Landtagswahlen Sachsen, Thüringen: Endergebnis, der Albtraum fängt erst an (Infos + Kommentar) | Sonderbriefing Update 5 #ltwth #ltws #thueringen #sachsen #ltw24 #ltwth24 #Osten #Thueringenwahl2024 #Wahlbeteiligung

Sonderbriefing Wahltag Sachsen Thüringen, Update 5

Das Endergebnis der Landtagswahlen von gestern in Sachsen und Thüringen wird noch lange nachhallen. Das war im Voraus zu erwarten, aber es hat sich manifestiert: So blau hätte der Osten niemals werden dürfen. Die Analysen, die wir bisher gehört haben, sind absolut unzureichend, zumindest, sofern sie von Politikern und den direkt von er Wahl berichtenden Journalisten stammen. Wir liefern aber zunächst das Endergebnis für beide Bundesländer, kurz in Stichpunkten kommentiert:

Sachsen

CDU 31,9 Prozent (32,1 Prozent im Jahr 2019)
AfD  30,6 (27,5)
BSW 11,8 (neu)
SPD 7,3 (-0,4)
Grüne 5,1 (-3,5)
Die Linke 4,5 (-5,9), kommt aber wegen zweiter in Leipzig erzielter Direktmandate in den Landtag.
Freie Wähler 2,3 (-1,1)
Freie Sachsen 2,2 (neu)

  • Zwischenzeitlich sahen Hochrechnungen besonders des ZDF CDU und AfD bis auf 0,3 Prozentpunkte aneinander heranrücken, aber die Union hat letztlich so viele Stimmen mehr, dass es auch für einen Sitz im neuen Landtag mehr reichen wird als bei der AfD (42 zu 41).
  • Die AfD liegt am oberen Rand dessen, was Umfragen in den letzten Wochen vor der Wahl ihr zugebilligt hatten.
  • Das BSW liegt in etwa auf Höhe der Umfragen vor der Wahl.
  • Die SPD hat weniger verloren, als zu befürchten war. Die Kampagne, für die Demokratie zu mobilisieren, hat zumindest einen größeren Absturz verhindert.
  • Die Grünen wirkten im Osten lange Zeit wie Nachzügler, jetzt zeigt sich, dass sie dort nicht verankert sind. 5,1 Prozent typische Milieu-Stammwähler:innen gibt es in den großen Städten aber, ein weiterer Absturz ist wohl nicht zu befürchten. Das heißt nicht, dass die Grünen nicht bei der nächsten Wahl aus dem Landtag fliegen könnten.
  • Die Linke hat es tatsächlich geschafft, durch zwei Direktmandate im „roten Leipzig“ wieder in den Landtag einzuziehen. Das ist das bemerkenswerteste Ergebnis des Abends, zumindest vom Novitäts- oder Sensationswert gesehen, denn eine Partei, die übers Land verteilt nur 4,5 Prozent erhält, holt in der Regel keine Wahlkreise direkt. Ein ähnliches Phänomen gab es aber schon bei der Bundestagswahl 2021: Durch drei direkt gewonnene Wahlkreise, zwei davon in Berlin, einer wiederum in Leipzig, konnte die Linke wieder in Fraktionsstärke ins Parlament einziehen.
  • Mit den freien Wählern und den freien Sachsen gibt es zwei weitere in unterschiedlichem Maße rechte Parteien, die 4,5 Prozent der Stimmen gebunden haben. Wir sind gespannt, ob man bei den Freien Sachsen wieder warten wird, bis sie gewachsen sind, um dann eben nicht festzustellen, ob sie eventuell verfassungswidrige Ziele haben und sie zu verbieten.

Nicht weniger als zwei Drittel der Sachsen und Sächsinnen haben rechts und rechtsextrem gewählt, wenn man das BSW als überwiegend rechte Partei hinzurechnet, sind es sogar 78 Prozent. Wer nicht merkt, dass die Demokratie in großer Gefahr ist, dem ist nicht zu helfen. Aber welche Schlüsse wird man daraus ziehen? Sich dem Mobbing durch eine rechte Mehrheit anpassen, ohne die AfD dadurch aufhalten zu können, die nun vor allem die CDU markiert und sagt, sie habe bei ihr abgeschrieben, oder tapfer dagegen arbeiten und ein Maß finden, das es erlaubt, ein Drehen der Windrichtung hinzubekommen. Wir haben einen Sonderkommentar nach der „Elefantenrunde“ von gestern Abend geschrieben. Überzeugt hat uns nur das Dagegenhalten der Vertreterin der Linken.

