Briefing 598 PPP, Olaf Scholz, Bundeskanzler 2025, Bundestagswahl 2025, Union, CDU/CSU, Friedrich Merz
Die heutige Civey-Umfrage klingt ganz normal, schließlich entspringt sie dem politischen Alltag und der Tatsache, dass in etwas mehr als einem Jahr die nächste Bundestagswahl ansteht. Sie lautet:
Scholz: Erneut Bundeskanzler? (civey.com)
In der Langfassung:
Wünschen Sie sich, dass Olaf Scholz nach der nächsten Bundestagswahl erneut Bundeskanzler wird? Wir kommentieren unterhalb des Textes der Meinungsforscher.
Der Begleittext
Die nächste Bundestagswahl könnte Medien zufolge voraussichtlich am 28. September im kommenden Jahr stattfinden. Offizielle Spitzenkandidat:innen gibt es noch nicht, dafür sind einige Interessenten bekannt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verkündete letzten Mittwoch bei der traditionellen Sommer-Pressekonferenz in Berlin, dass er wieder für die Sozialdemokraten antreten werde. Scholz und seine Partei würden gemeinsam in den Wahlkampf ziehen, um zu gewinnen, sagte er selbstbewusst. Die schlechten Umfragewerte seien nur ein Ansporn, um es besser zu machen.
Die finale Entscheidung über die Kanzlerkandidatur wolle die SPD aber erst nächstes Jahr, voraussichtlich auf einem Parteitag, fällen. SPD-Co-Chef Lars Klingbeil stellte sich vor Kurzem bereits hinter Scholz. In der Rheinischen Post verteidigte er ihn als „hervorragenden Kanzler”. Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nannte es im Tagesspiegel eine Selbstverständlichkeit, dass Scholz erneut als Spitzenkandidat antrete. Er würde gute Arbeit leisten und „den Rückhalt von uns allen in der Parteispitze” haben.
Aufgrund der niedrigen Umfragewerte des Kanzlers wurden bereits einige Zweifel an seiner erneuten Kandidatur laut. Innerhalb der SPD gibt es laut ZDF eine Gruppe von Kommunalpolitiker:innen, die sich etwa für Verteidigungsminister Boris Pistorius als SPD-Kanzlerkandidat aussprechen. Sie seien sich sicher, dass sie mit ihm gute Chancen haben, um CDU/CSU einzuholen. Pistorius sei im Gegensatz zu Scholz bürgernah und zu klaren Aussagen fähig, sagte Nordsachsens SPD-Fraktionschef Heiko Wittig gegenüber der dpa. Pistorius selbst sei laut RND jedoch nicht an einer Kandidatur interessiert.
Unser Kommentar
So klar die Frage ist, so sehr hat sie uns in einen Gewissenskonflikt getrieben. Wir sind vor allem der Ansicht, dass die SPD den bestmöglichen Kandidaten (eine Frau ist derzeit nicht in Sicht) aufbieten muss, um die nächste Wahl doch noch zu gewinnen. Die heutige Situation lässt sich nicht mit der 2020 vergleichen, als die SPD auch keine besseren Umfragewerte hatte. Damals lief es für Scholz, weil die anderen Parteien viele Fehler im Wahlkampf machten, dadurch konnte die SPD letztlich die Union knapp schlagen. Beide Parteien bzw. alle drei fuhren aber miserable Ergebnisse ein im Vergleich zu früheren Zeiten.
Scholz sieht sich jetzt mit einer Herausforderung konfrontiert, die er nach unserer Ansicht nicht bewältigen kann. Die CDU schaut sich bei Donald Trump ab, wie man Wahlkampf macht. Sie greifen zwar die Regierungspolitiker nicht persönlich an, hetzen dafür aber ganze Bevölkerungsgruppen aufeinander. Dieser Stil ist miserabel und demokratieschädlich, wir überlegen auch, ob wir ein CDU-Dossier schreiben werden, das bis zur Wahl immer wieder betonen wird, wofür diese Partei heutzutage wirklich steht.
