anquetil die Tour in den frühen 1960er Jahren[3].

Anquetil begann seine Profikarriere relativ spät mit 19 Jahren, zeigte aber sofort sein Talent, indem er 1953 den Grand Prix des Nations gewann[1]. Sein erster Tour-Sieg 1957 war besonders beeindruckend, da er als Debütant mit fast 15 Minuten Vorsprung gewann[1].

Neben seinen Tour-Siegen gewann Anquetil auch zweimal den Giro d’Italia und einmal die Vuelta a España[2]. Trotz seiner Erfolge war Anquetil in Frankreich nie so beliebt wie sein ewiger Rivale Raymond Poulidor, was die komplexe Beziehung zwischen Erfolg und Popularität im Radsport zeigt[2].

## Eddy Merckx

Eddy Merckx, geboren 1945 in Belgien, wird oft als der größte Radsportler aller Zeiten bezeichnet[4]. Er gewann die Tour de France fünfmal (1969, 1970, 1971, 1972, 1974) und hält mit 34 Etappensiegen den Rekord für die meisten Etappensiege bei der Tour[5].

Merckx, bekannt als „Der Kannibale“ aufgrund seiner Dominanz, gewann nicht nur die Tour, sondern auch fünfmal den Giro d’Italia und zahlreiche andere Rennen[4]. Seine Vielseitigkeit und sein Siegeswille machten ihn zu einer Legende des Sports.

Merckx wurde mehrfach als Weltsportler des Jahres ausgezeichnet und 1996 vom belgischen König in den Adelsstand erhoben[4]. Trotz eines Dopingskandals 1969 beim Giro d’Italia bleibt Merckx eine der am meisten verehrten Figuren im Radsport[4].

## Bernard Hinault

Bernard Hinault, geboren 1954 in Frankreich, gewann die Tour de France fünfmal (1978, 1979, 1981, 1982, 1985). Bekannt als „Der Dachs“ aufgrund seiner kämpferischen Natur, war Hinault der letzte französische Fahrer, der die Tour gewann.

## Miguel Indurain

Miguel Indurain, geboren 1964 in Spanien, ist der einzige Fahrer, der die Tour de France fünfmal in Folge gewann (1991-1995). Bekannt für seine Stärke im Zeitfahren, dominierte Indurain die Tour in den frühen 1990er Jahren.

Quellen:

[1] https://radsport-seite.de/jacques-anquetil.html
[2] http://www.frankreich-sued.de/generale-server/radfahren/jacques-anquetil.htm
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Jacques_Anquetil
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Eddy_Merckx
[5] https://www.radsport-rennrad.de/race/alle-sieger-der-tour-de-france/
[6] https://www.eddymerckx.com/de_DE/news/article/66590
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Bernard_Hinault
[8] https://radsport-seite.de/bernard-hinault.html
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Tour_de_France_1985
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Miguel_Indurain
[11] https://radsport-seite.de/miguel-indurain.html
[12] https://ullerco.com/de-de/blogs/nachricht/biografie-miguel-indurain-legende-radfahren
[13] https://retro-radtrikot.de/blogs/geschichte/big-mig-eine-grosse-radsportlegende

30.06.2024

Zur Fußball-EM haben wir uns immerhin mit einem einzigen Artikel gemeldet, warum sollten wir das bei der Tour de France nicht auch tun, deren 2024er Ausgaben gestern gestartet ist? – Wo wir doch selbst wieder unter die Radfahrer gegangen sind. Es ist jedoch nicht verwunderlich, dass Statista nicht etwa die Fahrer mit den meisten Toursiegen oder die Länder mit den meisten Toursiegern in den Vordergrund gerückt hat, sondern die Durchschnittsgeschwindigkeiten, die bei der Tour de France zum Sieg gereicht haben.

Wie schnell sind die Tour de France-Sieger?

