Update: CDU und BSW: Koalition oder nicht? Demokratie vs. Machiavellismus, Destruktion contra Mitgestaltung (Umfrage + Kommentar)

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Vor weniger als einem Monat wurde die Frage schon einmal gestellt, wir haben damals einen Artikel dazu geschrieben. Er ist hier verlinkt, aber auch unten angehängt, damit Sie die jüngsten Entwicklungen besser nachvollziehen können. Es ergibt nämlich durchaus Sinn, zu diesem Thema nach so kurzer Zeit schon wieder eine Umfrage zu erstellen:

Civey-Umfrage: Sollte sich die CDU Ihrer Meinung nach im Allgemeinen einer Koalition mit dem BSW öffnen? – Civey

Begleittext zur aktuellen Umfrage

Im September fanden in drei ostdeutschen Bundesländern Wahlen statt. In Thüringen und Sachsen könnten sich Koalitionen aus CDU, SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bilden. Am Wochenende stimmten alle drei Parteien sowohl in Thüringen als auch in Sachsen für Sondierungsgespräche. Der sächsische CDU-Vorsitzende Michael Kretschmer betonte: „Kompromisse werden notwendig sein, dürfen aber nicht an den Grundfesten unserer politischen Überzeugung rütteln.“ 

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt zeigte sich gegenüber der dpa optimistisch und sprach von einem „starken Signal“ der drei Parteien bezüglich der Sondierungsergebnisse: „Das ist ermutigend.“ Das BSW besteht jedoch auf einer Präambel mit friedenspolitischem Schwerpunkt. Katja Wolf, die Landeschefin des BSW, erklärte, dass die Friedensfrage „bei aller Freude über das Erreichte im Sondierungspapier“ ein entscheidender Punkt sei. 

Sahra Wagenknecht forderte im Spiegel, dass sich die Landes-CDU in Thüringen und Sachsen von Parteichef Friedrich Merz distanziert – eine Bedingung für die Beteiligung des BSW an möglichen Regierungen. Sie kritisierte Merz‘ Bundestagsrede scharf und warf ihm vor, er würde mit seiner militärischen Unterstützung für die Ukraine einen deutschen Kriegseintritt gegen Russland fordern. Thüringens CDU-Vize Christian Hirte wies Wagenknechts Forderungen als „immer abenteuerlicher“ zurück. Sowohl für die CDU als auch für die SPD seien die Westbindung Deutschlands, die NATO-Mitgliedschaft und die Unterstützung der Ukraine nicht verhandelbar. CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter betonte, dass diese Positionen im Gegensatz zu den außenpolitischen Forderungen des BSWs stehen würden.

Kommentar

In unserem angehängten Artikel, zu dem der vorliegende als Update erstellt wird, haben wir einen großen Bogen geschlagen, vor allem wegen der Friedensfrage, wegen der Strategie zu Frieden oder Krieg, zur Betrachtung von CDU und BSW im Ganzen. Die heutige Umfrage führt uns hingegen wieder zurück auf eine Beobachtung, die älter ist: Sahra Wagenknecht zeigt ihr wahres Gesicht. Wir kennen es schon länger, viele werden aber überrascht sein, wie sie jetzt von oben herab die Verhandlungen ihrer Gefolgsleute in den Ländern mit der CDU zu sabotieren versucht mit immer neuen, immer schärferen Forderungen. Was uns an Sahra Wagenknecht immer schon gestört hat, außer in einer kurzen euphorischen Phase nach dem Eintritt in die Linke, als wir dachten,  Hauptsache, es wirkt alles irgendwie (nach) links. Dass sie mit Oskar Lafontaine zusammen ist, und den kennen wir aus jahrzehntelanger Anschauung recht gut. Kein Wunder, dass jetzt viele hinter ihrer Erpressungspolitik sein Muster erkennen, wir sehen das schon länger.