Aber Scholz kann diesem Stil nichts entgegensetzen, er hat die Varianten nicht drauf, die es dafür braucht. Boris Pistorius könnte diesen üblen Methoden eine Art von überlegener Klarheit entgegensetzen und seine Managerqualitäten herausstellen. Falls er die wirklich hat. Außerdem kann ihn die CDU auf einigen Gebieten nicht angreifen, wenn er a.) dort gut ist, wo er Verantwortung trägt und b.) ist er nicht verantwortlich zu machen, für angebliche Fehler auf anderen Politikgebieten. Der Kanzler steht jedoch fürs Ganze, auch für die ständigen Reibereien in der Ampelkoalition.
Für uns ist noch nicht ausgemacht, ob Boris Pistorius seine Aufgabe überzeugend lösen wird, dafür ist er zu kurz im Amt und mit viel Geld kann man natürlich auch viele Fehler ausbügeln, bezüglich der Verteidigungsfähigkeit in den letzten Jahren gemacht wurden. Und es ist klar, dass es seltsam aussieht, wenn die SPD einen amtierenden Kanzler ablösen würde. Nicht klar ist hingegen, mit wem die Union ins Rennen gehen wird. Da die populistische Masche zieht, kann vor allem das unheilige Duo Merz-Linnemann daraus Kapital ziehen, während Markus Söder schon immer war, wie er war, seine Wahrnehmung spielt also bei der aktuell sichtbaren Trendwende zugunsten der Union kaum eine Rolle. Es ist beschämend, dass man mit diesen Spins Wähler:innen gewinnen kann, wirft ein schlechtes Licht auf die Gesellschaft, aber dem muss man sich stellen, als alte Tante SPD.
Es war ja früher nicht besser. Angela Merkel hatte einen komplett anderen Stil als Merz und Co., was einer ihrer großen Vorzüge war, und trotzdem bekam die SPD nach 2005 gegen sie keinen Fuß mehr auf den Boden.
Wichtig ist in dem Zusammenhang nicht nur der Kanzlerkandidat, sondern mehr als unter Angela Merkel auch die Figur des politischen Ausputzers, des Generalsekretärs. Bisher hatte die SPD mit Kevin Kühnert wohl den rhetorisch profiliertesten Generalsekretär, aber Scharfmacher wie Linnemann sind immer im Vorteil bei Wähler:innen, die etwas einfacher gestrickt sind, und die es gut finden, dass sich ihre frühere Lieblingspartei so sehr in Richtung AfD bewegt, dass man vielleicht doch nicht zur AfD abwandern muss, um seine Mistigkeit und seine Bereitschaft, gegen Schwächere zu treten und nach oben, zum Kapital hin, zu katzbuckeln, eindeutig unter Beweis zu stellen.
Dazu natürlich das Original, die AfD, und jetzt noch das BSW, das die Ampel ebenfalls auf eine in Teilen nicht seriöse, aber wirksame Weise angeht. Wie Scholz aus dieser Zange herauskommen will, erschließt sich uns nicht. Es kann immer etwas ganz Besonderes passieren, wir sind ja keine Hellseher.
Aber was sollte das sein? Die Wirtschaft wird sich bis 2025 nicht plötzlich zum Boom hin verändern, die Krisen der Welt dauern an, es könnte eher noch dramatischer werden, wenn es so weiterläuft, und Scholz hat keine Möglichkeit, aktiv dämpfend einzuwirken, die hat derzeit kein deutscher Politiker. Die Populisten sagen uns das natürlich nicht, sondern suggerieren, man könnte z. B. mit einer netten Scholz-Friedensinitiative den Ukraine-Krieg beenden. Das ist Quatsch, aber Scholz bleibt verbissen, anstatt richtig den Mund aufzutun und in den Gegenangriff überzugehen. Nicht, dass wir Großmäuler super finden würden, aber für leise Töne ist diese Zeit einfach nicht gemacht, das müsste Scholz langsam einsehen. Alle Parteien haben solche Typen, nur die SPD hat keinen Kanzler, der das auch kann.
