Filmfest 1115 Cinema
Fanny ist ein französisches Liebesdrama aus dem Jahr 1932 unter der Regie von Marc Allégret mit Orane Demazis, Raimu und Alida Rouffe in den Hauptrollen. Es basiert auf dem Theaterstück von Marcel Pagnol aus dem Jahr 1931. Es ist der zweite Teil der Marseillaise-Filmtrilogie, die mit Marius (1931) beginnt und mit César (1936) endet. Wie Marius war der Film ein Kassenerfolg in Frankreich und gilt bis heute als Klassiker des französischen Kinos. Gedreht wurde in den Billancourt Studios in Paris und vor Ort in Marseille. Die Kulissen des Films wurden vom Art Director Gabriel Scognamillo entworfen.

Wie schon zu „Marius“ gibt es auch zu „Fanny“ eine neuere Rezension, ansonsten verweisen wir vorerst auf die kürzlich publizierte Parallelvariante zur hier vorliegenden Kritik über „Marius“, Marcel Pagnols Marseille-Trilogie betreffend, die von verschiedenen Regisseuren unter seiner Aufsicht in den Jahren 1931, 1932 und 1936 verfilmt worden war. Wie schon „Marius“ hat auch „Fanny“ keinen Eintrag in der deutschen Wikipedia, obwohl beide zu den berühmtesten französischen Filmen der frühen Tonfilmzeit zählen, daher haben wir für die Grunddaten die englischsprachige Version der Online-Enzklopädie befragt. Etwas zur Bewertung und Bedeutung des Films findet sich allerdings auch dort nicht, sondern nur in der französischsprachigen Wikipedia:
Als er in die Kinos kam, war Fanny ein noch größerer Erfolg als der von Marius, einem Film, der bereits zu Marcel Pagnols Bekanntheit beigetragen und die Popularität von Raimu ein Jahr zuvor bestätigt hatte. Während einige Kritiker, die sich nostalgisch an das sterbende Stummfilmkino erinnern, den Film angriffen, weil der erste französische Spielfilm erst aus dem Jahr 1930 stammte, verteidigte Jean Renoir ihn mit folgenden Worten: „Das Kino im Allgemeinen existierte vor dem Tonfilm. Nicht für Pagnol. Die Sprache ist für ihn so unverzichtbar wie die Farbe für Michelangelo. […] Der Dialog enthüllt uns eines der vielen Geheimnisse des Menschen. In diesem Unternehmen, den Menschen zu entdecken, ist Pagnol König. Alles, was er uns in einer Szene oder in einem Film erzählt, trägt dazu bei, uns das Wesen der Wesen zu enthüllen1 ». François Mauriac lobt auch die Qualität der Dialoge: „von einer Natürlichkeit, die mich verzaubert hat, und an mehr als einer Stelle habe ich eine Träne vergossen.“2
„Orane Demazis war Fanny selbst, so sehr Fanny, dass wir uns nicht vorstellen konnten, dass sie anders sein würde. Die tiefe Rührung, mit der sie in der letzten Szene das Couplet über die Geburt des Kindes in Gang setzte, vergrößerte ihre Schöpfung. Wenn Réjanes Schatten immer noch über die Vorbühne wandert, muss sie vor Freude gezittert haben. » — René Fauchois, Fanny, Fasquelle, 1946
Diese psychologische, moralische und soziale Komödie über das dramatische Thema unverheirateter Mütter in einer Zeit, in der sich Frauen im Falle eines Kindes, das allein aufgezogen werden muss, verloren fühlen, ist ein Meisterwerk des französischen Kinos und gleichzeitig ein bemerkenswertes Dokument über den Alten Hafen von Marseille und über die Bräuche der Zeit.