Die BSW-Politiker in den Ländern können sich am Ende nicht eigenständig positionieren, weil sie auf Wagenknechts persönlichen Ticket ihre Mandate errungen haben, sie sind in der Zwickmühle, weil sie von anderen Parteien kommen oder neu im politischen Geschäft sind und es kein einfaches Zurück für sie gibt, wenn sie merken, dass sie es mit einer diktatorischen Parteiführung zu tun haben, die ihnen den Weg zur Mitgestaltung verbaut.

Also werden sie das nachplappern müssen, was Wagenknecht vorgibt, und das ist, mit einem Wort: ungut. Wir sind nicht wirklich überrascht. Dem liegt keine Erleuchtung zugrunde, sondern eben langjährige Beobachtung aus relativer Nähe. Wir haben auch nie die Story so richtig gekauft, dass Wagenknecht aus der Linken ganz einseitig hinausgemobbt wurde. Der Hass vieler Politiker:innen dort auf sie, der sich unter anderem in Tortenwürfen auf Parteitagen äußerte,  kann nicht aus dem Nichts gekommen sein oder daher rühren, dass sie „brillanter“ war als diejenigen, die sie nicht ausstehen konnten und auch nicht allein von unterschiedlichen Positionen, denn die KPF, die Kommunistische Plattform, die Wagenknecht außenpolitisch sehr nahesteht, ist ja noch in der Partei.

Wagenknecht setzt im Moment voll auf die Karte, dass ohne das BSW in den drei Bundesländern, in denen zuletzt  gewählt wurde, keine Regierungsmehrheit  zustandezubringen ist, welche die AfD von der Macht fernhält. Deswegen verlangt sie von der CDU einen Kniefall, der im Grunde unmöglich ist und den die Bundes-CDU verhindern muss, wenn sie nicht ihre Chancen für die Bundestagswahl 2025 beschädigen will. Genau darauf dürfte das BSW aber abzielen. Machiavellismus, wie wir ihn von Oskar Lafontaine kennen. Kaum hatte er damit Erfolg, im Wahlkampf 1998, hatte er sich um dessen Früchte beraubt und war erst als Bundesfinanzminister zurückgetreten, dann aus der SPD geflüchtet. Machiavellismus und Narzissmus sind schwierige Partner, wenn icht sogar unmögliche. Letzterer bringt ersteren um die Früchte seines Erfolges.

Selbst schuld. Die „Altparteien“ sind wirklich selbst schuld, dass sie in eine Lage geraten sind, in der sie von solchen Persönlichkeiten abhängig wurden. Sie haben es nicht verstanden, im Osten erfolgreich zu bleiben, zumindest in dem Maße, dass es auch ohne das BSW gegangen wäre. Ein Armutszeugnis, dass CDU, Grüne, SPD und FDP zusammen nicht stark genug sind, um eine Regierungskoalition gegen die AfD bilden zu können und stattdessen auch noch Raum geben für eine Partei, die allerdings, wenn ihre Chefin so weitermacht, eine vorübergehende Erscheinung im deutschen Politikbetrieb bleiben dürfte.

Was aber nach den September-Wahlen möglich wäre: Eine Koalition aus AfD und BSW. Zwei Parteien, von denen eine gerade mal elf Jahre alt ist, die andere erst ein knappes Jahr, führen das gesamte System derart vor. Wir haben bei Wagenknecht vor den Wahlen von einer Hybris geschrieben, als sie ihre Forderungen aus der Weltpolitik als Maßstab für die Landespolitik hernahm. Dabei bleiben wir auch jetzt, unabhängig davon, dass das BSW bei den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg tatsächlich die zweistelligen Ergebnisse erzielt hat, die prognostiziert worden waren. Klar wollen die Menschen Frieden. Die Menschen wollen vieles, was aber auf dieser Ebene nicht entschieden wird, und es ist unehrlich, andere Parteien und letztlich auch die Bevölkerung der Bundesländer in Geiselhaft für weltpolitische Umwälzungsabsichten zu nehmen. Auf der Ebene, auf der diese Fragen verhandelt werden, wird Wagenknecht keine Revolution anstoßen, das sollte jedem klar sein, der ihr folgt.

