Maske in Blau (DE 1943) #Filmfest 1149

Filmfest 1149 Cinema

Keine Maske zu sehen!

Maske in Blau ist eine deutsche Musikkomödie aus dem Jahr 1943 des Regisseurs Paul Martin. Der Film hatte am 15. Januar 1943 Premiere. Der Film nimmt Bezug auf die von Fred Raymond geschriebene Operette Maske in Blau.

Die Operette war damals noch ganz frisch, erst 1937 am Berliner Metropol-Theater uraufgeführt worden. Der exotische Touch im mittelamerikanischen Stil war im deutschen, aber in den 1940ern auch im amerikanischen Musik-Kino sehr angesagt. Die amerikanischen Filme hatten den Vorteil, dass sie schon überwiegend in Farbe gedreht waren und dadurch die bunte Pracht von Kostümen und Früchten und Kostümen und Hüten mit und aus Früchten sehr zur Geltung kam. Allerdings ist die 1943er-Verfilmung von „Maske in Blau“ eher ein „Making of“ und die Operette ist nur insofern ein Film im Film, als ein paar Tanznummern aus ihr gezeigt werden, die eindeutig an den US-Stil der Zeit angelehnt sind, ohne ihn exakt, sagen wir mal, zu kopieren.

Als die Veröffentlichung der Rezension anstand, dachte ich zunächst, auf dem Titelbild sei Marika Rökk zu sehen, aber die Hauptdarstellerin heißt Clara Tabody. Wir bitten um Entschuldigung für die grieselige Auflösung des Titelbildes, möglicherweise handelt es sich hier um einen Ausschnitt, nicht um eine komplette Einstellung, wie sie im Film zu sehen ist.

Mehr zu dieser Mixtur findet sich in der – Rezension.

Handlung (1)

Gitta Stadelmann ist die Tochter des schrulligen Tiermalers Sebastian Stadelmann. Gitta singt und tanzt während der Hausarbeit und wird durch das offene Fenster zufällig von Georg Harding, einem Operettenkomponisten, beobachtet. Dieser ist begeistert von der Vorführung und Gittas Talent und schmeichelt sich bei Gitta ein. Er verspricht, ihr gegen den Widerstand des Vaters zu einer Karriere am Theater zu verhelfen. Harding will, dass der Theaterdirektor Bommerlund Gitta für die von Harding komponierte Operette „Maske in Blau“ engagiert. Bis zum Engagement von Gitta müssen aber noch einige Hürden überwunden werden, verantwortlich dafür sind der Textdichter Stanzinger und der Etagenchef Seehauser.

Rezension

Dieser Herr Harding führt mit jenem Herrn Bommerlund folgenden Dialog (sinngemäß wiedergegeben):

B: „Die Idee zu der Operrette hatte sowieso ich!“
H: „Nein!“
B: „Ein Junge trifft auf ein Mädel, sie verlieben sich und finden zueinander.“
H: „Das soll eine Idee sein?“
B: „Das ist die beste Idee überhaupt. Den Rest, ein paar Konflikte und Verwicklungen, das sind Zutaten, das kriegen Sie schon hin.“

Wie geschrieben, nicht ganz wörtlich wiedergegeben. In dem Moment hatte ich das Gefühl, obwohl Bommerlund nicht das Gesicht zur Kamera dreht, er durchbricht die Vierte Wand und erklärt dem Publikum den ganzen Zauber von tausenden von Filmen und Büchern und Stücken, okay, für ein gutes Stück reicht das nicht ganz, aber wie viele Filme und Romane kommen genau auf dieses ach so simple Muster? Ich würde schreiben wollen, die meisten. Wie man diesen Hürdenlauf einkleidet, darauf kommt es an. Heute wird ein gewaltiger Bombast drumherum inszeniert. Auch die Ufa konnte für damalige Verhältnisse noch mitten im Krieg sehr aufwendige Filme produzierte, allerdings heißt hier die ausführende Firma „Neue Film KG“ und „Maske in Blau“ ist der einzige Film von ihr, der in der IMDb aufgeführt ist. Vielleicht war es eine Tochter der Ufa, denn diese Revuefilme, und um einen solchen handelt es sich hier letztlich, waren eben nicht die allerbilligsten, schon wegen der Kostüme für die Tanzgruppen und wegen der Orchester. Und weil sie meist starbesetzt waren.

Vielleicht liegt es daran, dass der Film eben nicht von der Ufa ist, dass nicht Marika Rökk die weibliche Hauptrolle spielt, die wir für sie geschrieben scheint. Sie hat es allerdings in der farbigen Verfilmung von 1953 getan, die tatsächlich mehr nach der Handlung der Operrette gestaltet ist. So sehen wir anstatt Typen wie Viktor de Kowa und eben der Rökk eben Wolf Albach-Retty, den Vater von Romy Schneider, als Leading Man und die Landsfrau von Marika Rökk, Clara Tabody, in der weiblichen Hauptrolle. Sie kann sogar steppen, wie die Rökk, aber ich fand’s schade, dass man davon wenig Gebrauch macht und sie eher Räder schlagen lässt. In amerikanischen Tanzfilmen tun Frauen das aus guten Gründen nicht, dafür sind die Tanzchoreografien um Längen ausgefeilter.

