Jetzt schlägt’s 13 (AT 1950) #Filmfest 1175

Filmfest 1175 Cinema

Hans und Theo und der Spezialist

Hans ist Hans Moser, Theo natürlich Theo Lingen, es gibt keinen weiteren berühmten Schauspieler mit diesem Vornamen, was ein wenig erstaunlich ist, denn so selten war „Theodor“ gar nicht, als Lingen seine große Zeit hatte. Wie häufig, konnten wir nicht herausfinden, lediglich, dass er im Jahr 1903, als Lingen geboren wurde, nicht zu den Top 30 gehörte. 2023 können wir referieren, da steht er auf Rang 47, mit aufsteigender Tendenz. Allerdings hieß Theo Lingen eigentlich Franz Theodor Schmitz, und beides waren nun wirklich gebräuchliche Namen. Lingen ist hingegen eine Stadt an der Ems. Aber Hans Moser hieß bürgerlich ja auch Johann Julier, Moser hingegen ist einer der häufigsten Nachnamen in Österreich, eine Quelle sagt, er steht auf Rang 9, eine andere setzt ihn auf Platz 13. Trotzdem ist „Jetzt schlägt’s 13“ keine Verstellungs-, ja nicht einmal eine richtige Verwechslungskomödie – und wer ist der Spezialist? Dies und mehr klären wir in der -> Rezension.

Handlung (1)

Erst drei Wochen ist Hedy mit dem Schriftsteller Mario Jaconis verheiratet, als es ihr bereits reicht. Als der langjährige Diener Max ihm mal wieder heimlich vermeintliche Liebesbriefe seiner weiblichen Anhängerschaft zustecken will, entlässt sie Max auf der Stelle. Max muss nicht nur seinem langjährigen Arbeitgeber ‘Auf Wiedersehen’ sagen, sondern auch Köchin Wetti und Stubenmädchen Mizzi, mit denen er zeitgleich ein Verhältnis hatte. Wie bei jeder früheren Liebschaft markiert er auch das Ende mit Mizzi und Wetti auf einer seiner Karteikarten mit einem Kreuz. Auf allen Karten hat er nicht nur ein Foto der Geliebten, sondern auch ein Andenken an sie angebracht sowie den Zeitpunkt des Kennenlernens und des Beziehungsendes vermerkt. In sein Gepäck legt Max zudem ein gutes Paar Tranchiermesser für seine nächste Anstellung. Hedy fordert bei der Arbeitsvermittlung Vybiral umgehend einen neuen Diener an. Die Vermittlung schickt den alten Ferdinand in Jaconis Haus Sonnenschein. Ferdinand Haushofer hat keine Arbeitszeugnisse, da alle Arbeitgeber während seines Dienstes verstorben sind.

Max und Ferdinand stoßen an der Bushaltestelle im Ort aneinander und vertauschen aus Versehen ihre Koffer. Ferdinand wird anschließend im strömenden Regen vom neuen Verleger Marios, Michael Ravestyn, im Auto zur Villa Sonnenschein mitgenommen. Da aufgrund des Gewitters die Klingelanlage ausgefallen ist, steigen beide Männer über den Balkon in die Villa ein. Sie werden zunächst für Einbrecher gehalten, doch klärt sich die Verwechslung schnell auf und Ferdinand beginnt beflissen seinen Dienst. Neben dem Ehepaar und Michael zählt auch Hedys beste Freundin Lizzi, die gerade angekommen ist, zu den Anwesenden.

