Briefing Geopolitik, Verteidigungsfähigkeit, EU, USA, Joe Biden, Kamala Harris, Donald Trump, US-Wahlen 2024, Wehretat, Rüstungsindustrie, Kriegswirtschaft, Russland, Ukraine, Atomwaffen, Geostrategie, Partnerschaft und Ausgleich
Manchmal bauen wir unsere Artikel anhand von Umfragen oder Statistiken auf – aus Zeitgründen und der leicht erfassbaren Struktur wegen. Aber bei diesem Thema muss auch mal „frei“ getextet werden. Das „frei“ stimmt aber nur zum Teil, denn wir nutzen eine weitere Möglichkeit in letzter Zeit verstärkt, nämlich uns Artikel-Zusammenfassungen, Recherchen und auch knappe Analyse-Ansätze von einer KI als Vorbereitung für unsere Meinungsäußerung erstellen zu lassen. Heute haben wir uns einen Artikel zum aktuellen Abschiedsbesuch von US-Präsident Joe Biden in Deutschland herausgesucht, der für viele andere Beiträge zum Thema steht. https://www.t-online.de/nachrichten/tagesanbruch/id_100512218/joe-biden-trifft-scholz-in-berlin-heute-letzte-warnung-fuer-deutschland-.html. Die Zitierungen [1] und [2] betreffen diesen Artikel.
Zusammenfassung und Kurzanalyse
Der Artikel befasst sich mit dem Kurzbesuch des US-Präsidenten Joe Biden in Berlin und nutzt diesen Anlass, um die deutsche Verteidigungspolitik kritisch zu beleuchten. Hier eine Zusammenfassung der verteidigungsrelevanten Aspekte:
## Kritik an der „Zeitenwende“
Der Autor kritisiert, dass die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ in der Verteidigungspolitik bisher kaum Fortschritte gemacht hat. Er bezeichnet sie als „Zeitenwendeversuch“ oder sogar „Zeitenwendeverweigerung“[1].
## Rückgang der Bundeswehrbestände
Der Artikel zitiert Studien, die einen drastischen Rückgang der Bundeswehrbestände aufzeigen:
– Vor 20 Jahren: 434 Kampfflugzeuge, 2.398 Kampfpanzer, 978 Haubitzen
– 2021: 226 Flugzeuge, 339 Panzer, 121 Haubitzen[1]
## Langsame Wiederbeschaffung
Bei der aktuellen Beschaffungsgeschwindigkeit würde es laut den zitierten Studien:
– 40 Jahre dauern, um den Bundeswehrbestand auf das Niveau von 2004 zu bringen
– Fast 100 Jahre für die Wiederherstellung des Haubitzenbestands[1]
## Öffentliche Meinung
Eine repräsentative Umfrage zeigt, dass 63% der Bundesbürger der Meinung sind, Deutschland sollte mehr in die Verteidigung investieren, um die Abhängigkeit von den USA zu verringern[1].
## Analyse
Der Artikel zeichnet ein alarmierendes Bild der deutschen Verteidigungsfähigkeit. Die präsentierten Zahlen zeigen einen dramatischen Rückgang der militärischen Ausrüstung über die letzten zwei Jahrzehnte. Die Kritik an der langsamen Umsetzung der „Zeitenwende“ erscheint angesichts dieser Daten berechtigt.
Der Autor argumentiert, dass angesichts der geopolitischen Lage – mit Russlands Aggression im Osten und der Unsicherheit über die zukünftige US-Unterstützung – eine schnelle Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit dringend notwendig sei. Die langsame Beschaffungsgeschwindigkeit wird als besonders problematisch hervorgehoben.
Die öffentliche Meinung scheint diese Besorgnis zu teilen, wie die Umfrageergebnisse zeigen. Dies könnte als Mandat für die Regierung interpretiert werden, mehr in die Verteidigung zu investieren.
Insgesamt vermittelt der Artikel ein Gefühl der Dringlichkeit und warnt vor möglichen schwerwiegenden Konsequenzen, sollte Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit nicht schnell und substanziell verbessern.