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

41,43 Kilometer pro Stunde war die Durchschnittsgeschwindigkeit des letztjährigen Tour de France-Siegers Jonas Vingegaard. Und das über eine Strecke von insgesamt 3.401 Kilometern. Damit war der Däne etwas langsamer Unterwegs als bei seinem Tour-Sieg 2022 (42,03 km/h) bei dem Vingegaard den bisherigen Rekord von Lance Armstrong aus dem Jahr 2005 um 0,38 km/h verbessert hatte. Damals ging es aber nicht mit rechten Dingen zu. Der Titel wurde dem US-Amerikaner 2012 vom Radsportweltverband UCI wegen Dopingmissbrauchs aberkannt – zusammen mit Armstrongs sechs weiteren Titeln. Dass die Fahrer der letzten Jahr mit den Dopingsündern von damals gleichziehen kann zwar auch etwas mit der kontinuierlichen Verbesserung des Equipments zu tun haben, dennoch steht auch weiter der Verdacht im Raum, das im Radsport weiterhin gedopt wird.

Infoblock

Die Tour-de-France-Radfahrer mit den meisten Siegen sind:

  1. Jacques Anquetil (Frankreich)
  2. Eddy Merckx (Belgien)
  3. Bernard Hinault (Frankreich)
  4. Miguel Indurain (Spanien)

Diese vier Fahrer haben die Tour de France jeweils fünfmal gewonnen[1][2].

Die fünf Länder mit den meisten Tour de France-Siegen sind:

  1. Frankreich: 36 Siege
  2. Belgien: 18 Siege
  3. Spanien: 12 Siege
  4. Italien: 10 Siege
  5. Dänemark/USA: 3 Siege (geteilt)[1]

Es ist wichtig, zu beachten, dass Lance Armstrong ursprünglich siebenmal die Tour de France gewann, aber seine Siege wurden wegen Dopings aberkannt. Ohne diese Aberkennung würden die USA mit 10 Siegen auf dem vierten Platz liegen, gleichauf mit Italien[1].

Die Etappensiege („Tagessiege“) werden ja auch immer sehr gefeiert, dazu fiel und eine Frage ein:

Ja, es gibt tatsächlich Fahrer, die die Tour de France ohne einen einzigen Etappensieg gewonnen haben. Dies ist zwar selten, aber es ist in der Geschichte der Tour de France vorgekommen.

Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist Greg LeMond, der die Tour de France 1990 ohne einen Etappensieg gewann. LeMond sicherte sich den Gesamtsieg durch Konstanz und taktisches Geschick, ohne eine einzelne Etappe für sich zu entscheiden.

Ein weiterer Fall ist der Sieg von Óscar Pereiro im Jahr 2006. Pereiro wurde ursprünglich als Zweiter gewertet, erhielt aber den Gesamtsieg, nachdem Floyd Landis wegen Dopings disqualifiziert wurde. Pereiro hatte während dieser Tour ebenfalls keinen Etappensieg errungen.

Diese Fälle unterstreichen, dass für den Gesamtsieg bei der Tour de France Konstanz und eine gute Gesamtstrategie oft wichtiger sind als einzelne Etappensiege. Ein Fahrer kann die Tour gewinnen, indem er durchgehend gute Leistungen erbringt und seine Stärken in den entscheidenden Momenten ausspielt, ohne notwendigerweise eine einzelne Etappe zu gewinnen.

Zitate

[1] https://de.statista.com/infografik/25359/gesamtsiege-bei-der-tour-de-france-seit-1903/

[2] https://www.eurosport.de/radsport/tour-de-france/2024/rekorde-sieger-starter-etappen-berge-gelbes-trikot-grunes_sto7343486/story.shtml

[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/156900/umfrage/fahrer-der-tour-de-france-mit-den-meisten-siegen/

[4] https://www.radsport-rennrad.de/race/alle-sieger-der-tour-de-france/

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Erfolge_deutscher_Radsportler_bei_der_Tour_de_France

Kommentar

Wenn das Doping schon Gegenstand des Begleittextes von Civey ist, dann muss etwas faul sein mit dem Sport, denn das kommt ansonsten kaum vor, obwohl nach unserer Ansicht kein Spitzensport dopingfrei ist. Wenn man versucht, das Doping einigermaßen in Grenzen zu halten, wie in Deutschland, hat man international keine Chancen mehr, die Leichtathletik-EM hat das gerade wieder eindrucksvoll oder auf bedrückende Weise bewiesen, wir werden es demnächst auch bei den Olympischen Spielen sehen. Wir werden auch sehen, dass die Heimmannschaft wieder überragend abschneidet, wie zuletzt immer. Weil die Sportler:innen die Wettkampfaustragungsorte besser kennen oder vor Heimpublikum antreten oder eine plötzliche Leistungsexplosion stattfindet, immer genau rechtzeitig vor den Heimwettkämpfen?