Max liest in einer Zeitung von einem Massenmörder, der sich als Hausdiener ausgibt und häufig mit einem Komplizen auftritt. Das von hinten aufgenommene Foto des Mannes lässt Max sofort an Ferdinand denken und er warnt Mario telefonisch vor ihm. In Ferdinands Koffer findet Max zudem eine Flasche Gift und zahlreiche Kriminalromane mit schaurigen Titeln, sodass er keinen Zweifel mehr hat. Ferdinand wiederum kann sich nicht ausweisen, weil sein Pass in dem vertauschten Koffer liegt. Er findet in Max’ Koffer nicht nur die Karten mit den vermeintlichen Todesdaten der Frauen, sondern auch die Tranchiermesser und glaubt nun seinerseits, dass Max ein Mörder ist. Max schleicht sich mit Marios Hilfe zurück in die Villa und es kommt zu zahlreichen Verwechslungen, Verdächtigungen und Schreckmomenten. Am Ende gelingt es Max und Mario, die vermeintlichen Mörder Ferdinand und Michael auf ihren Zimmern einzuschließen. Als sich Ferdinand, der seinerseits aus der inzwischen verschlossenen Villa fliehen will, den Weg aus dem Zimmer freisägt und zu Michael flüchtet, schlagen Max und Mario die beiden Männer nieder, stecken sie in Mehlsäcke und legen sie gefesselt in den Keller. Hier können sich Ferdinand und Michael erneut befreien und schlagen am Ende Max und Mario nieder, fesseln sie und rufen die Polizei. Sie fliehen anschließend aus dem Haus und nehmen Hedy und Lizzi mit, die sie aus den Klauen der Verbrecher retten wollen, zumal sich Michael längst in Lizzi verliebt hat. Nachdem sie aus der Ohnmacht erwacht sind, verfolgen Max und Mario zusammen mit dem eingetroffenen Gendarm Haberzettel Michael und Ferdinand. Mario findet Hedy in einem vor einem Gasthaus abgestellten Wagen und beide versöhnen sich. Max und der Gendarm stellen Ferdinand, der jedoch behauptet, unschuldig zu sein. Tatsächlich erweisen sich die Zeitung von Max als fünf Jahre alt und der Mörder als längst hingerichtet. Das vermeintliche Verbrecherpärchen Michael und Lizzi, das in einem Nebenzimmer eingeschlossen wurde, hat die gemeinsame Zeit küssend verbracht und sich spontan verlobt. Während Max wieder als Diener bei Mario und Hedy arbeiten darf, wird Ferdinand am Ende der neue Diener von Michael und Lizzi.

Rezension

Der Spezialist ist freilich E. W. Emo, der Regisseur des Films:

Emerich Josef Wojtek war der Sohn eines Oberlehrers. Er besuchte die Landesrealschule in Krems und leistete im Ersten Weltkrieg Militärdienst. 1919 arbeitete er zunächst als Komparse und danach als Hilfsregisseur, Aufnahmeleiter und schließlich Regieassistent in der Filmbranche. 1927 kam er als Regieassistent nach Berlin und arbeitete hier auch als Schnittmeister und Dramaturg mit verschiedenen Regisseuren zusammen. 1928 inszenierte er seinen ersten Spielfilm namens Flitterwochen. Danach drehte er zahlreiche Unterhaltungsfilme und mit Beginn der Tonfilmzeit auch mehrere Musik- und Operettenfilme. Emo hatte als Regisseur erheblichen Anteil an der Popularität von Schauspielern wie Paul HörbigerTheo Lingen und vor allem Hans Moser, der in insgesamt 21 seiner Filme mitspielte. 1936 gründete er in Berlin mit Paul Hörbiger und dem österreichischen Konsul Karl Künzel die Algefa-Film. Im selben Jahr wurde sein Künstlername als amtlicher Name „Emerich Walter Emo“ anerkannt. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Emo noch mehrere Spielfilme realisieren. (1)

80 Filme hat E. W. Emo realisiert, in der IMDb steht „Jetzt schlägt’s 13“ auf Rang 7 und erhält für eine deutschsprachige Komödie gute 7,1/10 – allerdings, wie alle anderen Filme dieser Art, auf der Basis nur weniger Stimmen. Weitere bekannte Werke sind „Wir werden das Kind schon schaukeln“, zusätzlich zu Hans und Theo noch mit Heinz (Rühmann), der natürlich überall, wo er mitspielte, „first billed“ war, oder „Anton der Letzte“, in dem Mosers Komik gar nicht mehr so sympathisch wirkt. Die meisten Filme von allen dürfte aber Theo Lingen gemacht haben, ca. 200 – meist als Darsteller in Nebenrollen.

Wer sich also fragt, warum diese Herren seinerzeit richtige Volksschauspieler und überaus beliebt waren: Es lag auch an ihrer großen Präsenz, die sie vom Theater her, in dem sie, außer Rühmann, zuhause waren, nie alleine hätten erlangen können. Dazu war die Kombination des deutsch-österreichischen Films notwendig und ein Publikum von 80 bis 100 Millionen Menschen. Die österreichischen Filme der Nachkriegszeit waren und sind bis heute entweder von deutschen Firmen koproduziert oder hauptsächlich für den deutschen Markt gedacht, wenn sie auf kommerziellen Erfolg ausgerichtet sind.

