Die Top 10-Onlineshops in Deutschland, Wachstum stark gebremst (Statista + Kurzkommentar)

Briefing Wirtschaft, Online-Business, E-Commerce, Amazon, Otto, Zalando, Mediamarkt, Ikea, Shop-Apotheke, Konsumlaune, Inflation

Jede:r von uns kauft mittlerweile online, auch wenn das Shoppen von  zu Hause und das Liefern nach Hause bei vielen wertmäßig noch nicht die Präsenzkäufe überwiegt. Ist jetzt vorerst das Ende der E-Commercialisierung erreicht? Die Zahlen für 2023 legen das nah. Vor allem der Marktführer ist kaum noch gewachsen, das ist ein deutliches Indiz. Es gibt aber deutliche Verschiebungen innerhalb der Spitzengruppe der Online-Verkäufer.

Die Top 10-Onlineshops in Deutschland

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Die Zeiten des Wachstums im deutschen Onlinehandel sind vorerst vorbei. Das zeigen Daten der 16. Ausgabe der zusammen mit dem EHI erstellten Studie zum deutschen E-Commerce-Markt. Die Einnahmen der 1.000 umsatzstärksten B2C-Onlineshops in Deutschland lagen bei 77,5 Milliarden Euro und stagnieren damit gegenüber dem Vorjahr (2022: 77,7 Mrd. Euro).

Gleichwohl hat sich in der Spitzengruppe nur wenig getan, wie der Blick auf die Statista-Grafik zeigt. Amazon.de liegt mit 14,66 Milliarden Euro* im Jahr 2023 weiterhin an der Spitze, ein Anstieg von fast 2 % gegenüber 2022. Otto.de und Zalando.de liegen mit 4,2 Milliarden Euro und 2,51 Milliarden Euro an zweiter und dritter Stelle, was einem Rückgang von 7,1 % bzw. 3,8 % entspricht. Die drei größten Online-Shops machen zusammen einen Marktanteil von 39,9 % der Top-100-Filialen in der Deutscher E-Commerce-Markt aus.

Neu in den Top-10 ist die Online-Apotheke shop-apotheke.com. Das Portal ist 2023 besonders stark gewachsen: gegenüber 2022 hat der in Deutschland erwirtschaftete Netto-E-Commerce-Umsatz um 15,4 Prozent zugelegt. Die hier abgebildeten Anbieter und Daten zu 990 weiteren Shops finden sich in der »E-Commerce-Markt Deutschland 2023« wieder. Die Studie kann hier bestellt werden.

* Der Gesamtumsatz Deutschland beträgt laut Geschäftsbericht rund 37,59 Milliarden Euro. Dieser inkludiert jedoch Service- und Subscription-Umsätze (AWS, Prime-Mitgliedschaften, audible.de etc.) sowie alle Exporte von amazon.de ins Ausland. Die Service-Umsätze, die Exporte sowie die Umsätze weiterer Amazon-Angebote wurden aus dem Deutschlandumsatz für http://www.amazon.de herausgerechnet.

** eBay ist nicht Teil des Rankings, weil das Unternehmen seinen Umsatz als reiner Marktplatz ausschließlich über Provisionen erwirtschaftet.

Wir sind nicht so richtig einverstanden damit, dass Ebay aus der Berechnung herausgenommen wurde. Warum nicht? Auch Amazon, Otto und andere verstehen sich mittlerweile teilweise als Marktplatz, bei Amazon mit der unangenehmen Eigenschaft verbunden, dass Prime-Konditionen für die Marktplatz-Anbieter nicht gelten, bei Otto ist der Nachteil, dass UP-Guthaben und die erkaufte Versandkostenfreiheit für ein Jahr nicht für die Marktplatzanbieter gelten bzw. eingelöst werden können. Wir können uns nicht vorstellen, dass man die Umsätze von Amazon, Otto & Co. nach Verkauf durch die Anbieter selbst und nach »Marktplatzverkäufen« aufgeschlüsselt hat. Nach unseren Eindrücken dominieren dort, wo keine Eigenmarken an den Mann oder die Frau gebracht werden sollen (Amazon) die Marktplatzanbieter immer mehr.

