Der Wiesn-Bierpreis steigt „moderater“ als im Vorjahr +++ Volksfeste als Wirtschaftsfaktor +++ Jeder Fünfte auf der Wies’n +++ Hendl oder Dirndl? | Briefing 307 Update 2/2024

Briefing 307 Update 2/2024 | Wirtschaft, Gesellschaft, Volksfeste, Münchener Oktoberfest, wirtschaftliche Daten, Umsatz und Besucherzahlen, Bierpreise auf der Wien und im Allgemeinen

Ozapft is!,  hieß es zwar schon gestern, aber das hindert uns nicht daran, am Sonntag die versprochene Grafik zu den Bierpreisen auf der Wiesn und im Allgemeinen nachzureichen – und ein paar zusätzliche Infos. Die frohe Botschaft für alle Wiesn-Fans: Die Preise sind gegenüber 2023 nicht mehr so stark gestiegen wie zuvor. Die schlechte: Es ist eh schon sauteuer gewesen, auf dem Münchner Oktoberfest eine Maß Bier zu trinken und ein Ende des weiteren Preisauftriebs ist grundsätzlich nicht abzusehen. Im Detail: 

Oktoberfest: Bierpreise steigen 2024 wieder moderater

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Die Preise für einen Liter Festbier liegen auf dem diesjährigen Oktoberfest zwischen 13,60 Euro und 15,30 Euro. Der Durchschnittspreis von 14,73, errechnet aus den jeweiligen Preisen der Zelte, die Oktoberfestbier in Maßkrügen ausschenken, liegt damit 3,9 Prozent höher als der Durchschnittspreis von 2023. Wie die Grafik auf Basis von Daten des Referats für Arbeit und Wirtschaft München und des Statistischen Bundesamts zeigt, haben sich die Bierpreise auf der Wiesn seit 2004 mit wenigen Ausnahmen im Vergleich zum Vorjahr deutlich stärker erhöht als die Verbraucherpreise für Bier im allgemeinen.

Besonders groß war der Sprung zwischen der letzten Prä-Corona-Wiesn 2019 und 2022. Besucher:innen der großen und kleinen Bierzelte mussten einen rund 15,5 Prozent höheren Durchschnittpreis in Kauf nehmen. Das lässt sich zum Teil durch makroökonomische Faktoren erklären, beispielsweise Rohstoffengpässe und erhöhte Energiepreise durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Obwohl Deutschland sich tendenziell selbst komplett mit dem nötigen Weizen versorgen kann, stammt ein Drittel der 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr nötigen Braugerste aus dem Ausland.

Die Preiserhöhung zwischen 2019 und 2022 könnte zudem auch mit der Coronapandemie und dem daraus folgenden Verdienstausfall für Festzeltbetreiber:innen zusammenhängen. Ein weiteres Indiz für diese Argumentation ist die Tatsache, dass die Verbraucherpreise für Bier 2020 im Vergleich zum Vorjahr gesunken und 2022 lediglich um 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen waren. Für 2023 zeigt sich ein umgekehrtes Bild: Unter anderem der anhaltende russische Angriffskrieg in der Ukraine, die als Kornkammer Europas gilt, sorgte für einen Preisanstieg von 11,6 Prozent im Vergleich zu 2022.

Das 189. Oktoberfest findet dieses Jahr vom 21. September bis zum 6. Oktober statt. 2023 hatten laut muenchen.de etwa 7,2 Millionen Menschen eines der größten Volksfeste der Welt besucht, 1,5 Millionen mehr als im Vorjahr. Dabei wurden rund 6,5 Millionen Maß Bier konsumiert, rund 800.000 weniger als auf der Wiesn 2019.

