Filmfest 1145 Cinema
Peace, Love & Misunderstanding ist eine US-amerikanische Filmkomödie aus dem Jahr 2011 unter der Regie von Bruce Beresford mit Jane Fonda, Catherine Keener, Jeffrey Dean Morgan, Elizabeth Olsen, Nat Wolff, Chace Crawford, Kyle MacLachlan und Rosanna Arquette. Gedreht wurde in der Stadt Woodstock, New York, der gleichen Stadt, in der der Film spielt. [2
Der Film ist in Deutschland nicht in den Kinos gelaufen und hat keinen deutschen Wikipedia-Eintrag und keinen deutschen Verleihtitel. Nicht nur das Thema ist „Indie“, sondern auch der Film selbst, trotz Jane Fonda als Star. Regisseur Bruce Beresford wurde mehr als 20 Jahre zuvor mit „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ berühtmt. Mehr darüber lesen Sie in der Rezension.
Handlung (1)
Der Scheidungswunsch ihres Mannes trifft die New Yorker Anwältin Diane Hudson wie ein Blitzschlag. Völlig kopflos flieht sie mit ihren Teenager-Kindern Zoe und Jake vor dem Unausweichlichen zu ihrer Mutter Grace. Dabei klaffen Lebenseinstellung und Überzeugungen der beiden so weit auseinander, dass es seit 20 Jahren keinen Kontakt zwischen beiden gab.
An der Situation hat sich nichts geändert. Zum Leidwesen der konservativen Diane lebt Grace nicht nur in Woodstock, sie ist die idealtypische Verkörperung all dessen, wofür Woodstock jemals stand: „sex and drugs“ und oft auch „politics“. Trotzdem freut sich das gealterte Blumenkind über die Anwesenheit ihrer business-glatten Tochter und ihrer Enkel, die sie zum ersten Mal sieht. Doch das Konfliktpotenzial ist das alte und Diane lässt keinen Zweifel daran, dass sie auch heute noch ihre Mutter wie einst wegen des Verkaufs von Haschisch verhaften lassen würde. Letztlich jedoch kann sich keiner von ihnen dem Hauch der Freigeist-Romantik des Ortes entziehen, wenn auch der Weg zu Zufriedenheit und Glück manchmal steinig ist – aber, zumindest von außen betrachtet, auch komischer Momente nicht entbehrt.
So finden nicht nur der versuchte Nachwuchs-Autorenfilmer Jake und die Kellnerin Tara zusammen, sondern auch die beinahe militante Vegetarierin und Tierschützerin Zoe und Fleischer Cole, ebenso wie Diane und Grace‘ jüngerer Ex-Lover Jude – auch Diane und Grace können endlich Frieden schließen.
„Dass Eltern Menschen sind, ist für Kinder schwer zu akzeptieren“ – so lautet der Kernsatz dieser ebenso konfliktreichen wie hoch amüsanten Familien-Zusammenführung, die der australische Regisseur Bruce Beresford hier anzettelt. Das amüsante Aufeinandertreffen unterschiedlicher Generationen und Lebenseinstellungen macht besonders viel Spaß, weil Beresford mit der unverwüstlichen Hollywood-Legende und zweifachen Oscar-Preisträgerin Jane Fonda auf eine charismatische Hauptdarstellerin bauen kann, die mit großem Vergnügen ihr einstiges Image als Sex-Ikone der 60er-Protestbewegung persifliert. Der pittoreske Schauplatz des ehemaligen Hippie-Mekkas Woodstock tut sein Übriges, um diesen sympathischen Film in sein Herz zu schließen.
Anni und Tom über „Peace, Love, And Misunderstandig“
Anni: Das war mal so ein Film, in den wir kopfüber hineingefallen sind, spätabends, ungeplant. Ich glaube, der ist in Deutschland gar nicht in die Kinos gekommen. Obwohl Jane Fonda sich selbst spielt, als Hippie-Oma. Das gibt dem Film natürlich eine hohe Glaubwürdigkeit, auch wenn sie mir gar zu pittoresk daherkommt.