Ein Problem ist, dass die Populisten in Deutschland noch nie Regierungsverantwortung hatten und sich deshalb noch nicht als Papiertiger herausgestellt haben. Die SPD hingegen ist für fast alle mitverantwortlich, was zu den heutigen internen Problemen geführt hat, sie hat Angela Merkels bräsig-kurzfristige Scheinlösungspolitik über drei Große Koalitionen hinweg mitgetragen. Was die SPD jetzt bräuchte, wäre ein Schröder-Typ. Wir fanden Schröders Politik furchtbar und sie hat mit zu den heutigen Disparitäten beigetragen, wir meinen nur die Persönlichkeit. Ein Schröder 2.0 würde Typen wie Merz so alt und altbacken aussehen lassen, wie sie wirklich sind. Noch besser wäre eine Kante wie Helmut Schmidt, der auch die schlechteste Politik so verkauft hat, dass man dagegen kaum etwas anbringen konnte. Dass Helmut Kohl ihn dann doch abgelöst hat, lag an einer Situation, die uns nicht so unbekannt vorkommt. Es war nicht so schlimm wie heute, aber das Land steckte Anfang der 1980er ein wenig fest. Die frühere Dynamik war dahin. Und das hatte durchaus einen Impact auf die heutige Situation, denn diese hat es niemals zurückgewonnen. Auch Friedrich Merz wird noch merken, dass man mit dem Bashing armer Leute kein Land auf Vordermann bringen kann. Falls er denn der Kandidat der Union wird, im Moment gehen wird davon aus. Vor allem, wenn er es wirklich schafft, die Umfragewerte der Union in den nächsten Monaten auf 35 Prozent zu bringen, was ja sein Ziel ist, nachdem 30 Prozent sicher erreicht zu sein scheinen.
Und da will die SPD mit ihren drzeit ca. 15 Prozent Zustimmung vorbeiziehen mit einem Mann wie Olaf Scholz an der Spitze? Natürlich müsste sie keine 20 Prozent aufholen, denn die CDU würde rückläufige Werte erhalten, würde die SPD stärker, aber sie müsste mindestens 10 bis 12 Prozent gutmachen. Wo die herkommen sollen? Uns fehlt die Fantasie, die Idee dazu. Schon 2021 war die Wechselstimmung eher ein laues Lüftchen als ein Sturmwind, es hat mal gerade so für eine nicht sehr überzeugende Dreierkoalition gereicht.
Wir sehen derzeit etwas anderes voraus: Eine neue Große Koalition. Das wäre besser, als wenn die CDU Jamaika macht oder, wie Merz als Ziel ausgibt, mit der FDP alleine regieren könnte, wie früher, in den mäßigen alten Tagen. Mit den Grünen geht es ja angeblich nicht. Der zweite Quatsch des Tages, vor allem, weil sich auch die FDP wohl kaum auf den 11-Prozent-Wert von 2021 erholen wird. Wenn die Union weiter zulegt, wird die FPD nicht wieder zweistellig werden, denn traditionell ziehen die beiden Parteien Wähler voneinander ab, je nachdem, wer gerade einen Lauf hat. Und den hat am meisten die CDU.
Da wir sowieso bei Civey waren, haben wir mal in den aktuellen Stand von deren Sonntagsfragestellung geschaut: Die CDU zieht in der Tat an, liegt aktuell bei 31,2 Prozent, das ist der höchste Wert seit 2021, die SPD nur bei 14,7 (!), die Grünen bei 12,0, die FDP bei 5,3. Wenn die CDU zulegt, ohne dass die Grünen abnehmen, wäre also auch Schwarz-Grün möglich, auch die GroKo wäre denkbar, möglicherweise wird aber doch eine dritte Partei gebraucht, das wäre die geschrumpfte FDP.
Ander Konstellationen gibt es nicht, auch wenn die Anhänger neuer Parteien davon träumen mögen. Außenpolitisch würde sich das BSW sofort als Luftnummer entpuppen, wenn es mit der CDU zusammengehen müsste und die AfD ebenfalls. Es geht nicht nur darum, dass man mit den Rechtsextremen keine Koalition macht, sondern auch um konkrete Positionen. Bezüglich der bösartigen Hetze im innenpolitischen Raum wären Union und AfD durchaus kompatibel, aber außenpolitisch würde sich auch die AfD stark beschädigen, wenn sie mit der CDU/CSU regieren würde.