Wie die Bierpreise sich allgemein entwickelt haben und auf der Wiesn, haben wir in der Artikelreihe des Jahres 2023 dargestellt, die unterhalb des gestrigen Beitrags angehängt ist. Kurz zusammengefasst: Seit 1971 ist der Bierpreis auf der Wiesn doppelt so stark gestiegen wie in der Gastronomie im Allgemeinen. Das Münchner Oktoberfest als größtes Volksfest weltweit ist immer mehr zu einem Touristenmagnet und einem Event geworden, auf dem man sich zeigt, und das wirkt sich auf die Preise aus. Es bestimmt sogar in einem weit überproportionalen Maß die Wahrnehmung Deutschlands im Ausland. Das ist natürlich besser, als wenn immer nur über den Rechtsruck im Land berichtet wird, aber bildet natürlich die heutige Vielfalt Deutschlands nicht ab. Deswegen ist es schade, dass ein Gegenevent wie die Love Parade in Berlin nicht mehr stattfindet. Auch diese war im Lauf der Jahre mehr und mehr Kritik wegen der Kommerzialisierung ausgesetzt, aber es zeigte eben eine andere Facette des Landes, wenn es ums Feiern geht.

Im vergangenen Jahr sind wir bis zu den Anfängen der Wiesn zurückgegangen, dieses Mal ergänzen wir die bisherigen Statistiken nur noch bezüglich der Entwicklung der Besucherzahlen in in den letzten Jahren: 

Basierend auf den bereitgestellten Informationen haben sich die Besucherzahlen des Oktoberfests (Wiesn) in München seit 2000 wie folgt entwickelt:

2000: 6,9 Millionen
2001: 5,5 Millionen
2002: 5,9 Millionen
2003: 6,3 Millionen
2004: 5,9 Millionen
2005: 6,1 Millionen
2006: 6,5 Millionen
2007: 6,2 Millionen
2008: 6,0 Millionen
2009: 5,7 Millionen
2010: 6,4 Millionen (Jubiläumswiesn)
2011: 6,9 Millionen
2012: 6,4 Millionen
2013: 6,4 Millionen
2014: 6,3 Millionen
2015: 5,9 Millionen
2016: 5,6 Millionen
2017: 6,2 Millionen
2018: 6,3 Millionen
2019: 6,3 Millionen
2020: Ausgefallen (Corona)
2021: Ausgefallen (Corona)
2022: 5,7 Millionen
2023: 7,2 Millionen

Es ist zu beachten, dass die Besucherzahlen über die Jahre schwankten, wobei 2023 mit 7,2 Millionen Besuchern einen neuen Rekord markierte[1][3]. Die Jahre 2020 und 2021 fielen aufgrund der Corona-Pandemie aus[3].

Im Jahr 2023 war demnach eine große, durch die zweijährige Corona-Auszeit ausgelöste Wiesn-Sehnsucht festzustellten. Aber es wurde pro Besucher weniger Bier getrunken als in den Vorjahren. Ob das eine längerfristige Tendenz ist,  kann man noch nicht sagen, würde aber der Tatsache entsprechen, dass in Deutschland (und anderswo) der Bierkonsum sowie der Alkoholkonsum im Ganzen seit Jahren rückläufig ist.  Insgesamt lässt sich bei den Besucherzahlen aber keine klare Tendenz erkennen. Sicher sorgen die der allgemeinen Inflation davonziehenden Preise aber dafür, dass die Besucherzahlen nicht immer weiter anwachsen und wir gehen davon aus, dass das auch so gewollt ist, denn in die angesagten Bierzelte sind in der Regel ausverkauft.   

Quellen zu den Besucherzahlen

[1] https://www.rnd.de/panorama/oktoberfest-in-muenchen-fakten-und-zahlen-zum-groessten-volksfest-der-welt-SRYI7QGEQBDGFPWSCRVREEJQ4E.html
[2] https://www.invest-in-bavaria.com/blog/beitrag/das-oktoberfest-wie-es-sich-millionen-menschen-miteinander-gemuetlich-machen
[3] https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:09b42a63-3437-4da5-a927-3a65d4fd03b4/Oktoberfest_in_Zahlen2023.pdf
[4] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/oktoberfest-muenchen-2022-news-besucherzahl-1.5658655

TH

21.09.2024

Dass wir ein Jahr später ein Update zu einem Artikel schreiben, kommt nun wirklich selten vor, aber hier bietet es sich an:

Im September 2023 hatten wir Ihnen Grundinformationen zum Müchner Oktoberfest angeboten, liebe Leser:innen, inklusive der letztjährigen Preise für die Maß Bier, hatten festgestellt, dass jeder Fünfte der von Statista Befragten schon einmal auf dem Oktoberfest war, dass mehr Händl gegessen als Dirndl getragen wird.