Ein weiteres Problem sehen wir voraus. Auch im Westen hat die AfD derzeit Umfragewerte von bis zu 21 Prozent. Die Normalisierung der AfD im Osten wird im Westen Folgen haben, wenn sich die Politik in Deutschland nicht grundsätzlich reformiert. Schon die nächsten Wochen könnten für weiteres Wasser auf die Mühlen der Rechten sorgen.

Die bisherige „Kenia-Koalition“ wird in Sachsen nicht weitermachen können. Ihr fehlen dazu zwei Sitze. Stundenlang sah es gestern Abend aus, als würde es knapp reichen, aber dann wurde bekannt, dass die Linke zwei Direktmandate geholt hat, das machte ebenjenen Unterschied von insgesamt zwei Sitzen aus. Die CDU hat zwei Möglichkeiten jenseits der AfD: Sie versucht es mit dem BSW und der SPD und / oder den Grünen, oder sie gibt endlich diesen lächerlichen Hufeisentheorie-Beschluss auf, der verhindert, dass sie die Linke zusätzlich ins Boot nehmen kann. Der Linken würden wir nicht unbedingt dazu raten, sich darauf einzulassen. Etwas Stolz sollte schon sein, das gilt auch für Bodo Ramelow in Thüringen, der sich jetzt als Mitgestalter einer Anti-AfD-Volksfront betätigen will, sozusagen in letzter Dienst an der Demokratie, nachdem er unverdient sein Ministerpräsidentenamt verloren hat.

Das BSW darf im Grunde gar nicht in die Regierung gehen, denn die CDU wird sicherlich nicht ihren außenpolitischen Grundsätzen untreu werden, nur, um in Sachsen weiterregieren zu dürfen. Falls sie das doch tut, wird die Union im bei allen Gemeinsamkeiten im rechten Weltbild zwischen Ost und West im Westen ein massives Problem bekommen. Denn zum Beispiel in Bayern ist rechts sein auch „antikommunistisch“ sein, nicht wie im Osten bei rechts und links, antiamerikanisch sein. Lässt das BSW aber die Masche fallen, mit der es in den Wahlkampf gegangen ist, nämlich die Außenpolitik auf Landesebene auszutragen, um mit der CDU zu regieren, wird es zu ersten großen Enttäuschungen in der teilweise naiven Wählerschaft kommen.

Mit dem Wiedereinzug der Linken auf dem Direktmandate-Ticket ist auch in Sachsen die Regierungsbildung nun extrem schwierig geworden. Mit dem Vorteil, dass einige wirklich Flagge zeigen müssen, vor allem die CDU und das BSW. Vielleicht ist das besser, als wenn es gerade so für eine Fortsetzung von „Kenia“ gereicht hätte. Gut ist es natürlich nicht, und wir möchten nicht in einem Land leben, in dem fast 80 Prozent der Menschen rechts ticken und sicherlich die Hälfte davon wiederum Demokratieverächter sind. Vielleicht in Leipzig, dann schauen wir uns aber vorher noch genau an, in welchem Viertel.

Thüringen

AfD 32,8 Prozent (23,4 Prozent im Jahr 2019)
CDU 23,6 (+1,9)
BSW 15,8 (neu)
Linke 13,1 (-17,9)
SPD 6,1 (-2,1)
Grüne 3,2 (-2,0)
FW 1,3 (neu)
FDP 1,1 (-3,9)