Es hat selbstverständlich Gründe, warum bestimmte Genres erst mit dem Tonfilm aufkamen, wie etwa die Screwball-Comedy. So viel Text, wie darin gesprochen wird, hätte man unmöglich in Zwischentiteln unterbringen können und die Pantomime erweckt nun einmal einen ganz anderen Eindruck beim Zuschauer als der schnell gesprochene, urwüchsige Dialog, wie er in der Marseille-Trilogie zelebriert wird. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich die Filme immer mit Untertiteln angeschaut, was ein wenig mühsam war, weil eben so schnell gesprochen wird, wohingegen es keine deutsche Synchronisierung gibt und mein Französisch nicht mehr ausreicht, um solchen Dialogen bei so alten Filmen und dann noch mit südfranzösischem Dialekt folgen zu können. Das (wieder) z u erlernen, liegt im Moment außerhalb meines Budgets.
Also konzentriere ich mich lieber darauf, englischsprachige Filme immer besser im OoU (Original ohne Untertitel) anschauen zu können, auch wenn sie schnell und mit Slang gesprochen sind, wie es bei vielen älteren Werken der Fall ist, die ich auf der aktuellen Reise durch die Kinogeschichte anschaue.
Trotzdem kommt, auch wenn man vieles nicht versteht und die Aufnahme der Bilder immer etwas darunter leidet, dass man die Augen auf die gelben Buchstaben am unteren Rand fixiert, in den Filmen viel Charme und Leben zum Vorschein, die neuere Rezension aus den 2010er Jahren wird auch eine Erhöhung der Punktzahl mit sich bringen.
Eine Bemerkung hinsichtlich der Spielzeit des Films muss sein. Er ist oben mit 90 Minuten angegeben, in der US-Wikipedia mit 104 Minuten, in der französischen sogar mit 140 Minuten. Was ich gesehen habe, auch in den 2010ern, war sicherlich nicht die 140-Minuten-Fassung, insofern ist mir die vollständige Version noch nicht bekannt und ich wundere mich, dass so kurz nach der Einführung des Tonfilms in Frankreich schon so lange Werke produziert wurden, das kannte ich bisher nur von den USA, und selbst dort hat man durchschnittliche Filme aufgrund der teuren Technik erst einmal etwas in der Länge schrumpfen lassen, gegenüber typischen Stummfilmen Ende der 1920er Jahre.
Möglicherweise wird Arte die Vollversion einmal zeigen, sofern sie die Basis für die 4K-Restaurierung von 2015 gewesen ist.
© 2024, 1989 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
Kursiv, untenstehend: Wikipedia und Wikipedia
- Regie: Marc Allégret, assistiert von Yves Allégret, Pierre Prévert und Éli Lotar
- Drehbuch: Marcel Pagnol, basierend auf seinem gleichnamigen Stück, das am 5. Dezember 1931 am Théâtre de Paris uraufgeführt wurde.
- Fotografie: Nicolas Toporkoff, Roger Hubert, Georges Benoît, André Dantan
- Assistent: Henri Alekan
- Bühnenbild: Gabriel Scognamillo
- Musik: Vincent Scotto, Arrangements von Georges Sellers
- Drehbuch: Françoise Giroud unter dem Namen Gourdji
- Raimu: César Ollivier, Besitzer der Bar de la Marine
- Pierre Fresnay : Marius Ollivier, sein Sohn
- Orane Demazis als Fanny Cabanis
- Charpin: Honoré Panisse, Fannys Ehemann
- Auguste Mourriès als Félix Escartefigue
- Robert Vattier als Aldebert Brun
- Marcel Maupi als Innocent Mangiapan, der Fährfahrer
- Alida Rouffe als Honorine Cabanis, Fannys Mutter
- Milly Mathis als Claudine Foulon, Fannys Tante
- Odette Roger : Fortunette
- Louis Boulle : Elzéar Panisse
Unerwähnt:
- Édouard Delmont: Dr. Félicien Venelle
- Annie Toinon als Amélie
- Pierre Prévert als Tramway Traveller (Statist, im Abspann nicht aufgeführt)
- André Gide als Statist (im Abspann nicht aufgeführt)
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