Nun ist wieder Wiesnzeit. Dieses Jahr ergänzen wir unsere Oktoberfestdarstellung um den Aspekt „Wirtschaftsfaktor Volksfeste“. Es geht also erst einmal um alle Volksfeste, von denen das Münchener Oktoberfest natürlich das größte ist. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Infografik: Wirtschaftsfaktor Volksfest | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Der Umsatz auf Volksfesten hat im vergangenen das Niveau von vor der Pandemie übertroffen. Das zeigt die Statista-Infografik mit Daten des Deutschen Schaustellerbunds (PDF-Download). Demnach beträgt das Wachstum im genannten Zeitraum 22 Prozent. Auch die durchschnittlichen Ausgaben pro Besucher sind deutlich angestiegen: von 27,22 Euro im Jahr 2018 auf 32,80 Euro im Jahr 2023. Leicht zurückgegangen ist lediglich die Zahl der Beschäftigten, sie ist um 3 Prozent gesunken.

Nach Angaben des Schaustellerbunds erreichten die Besucherzahlen auf großen Volksfesten (wie dem Oktoberfest) und Weihnachtsmärkten vielfach Rekordniveau. Besucher und ausrichtende Kommunen würden „Volksfeste als Angebote für die ganze Familie und wichtigen Bestandteil von Kultur und Tradition wahrnehmen, deren Attraktivität nach Einschätzung der Kommunen sogar noch zugenommen hat“.

Die deutschen Schaustellerunternehmen, allesamt Familienbetriebe, sind laut Schaustellerbund vor allem Gastronomie-, Imbiss- und Ausschankbetrieben (37 %), Fahrgeschäften (24 %) sowie Verkaufsgeschäften nach Schaustellerart (19 %). Mit ihrem Geschäft beschicken Schaustellerunternehmen im Schnitt 21 Veranstaltungen pro Jahr und stehen (ohne Tage für Auf- und Abbau) durchschnittlich an 141 Tagen pro Jahr auf Volksfesten und Weihnachtsmärkten.

Die Preise sind natürlich auch für das Vergnügen auf Volksfesten stark angestiegen, das geht indirekt aus der Statistik hervor. 5 Prozent mehr Besucher als 2022, aber ein Anstieg der Ausgaben pro Besucher um satte 20,5 Prozent (nicht 17 Prozent, wie die Grafik ausweist). Das wird sicher nicht nur daran gelegen haben, dass alle jetzt viel länger auf Volksfesten bleiben als im letzten offiziellen Jahr der Corona-Pandemie und dort viel mehr unternehmen, sondern vor allem an der Inflation. Trotzdem sind die Ausgaben für einen Tag voller Spaß und Seligkeit, unzähligen Eindrücken und einem richten Rummel, in den man sich mal hineinwerfen kann, noch in Ordnung, wenn man sie mit Kulturereignissen, Konzertevents, ständigen Vergnügungsparks, Wellnessoasen oder auch Spielen der Fußball-Bundesliga, die nicht immer Spaß machen, in Bezug setzt. 

Wann waren Sie zum letzten Mal auf einem Volksfest? Wo wir herstammen, heißt es Kirmes. Doch hoffentlich nicht als Kinder? Das Gerücht geht um, dass heute nicht einmal Kinder solche Feste noch kennenlernen, aus pädagogischen wie überwachungstechnischen Gründen, um sie vor jeder inneren und äußeren Unsicherheit oder Überforderung  zu schützen, die das Besteigen eines Fahrgeschäfts oder schon das Betreten des öffentlichen Raums in einer vergleichsweise ungeordneten Variante auslösen könnte. Machen Sie das nicht. Seien Sie nicht immer so ängstlich. Gönnen Sie Ihren Kindern dieses Erlebnis für alle Sinne und sich selbst und dem Kind in Ihnen auch.

Wir werden uns auch dieses Jahr wieder um die Bierpreise kümmern. In einem weiteren Update.