Kommentar
Was glauben Sie? Wird Deutschland im konventionellen Bereich so rüsten können, dass es seine frühere Verteidigungsfähigkeit in absehbarer Zeit wiedererlangen kann? Wenn das überhaupt möglich wäre, dann nur mit gigantischen Bestellungen in vielen anderen Ländern, denn die deutsche Rüstungsindustrie ist auch nach der „Zeitenwende“ nicht ausgelegt darauf, in kurzer Zeit die benötigten Mengen an Waffen und Material zu produzieren. Und das kann man nicht so schnell ändern, in einer Demokratie. Deswegen wollen wir das Alarmistische auch ein wenig dämpfen: Falls Boris Pistorius ein guter Verteidigungsminister ist, und das wird ihm bisher zugerechnet, sonst wäre er nicht aktuell Deutschlands beliebtester Politiker, dann tut er das, was eben geht. Dass man immer mehr Geld in die Verteidigung pumpt, ist ohnehin Stand der Dinge, und die im Artikel enthaltene Grafik gibt nicht den aktuellen Stand wieder, der liegt, vor allem inklusive „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro, deutlich höher als 1,52 Prozent vom aktuellen jährlichen BIP, das ja auch nicht mehr wächst, wie wir wissen.
Und da liegt schon ein Problem. Demokratien müssen, sofern nicht akute Notfälle vorliegen, eine Balance zwischen dem Wohlstand der Bürger:innen und strategischen Erfordernissen wahren. Die USA haben mit ihrer Neigung, die strategischen Erfordernisse zu priorisieren, aber trotzdem niemandem richtig wehtun zu wollen, einen gigantischen Schuldenberg angehäuft, den Deutschland, vermindert um die Relation zur Größe der Volkswirtschaft, nicht tragen könnte, weil bestimmte wirtschaftliche Parameter bei uns anders aussehen, wie etwa das viel geringere Volksvermögen, das den Schulden gegenübersteht oder die Tatsache, dass die USA mit dem Dollar als Leitwährung freier operieren können.
In Russland hingegen, so wird aktuell geschätzt, liegt der Rüstungsanteil am BIP derzeit nicht bei 2 Prozent, wie von den USA für Deutschland gefördert, nicht bei 4 Prozent, wie bisher, sondern aufgrund des Ukrainekriegs bei 30 bis 40 Prozent. Das ist eindeutig Kriegswirtschaft, wie es sie in Deutschland nur während der beiden Weltkriege gab, andere Länder mussten dann nachziehen, um die Aggressionen abzuwehren. Die Opfer, die die Zivilbevölkerung dafür bringen musste, waren im Ersten Weltkrieg dramatisch, es herrschte Hunger im Land, natürlich auch wegen der Blockade durch die Entente, und im Zweiten Weltkrieg war die Kriegswirtschaft nicht in der Lage, die enormen Zerstörungen im Land zu verhindern.
Außerhalb von Kriegszeiten ist die Umstellung auf Kriegswirtschaft in einer Demokratie nicht zu vermitteln, das ist natürlich ein Systemnachteil gegenüber Diktaturen. Der Vorteil liegt aber auch auf der Hand: Volkswirtschaften von Demokratien sind bisher zumindest weitaus erfolgreicher und können sich zusammenschließen, um die Verteidigungsfähigkeit herzustellen. In dem Artikel wirkt es so, als ob Deutschland immer noch alles alleine stemmen müsste oder noch mehr als bisher, falls die USA unter dem künftigen Präsidenten oder der neuen Präsidentin Europa einen Arschritt geben, um es populärsprachlich auszudrücken. Wir glauben nicht, dass das wirklich passieren wird, denn wo stünden die USA geostrategisch ohne die Verbündeten in Europa? Das wird sein Stab auch Trump klarmachen, oder er wird umgebracht werden. Kein Witz, wir glauben nicht, dass die Strategen, die die USA tatsächlich steuern, diesen Plan B oder C nicht schon in der Tasche haben, falls dieser abgedrehte Narzisst dem Land außenpolitisch zu großen Schaden zuzufügen gedenkt. Dieser Mord wäre dann auch eine Warnung an seinen Nachfolger, es nicht zu übertreiben. Dafür wird Trump innenpolitisch weitgehend freie Hand haben, und das ist schlimm genug, denn die Rückwärtsentwicklung der weltwichtigsten Demokratie hat natürlich auch eine Ausstrahlungswirkung, die uns alle betrifft. Dass Trump die Europäer etwas bearbeitet, damit sie mehr rüsten, wird hingegen im Interesse dieser Köpfe hinter der Fassade eines Typs sein, der hierzulande vielen als nicht ganz zurechnungsfähig gilt, deswegen konnte er diese rüde Rhetorik während seiner ersten Amtszeit auch ungehindert zelebrieren.
