Im Körper des Feindes (Face/Off, USA 1997) #Filmfest 1119 #Top250 #DGR

Filmfest 1119 Cinema – Concept IMDb Top 250 of All Time (194) – Die große Rezension

 Im Körper des Feindes (Originaltitel: Face/Off) ist ein US-amerikanischer Actionfilm des Regisseurs John Woo aus dem Jahr 1997. Die Besonderheit des Filmes ist der Identitätstausch des „Guten“ und des „Bösen“ sowie deren im Stil des Hongkong-Kinos inszeniertes Aufeinandertreffen, entsprechend dem sehr auf Action bedachten Genre. Der Film startete am 25. September 1997 in den deutschen Kinos.

Wir sind bei einem der Rezensionsstränge der  American Movies Chronologie ohnehin gerade im Jahr 1996, daher können wir mit Filmen wie „Im Körper des Feindes“ gut anknüpfen, wenn es um den Stil und die Genres geht. Es gab ein paar Hinweise darauf, dass der Film in den 1990ern entstanden ist, sonst hätten wir ihn möglicherweise als „Post-9/11-Movie“ verortet. Mehr dazu lesen Sie in der Rezension.

Handlung[1]

Seit einem Mordversuch an FBI-Agent Archer – bei dem sein Sohn ums Leben kam – jagt Archer den Terroristen Castor Troy. Nachdem ihm schließlich die Festnahme von Castor und seinem Bruder Pollux gelungen ist, liegt der ältere Castor im Koma und muss künstlich am Leben erhalten werden, während Pollux ins Hochsicherheitsgefängnis Erehwon eingewiesen wird. Bei der Untersuchung von Pollux Troys Unterlagen stellt sich jedoch heraus, dass die Brüder an einem unbekannten öffentlichen Platz in Los Angeles eine Bombe scharf gemacht haben, die in wenigen Tagen detonieren wird. Nachdem sich alle anderen Wege, diesen Ort zu finden, als wirkungslos erwiesen haben, lässt sich Archer schließlich in einer hochgeheimen Gesichtstransplantation von Dr. Malcom Walsh in dessen Walsh Institute sein Gesicht entfernen und durch das Castor Troys ersetzen, und auch sein gesamter Körper wird dem von Troy angepasst. Archers Stimme wird mithilfe eines Microchips mit Castors Stimme synchronisiert. Im Gefängnis soll er Pollux Troy – der nur seinem Bruder vertraut – über die Bombe aushorchen und danach wieder zurückoperiert werden.

Der Plan funktioniert zunächst, bis der gesichtslose Castor Troy jedoch unerwartet aus seinem Koma aufwacht, mit Unterstützung von außen Dr. Walsh herbeischafft und diesen zwingt, ihm das in einer Lösung schwimmende Gesicht Sean Archers zu transplantieren. Kaum ist dies getan, ermordet Troy alle, die etwas von dem Gesichtstausch wussten. In seiner neuen Identität als Sean Archer lässt er zunächst seinen Bruder Pollux aus dem Gefängnis frei und beginnt dann damit, sich Archers Familie anzunähern. Er entschärft in letzter Sekunde die von ihm selbst gelegte Bombe und wird somit zum gefeierten Helden mit der Möglichkeit ein öffentliches Amt zu missbrauchen und alte, persönliche Feinde mit Hilfe des FBI-Apparats auszuschalten.

Allerdings gelingt dem echten Archer mit Hilfe einer List und eines Mitgefangenen die Flucht aus dem Hochsicherheitsgefängnis und das Untertauchen bei Freunden Castor Troys, die nichts von seiner wahren Identität wissen. Dort wird er jedoch von Pollux Troy ausfindig gemacht, das FBI stürmt das Gebäude, und Archer muss mit Sasha, einer Frauenbekanntschaft Troys und Mutter seines Sohnes Adam, fliehen. Bei der Flucht läuft er Pollux in die Arme, den er im Kampf tötet. Sashas Bruder Dietrich Hassler wird von Castor Troy mit einem Schuss in den Hals tödlich verletzt.

Archer gelingt es schließlich, seiner Frau Eve von dem Identitätstausch zu berichten, welche ihm nach einer heimlichen Überprüfung der Blutgruppen Glauben schenkt.