Eines muss man E. W. Emos Inszenierungen auf jeden Fall lassen. Wer sein Handwerk in Berlin gelernt hat, kann Tempo. „Jetzt schlägt’s 13“ ist eine der schnellsten und handlungsreichsten Komödien jener Zeit, ohne dass es so arg angestrengt wirkt wie in vielen rein deutschen Filmen dieses Genres. Etwas laut geht es schon zu, das ist sozusagen vom Inszenierungsstil des Dritten Reiches übrig geblieben. Nicht angestrengt heißt nicht, dass nicht ziemlich durch den Plot gehetzt wird. Eben etwas unangestrengter gehetzt. Die Darsteller können das aber meistern, und das ist das Gute daran. Moser sowieso, Lingen beinahe ebenso gut, außerdem tut der wunderbare Josef Meinrad der Besetzungsliste gut, der in den Sissi-Staatsmelodramen für ein paar komische Momente sorgen durfte. Er war in Komödien einsetzbar, aber kein Komiker wie Moser oder Lingen, wirkt hier als Dichter einigermaßen glaubwürdig, ohne dass er zeigen muss, ob er gut ist.

Für den film-dienst war Jetzt schlägt’s 13 ein „Lustspiel mit geradezu absurder Situationskomik, das durch die pointierte Typisierungskunst Mosers und Lingens zum Lachen reizt.“[2]

Im Moser Hans steckt, wenn er einen Diener spielt, immer der Dienstmann, seine Lebensrolle, im Norddeutschen Lingen hingegen etwas von einem englischen Butler mit teutonischer Physiogonomie, so typisieren die beiden auch ihre Figuren in diesem Film. Der eine ist ein Ladykiller und wirkt etwas snobistisch, wozu seine nasale Aussprache hervorragend passt, der andere flitzt und grantelt und stottert, aber ganz am Ende sitzt Lingen, sozusagen als Sahnehäubchen, mit kaputtem Geschirr auf der Treppe, weil er über seinen eigenen Perfektionsanspruch gestolpert ist. Im Einzelnen sind die Gags allesamt nicht sehr innovativ, man hat einen konventionelles Eifersuchtsdrama mit vielen Standards des Slapsticks verknüpft und dem Ganzen eine Kennenlerngeschichte beigefügt.

Finale

Was den Film recht angenehm macht: Dass er weitgehend frei von politischen oder sozialen Kommentaren ist, solche fallen nämlich auch im Wiener Film jener Jahre oft ziemlich reaktionär aus, freilich muss man davon absehen, dass hier wieder die Klassengesellschaft als der Normalfall dargestellt wird und die Kumpanei zwischen Chef und Diener Letzteren nicht davor bewahren kann, von der neurotischen Ehefrau gefeuert zu werden – bzw. sie drängt ihren Mann massiv dazu. Wenn man es mit etwas Humor ganz hochziehen will: Der Hauptwiderspruch ist eben doch die Klassenfrage, nicht der Kampf der Gender. Dem steht, schön quer hineingeschoben, entgegen, dass sich Frauen gerne um Prachtexemplare wie Theo oder Josef zanken dürfen. Der umgekehrte Fall kommt im deutschsprachigen Film dieser Zeit auch vor, aber zu selten; wenn, eher in Dramen, denn zwei Männer, die sich in dieselbe Frau verlieben, das ist eine ziemlich viel ernstere Sache. Eine Verstellungs- oder Verwechslungskomödie ist der Film für mich nicht, weil niemand vorgibt, etwas anderes zu sein, als er ist oder für jemand anderen gehalten wird. Lediglich traut man beiden Dienern mehr oder weniger zu, Mörder zu sein, woraus sich fast der gesamte Slapstick speist. Bis heute ungeklärt: Dass Theo den teuren Wein als „Abschiedsgeschenk“ mitnimmt. Der kommt im Rest des Films nimmermehr zum Einsatz und das ist schad und bissl fad.

66/100

© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2020)

(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia aao

Regie

E. W. Emo

Drehbuch

Fritz Koselka
Lilian Belmont

Produktion

Carl Szokoll
für Helios-Film, Wien

Musik

Bruno Uher

Kamera

Helmuth Ashley

Schnitt

Hermann Leitner

Besetzung

 


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