Der Himmel auf Erden (AT 1935) #Filmfest 1121

Filmfest 1121 Cinema

Der Himmel auf Erden bist du

Himmel auf Erden ist eine österreichische Filmkomödie des Regisseurs E. W. Emo. Der Schwarzweißfilm, der auf dem gleichnamigen Theaterstück von Julius Horst basiert, wurde am 21. März 1935 in Wien uraufgeführt. Die deutsche Erstaufführung fand am 7. Juni desselben Jahres im Berliner Gloria-Palast statt. 

Wir haben bereits über mehrere Komödien der Hauptdarsteller dieses Films, Heinz Rühmann und Hans Moser, geschrieben, die in den 1930er Jahren entstanden sind. Insbesondere bei Rühmann kann man sie nicht mit den Nachkriegsfilmen vergleichen. Anmerkung anlässlich der Publikation des Textes im Jahr 2024: Einige dieser Rezensionen sind noch nicht veröffentlicht, dafür sind weitere hinzugekommen. Den Grund für die Einleitung lesen Sie in der Rezension.

Handlung (1)

Gutsbesitzer Peter Hilpert unterstützt seinen Freund Paul Heller, der seinem Schwiegervater nicht verraten will, dass er ihm überlassenes Geld in seine Komponistenkarriere gesteckt hat und sich daher als Gutsbesitzer ausgibt. Sein Schwiegervater Adlgasser als Gaststättenbesitzer wird misstrauisch als sein Sohn nur noch minderwertige Nahrungsmittel liefert und entschließt sich zu einem Besuch. Parallel entschließt sich eine schrullige Tante des wirklichen Gutsbesitzers ebenfalls zu einem Besuch. In einem Verwirrspiel geben sich die beiden Freunde jeweils als Gutsbesitzer oder Verwalter aus und auch die Ehefrau des Komponisten sieht sich gezwungen, die jeweiligen Rollen mitzuspielen. Als schließlich der Theaterdirektor anreist, der auf die neueste Komposition Der Himmel auf Erden wartet, klärt sich das Verwirrspiel auf, der Gutsbesitzer gewinnt seine Angebetete und das Bühnenstück entwickelt sich zu einem Erfolg (Zusammenfassung aus der Wikipedia). 

Rezension

Wir haben bereits über mehrere Komödien der Hauptdarsteller dieses Films, Heinz Rühmann und Hans Moser, geschrieben, die in den 1930er Jahren entstanden sind. Insbesondere bei Rühmann kann man sie nicht mit den Nachkriegsfilmen vergleichen. Aber in all diesen Filmen aus den Jahren 1934-1939 hat uns etwas gestört, hat etwas nicht gepasst, war zu sehr Geschrei oder alles wirkte irgendwo zu hölzern oder zu schlicht. Daher gab es nie Bewertungen oberhalb des 6/10-Bereiches für diese Filme (60/100 im Schema des neuen Wahlberliners).

Man kann auch heute noch, die Gegebenheiten der Zeit eingerechnet, eine Einschätzung der damaligen Filmkunst vornehmen, wenn man sie zum Beispiel damit vergleicht, was in anderen Ländern zu der Zeit produziert wurde und was sich zunehmend nach oben entwickelte, während in Deutschland und Österreich das Niveau bestenfalls erhalten blieb, wenn man von 1934 als Startpunkt ausgeht, aber deutlich zurückging, wenn man die frühe Tonfilmzeit (1929-1933) und damit auch den Zeitpunkt der Machtübernahme durch Adolf Hitler als Moment der Wende ansieht.

„Der Himmel auf Erden“ aber ist nicht nur gewiss einer der besten Filme von E. W. Emo, dem Regisseur, der 21-mal mit Hans Moser zusammenarbeitet, sondern auch von diesem selbst und auch Heinz Rühmann, der hier nicht die alleinige Hauptrolle spielt. Er fügt sich gut in das Ensemble ein, dem auch Theo Lingen und Adele Sandrock als erstklassige Kräfte angehören.

Der Film ist flott, gut getimt, aber nicht überzogen, es wird nicht nur halbwegs vernünftig gesprochen, sondern das auch noch in einer Art, die Freude macht. Die Dialoge gehören zu den besten, die uns aus jener deutsch-österreichischen Kinozeit Mitte der 1930er bisher überliefert wurden. Manchmal passt eben doch alles oder das Meiste. Der Ton ist mäßig, die Bildqualität schlecht, einige Schnittfehler sind vermutlich der Tatsache zu verdanken, dass irgendeine nicht ganz vollständige Kopie Grundlage der heutigen Fassung des Films ist. Man sollte diese Verstellungskomödie restaurieren, das hätte sie mehr als einige Werke der Epoche andere verdient.

Die Ideen, die den Film tragen, sind originell und wir haben in dieser am Ende komplizierten Verstellungskonstellation keine Fehler gefunden, das müssen heutige Plots, deren Umsetzung eine große Menge von Gegenschnitten und das exakte Timing vieler Figuren erfordert, erst einmal hinbekommen.  Sicher ist der Film trotz einiger deutscher Schauspieler, die mitwirken und trotz der schon vor 1938 deutlichen Verflechtung des deutschen und des österreichischen Films fast ausschließlich Wiener Machart, das Leichte und Beschwingte darin ist innerhalb des deutschen Sprachraums nur dort zu realisieren gewesen.

Es gibt auch einige respektable Ufa-Komödien, aber sie haben eben eine andere Ausprägung, sind kantiger und manchmal lassen sie sehr durchblicken, dass die Deutschen damals ziemlich am Rad gedreht haben. Auch davon nichts in „Der Himmel auf Erden“ und so ist der Film genau dies: Eine Komödie, die damals noch gar nicht eskapistisch sein musste, denn 1935 gab es in Österreich noch nichts, vor dem man hätte fliehen müssen (auch wenn die politischen Verhältnisse nicht die besten waren und man hellsichtig ahnen konnte, was möglich war, wenn der Österreicher Hitler in Deutschland das Zepter führt).

