Tempelhof-Schöneberg bleibt stabil gegen Rechtsextremismus und für Zusammenhalt! (Petition, Infos, Kommentar) | Aufruf, Aktion, DiG Demokratie in Gefahr

Aufruf, Aktion: Petition gegen Rechtsextremismus in Berlin, Tempelhof-Schöneberg

Liebe Leser:innen, aus aktuellem Anlass empfehlen wir heute wieder einmal eine Petition zur Unterzeichnung. Ob das nur möglich ist, wenn Sie in unserem Berliner Bezirk wohnen, wissen wir nicht, aber wir wurden angeschrieben, vermutlich, weil wir hier ansässig sind:

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 Tempelhof-Schöneberg bleibt stabil gegen Rechtsextremismus und für Zusammenhalt! | WeAct (campact.de)

An: Parteivorsitzende und Mitglieder demokratischer Parteien in Tempelhof-Schöneberg

Tempelhof-Schöneberg bleibt stabil gegen Rechtsextremismus und für Zusammenhalt!

Es geht um nicht weniger als unsere Demokratie. Allerspätestens seit den Enthüllungen von CORRECTIV ist klar, dass es nicht nur Ideen, sondern konkrete Pläne von Rechtsextremen gibt, die unsere demokratische und vielfältige Gesellschaft zerstören wollen. Dass das viele Menschen auch bei uns in Tempelhof-Schöneberg so sehen, haben die Demos und Kundgebungen in den vergangenen Monaten gezeigt.

Wir können nur dann demokratisch zusammenkommen, verschiedene Meinungen austauschen und friedlich zusammenleben, wenn wir uns klar von den extremistischen Ansichten derer abgrenzen, die all das bedrohen.

Der Verfassungsschutz behandelt die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall; die Aussagen von einigen AfD-Mitgliedern wurden bereits als offen rechtsextrem eingestuft.

Deshalb fordern wir: Tempelhof-Schöneberg  #bleibtstabil gegen die AfD und andere rechte und rechtsextremistische Kräfte!

Wir erwarten von Ihnen als Vorsitzende der demokratischen Parteien in Tempelhof-Schöneberg ein klares Versprechen: Schließen Sie mit einem Unvereinbarkeitsbeschluss jede Zusammenarbeit mit der AfD aus. Das bedeutet: Keine gemeinsamen Anträge, Abstimmungen oder Koalitionen.

Warum ist das wichtig?

So verschieden wie die Menschen in dieser Stadt sind auch unsere politischen Positionen – was uns jedoch eint, ist, dass wir bereit sind, über diese Positionen demokratisch zu diskutieren, statt sie mit Hass und Hetze zu vergiften und jeden konstruktiven Diskurs populistisch zu untergraben. Um diese Demokratie und unser aller Zusammenleben zu schützen, müssen wir gemeinsam stabil gegen Rechts bleiben.

Daher bitten wir euch: Setzt euch dafür ein, dass Tempelhof-Schöneberg stabil bleibt. Lasst uns gemeinsam von allen Parteien hier vor Ort ein klares Versprechen fordern: keine Kooperation mit der rechtsextremen AfD.

Gemeinsam wollen wir klarmachen:  Tempelhof-Schöneberg ist demokratisch. Rechtsextremismus hat hier keinen Platz!

Dieser Aufruf hat deutschlandweit bereits viele Unterstützer*innen. Gemeinsam wollen wir dafür sorgen, dass auch Tempelhof-Schöneberg auf der Liste der stabilen Städte dabei ist.

Danke für euren Einsatz und eure Unterstützung!

Hier noch einmal der Link zur Unterzeichnung: Tempelhof-Schöneberg bleibt stabil gegen Rechtsextremismus und für Zusammenhalt! | WeAct (campact.de)

***Ende des Petitionstextes***

Die Informationen hierzu:

Die AfD hat bei den letzten Wahlen im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg wie folgt abgeschnitten:

### Abgeordnetenhauswahlen

– **2016**: Bei den Abgeordnetenhauswahlen 2016 erzielte die AfD in Tempelhof-Schöneberg 13,7 % der Stimmen[1].
– **2021**: Bei den Abgeordnetenhauswahlen 2021 erreichte die AfD in Tempelhof-Schöneberg 10,1 % der Stimmen[2].
– **2023**: Bei den AGH-Wiederholungswahlen 2023 erreichte die AfD in Tempelhof-Schöneberg 7,7 % der Stimmen (von uns ergänzt).