Tom: Männer können mit dem Film nicht, Frauen nur bedingt. Die IMDb-Durchschnittswertung liegt mal gerade bei 5,9/10, mit bösen 5,4/10 von männlichen Bewertern und 6,4/10 von weiblichen. Dafür ist es der erste Film, den wir hier besprechen, der mehr weibliche Nutzer als männliche dazu bewogen hat, ihre Stimme abzugeben.
Anni: Ich kann mir auch kaum vorstellen, was Männer an dem Film finden sollen. Für die Frauen ist es ja immerhin noch ein Selbsterfahrungstrip, aber die Männer sind in ihrer Art sehr statisch und konventionell angelegt. Der Schreiner aus Passion ist ebenso eine Klischeefigur wie der Anwalt, der mit seiner Frau keinen emotionalen Austausch pflegt. Der junge Fleischer ist irgendwie süß, aber der Job geht eben gar nicht. So tolerant kann man gar nicht sein, sich in einen Metzger zu verlieben.
Tom: Er versucht, gentechnikfreie Sachen anzubieten und irgendwie auch in seine Fleischwaren Nachhaltigkeit hineinzubringen. In Woodstock geht das auch nicht anders. Ja, die Story ist sehr konventionell, und bei einem Film über unkonventionelle Leute stört das mehr als bei einem Plot, der eh Durchschnittsmenschen zeigt, deren Leben auch durchschnittlich verläuft. Natürlich ist die Botschaft humanistisch, alles andere wäre ja bei der ungeteilten Sympathie für die Alt-Hippies, die ihren Nachkommen zu neuen Erfahrungen verhelfen, absurd.
Anni: Aber die Botschaft ist nicht für freie Liebe und sowas. Der Film ist nicht nur konventionell, sondern in gewisser Weise sogar konservativ. Keine Mischung aus 60er-Feeling und „Sex, Lügen und Video“, von dem ja seit diesem Sensationserfolg Ende der 1980er diese Dreiworte-Titel mit einem „und“ zwischen Wort zwei und drei entlehnt werden. Die Hippie-Oma findet tatsächlich erst am Ende dieses Films ihre wahre Liebe und damit ihre Ruhe, nachdem sie nämlich auch etwas gelernt hat. Wie es ist, sich auf jemanden einlassen und sich jemandem zuwenden zu können, anstatt immer nur auf dem Selbstverwirklichungstrip zu sein. Am ausgeglichensten ist natürlich die Enkelin, die offenbar die Vorzüge beider Vorgenerationen verbindet, nämlich das freie Denken der Großmutter und die Ernsthaftigkeit der Mutter.
Tom: Ja, aber das Nachdenken über alles und das Große und Ganze ist doch sehr oberflächlich, die Atmosphäre gefällt mir da schon besser, weil sie doch fast jeden von uns an irgendein Camp oder ein Rockkonzert im Freien oder Abende mit Freunden am Strand, mit Feuer und so, verbinden sollte.
Anni: Tut es das bei dir? Ich bin erstaunt. Nein, alles gut. Jane Fonda als alte Frau ist ein Hingucker, das muss sogar ich zugeben, und für Ältere unter uns werden da wirklich Erinnerungen an die große Zeit der 1960er wach, an den Summer of Love natürlich, die Musik, die Hoffnungen, die buntbemalten VW Käfer oder die Bullys, und natürlich spürst du die Unwiederbringlichkeit von alldem. Ich glaube, der Film wurde auch deswegen gerade von Männern so runtergevotet, weil er alles beinhaltet, wofür die meisten nicht oder nicht mehr stehen, und das ist eine unangenehme Erkenntnis. Und schau uns in Deutschland an. Alles vorbei, Friedensbewegung, Protest, sozialer Aufstand. Falls es den überhaupt gab. Nur noch ein paar Aufrechte, die aber eine andere Erzählung haben als die des Summer of Love.
Tom: Und die gar nicht so versteckte Botschaft, dass eben doch nur das Ankommen bei einer einzelnen Person zählt, die wird Leute von der anderen Seite abgeschreckt haben, die es eben damit nicht so haben. Du kannst natürlich sagen, auch das ist eine unangenehme Erkenntnis, dass wir es damit eben nicht so haben. Und nicht so viel Pot rauchen.