Trotzdem betonten wir schon seit Längerem, dass Europa es wirklich anders machen muss als bisher, schon aus Eigeninteresse, und um sich von der Gefolgschaftsstellung den USA gegenüber etwas befreien zu können. Die USA werden ihre politische Strickmasche nicht ändern, weil sie immer noch mächtig genug sind, um nicht freiwillig eine mehr auf Partnerschaft der übrigen Welt gegenüber ausgerichtete Position einzunehmen. Zumindest glaubt man dort, wo man sich sehr viele Gedanken darüber macht, dass die US-Dominanz aufrechterhalten werden kann. Den Präsidenten wird in den Kommentaren, nicht nur hierzulande, eine zu große Rolle zugerechnet. Sie repräsentieren jedoch vor allem ein eingespieltes, gerahmtes Ganzes, dem sie dienen und das nicht ihnen dient. Das sollte sich langsam auch mal in den Artikeln der Mainstream-Presse niederschlagen. Was auch bedeutet: Die USA werden Europa nicht einfach aufgeben, auch wenn Trump so tut, als ob er das könnte. In Deutschland gibt es die größten und wichtigsten militärischen US-Faszilitäten außerhalb der USA selbst, sie sind geostrategisch von enormer Wichtigkeit und können nicht einfach nach Polen, also an die russische Grenze verlegt werden. Ansonsten kämen nur Länder außerhalb Europas als Ersatzstandorte infrage, die aber militär-geostrategisch weniger Sinn ergeben würden.
Diese Erkenntnis sollte aber nicht dazu verführen, die Hände in den Schoß zu legen, das stimmt schon, diesem Teil der Analyse stimmen wir zu. Die Europäer müssen vor allem ihre Strukturen vereinheitlichen, auch wenn dadurch nationaler Eigensinn und alte Feindschaften getriggert werden, die es nach EU-Lesart gar nicht mehr geben dürfte, die aber trotzdem immer noch eine Rolle in den Köpfen der Menschen, mithin auch der Politiker, spielen. Leider hat man in dieser Hinsicht lange Zeit kaum etwas getan, obwohl es nach der Wende so schön ruhig war, dass man dabei ohne Hast hätte vorgehen können.
Doch, wie meistens, es muss erst Druck entstehen, damit sich etwas ändert. Das ist auch ein Nachteil von Demokratien und von der Freiheit, dass Politiker sich nicht bewegen, weil die Menschen sie dafür wählen, dass sie sich nicht bewegen. Es wird zwar immer Zukunftsfähigkeit gefordert, aber wehe, es kommt dabei zu Umstellungen für uns alle. Auch wir sind von dieser Haltung nicht frei, aber wir sehen auch, dass nicht gefordert wird, dass endlich die Finanzierungslasten in diesem Land gerechter verteilt werden. In dem bezogenen Artikel haben wir darüber kein Wort gelesen, im Grunde gar nichts dazu, wie alles finanziert werden soll.
Das fällt bei den journalistischen Followern des Neoliberalismus immer unter den Tisch, dabei ist das Thema evident: Ohne mehr Power von dort, wo Power vorhanden ist, wird die Zeitenwende nicht die Wirksamkeit entfalten können, die sie haben soll. Und die Armen noch mehr auszuquetschen, das wird bald an seine Grenzen stoßen, wenn man bedenkt, dass z. B. das gesamte Bürgergeld eines Jahres nur ein Viertel des oben genannten Sondervermögens Bundeswehr darstellt und man davon auf verfassungsgemäß e Arthöchstens ein paar wenige Prozent einsparen könnte. Die Presse ordnet den Popanz selten richtig ein, der mit diesem Thema von interessierter rechter Seite aufgebaut wird.
Und deswegen gehen die Bürger nicht mit bei der Zeitenwende, sehen nicht die Konsequenzen für alle. Ihnen wird tatsächlich suggeriert, mit der Sanktionierung von ein paar wenigen Leistungsverweigerern könnte man die Zeitenwende finanzieren. Das ist abenteuerlich und belegt, wie wenig die Politiker von ihren Bürger:innen halten und wie sehr sie darauf setzen, dass die Verdummungsstrategie der letzten Jahrzehnte vollumfänglich erfolgreich war. Damit ist kein Staat zu machen, kein neues Kapital im Buch der Selbstertüchtigung zu schreiben.