  • Thüringen hat mit der gestrigen Wahl Sachsen als „rechtestes“ Bundesland abgelöst, nirgendwo hat die AfD jemals zuvor ein so starkes Ergebnis eingefahren. Die AfD wird 32 von 88 Sitzen im neuen Thüringer Landtag einnehmen, das sind eindeutig mehr, als für die Ein-Drittel-Sperrminorität notwendig sind, mit der man die Demokratie in Teilen sabotieren kann. Wie oft wurde vor einem solchen Szenario in den letzten Monaten gewarnt, und doch ist es eingetreten. Auch, weil die CDU vor einem Jahr eine Verfassungsänderung abgelehnt hat, die das hätte verhindern können – für die aber wiederum eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig gewesen wäre. Jetzt ist es zu spät. Die CDU in Thüringen hat sich zum Steigbügelhalter der AfD gemacht.
  • Sie Union feiert sich für einen Zuwachs, der ihr nicht helfen wird und lediglich Teil des allgemeinen Rechtstrends ist, von dem sie viel weniger profitiert als die AfD. Sie kann eine Regierung bilden, aber nachdem in Sachsen die Fortsetzung von „Kenia“ nicht möglich ist, kann man sagen, es ist in Thüringen eine ähnliche Konstellation vorhanden.
  • Der Erfolg des BSW in Thüringen liegt unterhalb dessen, was Meinungsforscher vor der Wahl prognostiziert hatten (19 bis 21 Prozent), aber hoch genug, um auf jeden Fall gebraucht zu werden, wenn es zu einer Regierungsbildung ohne AfD kommen soll. Gleiches Problem wie in Sachsen: Wird das BSW das können und wollen? Wir haben Zweifel, weil man sich mit der Außenpolitik-Masche in ein Dilemma gefahren hat. Kurzfristige, populistische Erfolge können eine Hypothek für die nähere Zukunft sein. Es sei denn, man will die Demokratie zerstören, was wir der gelernten Stalinistin Sahra Wagenknecht durchaus zutrauen. Die Demokratie in die Zange nehmen, wie einst die Nazis und die Kommunisten in Weimar.
  • Die SPD konnte hier mit dem Demokratierhaltungsmodus weniger punkten als in Sachsen. Auch dies spiegelt, dass Thüringen strukturell vermutlich noch weiter rechts ist. Hier gibt es nicht widerständige Zonen wie Leipzig.
  • Die Linke hat nur ein einziges Direktmandat in Thüringen gewonnen, durch den bisherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow selbst (42,4 Prozent der Stimmen im Wahlkreis Erfurt III). Auch das passt in ein desaströses Bild vom Zustand der Demokratie in Thüringen. Der Absturz der Linken ist nicht verdient, aber er legt schonungslos offen, was wir schon länger beobachten: Im Osten war die Linke nicht durch Menschen so stark, weil es dort so viele Linke gibt, sondern dadurch, dass sie eine ostdeutsche Identitätspartei war. Diesen Status hat sie an die AfD verloren und 2020 war sie vor allem stärkste Partei geworden, weil die Machenschaften anderer Parteien ihr und besonders dem von AfD, CDU und FDP düpierten Ministerpräsidenten Ramelow Sympathien eingebracht hatten. In einem politisch noch liberaleren gesamtdeutschen Umfeld, als wir es heute sehen, dass dann auch zur Berliner Ampelregierung von 2021 geführt hat. Damals kam der Linken ein ostspezifisch ausgeprägtes Gerechtigkeitsdenken zugute, jetzt ist das Gegenteil der Fall gewesen, zumal die Linke keine Regierungspartei in Berlin ist. Gerecht ist das nicht, daher auch das Adjektiv ostspezifisch.
  • Die Grünen sind raus, waren in Thüringen ohnehin schwach.

Die Regierungsbildung in Thüringen ist in mindestens einem Punkt anders gelagert als in Sachsen, obwohl sich die Lage dort gemäß obiger Darstellung gemäß Endergebnis nun ebenfalls sehr verkompliziert hat: In Thüringen wird die CDU, wenn sie eine stabile Regierung bilden will, gar nicht  umhin können, ihre Hufeisenmasche gegen die Linke aufzugeben, denn für sie, das BSW und die SPD zusammen reicht es nicht. Es fehlt genau ein Sitz zur Mehrheit. Sollte das BSW sich als kooperationsfeindlich erweisen, gäbe es gar keine Möglichkeit mehr, Thüringen jenseits der AfD zu regieren. CDU-Mann Mario Voigt könnte natürlich auch eine Minderheitsregierung bilden, aber dabei vom BSW als tolerierender Partei abhängig zu sein, die in Sachfragen mal mit der Regierung, mal mit der AfD zusammengeht, das würden wir aus unseren langjährigen Beobachtungen der BSW-Chefin Sahra Wagenknecht heraus niemandem raten. Das könnte der letzte Sargnagel für die Demokratie in Thüringen sein.

Dass es eine demokratische Gesinnung zeigende Eigenständigkeit von BSW-Politiker:innen in den Ländern gibt, einen Spielraum, wie die CDU es aus logisch nachvollziehbaren Gründen gerade für sich betont, halten wir für ausgeschlossen.