Wir glauben eher, dass beim Doping der Gastgeber noch weniger genau hingeschaut wird als schon allgemein, damit sich immer wieder Länder finden, die solche Mega-Ereignisse gerne austragen. Auch den Fußball halten wir nicht für dopingfrei. Vor allem nicht, seit eine Mannschaft den Weltfußball dominiert hat, deren Spielweise derart kraftaufwendig ist, dass es an ein Wunder grenzt, wie man sie über 90 und mehr Minuten ohne sichtbare Konditionsverluste durchhalten kann, Ähnliches lässt sich von mindestens einer der Vereinsmannschaften in dem Land sagen. Zufällig sitzt der Weltguru des fortgeschrittenen Dopings  auch in diesem Land. Deutschland wird im Viertelfinale der EM vermutlich auf diese Mannschaft treffen. Auch deswegen, nicht nur wegen der nervigen Nationalismen, schauen wir uns mittlerweile kaum noch Spitzensport mehr an. Die Zeit der naiven Bewunderung und des Mitfieberns sind wohl unwiederbringlich vorbei.

Selbstverständlich spiegelt der Sport nur die Gesellschaft im Ganzen. Was sich in den Arenen und auf den Plätzen und Strecken und in den Becken zuträgt, ist symptomatisch dafür, dass, wer bescheißt, gute Chancen hat, die Ernte für seine unsaubere Haltung einfahren zu dürfen. Sportler gehen dabei sogar ein höheres Risiko ein als die unzähligen Betrüger und Abzocker in der Wirtschaft und ihre politischen Helfer, bei denen gerade mal die Spitze des Eisbergs sichtbar wir, wenn es immer mal wieder zu einem Skandal kommt. Wir erinnern uns noch gut daran, wie sich im deutschen Fernsehen Kommentatorinnen übers Doping ausließen, die im staatlichen DDR-Dopingsystem zum Erfolg gekommen sind, das damals das härteste der Welt war, sonst hätte ein so kleines Land niemals so große sportliche Erfolge erzielen können (mehr davon als der große Bruder Sowjetunion, als es ansonsten in dem Land schon komplett mies aussah).

Sport ist Prestige, und Länder, die besonders prestigeorientiert sind, lassen besonders gerne dopen, auch wenn man vielleicht nicht mehr ganz so organisiert staatlich künstliche Leistungsanhebung organisiert wie während des Kalten Krieges. Es ist mehr die eigene Verantwortung des Teams, was passiert, und damit sind die Sportler:innen auch weniger geschützt. Wenn sie doch mal erwischt werden, weil auch die internationale Dopingagentur ja doch hin und wieder einen Erfolg vorweisen muss. Meist trifft es dann Sportler von Nationen, die nicht so en Vogue sind, wie derzeit Russland, sofern seine Sportler:innen überhaupt noch irgendwo teilnehmen dürfen.

Selbstverständlich haben sich die Trainingsmethoden im Laufe der Zeit verbessert, hat sich das „Equipment“ verbessert, auf spektakuläre Weise war das zuletzt bei den Laufschuhen der Fall, aber dass immer wieder und immer wieder Fabel-Weltrekorde aufgestellt werden, ist doch verwunderlich.

Es muss jedoch so sein, sonst wird der Sport für die sensationsgierige Menge uninteressant. Höher, schneller, weiter sind wichtiger als die Ehrlichkeit und die Gesundheit. Und da kommt das Doping ins Spiel, mit dem man natürliche Grenzen auf immer raffiniertere Weise überwinden kann. Auf das gesamte System übertragen. Die Betrügereien werden nicht weniger, sondern mehr, und sie werden immer mehr digital oder indirekt ausgeführt, sind schwer nachverfolgbar und ziehen sich über alle Stufen der Wertschöpfung.