Jetzt hat die CDU den Salat, obwohl sie sich im Osten im Vergleich zu anderen „Altparteien“ recht gut gehalten hat, zumindest in Sachsen und Thüringen. Ihre Landeschefs sollen sich von Friedrich Merz distanzieren, weil er weiterhin die Westbindung der BRD hochhält, die eine Kerngrundlage von deren Politik seit ihrer Gründung ist. Wenn das infrage gestellt wird, dann wird es eher auf dem Verhalten der USA bei abermaliger Präsidentschaft von Trump basieren als darauf, was Wagenknecht gerne hätte. Natürlich kann es im Land selbst zusammenwirken und die Stimmung der Bevölkerung negativ beeinflussen, deswegen sind ja die BSWler auch so trump-geneigt.

Da biestet es sich doch an, nachzuhelfen, indem man glaubt, die CDU spalten zu können. Und nach der Lesart es Ostens könnte es, wenn auf dieser Basis keine Koalition möglich ist, sein, dass die CDU den Schaden davon hat, nicht das BSW. Wir möchten die Wähler:innen, die Menschen im Osten dringend bitten, sich das, was hier vorgeht, genau anzuschauen und nicht zu glauben, dass Wagenknecht in ihrem Interesse handelt und spricht. Hier geht es um Macht, um Autokratiefreundlichkeit, die Machtkonzentration erlaubt, und um nichts anderes. Hier geht es darum, die Feindseligkeit Ländern gegenüber, die dafür gesorgt haben, dass die BRD erfolgreich werden konnte, die sie mit ihrem Mann Oskar Lafontaine teilt, Politik in Deutschland werden zu lassen. Der Schaden einer solchen Politik wäre gigantisch, auch wenn wir der Ansicht sind, dass Europa eigenständiger werden muss. Eigenständig heißt aber gerade nicht, sich den großen Diktaturen im Osten unterwerfen.

Wir müssen nicht in jedem Artikel wiederholen, dass unser System nicht perfekt ist und die USA eine Führungsmacht mit erheblichen ethischen Schwächen, aber wer glaubt, er sei bei Putin besser aufgehoben, der muss wirklich … nein, wir werden jetzt nicht populärsprachlich, aber wer eine echte Diktatur möchte, nicht nur eine gefühlte, die es in der Realität gar nicht gibt, loswerden will, der soll halt gut finden, was das BSW da veranstaltet, die übrigen dürfen darüber nachdenken, um was es wirklich geht.

Dass wir mal die CDU verteidigen müssen gegen jemanden, der aus unserer ehemaligen Partei ausgetreten ist, das hätten wir auch nicht gedacht, es ist auch keine Verteidigung der CDU. Es geht um die Demokratie, die nicht unter Putinfreunde fallen darf, und wer, auch gegenüber dem untenstehenden Ausgangsartikel, den Eindruck hat, wir werden nun auch allgemeiner und grundsätzlicher, der hat sicher nicht unrecht.

Denn mittlerweile steigt echter Ärger hoch, weil wir doch die Hoffnung hatten, es kommt nicht so, wie wir es befürchtet hatten.

Jetzt spielt auch wieder die Überlegung eine Rolle, dass viele Beobachter der Ansicht sind, das BSW kann gar nicht mitregieren, weil es sich damit entzaubern und zu einer ganz normalen „Systempartei“ würde, die sich tatsächlich aktiv gestaltend und nicht nur ständig mit Maximalforderungen kritisierend am politischen Prozess beteiligen müsste. Vielleicht spielt auch das beim Konfrontationskurs des BSW eine Rolle, dass man durch Erpressung und Verweigerung stark und stärker werden will, egal, ob die Demokratie darunter zusammenbricht oder auch nicht egal, sondern gewollt.