Da weder die Rüstung in Deutschland in angemessenem Tempo hochgefahren werden kann, noch niemand endlich von den Reichen eine Sonderabgabe Verteidigung für alle, also auch für sie, verlangen wird, um im Ausland Waffen zusammenzukaufen, da in Europa die erforderlichen gemeinsamen Verteidigungsstrukturen nicht vorhanden sind, um jedem einzelnen Land effizient und geldsparend mehr Sicherheit zu bieten, da die Notwendigkeit, den USA mehr Unabhängigkeit zu demonstrieren, auf jeden Fall besteht, auch wenn Donald Trump die Nato sicher nicht auflösen wird, kommen wir wieder auf das, was uns in letzter Zeit immer stärker beschäftigt und was wir, nicht zu unserer Freude, das darf man uns glauben, immer mehr in den Vordergrund rücken:
Um wirklich sicher zu sein, wird Deutschland eigene Atomwaffen benötigen. Noch nie wurde ein Atomstaat territorial angegriffen. Auf die Zukunft bezogen, ist dies natürlich eine Wette, aber es ist die beste Wette, die man im Moment eingehen kann, die mit der höchsten Erfolgsquote. Wir haben auch schon darüber spekuliert, ob die USA uns tatsächlich im Sinne des Art. 5 des Nato-Vertrages schützen würden, wenn der Bündnisfall eintreten würde. Vielleicht ja, aber mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht im erforderlichen Umfang, also nicht mit dem tatsächlichen Zweitschlag gegen einen Angreifer oder gar einem Erstschlag, sondern nur, siehe Ukraine, solange es konventionell geht und dabei kein hohes Risiko eingegangen wird. Das Eintreten eines Bündnisfalls ist klar geregelt, aber nicht, wie genau die Hilfe für den Angegriffenen in diesem Fall aussehen wird. In der Ukraine wird gerade vorgeführt, wie es langfristig nicht funktionieren kann.
Nach normalen Maßstäben, sollte man meinen, kann Russland keinen Krieg gegen die gesamte Nato gewinnen, niemand kann das. Aber wir wird die Nato wirklich für ein angegriffenes Land eintreten, wenn es zu weiteren Angriffen wie gegen die Ukraine kommen sollte? Die Strategie der USA ist durchaus flexibel, wie man daran sieht, dass seit dem Vietnamkriegsdesaster ein zu großes eigenes Risiko immer vermieden und lieber mal eine geopolitische Niederlage in Kauf genommen wird, als dass man sich wirklich zeigt. Auch das ist ein Unterschied zu Diktaturen. Wir sind zwar der Ansicht, die USA werden Europa nicht fallenlassen, aber was, wenn am Ende eine Abwägung stattfindet, die einen langwierigen Abnutzungskrieg wie in der Ukraine als mögliche Option erscheinen lässt? Und wie gut man daran verdienen könnte, im Sinne der US-Rüstungsindustrie.
Ein weiterer Krieg in Europa muss unbedingt verhindert werden, und wir sehen unter Berücksichtigungen aller Einschränkungen und Wenns und Abers der aktuellen Lage keine andere Möglichkeit, als eine eigene Atomdoktrin zu verfassen und in die Tat umzusetzen. Die Technologie ist in einem immer noch fähigen Industriestaat nicht das Problem und die Umsetzung könnte schneller erfolgen als eine Hochrüstung konventioneller Natur, wie sie im Artikel dargestellt wird, vermutlich mit etwas im Sinne des Alarmismus gedehnten Ertüchtigungszeiträumen, der aber sicher nicht aus der Luft gegriffen ist.
Das ist ideologisch eine riesige Hürde, aber wir sehen in anderen Teilen der Welt, dass umgedacht wird. Wir sind gespannt, ob zum Beispiel Japan nicht diesen Schritt auch gehen wird, um auf die Bedrohungen im pazifischen Raum durch China und Nordkorea eigenständig reagieren zu können. Konventionelle Ertüchtigung dürfte auch dort keine hinreichende Sicherheit vermitteln, wenn man sieht, wie China jedes Jahr sein Rüstungsbudget um eine zweistellige Prozentzahl steigert. In Deutschland wäre es natürlich auch eine Pointe, angesichts der Aufgabe ziviler Atomtechnik, aber die Dinge ändern sich, und wenn wir nicht bereit sind, uns anzupassen, dann werden wir zu Spielbällen der Interessen anderer. Das gilt für jeden von uns im persönlichen Bereich, es gilt bezüglich des Kampfes für die Erhaltung der Demokratie, dessen Notwendigkeit immer deutlicher wird, es gilt im Inneren wie im Äußeren.
