FDP wieder in der Bundesregierung? (Umfrage + Kommentar) | Briefing 608 | Bundestagswahl 2025, Ampelregierung, FDP #PPP #Politik #Personen #Parteien

Briefing 608 PPP, FDP, Regierungspartei, Schuldenbremse, Lindner

Die Bundestagswahl 2025 rückt näher und wer weiß, ob nicht die Ampelregierung noch vorzeitig auseinandergeht. Wenn das passieren sollte, dann ist es ganz sicher einer Partei zu verdanken. Der FDP. Verräter, werden die einen sagen. Gut, so konnte es nicht weitergehen, die anderen.

Die FDP war länger Regierungspartei als jede andere seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland, weil sie sowohl mit der Union als auch mit der SPD regiert hat. Nur die Großen Koalitionen der jüngeren Geschichte haben dafür gesorgt, dass die FDP einmal für längere Zeit in die Opposition musste. Jetzt ist sie wieder da und Sie sollen darüber abstimmen, ob das nach 2025 so bleiben darf.

Civey-Umfrage: Wie würden Sie eine erneute Regierungsbeteiligung der FDP nach der nächsten Bundestagswahl bewerten? – Civey

Der Begleittext von Civey, lesen Sie aber auch bitte unseren Kommentar

Seit der letzten Bundestagswahl kämpft die FDP mit sinkenden Umfragewerten. Bei der Sonntagsfrage liegt die Partei aktuell bei fünf Prozent. Bei der diesjährigen Europawahl erreichte die Partei 5,2 Prozent und landete damit hinter der neu gegründeten Partei von Sahra Wagenknecht, dem BSW. Hohe Verluste musste sie letztes Jahr laut taz auch bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen hinnehmen. Die nächste Bundestagswahl wird voraussichtlich am 28. September stattfinden. Ob die FDP es dann über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen und somit den Wiedereinzug in den nächsten Bundestag schafft ist also aktuell noch offen.

Für eine Regierungsbeteiligung wären die Freien Demokraten auf Koalitionspartner angewiesen. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich jüngst selbstbewusst zu dem Thema. Er sagte im ARD-Interview, die FDP sei die einzige Partei, die für individuelle Freiheit stehe, den Menschen etwas zutraue und Respekt vor Leistung und Eigentum habe. Dafür kämpfe man jeden Tag. FDP-Vize Wolfgang Kubicki äußerte sich ähnlich in der NOZ. Man werde in der FDP tatkräftig an dem Ziel arbeiten, bis zur Bundestagswahl zweistellige Werte zu erreichen.

Eine Beteiligung der FDP an einer möglichen Bundesregierung unter Führung der Grünen schloss Lindner aus. Deutschland dürfe nicht nach links rücken, erklärte der FDP-Chef. Mehrere FDP-Politiker:innen warben zuvor für eine Zusammenarbeit mit der Union. Für FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wäre ein schwarz-gelbes Bündnis in der Lage, passende Lösungen für die Probleme des Landes zu finden, sagte er jüngst der BamS. Ähnlich positionierte sich auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der Bild. CDU-Chef Friedrich Merz äußerte sich dagegen kritisch. Er sagte im Deutschlandfunk, dass er seit Monaten kaum noch Verständnis für die Haltung der FDP im Bundestag habe.

Kommentar

Die Fünfprozenthürde zu nehmen, trauen wir der FDP vorsichtshalber zu, sonst werden wir am Wahlabend ziemlich enttäuscht sein, falls sie es doch schafft.

Die FDP und der Respekt, das ist so eine Sache. In der Tat, Art. 14 I GG, Eigentumsrecht, ist für sie wichtiger als jede andere Norm des Grundgesetzes, auch als jene, die diesem Artikel übergordnet wurden, wie z. B. Art. 1, Menschenwürde oder die Staatsprinzipien des Art. 21, darunter das Sozialstaatsprinzip. Die FDP hat das Land trotz ihrer geringen Größe in eine Richtung modelliert, die immer menschenverachtender wird. Selbstverständlich war dazu die Hilfe der Union notwendig, aber die Original-Ideologie, die sich in einer immer reineren Form durchsetzt, während fast alle anderen Demokratien davon längst Abkehr genommen haben, weil diese Ideologie überholt ist, stammt von den Neoliberalen.