Auf dem Weg dorthin kann man ja die Bundesländer dem Chaos mit Endsieg AfD überlassen, um bei der Bundestagswahl 2025 so richtig aufzutrumpfen, wenn politisches Chaos herrscht, das man selbst verursacht hat.

Zum Glück wird es im Westen auf absehbare Zeit keine solchen Verhältnisse geben und die erfahreneren Demokraten dort werden sich anschauen, welches Spiel sich im Osten gerade wiederholt, das einst schon dazu beigetragen hat, der SPD schweren Schaden zuzufügen und sie nach der Schröder-Ära 16 Jahre lang von der Regierungsführung fernzuhalten.

Eines können wir natürlich nicht prognostizieren: Wo dieser Ritt auf der Kanonenkugel, den der weibliche Münchhausen der deutschen Politik gerade vollführt, enden wird. In der Realität sind nicht alle Widerstände so leicht überwindbar wie in Schelmengeschichten.

Sahra Wagenknecht und ihre Anhänger, einige kennen wir ja persönlich, werden das alles ganz anders sehen und ein Narrativ zu diesem Umgang mit der Demokratie haben, das alles rechtfertigt, was von dieser Seite noch kommen wird. Uns ist die Demokratie aber wichtiger, als eine einzelne Person es je werden könnte, und wer so deutlich auf deren Schaden zielt, wie wir es uns als „Worst Case Scenario“ ausgemalt haben, den müssen wir als Gegner:in definieren.

Wenn man es nicht nur populistisch angeht, sondern differenziert, ist man natürlich viel eher in einem Dilemma. Wir haben uns kürzlich zum Beispiel „eher dagegen“ ausgesprochen, dass die Ukraine mit Waffen aufgerüstet wird, die den Krieg eskalieren lassen können, aber betont, dass der Westen mit seiner derzeitigen Haltung nur den Krieg verärgert und in vieler Hinsicht verlustreicher macht, anstatt sich mit allem, was er hat, tatsächlich hinter das angegriffene Land zu stellen. Das ist eine andere Haltung, als wenn Wagenknecht die Ukraine ausgelöscht sehen will, denn jeder weiß, dass Putin nicht eher Ruhe geben wird, falls der Westen sich zurückzieht. Letzterer kann aber auch nicht weitermachen wie bisher, und genau das befürchten wir, dass diese halbgare Haltung noch jahrelang für Opfer und Kosten sorgen wird.

Wagenknecht hat den Hass auf den Westen sozusagen mit der Muttermilch eingesogen und war eine knallharte Stalinistin, als sie politisch anfing.

Wer das vergisst, kann nicht entschlüsseln, was sie derzeit antreibt, wo sie erstmals etwas wie Macht verspürt. Wenigstens im Westen müssen wir dafür sorgen, dass jemand mit einer solchen Mentalität nicht dem Land unermesslichen Schaden zufügt. So sehr sie in vielen Fragen ökonomischer Natur richtig liegt: Das alles ist wertlos, wenn sie das System zerstören will, in dem man ihre wirtschaftspolitischen Ansätze berücksichtigen könnte. In einer Diktatur à la Putin mit ihrer extremen Ungleichverteilung von Macht und Reichtum könnte sie das nie, und sie ist nicht so blöd, das nicht zu wissen. Das stellt auch die berechtigten Teile ihrer Kritik in ein ganz anderes Licht: Könnte sie nur einen dieser Kritikpunkt zum Gegenstand von Realpolitik machen, wenn sie unter Putins Ägide Politik machen müsste?  So gesehen, kann man diese berechtigten Punkte auch als Fassade betrachten.