Daher ist es notwendig, die Sicherheitspolitik auf die aktuelle Situation einzustellen, wenn wir uns nicht von vornherein ergeben wollen. Es gibt genug Politiker:innen, die genau das super fänden, aber eine Mehrheit dafür bisher nicht. Sollte es zu seiner solchen Mehrheit kommen, wäre das immer noch kein Maßstab, denn die wehrhafte Demokratie muss sich auch gegen Mehrheiten schützen, die sie auf die eine oder andere Weise, sei es durch das Nichtverbot verfassungsfeindlicher Parteien, sei es durch die Einladung von Diktatoren zu Invasionen, abschaffen wollen.
Wir sind uns ziemlich sicher, dass das Atomthema noch auf den Tisch kommen wird, weil es sich aus der aktuellen, verfahrenen Lage ergibt. Alleine damit kann man nicht alles richten, aber ein wichtiges Zeichen dafür setzen, dass man seine eigene Verteidigung ernstnimmt. Und vielleicht auch die Zukunftsfähigkeit des Landes im Ganzen wieder ernstnimmt. Wie es in Deutschland so ist, kann diese Umstellung eine längere Zeit in Anspruch nehmen, und vielleicht passiert es gar nicht, weil sich die Weltlage wieder entspannt. Dann passen wir uns eben wieder an. Aber im Moment ist sie nicht entspannt, und es wird in den nächsten Jahren wohl nicht besser werden.
Deswegen war es wichtig, in dem besprochenen Artikel noch einmal darauf hinzuweisen, dass die künftige Politik der USA ohne Joe Biden auf keinen Fall europazentrierter werden wird. Lediglich das Ausmaß der Prioritätenverschiebung und wie die Kommunkation dazu vonstatten geht, wird variieren, je nachdem, wer die Wahlen am 5. November gewinnen wird.
Noch 15 Tage also bis zur Schicksalswahl nicht nur für die USA. Uns stört es, dass wir diese Wahlen auch in Bezug auf Europa so bezeichnen müssen. Es muss sich ändern, dass wir immer wie das Kaninchen auf die Schlange darauf schauen, welche Wendungen es in den Vereinigten Staaten geben könnte. Europa muss ein Partner werden, nicht weiter ein Anhängsel der westlichen Führungsmacht bleiben. Als Partner wird die EU für die USA auch wieder interessant und wichtig werden, es wird sich als opportun erweisen, mit Europa zu verhandeln und es gleichberechtigt zu behandeln. Dies wiederum würde die Chance eröffnen, geopolitisch modern, friedenssichernd und ohne imperialistische Attitüde Einfluss geltend zu machen. Ein starkes Europa muss ein Vorteil für alle sein, sonst ergibt es keinen Sinn. Ein verteidigungsfähiges Deutschland in Europa ist dafür eine unerlässiche Voraussetzung.
Diese Prämisse würden wir zum Beispiel in einer Atomdoktrin festhalten, wenn wir eine zu schreiben hätten. Empowerment zum Vorteil für den Frieden und den Ausgleich auf der Welt, zur Erhaltung und Verbesserung einer rechtsstaatlichen Weltordnung, in der nicht das Recht des Stärkeren gilt, sondern das Recht auf Selbstbestimmung und faire Partnerschaft aller miteinander die Leitmotive sind. Die Krise der Verteidigungsfähigkeit als Chance zu sehen, um Denkmuster auf die Realität abzustimmen, das ist der Ansatz, der jetzt für eine tatsächliche, überzeugende Zeitwende sorgen würde. Wir sind mit dem Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen“ großgeworden, aber so recht geglaubt haben wir ihn nie, deswegen haben wir auch unseren Beitrag in Form des Wehrdienstes geleistet, dass der Frieden sicher ist. Bisher hat uns die Geschichte recht gegeben.
Es wird noch sehr lange dauern, bis auf der Welt so viel Vertrauen herrscht, die Wunden, die gerade erst wieder geschlagen werdne, verheilt sind, dass man Frieden wirklich ohne Verteidigungsfähigkeit denken kann. Und es wird umso länger dauern, wenn es immer noch möglich ist, andere Länder ungestraft anzugreifen, weil man stärker ist als sie oder sich so fühlt.
TH
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