Die FDP ist unser Lieblingsgegner. Sie hat den großen Vorteil und davor haben wir wiederum Respekt, dass sie keine Fissimatenten macht und nicht, wie die Union, vorgibt, christlich zu sein und dann Politiker wie Carsten Linnemann ungehemmt hetzen lässt. So ausfällig wie dieser Typ wird in der FDP bisher niemand, gegenüber keiner Bevölkerungsgruppe.

Der große Nachteil: FDP und Union werden, falls es möglich ist, die nächste Regierung stellen, außerdem ist die FDP sehr offen fürs Zusammenarbeiten mit der AfD. Selbstverständlich, könnte man sagen, denn da gibt es bei vielen Politikfeldern große Schnittmengen. Nicht bei der Außenpolitik, aber dabei, das Kapital zu promoten und die Mehrheit immer mehr zu marginalisieren. Viele AfD-Wähler sind zu blöd, um zu begreifen, was sie sich selbst antun, die FDP-Wähler:innen nicht. Sie haben nach jenen, die die Linke wählen, den höchsten durchschnittlichen IQ, nur richten sich die zugrundeliegenden Fähigkeiten bei den FDP-Anhänger:innen  an anderen, an komplett eigennützigen Zielen aus.

Intelligenz ist zunächst einmal weltanschauungsneutral, was aber auch an der Art liegt, wie sie gemessen wird. Soziale und emotionale Intelligenz spielen bei der Betrachtung  überhaupt keine Rolle. Die immer noch gängigen einseitigen IQ-Tests wirken, als seien sie von der FDP aufgesetzt worden.

Wir verstehen aber, wie die FDP tickt, im Unterschied zu Parteien, die so diffus rüberkommen und so viele innere Brüche aufweisen wie zum Beispiel die Grünen, die ein komplett inkohärentes Programm haben, das zu Recht immer mehr als Scheinriese enttarnt wird. Dazu mussten sie aber in der Regierung sein, in der Opposition fielen die Widersprüche nicht so auf. Den Effekt der Entlarvung werden auch andere Parteien noch erleben, die derzeit auf einer populistischen Welle reiten.

Die FDP hingegen kann sicher sein, dass sie in einer unionsgeführten Regierung wieder zulegen wird. Witzigerweise hat Civey die Mensch-ärgere-dich-nicht-Figuren auf dem Titelbild schon so angeordnet, wie die nächste Regierung aussehen könnte: Schwarz-Grün-Gelb, Rot und Organe, mit Letzterem ist wohl das neue BSW gemeint, und blau, die AfD, werden außen vor sein. Nicht unwahrscheinlich, dass es so kommt, wenig wahrscheinlich hingegen, dass es FDP und Union zu zweit  schaffen werden.

Dazu müsste die FDP wirklich die Ampelkoalition verlassen, alle Kapitalisten und jene, die sich dafür halten, wären begeistert, der Stimmenanteil der FDP, von aktuellen Umfragen aus betrachtet, würde sich verdoppeln, die Union käme mindestens auf die 35 Prozent, die laut Friedrich Merz das Ziel 2025 sind. Leider geht diese Rechnung nicht ganz auf, denn die FDP und die Union nehmen sich regelmäßig gegenseitig Wähler:innen weg, zusammen haben sie in der heutigen politischen Landschaft kein Potenzial mehr, das über 45 Prozent hinausreicht. Eine ansteigende FDP würde also den aktuellen positiven Trend der Union abschwächen oder brechen. Des Weiteren wildert die AfD zu sehr im Stammwählerpotenzial der beiden Parteien, zusätzlich hat die CDU das Problem, dass sie jetzt auch an das BSW Wähler:innen verliert, wie sich bei den Europawahlen gezeigt hat.

Also Jamaika, die 2017 kurzfristig abgesagte erste Dreierkoalition auf Bundesebene, acht Jahre später?

Wir sagen: 40:60. Das Getöse, dass die Grünen nicht dazu passen, dürfen Sie nicht so ernst nehmen. Im Sinne der Macht wird man sich zusammenraufen und die Grünen werden den anderen nicht so viele Probleme machen, wie die FDP sie aktuell den Grünen und der SPD macht. Nicht zu unterschätzen ist, dass diese drei Parteien außenpolitisch fast identische Positionen haben, da müssen keine schwierigen Kompromisse erarbeitet werden. Das bisschen sozialen Anstrich, das die Grünen noch haben, werden sie kippen, da sind wir uns sicher. Im Grunde haben wir also die frühere Konstellation wieder, mit starken konservativ-neoliberalen Kräften als Regierungsparteien, angereichert um ein bisschen Energiewende, wie sie andere Parteien aufgrund der Klimaziele auch hätten machen müssen, zu denen sich Deutschland noch unter der Regierung Merkel und ohne grüne Regierungsbeteiligung verpflichtet hat.