Dass Amazon noch leicht wächst und Otto massiv verliert, überrascht uns nicht. Wer die Preise vergleicht, wird selten zu dem Ergebnis kommen, dass Otto besser liegt und der Lieferservice ist qualitativ ebenfalls unterschiedlich. Zuletzt haben wir nicht mehr so viel von Amazon selbst geliefert bekommen, und DHL-Versand beinhaltet immer ein Risiko. Das größte Problem der letzten Zeit war, dass sich ausgerechnet, als wir mal wirklich etwas dringend benötigt hätten, sich der DHL-Versand verzögert hat. Dabei ging es um ein Medikament, nicht bestellt bei Amazon oder Otto.

Dass Online-Apotheken zulegen, wird jeder verstehen, der die wahrhaften Apothekenpreise vor Ort nicht mehr akzeptiert, die immer weiter steigen, als gäbe es kein Morgen mehr. Online-Apotheken sind regelmäßig mindestens ein Drittel günstiger, lediglich die Versandkostenkalkulation muss dann noch passen, es empfiehlt sich also, mehrere Produkte auf einmal zu kaufen, einige Anbieter bieten ab einem bestimmten Preis auch Versandkostenfreiheit an (das gilt auch für andere Produktkategorien, aber bei den Apotheken fällt auf, dass man damit ab 20 oder 30 Euro wirklich sparen kann).

Den zweitgrößten Zuwachs unter den Top 10 erzielt der Klassiker Ikea. Offenbar lässt man sich auch Möbel zum Zusammenbauen jetzt lieber anliefern, obwohl das teurer ist, als sie abzuholen (wobei wir nicht wissen, wie die Variante »online bestellen, vor Ort abholen« ausgewiesen wird, ob sie hier enthalten ist oder nur an die Kunden ausgelieferte Waren in die Umsätze einbezogen wurden).

Wir bevorzugen ohnehin kleinere Anbieter, wenn es sich lohnt, unser Weg ist in der Regel zunächst der Produktcheck über eine Vergleichsplattform, dabei ist es uns relativ egal, ob wir dadurch nun schon einige Kundekonten bei Anbietern haben, bei denen wir vermutlich in den nächsten Jahren nicht wieder einkaufen werden. Außerdem kann man normalerweise auch als Gast shoppen, ohne dass dadurch bemerkenswerte Nachteile entstehen würden. Nur der Zahlungsweg muss gesichert sein. Was wir trotz günstigerer Preise vermeiden: schlecht bewertete Anbieter. Wenn das günstige Angebot irgendwie dubios aussieht, kaufen wir lieber einen Tick teurer, dabei kommt dann auch Amazon zuweilen wieder ins Spiel, denn einen gewissen Aufschlag akzeptieren wir um der Sicherheit wegen. 

Bei allen etwas größeren Käufen der letzten Zeit fanden sich jedoch Anbieter, die günstiger waren als Amazon oder Otto und fehlerfrei geliefert haben. Es hat sich herausgestellt, dass wir bestimmte Produkte nach wie vor besser nicht online kaufen, zum Beispiel Schuhe, in denen wir etwas mehr laufen müssen oder wollen. Fast unmöglich, da einen Treffer zu landen, wenn das genaue Modell nicht vorher feststeht, etwa durch Anprobieren in einem Präsenzladen. Wir sind nun mal keine Retourenkönige, denen das Rücksenden richtig Spaß macht.  Ausprobieren vor Ort, den genauen Produktcode inklusive passende Farbe notieren und dann online kaufen – so verwildert ist unsere Konsumethik bisher nicht. 

Dass die Online-Umsätze, über alle Anbieter hinweg, kaum noch wachsen, liegt an der miserablen Konsumlaune im Land, die wiederum durch echte oder gefühlte wirtschaftliche Probleme verursacht wird. Aber dort, wo die Inflation wirklich hart zuschlägt, im Lebensmittelbereich, kaufen zumindest wir bisher nicht online. Die explodierenden Kosten in dem Bereich hemmen aber logischerweise die Ausgabenfreude bezüglich anderer Produkte, und das trifft auch die Online-Händler.

TH

 

 


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