Deshalb bezeichnen wir ihre Haltung als zerstörerisch, als destruktiv. Und da sehen wir wieder den alten Tunichtgut, der hinter ihr steht. Sein Einfluss wird von jenen unterschätzt, die seine politische Linie nicht so im Blick haben und daher nicht sehen, wie seine Frau diese fortführen will. Er war uns schon als Ministerpräsident unseres Heimatlandes unsympathisch, wirklich gut geliefert hat er nicht; auch seinetwegen haben wir damals nicht die SPD gewählt. Da war noch gar nicht abzusehen, wie er sich als destruktives politisches Element entpuppen würde. Dieses uralte Unbehagen, das wir in neuerer Zeit auch seiner Frau gegenüber Platz gegriffen hat, zeigt wieder, wie richtig ein Bauchgefühl sein kann, das man schon in der Jugend entwickelt. Einfach aus der direkten Beobachtung heraus, und sie war wirklich direkt, weil wir eine Freundin bei den Jusos hatten, die wir auf Veranstaltungen mit ihm begleiteten. Wie tritt jemand auf, wie wirkt er auf uns? Da war immer etwas, was uns abgeschreckt hat. Dass er trotzdem eine große Anhängerschaft hatte und noch hätte, wenn er wieder aktiv in die Politik einstiege, steht dem nicht entgegen, das war auch bezüglich seiner Erfolge mit der Linken so, als er mit Gregor Gysi zusammen im Jahr 2009 das bisher beste Wahlergebnis für die Partei holte. Dem Ossi Gysi, den wir persönlich nur wenige Male gesehen haben, vertrauen wir in mancher Hinsicht mehr als dem Typ, den wir in unmittelbarer Nachbarschaft lange studieren konnten. Und angesichts von dessen Persönlichkeitsstruktur konnte er sich nur mit jemandem zusammentun, der genauso tickt. Innerfamiliärer Pluralismus? Unmöglich.

So muss man leider auch Wagenknecht lesen, als jemanden, der nichts Gutes im Schilde führt und dafür den Frieden-sofort-Schutzschild verwendet, gegen den ja kein anständiger Menschen wirklich etwas haben kann, gemeint ist der Frieden, nicht der Missbrauch des Begriffs für imperialistische Zwecke. Die Politik der Ampel und des gesamten Westens spielt ihr leider maximal in die Hände, das lässt sich nicht bestreiten.

Wird die Politik daraus lernen?

Schon oft haben sich auch in demokratischen Systemen politische Kräfte nicht als lernfähig erwiesen und gingen unter. In vielen Ländern haben klassische, traditionelle Parteien schon von Einzelpersonen gesteuerten Plattformen weichen müssen, die auf begrenzte Zeit angelegt sind und damit per se die Stabilität nicht gerade fördern. Wenn wir sehen, wie die anderen Parteien so gar nicht mit dieser neuen Herausforderung, die sich jetzt neben der AfD aufstellt, umgehen können, wie sie sich von einer einzigen Person vorführen lassen, dann sieht man, wie angeschlagen diese Demokratie in Wahrheit schon ist. Zumindest gilt das im Osten. Nun hoffen wir also, dass sie im Westen besser verwurzelt ist.

Sollen wir Wetten abschließen, wie dieser Koalitionspoker ausgehen wird? Lieber nicht, da wir ja schon keine Prognose wagen. Allerdings halten wir es für möglich, dass doch, vor allem im Westen, viele dieses Spiel durchschauen und die Strategie nicht aufgehen wird, sich auf Kosten der Demokratie und der Menschen in Ostdeutschland auch bei der Bundestagswahl 2025 ein zweistelliges BSW-Ergebnis über ganz Deutschland hinweg abzuholen. Da müssen die anderen auch endlich dagegenhalten.

Wir haben übrigens abgestimmt wie beim letzten Mal, mit „überwiegend nein“ (damals mit „überwiegend ja“, weil die Frage andersherum gestellt war). Lieber keine Koalition mit diesem politischen Irrlicht, das sie eben leider doch zu sein scheint, die Frau mit der Rosa-Luxemburg-Optik, die aber inhaltlich so weit von diesem großen Vorbild der Linken abweicht.