Nach der Beerdigung des von Troy ermordeten misstrauischen Vorgesetzten Archers, Victor Lazarro, kommt es zum Showdown zwischen Archer und Troy, der zunächst mit dem Tod von Sasha, und später mit der Verwundung Troys durch eine Harpune endet. Archer erhält sein Gesicht zurück, nachdem seine Frau Archers Kollegen aufgeklärt hat, und nimmt außerdem Troys Sohn Adam in seine Familie auf.

Rezension

Regisseur John Woo ist ja kein Unbekannter und seine Lebensgeschichte liest sich wie ein typischer gelebter amerikanischer Traum mit einem berührenden Beginn und einer bombastischen Entwicklung. Man sollte sich seinen Spuren im Kino des Kampfes und der Gewalt auf jeden Fall bewusst sein, die er in Asien gelegt hatte, bevor er in die USA übersiedelte (1990). Und vielleicht auch seiner Geschichte, denn sie könnte sich in der Erlösung eines Kindes spiegeln, die wir am Ende sehen, das im Terroristenmilieu aufwuchs und in die Familie eines letztlich doch braven FBI-Mannes aufgenommen wird. Die Gewaltdarstellung in dem Film ist schon absolut reif für die 2000er und wenn man die Kritiken zu dem Film liest, hat sie damals Maßstäbe gesetzt, als er herauskam.

Nach einer Panne mit einem Film, der 1996 erschien und heute nur 6,7/10 von dem IMDb-Nutzer:innen bekommt und den wir daher zunächst automatisch als „nicht listenverdächtig“ eingestuft haben (zum Glück ist das gerade erst passiert, sodass wir nicht mit der Nummerierung durcheinanderkommen sind), haben wir vorsichtshalber bei einer Wertung von 7,4/10 auch bei „Face/Off“ nachgeschaut. In der Tat war der Film von seinem Erscheinen bis ins Folgejahr Mitglied der Liste, sodass der vorliegende Text dem Konzept unterfällt, möglichst viele der IMDb-Top-Liste-Mitglieder, auch ehemalige, für das Filmfest zu rezensieren.

„Ein fulminantes, rauschhaftes Action- und Gewaltkino, mit dem Regisseur John Woo an sein Frühwerk anknüpft. Mit seiner distanzierten filmischen Sprache aus choreografierter Zerstörung, stark variierendem Zeittempo und einer meisterhaften Montage erzählt der Film reizvoll auch von menschlicher Identität und ihrer Dialektik.“ – Lexikon des internationalen Films[6]

Wenn das Filmlex schon so begeistert ist, muss etwas dran sein, vielleicht waren 1997 aber die Zeiten schon vorbei, in denen von dieser Seite solche Gewaltexzesse immer kritisch beleuchtet wurden, was für mich wiederum einer der positiven Aspekte eines oft viel zu moralinsauren Typs von Filmbewertung darstellt. Dieses Moralische würde auch frontal mit dem Film kollidieren, den ich mir gestern Abend angeschaut habe. Mir hat sich nach der Recherche des Erscheinungsjahrs auch die Frage gestellt, ob man nach 9/11 noch einen Film gemacht hätte, in dem eine Bombe in einem Einkaufszentrum platziert wird. Erstens hätte es abgeschmackt gewirkt, zweitens vom typisch amerikanischen Machbarkeitswahn geprägt, der 9/11 nicht einmal im Ansatz verhindern konnte (falls es denn gewollt gewesen wäre, würden Verschwörungstheoretiker beifügen), drittens hat die Wirklichkeit mit dem 11. September 2001 alles übertroffen, was es bis dahin an Terrorismus gab und auch bei weitem das, was wir hier im Film sehen. Außerdem handelt es sich um Auftragsterroristen ohne jede ideologische Basis für ihr Tun.

Filme dieser Art haben das Problem, dass das, was zum Zeitpunkt ihres Erscheinens exorbitant war, heute fast schon zum Abwinken ist, außerdem gab es bereits Vorbilder, und das in vieler Hinsicht. Da sind natürlich die Filme der Die-Hard-Reihe, in denen es Terroristen ähnlicher Statur gibt, wie wir sie her sehen und von der Machart natürlich auch die Letha-Weapon-Filme. Der Boots-Zweikampf hat mich sofort an den einen oder anderen James-Bond-Film erinnert. Die Sache mit dem Identitätstausch und dessen Herstellung per plastischer Chirurgie an Dr. Jekyll und Mr. Hyde bzw. an Frankenstein. Im Grunde ist „Face off“ ein Mix aus vielen bekannten Elementen, aber welcher modernere Film ist das nicht? Nun ja, es geht auch origineller, womit ich beim ersten Kritikpunkt bin. Dem Mangel an Innovation inhaltlicher Art.