Denn eines ist viel sicherer als jede politische Konstellation in Deutschland: Dass sich an der transatlantischen Ausrichtung der Außenpolitik nichts ändern wird. Das heißt, die Parteiprogramme und das reale Handeln von deren Politikern müssen zu dieser Ausrichtung passen, sonst können sie nicht regieren. Das wäre übrigens auch so, wenn in den USA Donald Trump gewählt würde. Mit einer rechten deutschen Regierung würde er schon irgendwie klarkommen, davon sind wir überzeugt, und je besser, je mehr sie seiner Art von Rhetorik folgt. Aber da sollten sich Merz und andere nicht täuschen: Dealpolitik funktioniert am besten, wenn man auf Augenhöhe ist, und das ist Deutschland mit den USA nicht. Das hat nicht nur mit den Größenverhältnissen, sondern auch mit der traditionellen Unterordnung zu tun. Trotzdem wäre es spannend, zu sehen, wie ein europäischer Vertreter des US-Kapitals namens Friedrich Merz mit dem Generalvertreter der USA Donald Trump interagieren würde. Glauben Sie, dass deutsche Interessen dabei am Ende gut wegkommen würden? Wir sind skeptisch, wenn auch nicht so eindeutig negativ wie innenpolitisch und mit Abstufungen auch wirtschaftspolitisch, angesichts der wohl kommenden unionsgeführten Regierung.
Aber bleiben wir doch kurz bei den USA: Wir haben gerade gesehen, dass es funktionieren kann, einen schwachen Kandidaten kurzfristig auszutauschen. Bisher funktioniert es jedenfalls und wir sind überzeugt davon, dass Kamala Harris gegen Trump bessere Chancen haben wird, als Joe Biden sie hatte. Nun ist Scholz noch nicht alt, der Grund für einen Wechsel entfällt also.
Aber Scholz und die SPD sollten sich dennoch die Abstimmungergebnisse anschauen, die auch wir nicht in dieser Eindeutigkeit erwartet hatten, zumal Scholz bei der Kanzlerfrage bisher immer vor Friedrich Merz lag, wenn auch mit schwachen Werten im Vergleich zu früheren Kanzler:innen. Die Umfrage ist noch ganz frisch, aber nicht einmal 9 Prozent sprechen sich eindeutig für Scholz als Kanzler nach 2025 aus. Hingegen wollen ihn mehr als 72 Prozent eindeutig nicht weiter als Regierungschef sehen. Noch einmal: Wie diese Werte innerhalb eines Jahres noch gedreht werden können, sodass ein Kanzlerbonus entsteht, ist uns komplett schleierhaft.
Die SPD hat leider keine gute „Bank“. Kühnert ist viel zu jung und wirkt politisch zu leichtgewichtig, um schon als Kandidat infrage zu kommen, Ministerpräsident:innen, die noch ungebrochene Strahlkraft haben und als einigermaßen dynamische Alternative präsentiert werden können, hat die SPD auch nicht, anders als die CDU. Saskia Esken macht ihre Aufgabe als Vorsitzende besser als von uns erwartet, sie ist hineingewachsen, aber als Kanzlerkandidatin u. E. keine Alternative, immer noch nicht mehrheitsfähig. Das Gleiche gilt für Lars Klingbeil, obwohl wir ihn als Typ, vom Auftreten, schätzen. Das reicht aber nicht, um ihn als Scholz-Ersatz zu empfehlen. Also doch Pistorius? Ein Mann, den vor zwei Jahren noch kaum jemand in Deutschland kannte?
Im Moment sieht die bittere Wahrheit so aus: Dank der Unbeliebtheit des Kanzlers fällt der Union das Land wohl 2025 in die Hände. Im Grunde eine Spiegelung zu 2021: Damals konnte Scholz nur Kanzler werden, weil Armin Laschet dafür sorgte, dass die Union unterhalb ihres Stammwähler:innenpotenzials abschnitt. 2025 müsste die SPD ja nicht stärkste Partei werden, um die Regierung anführen zu können, aber so stark, dass es mit den Grünen reichen würde. Dass die FDP noch einmal mitmacht, das würden wir für keine gute Idee halten, weder aus unserer politischen Sicht noch aus deren eigener Perspektive. Wir sehen auch diese Möglichkeit derzeit nicht, die SPD läuft als Nummer zwei ein und die Grünen sind stark genug, mit ihr alleine zu regieren. Weitere Parteien gibt es nicht, die infrage kommen, siehe oben. Zumindest nicht, wenn sie sich nicht total verbiegen, wie das beim BSW der Fall wäre, wenn es mit SPD und Grünen zusammengehen würde.