Wir haben nei unserem Votum die grundsätzlichen Positionen über die Erfordernisse der Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen gestellt. Deswegen haben wir auch nicht mit „auf keinen Fall“ gestimmt. Wenn es nicht anders geht, geht es nicht anders. Das ist Demokratie. Wenn man daraus einen Hebel gegen die Demokratie machen will, indem man die CDU in eine Minderheitsregierung zwingt oder gar zu einer Koalition mit der AfD, ist das Brutal-Machiavellismus, egal, ob die CDU sich diese schlechte Ausgangslage selbst zuzuschreiben hat. Über den Parteien steht die freiheitliche Demokratie, zumindest für uns. Deswegen erlauben wir uns auch, die herrschende Politik zu kritisieren. Aber wir propagieren deshalb nicht den Anschluss an Diktaturen wie der russischen oder chinesischen. Wir wollen ja, dass es wieder besser wird, nicht noch schlechter.

Wir stehen auch auf dem Standpunkt, besser nicht regieren als schlecht regieren, waren deshalb auch skeptischer als viele andere, als es um die Aufstellung einer rot-rot-grünen Regierung in Berlin im Jahr 2016/17 ging. Aber damals war nicht der Abwehrkampf gegen die AfD eine bestimmende Überlegung. Wir wissen, wie viele Tücken dieser Abwehrkampf hat, was er in der Bevölkerung auslösen kann, aber alles ist besser, als ihr zur Macht zu verhelfen, wenn eine Alternative möglich wäre. Uns ist auch klar, dass ein AfD-Verbot, dessen Prüfung wir befürworten, die anderen Parteien leider wohl zu einem „weiter so“ als zu einer neuen Haltung den Bürger:innen gegenüber verführen würde. Wir sind da als Demokraten in eine Scheißlage getrieben worden, um es offen auszudrücken. Und jetzt noch dieses BSW. 

Wagenknecht beweist gerade, dass sie an „bessere Politik machen, wo es wirklich möglich ist“ ebenfalls nicht interessiert ist, sonst würde sie in der Landespolitik beweisen, dass sie dort, wo es um konkrete Verbesserung für Menschen geht, mitmacht und die anderen dort vor sich hertreibt, wo es Sinn ergibt, seine Macht auszuspielen, nämlich bei Vorteilen für die Bevölkerung. Und nicht bei Dingen, die auf Länderebene bloß als Spaltpilze, nicht aber für die Gestaltung der Politik Relevanz erlangen können.

TH

25.09.2024

Es kommt vor, dass wir denken, wir hätten schon einen Artikel zu einer bestimmten Frage geschrieben, stellen aber fest, das ist nicht der Fall – oder finden ihn nicht. Es mag daher kommen, dass in letzter Zeit immer wieder dieselben Fragen auftreten, hier: Wer koaliert mit wem nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen?  

CDU und BSW also. Was wir aber noch sicher wissen: Wir haben uns dazu schon beim Thema „CDU und Die Linke“ geäußert, dort können Sie sich schon ein wenig einlesen. Da wir den Entwurf ein wenig zurückgestellt hatten, kommt es heute ausnahmsweie zu zwei Umfrage-Beiträgen – und wir können das Wahlergebnis von Brandenburg mitberücksichtigen.

Civey-Umfrage: Wie bewerten Sie die Forderung von einer Gruppe von CDU-Mitgliedern, Koalitionen mit dem BSW durch einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu verhindern? – Civey

Begleittext von Civey

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen stehen schwierige Regierungsbildungen bevor. Die bisherige sächsische Regierung aus CDU, SPD und Grüne hat nun keine Mehrheit mehr. Rein rechnerisch möglich wäre eine Koalition aus CDU, BSW und Linke. Die CDU schließt jedoch jegliche Bündnisse mit AfD und Linke per Parteibeschluss aus. Daher könnte dem BSW eine Schlüsselrolle zukommen, damit die CDU etwa mit SPD und BSW eine Mehrheitsregierung bilden könnte. CDU-Chef Friedrich Merz lehnt eine Zusammenarbeit mit dem BSW im Bund zwar ab, will es laut dpa auf Länderebene aber den jeweiligen Regierungen überlassen. 