Natürlich darf auch der Ankerpunkt der amerikanischen Familie nicht fehlen, ohne den in Werken dieser Art nichts läuft, weil sie das Ganze irgendwie so erden müssen, dass es nicht in einem abgehobenen Raum stattfindet, bei dem es nur um Profis geht. Natürlich, da sind wir wieder bei den bekannten Action-Vorbildern, wird auch die Familie des FBI-Mannes ins Geschehen involviert. In diesem Fall mit der allerdings besonderen Note, dass der Terrorist mit dem Gesicht des Guten der Familie neue Impulse gibt, durch seine knackige Art, seinen bösen Humor und seine Vitaltität. Das ist am Ende gar nicht so leicht einzufangen im Sinne des traditionellen Siegs des Guten, deshalb wohl auch der Kniff, dass der Terrorist ein Kind hat, das von der Familie seines Gegners aufgenommen wird. Dadurch wirkt es nicht zu sehr, als ob das Auftauchen des Feindes eher positiv für die Umgebung der Identitätsfigur gewesen wäre, zweifelhafte Ansätze natürlich inbegriffen. Aber es ist schon interessant, dass der falsche Vater die Identitätssprünge der Tochter auf Anhieb besser versteht als der echte, der mitsamt der Tochter und der Ehefrau in dem Trauma des durch den Mordanschlag verlorenen zweiten Kindes, des kleinen Sohnes, gefangen ist. Aber natürlich auch leichter, weil er der Täter ist. Ganz sicher ist dies der interessanteste Teil des Films, über den man sogar nachdenken kann.

„Ein wahrer Geniestreich und sicher John Woos (‚Red Cliff‘) beste US-Arbeit. Fazit: Intelligenter Plot und irre rasante Action.TV Spielfilm[7]

„Bei aller Berechnung, bei aller Kommerzialität, die eine Multimillionen-Dollar-Produktion erfordert, wirft FACE/OFF Fragen auf, die weit über das Hollywood-Action-Kino hinausweisen. Es ist ein bitterer Film, er beschreibt physische und psychische Häutungen, die der Held durchläuft und der Zuschauer emotional nachvollziehen muß. Gemildert wird diese schmerzliche Erfahrung durch Humor, doch das Lachen bleibt einem manchmal im Halse stecken.“ – Thomas Gaschler[8]

Im sozusagen familiären Teil fand ich das auf der Ebene, die ein Actionfilm generell leisten kann, nämlich einer recht oberflächlichen, auch gut gemacht. Weniger aber auf der professionellen Seite und selbst ein Schauspieler wie Nicolas Cage oder gerade er hat enorme Mühe, diese Wechsel auf Abruf zu produzieren, das merkt man leider. John Travolta, der nicht so versatil ist, kriegt es mit sparsameren Mitteln fast besser hin, aber auch nicht perfekt. Deswegen hatte mich das, was ich sah auch an die großartigen Jekyll-und-Hyde-Verfilmungen erinnert, in denen Schauspieler agierten, die eine wirklich atemberaubende Identitätsveränderung unfallfrei spielen konnten, sogar in Etappen, also mit einer Steigerung im Verlauf der Filme. Im Vergleich zu „Face/Off“ waren das geradezu Charakterstudien, während der Actionrausch von „Im Körper des Feindes“ dem Zuschauer  kaum die Chance gibt, zu beurteilen, wie glaubwürdig zum Beispiel die Veränderung einer Persönlichkeit durch ein anderes Gesicht dargestellt werden kann. Die Gegner mussten innerhalb kürzester Zeit lernen, die Mimik des anderen zu beherrschen, und das gelingt in beiden Fällen nur knapp – und doch viel zu gut, um glaubwürdig zu sein, zumal das neue Gesicht zumindest den Guten auch juckt. Klar, es ist das Gesicht eines Menschen, der die Gesellschaft mit seinen Terroranschlägen juckt.