Außerdem muss sie immer solo tanzen, wie oft im deutschen Film, weil es keine männlichen Darsteller gab, die adäquat geschult waren. Diese Vollausbildung, auf höchstem Niveau tanzen, einigermaßen singen und schauspielern zu können, die gab es nur in Hollywood. Daher wirken deutsche Filme des Genres bei weitem nicht so fantasievoll wie die US-Pendants. Zudem war man in den USA schon zum Musical mit handlungstragenden Songs gekommen, beginnend etwa mit „The Wizard of Oz“, während die deutschen Produktionen nach wie vor reine Revuefilme mit Tanznummern in Form von prächtig, aber auch wieder etwas einfallslos gestalteten Bühnenaufführungen waren. Ein wenig mehr finden alle Komponenten in „Wir machen Musik“ (1942) zusammen, der sicher einer der besten Filme des Genres deutscher Provenienz ist. Bei ihm steht aber die Musik, nicht der Tanz im Vordergrund, wie der Titel durchaus richtig vermuten lässt.

Dass „Maske in Blau“ nicht auch noch so hölzern wirkt wie einige andere Werke und nicht so viel geschrien wird (wenn auch für meinen Geschmack zu viel) wie in einigen deutschen Filmen der Zeit, bei denen man den Begriff Komödie im Grunde in Anführungszeichen schreiben müsste, liegt an Regisseur Paul Martins versierter Regie, vielleicht hat er auch die teilweise gar nicht komplett schlechten Dialoge (siehe oben) beeinflusst. Sein Referenzfilm ist für mich der wunderschöne und satirisch angehauchte „Ein blonder Traum“, der 1932 noch vor der Machtergreifung der Nazis entstand und zu den besten Ufa-Musikfilmen überhaupt zählt. Martin stammt, wie die Hauptdarstellerin, aus Ungarn und Klischee hin oder her, eine gewisse Musikalität hat er von dorther wohl mitgebracht, außerdem war die Besetzung ansonsten mit Albach-Retty und Hans Moser sehr österreichisch, obwohl der Film in Berlin spielt. Damals nichts Ungewöhnliches, eigentlich bis heute nicht, denn wo sollten die vielen guten Schauspieler:innen aus Österreich ihr Auskommen finden, wenn nicht in deutschen Produktionen?

Filme, die so besetzt und inszeniert sind, wirken nicht so steinhart grenzkomödiantisch, als wenn zum Beispiel Heinz Rühmann in den 1930ern von einem deutschen Regisseur geführt wurde, daher sind sie heute noch eben noch anzuschauen, ohne dass man sich gruselt und sofort Verbindungen zum herrschenden Zeitgeist unter dem NS-Regime und natürlich zum Krieg als schreiendem Verbrechen zieht. Dass der Film gedreht wurde, als am Handlungsort Berlin schon die Bomben fielen, das müsste man für viele dieser Produktionen festhalten, am Ende des Krieges musste man schon auf andere Städte ausweichen, wenn man Außenaufnahmen ungestört drehen und unzerstörte Gebäude zeigen wollte. „Maske in Blau“ ist allerdings ein kompletter Studiokulissenfilm, ich glaube, es gibt keine einzige erwähnenswerte Außenaufnahme. Durchaus möglich, dass der zweite Teil in einem echten Hotel gedreht wurde.

Finale

Ob der Film gut gespielt und hoch veranlagt wirkt, darüber kann man streiten. Spannend wird es im Grunde immer dann, wenn Hans Moser auftritt, wiewohl ich auch dieses Mal wieder festhalte, dass er in Nebenrollen verschenkt wirkt und manchmal sogar etwas deplatziert, nicht nur wegen des Berliner Settings, das man in diesem Fall als Grund anführen könnte. Einen Faszinationsmoment hatte ich, als Roma Bahn als Mutter von „Gitta“ auftritt und dachte, ich hätte Sibylle Schmitz vor mir. Am Schluss des Films finden sogar zwei Paare zueinander, denn auch Gittas Mutter und ihr Vater finden wieder zusammen. So muss das im Krieg sein, sonst könnte man auf die Idee kommen, dass die Realität ganz anders aussieht, nämlich so, dass viele Paare einander niemals wiedersahen. Aber in Filmen wie diesen ist alles Theater und die Wirklichkeit muss draußen bleiben und drinnen gibt es nur heile Zimmer unterschiedlicher Preislagen, manche sogar mit Bad.

59/100

© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2022)

(1), kursiv und tabellarisch: Wikipedia 

Regie Paul Martin
Drehbuch Heinz Hentschke,
Rolf E. Vanloo,
Jo Hanns Rösler
Produktion Hans Lehmann
Kamera Stefan Eiben
Besetzung

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