Fazit

Selten war guter Rat so teuer wie jetzt. Im Grunde niemals seit der Gründung der Bundesrepublik. Sie musste 75 Jahre alt werden, um in diese Bewährungsprobe der Demokratie hineingeführt zu werden. Die erste echte Herausforderung. Bisher haben die sogenannten Demokraten diese Herausforderung so schlecht gemeistert, dass Angst und Bange jederzeit berechtigt sind.

Die CDU läuft der AfD so sehr hinterher, dass die AFD sich als Meister und Lehrer oder Primus in Sachen rechts hinstellen kann („von uns abgeschrieben“ ist nicht zufällig am gestrigen Abend von AfD-Vertreter:innen so oft wiederholt worden), dass sie sich damit kurzfristig noch halten kann, weil der Trend eben nach rechts geht. Aber was, wenn sie ab 2025 ihre vollmundigen Versprechen als Wieder-Regierungspartei nicht halten kann, die Migrationspolitik grundsätzlich zu ändern und die Wirtschaft auf Kosten der Armen wieder flottzumachen? Letzteres wird nicht funktionieren, weil es ökonomischer Unsinn ist, Ersteres wird aus rechtlichen Gründen kaum in dem Maße durchsetzbar sein, wie Lautsprecher à la Merz, Linnemann oder Söder es jetzt fordern oder suggerieren. Bisher haben in der EU nur Länder in diesem Sinne reüssiert, die massiv gegen EU-Recht verstoßen haben. Deutschland als Kern und konstitutives Element der Union wird so nicht handeln können. Außerdem sind viele Probleme längst manifest, die man personenbezogen, nicht gruppenbezogen hätte angehen müssen. Hätte man das zeitig getan, wäre auch die Aufnahmebereitschaft für neue Menschen in den nicht rechtsextremen Teilen der Bevölkerung größer. Gerade die CDU hat dabei unter Angela Merkel unfassbar versagt und tut es gerade wieder als führende Regierungspartei in der Stadt Berlin. Um es klarzustellen: Nicht Ethnien oder Anhänger einer Religion oder Weltanschauung in toto dürfen das Ziel rechtsstaatlicher Repression sein, sondern nur diejenigen, die sich wirklich massiv etwas haben zuschulden kommen lassen, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft. Diese aber viel konsequenter als bisher.

Die SPD ist noch schlimmer dran als die Union. Sie ist unter dem Druck von rechts tatsächlich bereit, die wenigen sozialen Verbesserungen, die die Ampel auf den Weg gebracht hat, wieder zu kassieren. Damit ist Kanzler Scholz für uns erledigt, auch wenn wir ihn in Sachen Ukrainepolitik mit seiner vorsichtig-unterstützenden Haltung immer verteidigt haben gegen alle Seiten, gegen die Kriegstreiber ebenso wie die falschen Friedensapostel.

Dem rechten Mob nachzugeben, wird der SPD noch einmal mehr schaden als alles, was ihr über die Jahrzehnte geschadet hat. Wer in dieser Partei nach so vielen Fails wegen zu rechter Politik immer noch nicht verstanden hat, dass sie gerade eine Riesenchance vergibt, dem ist ebenfalls („ebenfalls“ bezogen auf eine Formulierung weiter oben) nicht zu helfen. Jetzt, wo die Linke so schwach ist, könnte sich die SPD als solidarische Partei wieder etablieren, aber was tut sie? Sie duckt sich weg und hofft, von der rechten Stampede nicht komplett sehr plattgetreten zu werden. Genau das wird aber passieren, weil sie sich überflüssig macht. Sie ist weder ein Bollwerk gegen rechts, noch eine Regierungspartei von Format. Rettet die Demokratie ist als Motto allein nicht ausreichend, und wir, wie wohl fast jeder, richten uns auf ein Ende der Ampelkoalition ein. 2025 oder schon früher. In der jetzigen Konstellation kam die Bundesregierung ab 2021 ohnehin nur zustande, weil sowohl die Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock als auch CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet so grottenschlecht wahlgekämpft hatten, dass der scholzige Scholz es zum Kanzler brachte, den seine eigene Partei nicht als Vorsitzenden haben wollte. An allen und Enden fehlt jetzt der SPD jemand, der sie wirklich repräsentieren, nicht nur abwärtsverwalten kann. Leider hat sich auch Saskia Esken zuletzt beim Thema Solingen-Messermorde blamiert, die bisher besser performte, als wir es ihr bei ihrem Start zugetraut hatten. Gerade progressive Positionen müssen derzeit mit besonderem Geschick und emotional ansprechend vertreten werden. Das kann der SPD auf Bundesebene nur noch Kevin Kühnert, und der ist noch zu jung für eine Kanzlerkandidatur. Gleichwohl hatte er in der Runde der Generalsektretär:innen am Wahlabend nach Katina Schubert von der Linken die beste Figur gemacht, war am klarsten und ist für die Rechten trotzdem  nicht so ein Reiztyp wie einige Grüne, die der AfD schon Punkte bringen, wenn sie nur den Mund aufmachen.