Ich glaube, dieses Spiel mit den Identitäten hat für die meisten Zuschauer deshalb gut funktioniert, weil es in diesen typischen Budenzauber hineingesetzt wird, der das US-Actionkino nun einmal bestimmt und der eine exakte Betrachtungsweise der Plausibilität fast unmöglich macht. Natürlich ist das bei manchen Filmen auch Programm, genau diesen Effekt zu erzielen, aber da fehlt so ein bisschen das Actionhelden-Gen, wenn es um Cage und Travolta geht. Die beiden haben vermutlich nie zuvor so physisch agieren müssen wie hier. Es ist okay, irgendwie kriegen sie das hin und es geht ja auch um etwas Schauspielerisches, nämlich die Identität eines Menschen zu kapern, der ganz anders denkt als man selbst. Insofern hat der Film durchaus eine referenzielle Ebene, bezogen auf den Film, das Theater und die Menschen, die im privaten und im Berufsleben eine Rolle spielen. Aber es ist alles nur angespielt, nicht ausgeführt. Gerade die erwähnte Bootsverfolgung zeigt, dass der Film vor allem mit Dingen unterhalten will, die, wie oben richtig ausgedrückt wird, berechnend sind, um den kommerziellen Erfolg sicherzustellen.

Die ganz großen Filme waren ja manchmal solche, denen man nichts zugetraut hat (wie „Star Wars“) oder denen man vorausgesagt hat, dass sie Riesenflops werden (wie „Vom Winde verweht“), hingegen ist „Im Körper meines Feindes“ trotz der Unsicherheit, eine neue Identität annehmen und glaubhaft vermitteln zu können, eher Sicherheitskino mit bewährten Rezepten, und er ist eher westlich als asiatisch, was die Darstellung von Gewalt und Kampf angeht. Stilisierung ist eher zweitrangig und das, was man sieht, hat heute eben keinen Sensationscharakter mehr. Dadurch wirkt der Film im Grunde vor allem durch seine Darsteller individuell. Waren die damaligen Top-Actionstars trotz des „Multimillionen-Budgets“ zu teuer oder wollte man doch Männer haben, denen man zutrauen konnte, eine andere Identität hinzubekommen, die also nicht einfach nur sich selbst spielen können? Jedenfalls waren Travolta und Cage damals nach „Pulp Fiction“ und „Leaving Las Vegas“ angesagt, wobei es sich bei Travolta ja um ein Comeback handelte und seine nicht ganz schlanke Figur im Film sogar thematisiert wird – gleichermaßen wird ihm eben doch abgenötigt, wie ein total trainierter Muskelheld zu agieren, wofür wiederum die Bootssequenz der beste Beleg ist.

Der Film war damals, wohl auch in den Augen der Kritiker, ein sogenannter Mindfuck, der einen sehr ansehnlichen Kritiker-Metascore von 82/100 erreichte. Eine wirklich  negative unter den 26 Kritiken haben wir überhaupt nicht gefunden, lediglich gibt es Stimmen mit einigen Zweifeln in der einen oder anderen Richtung. Obwohl auch die Nutzer:innen der Metabasis mit 8,8/10 werten, sieht es hier etwas anders aus: 

Nachdem ich diesen Film gesehen und die Kritiken gelesen habe, wird mir endlich klar, warum ignorante **** wie Transformers und The Fast & Furious-Franchise Geld verdienen. Wie könnt ihr eigentlich versuchen, diesen Film als eine Art Handwerk zu verteidigen und nicht nur als zusammengewürfelte Action-Stereotypen? Die schauspielerische Leistung ist nicht absichtlich schlecht. Wenn diese Schauspieler diese Darbietungen als eine Art ironische Respektlosigkeit gegenüber dem Material machen würden, würde ich es vielleicht respektieren. Im Nachhinein haben jedoch sowohl Travoltas als auch Cages Karrieren gezeigt, dass dies das Ergebnis ist, dass sie es TATSÄCHLICH VERSUCHT haben. Das ist, gelinde gesagt, peinlich. Typisch für zwei privilegierte Hollywood-Typen, die einen Weg gefunden haben, sich im System zu verschanzen. Der EINZIGE Unterhaltungswert, den dieser Film hat, ist, ihn zu sehen, um sich darüber lustig zu machen.

Es fängt gut an, aber sobald ihre Gesichter wechseln, sinkt es richtig tief. John Woos Actionsequenzen reichten nicht aus, um dieses gewalttätige, überdrehte Durcheinander zu retten. Es wird noch schlimmer, wenn einer, der ein anderes Gesicht hat, seine Frau in einer lausigen Sequenz trifft. Dieser Film ist nur ****!