Nur normale, angestellte Steuerbürger:innen und nur Freizeitsportler, die sich Doping nicht leisten können und auch die affine Einstellung zum Betrug nicht haben, weil er ihnen nichts einbringt, geben diesem System noch etwas wie einen legalen und freundlichen Anstrich. Vor allem jedoch deswegen, weil es an Gelegenheit zum Betrug fehlt oder / und an krimineller Energie. Sie ist nicht so stark ausgeprägt, dass sie die Angst überwindet, die ein Durchschnittscharakter vor der Entdeckung hat. Tritt man aber erst einmal in die Selbstständigkeit, in die Staatshilfe oder in den Leistungssport ein, verschieben sich diese Parameter und man erfährt von den Tricks, die man anwenden muss, um das Beste für sich herauszuholen und anderen die Solidarität zu verweigern. Wenn  man damit erst einmal angefangen hat und es ging soweit gut und der Erfolg tritt ein und man bekommt Applaus oder Status, gibt es kein Zurück, denn das System ist so aufgebaut, dass es Betrüger privilegiert und niemand danach fragt, wo eigentlich ein bestimmter Wohlstand oder Reichtum oder ein weit oberhalb der Logik liegendes physisches Leistungsvermögen herkommen.

Der Radsport steht besonders im Fokus, weil bei der Ausdauer am besten manipuliert werden kann und es zu spektakulären Erfolgen kam, denen spektakuläre Enthüllungen folgten, wie bei Lance Armstrong, weil die Tour de France ein wochenlanges Massenevent ist und Radfahrer, wären sie sauber, mit diesen Leistungen, die sie erbringen, etwas wie Helden wären, die man jeden Tag stundenlang dabei beobachten kann, wie sie in die Pedale treten und schwitzen und mehr als bei jeder anderen Sportart durch die intensive Live-Berichterstattung über die ganze Zeit hinweg als Menschen sichtbar werden. Hin und wieder kommt es zu Unfällen, zu Pannen, jemand muss aufgeben, es ist großes Kino. Uns fällt kein anderer Sport ein, der diese maximale Verknüpfung von Personalität, Spannung und Leistung mit maximaler Medientauglichkeit über einen so langen Zeitraum hinweg verbindet.

Deswegen sind Radfahrer nicht populärer als andere Spitzensportler, aber man glaubt, aufgrund der Möglichkeit, sie über, mehr über sie zu wissen und wie ihre Leistung zustande kommt. Marathonläufe haben bis zu einem gewissen Grad einen ähnlichen Effekt, während Fußball und andere Team-Ballsportarten eher kaschieren, wie extrem die Physis von Menschen, die diese Sportarten heute auf Spitzenniveau betreiben, hochgezüchtet sein muss, weil es um Taktik, um Kunst am Ball, um das Regelwerk und was noch alles geht, was erst auf den zweiten Blick mit den körperlichen Möglichkeiten der Spieler:innen zu tun hat.

Die Tour de France dauert mehr als drei Wochen, konkurriert jetzt mit der Fußball-EM und wird gerade so fertig werden, dass sie keine Aufmerksamkeit von den Olympischen Spielen im selben Land abzieht.

Die Tour de France 2024 startet mit einer heftigen Etappe. Rund 3700 Höhenmeter sind bei den 206 Kilometern von Florenz nach Rimini zu bewältigen. Zu den topografischen Herausforderungen kommt wohl noch Hitze hinzu – mehr als 35 Grad sind prognostiziert.

Liegen die beiden genannten Städte nicht in Italien? Wie oben geschrieben, man kann alles immer mehr ausdehnen und ausdehnen, bis eines Tages diese sogenannte Zivilisation an ihrer eigenen Überdehnung zugrunde gehen wird. Die Anzeichen sind deutlich sichtbar.

Einmal hatten wir die Gelegenheit, die Tour de France fast komplett zu verfolgen. Damals war Jan Ullrich einer der Favoriten. Lance Armstong gewann. Ullrich ist heute einer der wichtigen Zeitzeugen, der mit seiner Verstrickung in das Dopingsystem offen umgeht. Diese Mentalität, sich zu bekennen, ändert zwar nichts am System, aber wer genau hinhört, dem werden die Assoziationen und Parallelen in den Sinn kommen, die wir oben gezogen haben.

TH


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