### Bundestagswahlen

– **2017**: Bei den Bundestagswahlen 2017 erhielt die AfD im Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg 10,9 % der Zweitstimmen[2].
– **2021**: Bei den Bundestagswahlen 2021 erzielte die AfD im Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg 8,7 % der Zweitstimmen[2].

### Europawahlen

– **2019**: Bei den Europawahlen 2019 erreichte die AfD in Tempelhof-Schöneberg 9,2 % der Stimmen[2].
– **2024**: Bei den Europawahlen 2024 erreichte die AfD in Tempelhof-Schöneberg 11,3 % der Stimmen (von  uns ergänzt).

Quellen

1] https://de.wikipedia.org/wiki/Wahl_zum_Abgeordnetenhaus_von_Berlin_2016
[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1266213/umfrage/stimmenanteile-der-afd-bei-den-abgeordnetenhauswahlen-in-berlin/
[3] https://wahlen-berlin.de/wahlen/be2016/afspraes/index.html
[4] https://www.welt.de/politik/deutschland/article158242267/Sehen-Sie-die-Hochburgen-der-Parteien-in-Berlin.html
[5] https://www.abgeordnetenwatch.de/berlin/wahl-2016/wahlprogramme

Unser Kommentar

Wir bekommen sicherlich nicht alle Campact-Petitionen per Newsletter. In diesem Fall kann es daran gelegen haben, dass unsere Adresse dort bekannt ist. Dass wir Parteimitglied waren, aber nicht mehr sind, wird Campact wohl nicht auf dem Schirm haben. Aber da Ex-Parteimitglieder auch unterzeichnen dürfen, haben wir das flugs getan.

Die Petition ist viel brisanter, als man denkt. Sowohl die FDP als auch die CDU werden vermutlich nicht einmal mit viel zivilgesellschaftlichem Druck Unvereinbarkeitsbeschlüsse fassen, in anderen Bezirken haben sie schon bewiesen, dass sie keine Berührungsängste mit der AfD haben, wenn es um Anträge geht. Anträge gemeinsam durchzusetzen, ist seine Stufe der Normalisierung und die Vorstufe zu gemeinsamen Koalitionen.

Die Wahlen 2016, 2017, 2021, 2023 weisen zwar eine negative Tendenz für die AfD aus, aber bei den Europawahlen sieht man, dass der Wind sich inzwischen gedreht hat, hier ist eine Zunahme von 2 Prozent von 2019 auf 2024 zu verzeichnen.

Bei AGH-Wahlen könnte die AfD gegenwärtig um 12 Prozent erreichen, Zahlen zu einzelnen Bezirken gibt es bei Umfragewerten nicht.

Die Berlin  SPD ist mit der CDU in einer Regierung, seit der Wahl 2023 und weit nach rechts gerückt, in den letzten Jahren, auf dieser Schiene halten wir auch eine Zustimmung der SPD zu AfD-Anträgen für möglich.

Blieben nur noch die Grünen und die Linke als Ansprechpartner, bei denen man enigermaßen erfolgreich für einen Unvereinbarkeitsbeschluss werben kann. Warum haben wir „blieben“ und nicht „bleiben“ geschrieben? Von der Linken hat sich das sogenannte BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) abgespalten, dem wir auch in Tempelhöf-Schöneberg, wären hier jetzt Wahlen, ein (knapp)  zweistelliges Ergebnis zutrauen würden und bei Kommunalwahlen auf jeden Fall Vertretung im Bezirksparlament. Die Linke in Tempelhof-Schöneberg war so wagenknecht-lastig wie in kaum einem anderen Berliner Bezirk und hat im Bezirk bekannte Personen, die jetzt für das BSW antreten.