TH

Haben Sie auch den Eindruck, dass derzeit viel von Bayern die Rede ist? Zu Recht, denn Bayern ist ein wichtiges Bundesland, außerdem hat es einen Ministerpräsidenten, der sich zu fast allem meldet, was nicht rechtzeitig auf die Bäume kommt. Derzeit steht es eben deshalb im Fokus: Wegen der Politik. Wegen der Freien Wähler, wegen der CDU und ihrer Haltung , zum Beispiel erst vor wenigen Tagen auch bei uns:  https://derwahlberliner.com/2023/09/15/bayernwahl-2023-der-wahl-o-mat-und-wir-ltwby2023-bayernwahl2023-briefing-special-bayernwahl. Wir könnten in den nächsten Wochen auch ein Bayern-Special ansetzen, denn es gibt ja noch mehr.

Landtagswahlen sind nur alle fünf Jahre, aber das Oktoberfest ist wieder jedes Jahr. Wieder? Ja, denn während Corona war es zwei Mal abgesagt worden, 2020 und 2021.

Bevor wir zu den Statistiken des Tages kommen, ein paar Fakten.

  • Gegründet wurde das Münchener Oktoberfest, die Wies’n, 1810.
  • Im Zeitraum 1811 bis 2021 wurde das Oktoberfest 26 Mal abgesagt, zumeist wegen Kriegen, zweimal aber auch wegen der Cholera.[19]
  • Die Wies’n ist das weltweit größte Volksfest; im Jahr 2018 erwirtschaftete es einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro inklusive Übernachtungen.
  • 1910 feierte die Wiesn ihren 100. Geburtstag und es wurden 12.000 HektoliterBier ausgeschenkt. In der Bräurosl, dem damals größten Bierzelt, fanden bereits 12.000 Gäste Platz. Heutigentags ist die Hofbräu-Festhalle mit 10.000 Plätzen das größte Bierzelt auf der Wiesn.
  • Am Abend des 26. September 1980 explodierte am Haupteingang des Festgeländes (Öffentliche Bedürfnisanstalt am Bavariaring) eine Bombe. 13 Menschen starben, über 200 wurden verletzt, 68 davon schwer. Das Attentat gilt als einer der schwersten Terroranschlägeder deutschen Geschichte. 
  • Seit einigen Jahren gibt es einen Trend zur Tracht: viele Wiesnbesucher kommen in LederhosenDirndl. Darauf werden wir im Rahmen der beiden Grafiken noch einmal kommen, die wir zeigen.

Infografik: Jede:r Fünfte war schon auf der Wiesn | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz Creative Commons — Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International — CC BY-ND 4.0 erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Jedes Jahr besuchen zwischen fünf und sieben Millionen Menschen das Oktoberfest, im Volksmund Wiesn genannt, das dieses Jahr vom 16. September bis zum 3. Oktober auf der Theresienwiese in München stattfindet. Wie eine Umfrage von Statista und YouGov zeigt, war jede:r fünfte Befragte schon mal auf dem Oktoberfest.

Der Hamburger Dom, flächenmäßig mit 20 Hektar deutlich kleiner aber dank seiner Ausrichtung drei Mal jährlich insgesamt mit deutlich mehr Besucher:innen pro Jahr, liegt mit 14 Prozent auf dem zweiten Platz. Der Hamburger Hafengeburtstag landet mit zehn Prozent auf dem vierten Rang. Auch Stuttgart ist mit dem Wasen (11 Prozent) und dem Kleinen Wasen (7 Prozent) zwei Mal in der Top 8 vertreten.

Laut einer Studie des Interessenverbands Deutscher Schaustellerbund e.V. aus dem Jahr 2018 gab es in Deutschland zum Erhebungszeitpunkt fast 10.000 Volksfeste unterschiedlicher Größenordnungen, auf denen Besucher:innen laut Hochrechnungen geschätzte fünf Milliarden Euro ausgaben. Neben dem Oktoberfest waren vor Beginn der Pandemie der Freimarkt in Bremen, die Größte Kirmes am Rhein in Düsseldorf und die Cranger Kirmes in Herne die meistbesuchten Volksfeste der Bundesrepublik.