 Face/Off Nutzerbewertungen – Metacritic

Ich hatte schon angedeutet, dass diese Identitätswechsel im gegebenen Setting nicht so glaubwürdig zu spielen sind wie in den Klassikern, die sich Zeit für die Charaktere lassen und es ist nicht ganz so schlimm für mich gewesen wie für diejenigen, die die beiden zitierten Nutzerrezensionen verfasst haben, aber es war nicht einfach, Meinungen zu finden, die erklären, warum wir den Film ganz sicher nicht als einen Meilenstein oder Klassiker bewerten werden – obwohl wir den Schauspielern gegenüber nicht prinzipiell abgeneigt sind, vor allem nicht gegenüber Nicolas Cage, der sein einmaliges Gesicht schon für einige interessante Leinwandprojekte in die Kamera gehalten hat und gerade den Oscar als bester Hauptdarsteller für seine Rolle in „Leaving Las Vegas“ erhalten hatte.

Das „privlegiert“ in der abwertenden Rezension könnte sich daraus speisen:

Er ist der Neffe des Filmregisseurs und -produzenten Francis Ford Coppola und der Schauspielerin Talia Shire. Er ist somit Cousin der Filmemacher Sofia und Roman Coppola, der Schauspieler Robert Coppola Schwartzman und Jason Schwartzman sowie des Produzenten Gian-Carlo Coppola.[3][4]

Sein Leinwanddebüt gab er 1982 in der Komödie Ich glaub’, ich steh’ im Wald. Kurze Zeit später nahm er den Künstlernamen Cage (nach der Comic-Figur Luke Cage und des avantgardistischen Künstlers John Cage[5]) an, um nicht den Eindruck zu erwecken, er werde wegen seines berühmten Onkels Francis Ford Coppola begünstigt, bzw. um dies auch tatsächlich zu verhindern.[6] Dennoch gab ihm Coppola 1983 eine Rolle in seinem Film Rumble Fish. Nach dem Abschluss der UCLA School of Theater, Film and Television war Nicolas Cage unter anderem in den Filmen Cotton ClubValley GirlPeggy Sue hat geheiratet und Arizona Junior zu sehen. Der Durchbruch gelang ihm Ende der 1980er mit der Oscar-prämierten Komödie Mondsüchtig und in David Lynchs Wild at Heart, der als bester Film der Filmfestspiele von Cannes 1990 ausgezeichnet wurde.

Finale

Für ein wenig Cageologie der frühen Jahre war also auch noch Platz, aber wir nähern uns gefährlich der Grenze zum Feature „Die große Rezension“ und das Überschreiten der dazu notwendigen 3.000-Wörter-Grenze möchte ich doch lieber vermeiden. Dafür finde ich den Film schlicht nicht interessant genug, um ihm neben dem vorgegebenen Top250-Label auch noch das hausinterne „DGR“ zu verpassen. Natürlich werden Fans des Actionkinos und von John Woo, dessen Filmästhetik zur Entwicklung des Genres beigetragen haben soll, wenn man den vielen positiven Rezensionen glaubt, auf ihre Kosten kommen, zumal der Film, als er herauskam, als Quintessenz von dessen Schaffen galt, aber ich bin diesbezüglich distanzierter. Dass der US-Film wirklich diesen Weg weitergegangen ist, wissen wir heute natürlich und dass halbwegs normale Menschen nicht mehr ausreichen, um ihn lebendig erscheinen zu lassen und dass es dazu Superhelden mit übernatürlichen Kräften braucht, die genauso undemokratisch handeln wie die beiden Typen, die wir hier sehen, ist fast 30 Jahre später schon fast wieder Geschichte. Das Ende der Geschichte, das einige in den 1990ern für erreicht hielten, ist aber nicht abzusehen, deswegen wirkt das heutige Kino auch so redundant. Wie sollte es nicht, wenn schon ein Film wie „Im Körper des Feindes“ im Grunde nach hinten, nicht nach vorne weist?