Das Problem dabei: Die CDU wird gerade immer weiter nach rechts gerückt und die FDP ist auf eine Weise marktradikal, die höchst gefährlich für die weitere Entwicklung dies Landes ist. Das Freidrehen dieser Ideologie wurde von der Ampel noch etwas gebremst, wenn auch nicht stark genug bis, für die FDP günstigerweise, das Bundesverfassungsgericht gemeint hat, es muss die Regierung in eine Haushaltsnotlage bringen.

Das war die Stunde der Neoliberalen, denn nun haben sie das höchste deutsche Gericht auf ihrer Seite, wenn es darum geht, ihre Ideologie vollständig durchzusetzen. Und bei der Gelegenheit erfahren wir, dass die FDP zwar eine stimmige Ideologie im Sinne des Kapitals hat, aber ansonsten genauso Augenwischerei betreibt wie alle anderen. Dann, wenn es um die Umsetzung der Ideologie geht, ist nämlich nicht mehr alles so eindeutig, so klar.

Wenn der Haushalt nur lächerliche 0,35 Prozent vom BIP an Neuverschuldung beinhalten darf und es wird an Stellen mehr gebraucht, die der FDP taugen, zum Beispiel bei der mit ihr eng verbandelten Rüstungsindustrie, dann werden eben Sondervermögen = Sonderschuldenberge eingerichtet. Diese belasten künftige Generationen aber genauso wie die „echten“, die ausgewiesenen Staatsschulden.

Wir halten diesen Belastungs-Spin sowieso für gefährlich, weil die jetzt ausbleibenden Investitionen die nächsten Generationen mehr belasten werden als die Schulden, die man jetzt dafür hätte machen müssen, selbst die einfache schwäbische Hausfrau, die mit dem Staat nur sehr bedingt zu vergleichen ist, sollte das verstehen: Sie muss für den Bau oder Kauf ihres Häusles Schulden aufnehmen, aber wenn diese in 30 Jahren getilgt sind, dann hat sie den Vorteil, mietfrei und ratenfrei zu wohnen, endlich auf ihrer Seite. Das Beispiel haben wir der notwendigen Vereinfachung halber aufgegriffen, weil sich damit auch die FDP-Ideologie am einfachsten entzaubern lässt. In Wirklichkeit hat der Staat viel mehr Möglichkeiten als die schwäbische Hausfrau, um die Zukunft mit vielen klugen Interventionen positiv zu gestalten.

Dass die FDP so tut, als gäbe es diese Interventionen nicht längst, ist Schaumschlägerei. Sie sorgt aber dafür, dass sie suboptimal getätigt werden. Um keine Schulden aufnehmen zu müssen, investiert der Staat nicht selbst, sondern schließt zum Beispiel teure öffentlich-private Partnerschaften, die Anlegern Geld in die Taschen schieben, es also abzweigen sollen, anstatt dass alles, was investiert wird, der Öffentlichkeit zugutekommt. Diese ineffiziente Gestaltung öffentlicher Aufgabenerfüllung wird tatsächlich spätere Generationen belasten, weil die zugrundeliegenden Verträge langfristig sind und nicht ohne Schadensersatz einseitig aufgelöst werden können.

Nicht nur gefährlich, sondern bösartig gegenüber der Mehrheit ist deswegen, dass sie FDP so tut, als sei die Schuldenbremse eine Prämie für spätere Generationen. Mitnichten ist sie das, in Zeiten, in denen die Wirtschaft lahmt und die Infrastruktur auf dem Zahnfleisch geht. Von Bahn bis Bildung, alles hängt schief, dank der Ideologen von der FDP und natürlich auch der CDU, wie Wolfgang Schäuble. Je länger man das schleifen lässt, desto gigantischer die Anstrengungen, dieses Land wieder auf Vordermann zu bringen, falls man es denn überhaupt will.