Kirmes heißen die Volksfeste dort, wo wir herstammen, ebenfalls. Und es gab sie wirklich in fast jedem Dorf, in unserer Kinderzeit. Aber da konnte man für das, was heute auf dem Münchener Oktoberfest eine Maß Bier kostet, einen ganzen Tag genießen, inklusive Besuch einiger Fahrgeschäfte. Hier sind die aktuellen Bierpreise für das Oktoberfest 2023:

Der Bierpreis für das Oktoberfest 2023 beträgt je nach Zelt zwischen 12,60 Euro und 14,90 Euro1. Hier sind die Bierpreise einiger großer Zelte im Detail:

  • Armbrustschützen-Festzelt: 14,40 Euro (2022: 13,50 Euro)
  • Augustiner-Festhalle: 13,50 Euro (2022: 12,80 Euro)
  • Bräurosl: 14,30 Euro (2022: 13,40 Euro)
  • Fischer-Vroni: 13,70 Euro (2022: 12,90 Euro)
  • Hacker-Festzelt: 14,40 Euro (2022: 13,40 Euro)
  • Hofbräuhaus-Festzelt: 14,50 Euro (2022: 13,60 Euro)
  • Käfer Wiesn-Schänke: 14,50 Euro (2022: 13,70 Euro)
  • Löwenbräu-Festzelt: 14,50 Euro (2022: 13,60 Euro)
  • Marstall: 14,50 Euro (2022: 13,70 Euro)
  • Ochsenbraterei: 14,50 Euro (2022: 13,50 Euro)
  • Paulaner-Festzelt: 14,50 Euro (2022: 13,50 Euro)
  • Schottenhamel-Festhalle: 14,50 Euro (2022: 13,60 Euro)
  • Schützen-Festzelt: 14,50 Euro (2022: 13,70 Euro)
  • Weinzelt (Weißbier): 17,40 Euro (2022: 16,80 Euro)

Bitte beachten Sie, dass der Bierpreis nicht von der Landeshauptstadt München festgelegt wird, sondern von den Gastronomen1.

Wir erinnern uns noch gut daran, wie heiß diskutiert wurde, ob die Maß über 10 Euro gehen darf. Alle Hemmungen wurden pulverisiert im Inflationsrausch der letzten Jahre und natürlich in der Tatsache, dass das Oktoberfest eine riesige Touristenattraktion ist, bei deren Gästen es auf den einen oder anderen Euro mehr nicht ankommt. Wie man sieht, sind die Preise ziemlich einheitlich und der Vergleich mit 2022 zeigt, wie auch das Oktoberfest an der allgemeinen Teuerung teilnimmt – ziemlich genau in dem Maß … pardon, Maße, wie die allgemeine Inflation zuletzt gelegen hat, zwischen 6 und 7 Prozent.

Hier sehen Sie die Preisentwicklung des wichtigsten Oktoberfest-Indikators ab 1971: Entwicklung des Bierpreises auf dem Oktoberfest in München bis 2023 | Statista. Niemals gab es also einen Rückgang, immer nur Anstiege. Wir wollten der Sache mal etwas auf den Grund gehen, weil wir der Information von ChatGPT nicht getraut haben, dass der Bierpreis von 1971 bis 2023 (+ 187 Prozent) stärker gestiegen sein soll als die allgemeine Inflation (laut Berechnung von ChatGPT). Es würde mit dieser Zahl nämlich nicht stimmen, woran man wieder sieht, wie subjektiv vieles wahrgenommen wird: 1.000 Euro, natürlich auf DM umgerechnet, die man im Jahr 1971 zur Verfügung hatte, waren Ende 2022 nur noch 256 Euro wert. Inflationsrechner – Inflation und Kaufkraft berechnen (finanzen-rechner.net).

Der Preisanstieg auf der Wiesn ist also geradezu niedlich im Vergleich mit der allgemeinen Inflation? Nein, ist er nicht. Während die Kaufkraft im Allgemeinen sich geviertelt hat, auf einen Euro gerechnet, sind die Preise nämlich gemäß obiger Statista-Langfristbalkengrafik um das 10-fache gestiegen (2,95 DM = ca. 1,50 Euro im Jahr 1971 in der Spitze auf 14,90 Euro im Jahr 2023). Anders ausgedrückt. Die Wies’n-Maß ist heute real doppelt so teuer wie 1971 und hat sich mit der Zeit immer mehr von den allgemeinen Preisen in der Gastronomie entfernt. Kein Wunder, dass ein Standplatz auf dem Oktoberfest als eine Goldgrube gilt, um die sogar Mord und Totschlag stattgefunden haben – zumindest in Tatorten aus München.