Die Vorsitzende des BSW hat schon klargemacht, dass sie keine Probleme damit hat, mit der AfD zusammen abzustimmen, wenn es thematisch passt, anstatt, wie viele demokratieaffine Menschen, auch wir, empfohlen haben, selbst einen ähnlich lautenden Antrag einzubringen und sich dafür eine demokratische Mehrheit zu suchen. Wer die AfD braucht, um ein Ziel durchzusetzen, zumal in einem Bezirk wie Tempelhof-Schöneberg, der strukturell nicht rechts ist, der muss sich fragen lassen, ob das Ziel das richtige ist.

Leider ist der Bezirk tief gespalten in den Innenstadtbereich Schöneberg, der in seiner politischen Prägung den Nachbarbezirken ähnelt, also links-grün ist, und dem Außenbereich (Teile außerhalb des S-Bahn-Rings), der sehr konservativ ist und auch die um die Zweistelligkeit herum pendelnden AfD-Ergebnisse verursacht. In der Innenstadt kommt die AfD in kaum einem Wahlkiez über 5 Prozent der Stimmen. Diese Spaltung kann durchaus dazu führen, dass insgesamt sich eine rechte Mehrheit aus AfD, CDU, FDP, BSW und SPD zusammentut, um bei einzelnen Anträgen die linke Mehrheit in der Innenstadt auszuhebeln. Ob das insbesondere von der SPD klug wäre, steht auf einem anderen Blatt. Alle anderen der oben genannten Kräfte werden dadurch kaum Wähler:innen verlieren, wir sind auch immer wieder verblüfft darüber, was ehemalige sog. Linke im BSW so alles mögen, von Trump über Vance bis zu Putin. 

Damit es richtig verstanden wird: Wenn die AfD den Anträgen anderer zustimmt und es auch ohne deren Zustimmung eine Mehrheit dafür geben würde, wäre es widersinnig und undemokratisch, Anträge dann quasi als kontaminiert einzustufen. Anders aber dann, wenn ohne die AfD keine Mehrheit zu erzielen wäre. Dann haben die anderen Parteien nach unserer Ansicht die Pflicht, sich noch einmal zusammenzusetzen und einen ohne die AfD mehrheitsfähigen Kompromiss zu erwirken.

Wer in der Petition mit weiteren „rechten und rechtsextremistischen Kräften“ gemeint war? Also, die CDU ist rechts und beeilt sich am meisten dabei, immer weiter nach rechts zu gehen, die FPD war immer schon rechts-kapitalistisch. Das BSW ist eine Rechts-links-Kombination, die es in Deutschland bisher nicht gab, abgeschaut von Jean-Luc Mélenchons „La France insoumise“ und in vielen Punkten, wie das Vorbild, nach rechts offen. Bei extensiver Auslegung des Eingangstextes müssten also alle Kompromisse ohne alle diese Parteien erzielt werden. Das wird schwierig werden, aber wir verstehen die Petition so, dass mit der Formulierung vor allem gemeint ist, dass die AfD, evtl. weitere Rechtsextreme sowie „Unklare“, vor allem das BSW, ins Visier genommen werden sollen.

Im Text selbst wird an anderer Stelle geklärt, dass es um die AfD geht. Wir beschränken die Zustimmung in Form der Unterzeichnung auf die AfD, solange keine weitere relevante Partei in irgendeiner Weise offiziell als rechtsextrem oder als Verdachtsfall eingestuft wird. Uns ist dabei klar, dass der Rechtstrend in Deutschland auch eine Verschiebung der Einschätzung beinhaltet. Was gestern noch als rechtsextrem galt, ist heute nur noch „rechts“, daher stehen Parteien wie die CDU mit ihren mittlerweile verfassungsrechtlich fragwürdigen und die Gesellschaft bewusst spaltenden Kampagnen bisher auch nicht in Gefahr, vom Verfassungsschutz überprüft zu werden, der selbst rechtskonservativ geprägt ist.

TH 


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