Die FDP zum Beispiel will es nicht, und das ist der Gipfel der Bösartigkeit: Dass dahinter Kalkül steckt, die öffentliche Infrastruktur zu ruinieren. Das hilft der Re-Etablierung eines Klassensystems, in dem nur die Reichen und deren Kinder gute Chancen haben, weil sie sich alles, was öffentlich fehlt, privat organisieren können, und es verstärkt die Unzufriedenheit in der Bevölkerung, die dem Niedergang der Qualität ihres Alltags hilflos ausgeliefert ist. Diese Unzufriedenheit hilft rechten Parteien wie der FDP und der AfD, ihre antidemokatische Agenda durchzusetzen, mit der nur kleine Minderheiten privilegiert werden. Das erzählt uns die FDP natürlich nicht, was ihre Absichten sind. Insofern ist auch sie nicht ehrlich, deswegen unsere Ergänzungen in Artikeln wie diesem.

Man kann aber auch ohne diese Ergänzungen darauf kommen, dass die FDP nur wenigen dient, dies aber mit voller Hingabe. Mit Freiheit meint sie die Freiheit des Kapitals, der kleinen Gruppe, die am liebsten das Grundgesetz mit seinen Rechten für alle bis auf Art. 14 I ganz abschaffen würde.

Wir sind gespannt, ob wir noch eine Union-AfD-FDP Regierung erleben werden. Falls es danach noch möglich ist, werden die Menschen bei der Wahl darauf schon gemerkt haben, was sie sich angetan haben, darauf setzen wir im Sinne der Demokratie. Vielleicht müssen es die Menschen tatsächlich erlebt haben, damit sie zur Besinnung kommen. Vielleicht ist genau das aber auch ein Trugschluss, wie die Zeit von 1933 bis 1945 belegt. Es gibt keine Wende auf der schiefen und steil abwärts führenden Bahn, dazu hat eine entrechtete Gesellschaft nicht mehr die Macht und die Kraft.

Jetzt haben wir unser Prozente-Schema noch nicht vervollständigt. Weiter 40:100 gehen an eine neue GroKo, denn wir halten die SPD sehr wohl für so unbedarft, sich noch einmal in die Hände der Union zu begeben. Nur durch eine Sonderlage, nämlich das Abtreten von Angela Merkel, was es möglich, dass die SPD die Union 2021 knapp besiegen konnte. Mit Merz & Lindner als Chefs wird sie hingegen weiterhin Wähler:innen verlieren. Möglich aber, dass das, was früher eine Große Koalition war, noch gerade so klapp, ohne dass die FDP mit ins Boot geholt werden muss. Falls doch, kann man erst recht sagen, tschüss SPD. Ein Wahlverlierer mit diesen beiden rechten Parteien zusammen in einer Regierung, das wird den rechten Durchgriff kaum stoppen.

Im Sinne der Ernüchterung, die viele im Land offenbar immer noch brauchen, müssten wir jetzt für ein Weiterregieren mit der FDP stimmen. Selbstverständlich haben wir das nicht getan, denn wir möchten, dass Deutschland irgendwann wieder aus seinem Tief herauskommt und dass die Menschen erkennen, dass sie sich mit Hetze, Spaltung und dem Totaldurchgriff für die Freiheit des Kapitals nur selbst schaden und dass das mit Leistung rein gar nichts zu tun hat. Deswegen haben wir klar dagegen gestimmt. Aus der schlichten Überlegung heraus, dass wir diese Partei nicht mehr an der Regierung sehen möchten, egal mit wem.

So sehen es derzeit ca. 62 Prozent aller Abstimmenden, nur 29 Prozent möchten die FDP auch in der nächsten Wahlperiode noch einmal in der Regierung sehen. Immerhin, da dämmert der Mehrheit wohl doch, dass sie sich nichts Gutes tut, wenn die Neoliberalen und möglicherweise die sich von ihnen kaum unterscheidenden Merz-Unionisten demnächst das Land regieren werden. Die übrigen sind unentschieden (ca. 9 Prozent). Stand 07.08.2024, 14:30 Uhr.

Ein bisschen müssen wir auch schmunzeln: Es gibt anscheinend keine Partei, der mehrheitlich vertraut wird, das ist leicht festzustellen, wenn man ein paar Umfragen der letzten Zeit nebeneinander betrachtet. Woher das wohl kommt?

TH


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