Was wir noch am Rande mitnehmen: Vorsicht, wenn es darum geht, der KI Berechnungen anzuvertrauen. Inspirieren lassen ist gut, selbst nachprüfen im Moment noch absolut notwendig. Es stimmt, die Bierpreise auf der Wies’n haben erheblich über der allgemeinen Teuerung angezogen, aber eben nicht mit +187 Prozent, sondern um fast 1.000 Prozent.

Was aber ist der Kern des Oktoberfests für die Besucher, die sich die Maß Bier bzw. mehrere leisten können und wollen und vielleicht ein fesches Dirndl für die Dame? Nicht, wenn man der Überschrift dieser weiteren Statista-Grafik glaubt:

Infografik: Was sind die beliebtesten Aktivitäten auf dem Oktoberfest? | Statista

Lizenzierung wie oben.

Im Jahr 2022 fand das Oktoberfest zum ersten Mal nach zweijähriger Corona-Pause wieder auf der Theresienwiese in München statt. Von den insgesamt 5,7 Millionen Besucher:innen wurden während des zweiwöchigen Volksfests etwa 5,6 Millionen Maß Bier konsumiert, was einem deutlichen Rückgang des Pro-Kopf-Bierkonsums im Vergleich zu 2019 entspricht. Nicht-alkoholische bayerische Spezialitäten zu probieren steht bei den Deutschen bei einem Oktoberfestbesuch dagegen hoch im Kurs.

Laut einer gemeinsamen Umfrage von Statista und YouGov würden 27 Prozent der Befragten bei einem Wiesnbesuch auf jeden Fall bayerische Kulinarik wie Weißwurst, Brezen und Kartoffelsalat probieren wollen, 40 Prozent würden selbiges eher tun. Auch der Festzeltbesuch stünde bei 55 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen eher oder definitiv auf dem Programm. Immerhin 46 Prozent könnten sich vorstellen, eine Maß zu trinken, während das Fahren mit Fahrgeschäften, ein elementarer Bestandteil der meisten Volksfeste, noch von 42 Prozent in Betracht gezogen wird. Das Tragen traditionaller Tracht wie eines Dirndls ist hingegen für einen Großteil der Befragten kein Thema. 19 Prozent würden darüber nachdenken und nur 12 Prozent definitiv entsprechende Kleidung beim Besuch der Wiesn tragen. (…)

Tja, was stimmt nun, die Wikipedia-Angaben zur Tracht oder das, was in der Grafik steht? Beides ist möglich bzw. schließt einander nicht aus. Vielleicht waren vor 10 Jahren bloß 7 oder 8 Prozent trachtenaffin, beispielsweise. Oder man verfolgt unterschiedliche Ziele und die Veranstalter würden selbstverständlich gerne mehr Menschen in schicker Tracht sehen. Ob Krachlederne schick sind, ist wohl Ansichtssache, aber schöne Dirndlkleider sind Hingucker und Folklore und bewertungsmäßig nicht mit Alltagsklamotten zu vergleichen. Der Trachtenjanker der Männer hingegen ist in Bayern auch im Alltag noch immer eine Option zur Anzugsjacke oder Weste. Es ist wie bei den meisten Sachen, an gutaussehenden Menschen sieht alles irgendwie gut aus. Aber weiter oben wird es doch etwas kurios: Angeblich wollen mehr Menschen in ein Festzelt gehen, als dort eine Maß Bier zu trinken. Also gucken, anstatt das tun, wozu die Festzelte gedacht sind? Und im Sinne des zuvor Geschriebenen finden wir, dass Tracht tragen weniger aufträgt als kalorienreiche, fleischlastige „Bayerische Spezialitäten“, denn das ist es, was die höchsten Prozentzahlen erreicht: Der Verzehr von ebensolchen Spezialitäten.

Wir gehören zu den 80 Prozent der Befragten bzw. würden zu ihnen gehören, wenn wir befragt worden wären, die noch nie auf dem Oktoberfest waren. Dabei wäre das doch eine schöne Gelegenheit, sich mit Freunden zu treffen, die im Freitstaat leben. Es gibt ja noch ein Jahr 2024 und ein paar weitere Jahre. Hoffentlich.

TH

 


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