Nicht einmal das Thema einer kompletten Gesichtstransplantation im Film ist neu und ich fand es in dem französischen Thriller „Augen ohne Gesicht“ (1960) viel eindrucksvoller und berührender umgesetzt. In der Rezension dazu habe ich mich auch mit der Möglichkeit befasst, eine solche Transplantation tatsächlich vorzunehmen. In der US-Wikipedia ist der Film auch als dem Genre SF zugehörig bezeichnet worden. In der Tat war 1997 noch keine komplette Gesichtstransplantation möglich, aber es war wohl absehbar, dass das bald der Fall sein würde. In den Jahren 2010 und 2011 wurden in Spanien und den USA die jeweils ersten vollständigen Gesichtstransplantationen in Europa und außerhalb durchgeführt. Was selbstverständlich bis heute Quatsch ist: Dass man kurz nach der OP schon wieder in Action sein und dabei das neue Gesicht so problemlos bewegen kann, wie wir es hier im Film sehen. Nun ja, machen wir doch eine DGR daraus, weil das Thema nicht uninteressant ist:

Die Operation dauert ca. 8 bis 15 Stunden, woran sich ein 10- bis 14-tägiger stationärer Krankenhausaufenthalt anschließt.

Nach dem Eingriff ist eine lebenslange Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten erforderlich, um zu verhindern, dass das Immunsystem des Patienten das fremde Gewebe wieder abstößt. Eine langfristige Unterdrückung des Abwehrsystems erhöht das Risiko von lebensbedrohlichen InfektionenNierenschäden und Krebs (siehe hierzu auch den Abschnitt Immunsuppressive Therapie unter Transplantation). In der Folge der Operation können Komplikationen wie etwa Infektionskrankheiten auftreten, durch die sich das neue Gesicht schwärzlich verfärbt und die erneute Eingriffe notwendig machen. Psychologische Folgen können u. a. das Bereuen der Operation durch den Patienten, Enttäuschung über das Ergebnis oder Trauer– und Schuldgefühle gegenüber dem Spender sein.

Das Aussehen des Patienten nach der Transplantation entspricht nicht dem des Spenders, da für die Form des Gesichtes auch Muskulatur und Knochenstruktur ausschlaggebend sind, die nicht mitübertragen werden. Das neue Gesicht wird aber auch nicht dem vorherigen, unbeschädigten Gesicht entsprechen, sondern irgendwo zwischen den beiden Ursprungsgesichtern liegen. Ebenso darf nicht vergessen werden, dass dieser Eingriff eine schwierige plastische Operation ist, deren Ergebnis niemals ganz sicher vorausgesagt werden kann.

Im Anschluss werden auch die beiden Filme erwähnt, der französische Klassiker aus dem Jahr 1960 und John Woos „Im Körper des Feindes“. Leider führt uns der Titel doch noch zu einem Rekurs: In Filmen wie „Changeling“ (2007), der viel ernsthafter wirkt als „Im Körper des Feindes“ und in allen Filmen, in denen Menschen schlicht am selben Setting ausgetauscht werden, ist es in Wirklichkeit fast unmöglich, den Austausch nicht zu erkennen. Zum Beispiel, dass eine Frau den Austausch „Körper eines Fremden gegen den jahrelang gewohnten Körper ihres Ehemannes“ tatsächlich sang- und klanglos akzeptiert. In „Changeling“ war es ein Kind, das getauscht wurde, zu dem die Mutter also keine Intimkontakt hatte, aber schon in dem Film kamen Fragezeichen auf. In „Im Körper des Feindes“ passt das von den wenigen negativen Kritiken bemängelte Chargieren der beiden männlichen Hauptdarsteller gut dazu, dass man durch den Filmstil dazu gebracht werden soll, nichtt zu sehr über die Glaubwürdigkeit nachzudenken. Witzigerweise exploitiert man den Tausch des Mannes dann doch wieder, auch wenn er im Familiensetting mehr Substanz hat, siehe oben, anstatt sich dezenter zu verhalten. Ich finde, da passt vieles nicht so recht zusammen.

Die technischen und moralischen Fragen werden in „Augen ohne Gesicht“ auch deshalb viel konsequenter behandelt, weil tatsächlich Menschen umgebracht werden, die ihr Gesicht für die Wiederherstellung des Gesichts eines anderen Menschen hergeben sollen. Und doch hat man vor allem Mitleid mit den Beteiligten. Das ist wirklich großes Kino für Genrekenner.

54/100

© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2023)

[1] Im Körper des Feindes – Wikipedia

Regie John Woo
Drehbuch Mike Werb,
Michael Colleary
Produktion Terence Chang,
Christopher Godsick,
Barrie M. Osborne,
David Permut
Musik John Powell
Kamera Oliver Wood
Schnitt Steven Kemper,
Christian Wagner
Besetzung

 


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