Damit zu den Grünen. Was in der Innenstadt von Berlin noch funktioniert, auch, weil sie hier einige starke Lokalpolitiker:innen haben, mit gutem Draht zur Zivilgesellschaft, ist auf Deutschlandebene nicht zwangsläufig erfolgreich, das wird sich auch im Westen noch zeigen. Sicherlich werden die Grünen in Baden-Württemberg nicht aus dem Landtag fliegen, wenn dort wieder gewählt wird, aber es wird keine Regierung mehr unter grüner Führung geben. Was einst, auch von uns, als Durchbruch gefeiert wurde, ist Geschichte. Jetzt rächt es sich, dass die Grünen nicht zu sehr, sondern zu wenig ideologisch sind, nämlich sich nicht als linksökologische Alternative präsentiert haben, sondern eine Diskursverengung auf Projekte für Oberwohlständige zuließen, die als abgehoben gelten, wie notabene die Grünenpolitiker:innen selbst. Jetzt kommt noch hinzu, dass der formal-gesellschaftspolitische Fortschritt ganz und gar nicht dem Trend entspricht. Dadurch wird auch die wichtige Klimapolitik gefährdet, die von vielen Menschen tatsächlich für Spinnerei oder gar Teil einer Verschwörung gehalten wird. Die Grünen haben es nicht ansatzweise hinbekommen, grünes Wirtschaften so zu verkaufen, dass die Menschen keine Angst davor haben. Wir haben dazu eine eigene Haltung: Das kommt davon, dass man diesem Fortschritt kein solidarisches, linkes Gepräge gibt, das mitnehmend und einfühlsam wirkt, sondern es so arrogant herüberbringt, wie Robert Habeck es immer wieder unterläuft und womit er sein in der Tat elitäres, gleichwohl von Wirtschaftskompetenz beinahe freies Wesen offenbart. Dazu die Außenpolitik, ebenfalls grün – nicht verwaltet, sondern unglaubwürdig gestaltet.

Über die FDP brauchen wir nicht zu schreiben, sie hat gestern bekommen, was sie verdient hat. Wenn wir uns um die Demokratie sorgen, dann ist davon das Schicksal der FDP nicht umschlossen.

Da also die SPD sich von rechts zerdrücken lässt, könnte doch wenigstens die Linke, jetzt frei von Regierungsverantwortung sowohl in der Stadt Berlin wie in Thüringen, wieder ihren Markenkern als einzige Fortschrittskraft pflegen. Katina Schubert hat in der gestrigen Runde vorgemacht, wie es laufen könnte. Sie hätte mehr Zeit haben müssen, aber Ansätze waren zu erkennen. Wir brauchen zwar auch eine klassenkämpferische Linke, dafür steht sie nicht wirklich, aber wenigstens für eine Kraft, die gesellschaftspolitisch noch einigermaßen Kurs hält. Die Führung der Linken muss oben und unten klarer unter die Menschen bringen, wobei man sagen muss: Es ist ein typischer BSW-Spin, ein Wagenknecht-Spin, dass die Linke nicht mehr sozial denkt und deshalb das BSW nötig sei. Die Kampagnen der Linken in Berlin sind fast immer sozialpolitisch ausgefasst, selten gesellschaftspolitisch. Aber sie wirken vom Duktus her in diesen Zeiten der zunehmenden Konfrontation schon zu gewohnt, zu repetitiv. Die Themen bleiben, aber die Konfrontation gegen die rechten Kapitalisten muss offensiver ausgetragen werden, denn alle rechten Parteien hat man damit automatisch im Visier. Man stolpert geradezu über sie.

TH

Die weiteren Artikel, den Ausgangsbeitrag und die Updates 1 bis 4, haben wir untereinandergestellt, Sie können sie hinter diesem Link finden.  

Damit verabschieden wir uns von der direkten Berichterstattung über die die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am 1. September 2024. 


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