Anni: Was für Leute! Die würden sogar für die Freigabe von Cannabis stimmen. Wie unverantwortlich. Dass über sowas überhaupt nachgedacht wird, wie auch über die sogenannte Homo-Ehe, zeigt schon, wie alles nur noch im Schneckentempo vorwärtsgeht und auch nichts Romantisches mehr hat, da ist kein Voodoo mehr drin. Selbst der Fortschritt wirkt wie sein eigener Uropa, der außerdem immer aufpassen muss, dass er nicht von hinten vom Rückschritt überrollt wird. Du verstehst, was ich sagen will.
Tom: Doch, doch. Wenigstens hier herrscht noch ein gewisser assoziativer Flow. Trotzdem sind mir in dem Film zu viele, viel zu viele Standardisierungen und das ist es ja gerade: Er wirkt nicht progressiv. Sicher, die Leistungsgesellschaft der Anwälte, von Menschen, die aus Prinzip streitsüchtig sind, wird schon angerissen, das Gegenmodell des Landlebens wird, wie so häufig, gehypt.
Anni: Der bekannteste Film von Regisseur Bruce Beresford ist „Miss Daisy und ihr Chauffeur“, die anderen sind eher unbekannt, wenn auch nicht unbedingt schlechter bewertet, gemäß IMDb. Wollte ich erwähnt haben, damit man mit dem Macher des Films wenigstens ein bekanntes Werk verbindet. Ach, ich mag dieses Landleben der Alt-Hippies. Und, ja es gibt Momente, da wünsche ich mir auch mal jemanden in meiner Nähe, der einen Bezug zu haptischen Dingen hat. Holzbearbeitung anstatt Tastaturklappern. Hämmern, Hobeln, Schleifen, Drüberstreichen. Einfach schön.
Tom: Das Bäume schlagen und Sägen am Anfang hast du vergessen. Nächstes Jahr muss wieder einmal ein Ikea-Reagl zusammengebaut werden. Meine Wertung ist 6/10.
Anni: Ja, auch du spürst, dass da im Leben noch etwas ist, das du nicht hast und was dich unzufrieden macht. Oder? Schon interessant, dass Männer so schnell zu verunsichern sind. Ich hab dieses Chic-Flic, das „Frieden, Liebe und Missverstädnis(se)“ ja schon darstellt, gerne angeschaut. Es hat mich nicht genervt, nicht geängstigt, nicht besorgt und nicht wütend gemacht. Und das ist etwas Positiveres, als ich von vielen aktuellen Filmen sagen kann. Das Einzige, was ich mich frage, ist, ob es möglich ist. Wir haben nicht so ein weites Land.
Tom: Möglich wäre es, aber was alles hinter einem alternativen Leben steckt, wenn es wirklich auf Dauer funktionieren soll, das siehst du in Filmen wie diesem natürlich nicht. Klar, Oma Grace lebt von ihren Bildern. Überleg mal, ob wir auf ähnliche Art von unseren Schriften leben könnten, Einsparungen durch Selbstversorgung mit Kleingartenerzeugnissen einkalkuliert.
Anni: Doch, wenn genug Leute mitmachen, um einen alternativen Kreislauf zu etablieren. Du musst das mal ausrechnen, wie viele wir überzeugen müssen, mit uns ein verfallenes Dorf zu besetzen und dort wieder eine echte Kommune aufzumachen. Und dann los. Nein, heute keine Überforderungen. Und schon gar kein Sex alle durcheinander in ständig bekifftem Zustand. Peace! Ich gebe 7,5/10.
68/100
© 2024, 2017 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
Kursiv: Wikipedia, (1) und tabellarisch: Das Erste
| Rolle | Darsteller |
|---|---|
| Grace | Jane Fonda |
| Diane | Catherine Keener |
| Cole | Chace Crawford |
| Zoe | Elizabeth Olsen |
| Jude | Jeffrey Dean Morgan |
| Darcy | Rosanna Arquette |
| Mark | Kyle MacLachlan |
| Jake | Nat Wolff |
| Tara | Marissa O’Donnell |
| Funktionsbereich | Name des Stabmitglieds |
|---|---|
| Musik: | Spencer David Hutchings |
| Kamera: | Andre Fleuren |
| Buch: | Christina Mengert |
| Joseph Muszynski | |
| Regie: | Bruce Beresford |
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