Ein ganz großes Hurra für Hans Moser, den wir selten so ausbalanciert gesehen haben, und der auch deshalb nicht nervt, weil er nicht immer im Mittelpunkt steht, weil seine Sätze optimal zur Stimmung und in die Handlung der Komödie passen. Wie viel ihn sein Hausregisseur E. W. Emo in diesem Film hat improvisieren lassen, wissen wir nicht, aber gleich, ob jedes Detail so im Drehbuch stand oder eben nicht, man muss wirklich lachen, wenn der Grantler  am Werk ist und im letzten Drittel des Films kongenial von der preußisch-steifen Adele Sandrock gespiegelt wird. Heinz Rühmann wirkt locker und entspannt, nicht so angestrengt komisch wie in manchen deutschen Filmen, die er damals alleine auf seinen schmalen Schultern tragen musste. Hier funktioniert das Ensemble, und es ist ja ein Ensemblefilm, in dem auch Theo Lingen einen seiner überspannten, aber liebenswürdigen Direktoren spielt.

Charmant ist auch Lizzi Holzschuh als Filmtochter von Hans Moser, eine angenehme Rolle als Walzer- und Opernkomponist spielt Herrmann Thiemig, dessen Figur die Idee hatte, Vater Moser vorzuspiegeln, man gehe nun einer seriösen Landwirtschaft nach, anstatt alles in die vage Kunst zu stecken. Alle übrigen Schauspieler sind denn doch mit zu wenig Spielzeit ausgestattet, um sie einzeln hervorheben zu können, passen sich aber unauffällig ein.

Finale

Man sollte denken, es ist leicht, mit dem besten Personal im Fach Komödie, das damals zu haben war, einen guten Film zu machen – ist es aber nicht, das belegen viele Werke, die heute eher peinlich als witzig anmuten. Die Musikalität, das Tempo und den echt wirkenden Übermut von „Der Himmel auf Erden“ haben sie nämlich meistens nicht, und deshalb ist der Film so auffällig. Wenn man sich ein wenig freimacht von der anstrengenden Wirkung der technischen Mängel, kann man mit diesem Film vergnügte 90 Minuten haben. Neben der Restaurierung könnte man ein Remake empfehlen, wenn man nicht beinahe sicher anzunehmen hat, dieses würde ein Desaster werden. Es gibt nicht so Vieles aus der Mitte der 1930er, was man reproduzieren möchte, aber dass es hier nicht mit heutiger Bild- und Tonqualität möglich ist, kann man durchaus bedauern.

Man erkennt an diesem Film aber auch, warum es so schwierig ist, den tatsächlich vorhandenen deutschen Humor österreichischer Prägung ins Ausland zu vermitteln – die Schauspieler und ihre Figuren leben sehr von der Sprachverwendung und der Sprachmodulation, und so etwas lässt sich unmöglich in eine andere Sprache mit Synchronsprechern übertragen. Es prägt diese Filme mehr als etwa die amerikanische Screwball-Comedy, die sich bis auf einige Wendungen ganz gut ins Deutsche transferieren lässt.

Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung der Rezension im Jahr 2024: Da wir mittlerweile US-Filme und britische häufig im Original schauen, vor allem ältere, muss hier eine Einschränkung gemacht werden: Auch in diesen Film wird oft Dialekt, Slang, Cockney gesprochen, dazu noch sehr schnell, was dem Begriff „Talkie“ für den frühen Tonfilm durchaus einen Sinn jenseits der technischen Tatsachen gibt. Es fällt uns immer noch nicht leicht, diese Dialektpassagen zu verstehen und dieses Spiel mit regionalen und sozialen Sprachverwendungen war unmöglich kongenial ins Deutsche zu übertragen.

Später führten sehr aufwendige Synchronisierungen, die auch die Übersetzung von Songtexten beinhalteten, zu mehr oder weniger glücklichen Dialekt-Übertragungen ins Deutsche, wie etwa der Londoner Cockney-Akzent in „My Fair Lady“ (1964) ins Berlinerische. Gerade die Unterschiede zwischen Standard-Deutsch und Wienerisch sind erheblich und das Standard-Deutsch entspricht eher dem ungedehnten, wenig betonten und pragmatischen US-Sprachduktus als das Österreichische.

Wenn man die IMDb-Wertung von nur 5,7/10 als Vergleich heranzieht, immerhin auf der Basis von 130 Stimmen, nicht wenig für eine deutsche oder österreichische Produktion der Zeit, liegen wir klar darüber, auch die spätere Kritik in Deutschland war mal so, mal so:

Das Lexikon des Internationalen Films meinte: „Ein übermütiger Spaß mit flotter Musik und einer hochkarätigen Komikerriege.“[1]

Weniger wohlwollend urteilte der Evangelische Filmbeobachter: „Altes musikalisches Verwechslungslustspiel […]. Eine bescheidene Unterhaltung mit bekannten Filmkomikern, als sie noch jung waren.“[2]

Beschämt ob unserer Unbedarftheit haben wir gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Wertung (7,5/10) zwei Punkte herausgenommen, mehr geht nicht, ohne Neusichtung oder einer politischen Abwertung aufgrund neuerer Erkenntnisse, wie sie bei solchen Komödien aber sehr selten vorkommt.

73/100

© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2014)

(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia

Regie E. W. Emo
Drehbuch Georg Zoch
Produktion Oskar Glück
Musik Robert Stolz
Kamera Eduard HoeschBruno Timm
Besetzung

 


Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Hinterlasse einen Kommentar