Wie haben wir abgestimmt? Mit „unentschieden“. Wir haben es schon bei der Europawahl nicht hingekriegt, die Ampel zu stärken, da werden wir jetzt nicht zu glühenden Scholz-Anhängern. Wir schätzen seine außenpolitische Linie der Vernunft, immer ganz eng im Windschatten der USA zu fahren, ist in dem Fall eine gute Wahl, wir begrüßen grundsätzlich auch den Raketen-Deal, den Scholz jetzt geschlossen hat. Interessanterweise gibt es dafür eine zustimmende relative Mehrheit in Deutschland, aber Scholz ist durch diese Absicherungspolitik nicht beliebter geworden. Man rechnet ihm einfach nichts zu, was irgendwie richtig sein könnte. Und das ist auch sein eigener Fehler. Er ist kein guter Verkäufer seiner eigenen Politik. In den Zeiten der Marktschreier mit der Posaune kann der Mann der leisen Töne mit der Triangel nicht das Gehör der Menschen finden. Wir schrieben schon einmal, Scholz wäre der Typ gewesen, der in einer ruhigen Epoche die Ampel schön hätte moderieren können, ein bisschen Lindners Schuldenbremse hier, ein bisschen Habecks Energiewende da und aufpassen, dass die doppelzüngige, angelblich feministische Außenpolitik nicht aus dem Ruder läuft.
Aber plötzlich stehen im Chargen im Weg, von deren selbst definierter Wichtigkeit 2021 noch nichts zu spüren war, wie etwas die FDP-Politikerin MASZ (Marie-Agnes Strack-Zimmermann). Ihr knalliges Gepräge in Zeiten der Kriege ist ein Symbol dafür, was man alles nicht auf dem Schirm haben konnte, als die Ampel mit ihrer Arbeit begann. Mit der Person verbindet sich die rasante Veränderung der geopolitischen Lage, die wir sehen. Wir glauben nicht einmal, dass Scholz damit überfordert ist, wir halten ihn für intellektuell viel fähiger, als er sich selbst öffentlich präsentiert. Aber das muss er dann auch endlich mal, wenn er noch einmal die Wahl gewinnen will. Kriegt er das hin, dann wählen wir ihn vielleicht doch. Ach ja: Er muss außerdem versprechen, die FDP endlich aus der Regierung zu schmeißen, die wählen wir keinesfalls mit. Eine Sisyphus-Aufgabe, das wissen wir. Deswegen wird es wohl auch das CDU-Dossier geben. Wir müssen schon einmal damit anfangen, die Wahrheit über die künftige Regierungspartei zu schreiben, damit 2029 wieder eine Chance auf eine mehr mitnehmende und kultiviertere Politik besteht. Mit wem an der Spitze, das ist uns allerdings komplett unklar. Hätte doch bloß eine Partei, die SPD oder die Grünen, eine „Bank“ wie die Demokraten in den USA, die so viele politische Talente in ihren Reihen haben, mit denen sie eine große Ära begründen oder weiterführen könnten, wenn Kamala Harris im Herbst die Präsidentschaftswahlen gewinnt. Ihr deutsches Pendant (alle Verschiebungen im Spektrum außen vor gelassen) ist meilenweit von dieser Exzellenz entfernt. Da rächt sich die jahrelange Kurslosigkeit der SPD, mit dem Verschleiß vieler Vorsitzender als Sinnbild, unter dieser Oberfläche ihre mangelnde Attraktivität für Jüngere, für Politik-Einsteiger:innen.
Auch Scholz, daran sei erinnert, war ein Kompromisskandidat, mit dem viele nicht recht warm wurden. Dieses Gefühl der Distanz ist bis heute geblieben, das konnte er nicht ändern, und deswegen müssen wir uns auf einen Wechsel im nächsten Jahr einstellen. Für ist heute kein Scholz-Tag, sondern der Tag, an dem wir gezielter als bisher damit beginnen werden, diesen Wechsel zu kommentieren. „Ihm entgegenzuwirken“ wäre angesichts unserer geringen Wirkungsmacht nicht die richtige Ausdrucksweise. Wir alle, als Zivilgesellschaft, sind dieses Mal nicht das Zünglein an der Waage. Dazu steht Scholz viel zu schlecht da, sind die Gewichte auf der Waage zu ungleich verteilt.
TH
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