Eine Gruppe von 40 CDU-Parteimitgliedern fordert indes einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit dem BSW. Mitinitiator und CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter warnte im Tagesspiegel, das BSW wolle als verlängerter Arm des Kremls die demokratische Mitte aushöhlen und die hiesigen Grundwerte unterminieren. „Sahra Wagenknecht widerspricht allem, wofür die Unionsparteien […] stehen: klare Westbindung, ein vereintes Europa und Mitgliedschaft in der Nato als dem größten Friedensprojekt der Geschichte“, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Politiker Frank Sarfeld ebenfalls dem Tagesspiegel. Eine Zusammenarbeit sei unmöglich, da sich das BSW wie die AfD autoritären Themen zuwende.  

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach spricht sich indes für Gespräche mit dem BSW aus. Wenn sich die Union verweigere, stünde sie in einer Sackgasse, sagte er der Kölnischen Rundschau. Er appellierte an die CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt und Michael Kretschmer, Verantwortung für ihre Länder und die Glaubwürdigkeit der Unionspolitik zu übernehmen und Gespräche nicht auszuschließen. Voigt habe laut ntv bereits erste unverbindliche Gespräche mit dem BSW geführt. Für Thorsten Frei führe ebenfalls kein Weg an dem BSW vorbei, wenn die CDU in Sachsen oder Thüringen regieren wolle. Daher müsse man jetzt Wege der Zusammenarbeit ausloten, forderte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im rbb.

Unsere Ansichten

Heute kommentieren wir ein wenig anders als üblich, weil es sich anbietet bzw. wir beginnen mit dem Thema  Krieg und Frieden. Heute hat das BSW seinen Nach-der-Wahl-ist-vor-der-Wahl Dankesnewsletter versendet. Wir zitieren ihn überwiegend, denn er hat eine große Bedeutung für mögliche Koalitionen mit der CDU, ein paar Floskeln haben wir extrahiert:

(…) Erneut haben wir zusammen als Bündnis Sahra Wagenknecht Geschichte geschrieben: Erst wenige Monate nach unserer Gründung das bundesweite Ergebnis von 6,2 Prozent bei der Europawahl und jetzt sind wir im Gründungsjahr auch noch zweistellig in zwei Landtage eingezogen (mit 11,8 Prozent in Sachsen und 15,8 Prozent in Thüringen). Das gab es in der Bundesrepublik noch nie. Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen sind eine schallende Ohrfeige für die Ampel, die schon längst abdanken und den Weg für Neuwahlen hätte frei machen sollen. Durch unser gutes Abschneiden ist jetzt eine andere Politik in Thüringen und Sachsen möglich! (…)
(…) Wir werden nun sondieren, ob stabile Regierungen möglich sind, die endlich im Sinne der Wähler positive Veränderungen erreichen können. Auch nach den Wahlen bleibt es dabei: Als bloße Mehrheitsbeschaffer stehen wir nicht nur Verfügung.
Deshalb versprechen wir: Das BSW wird neben anderen wichtigen Themen auch alles dafür tun, um die Lebensverhältnisse der Menschen zu verbessern, die mit ihren Löhnen und Renten kaum noch über die Runden kommen, die auf einen funktionierenden Staat, gute Schulen, ärztliche Versorgung und einen guten ÖPNV angewiesen sind.
Das BSW wird sich nur an einer Landesregierung beteiligen, die die Wünsche und Interessen der Menschen wieder ernst nimmt. Alles andere würde vollkommen fahrlässig der AfD weitere Wähler in die Arme treiben. In Landesregierungen brauchen wir deshalb Partner, die einsehen, dass auch in den Bundesländern in der Frage Krieg und Frieden nicht über die Köpfe der Menschen hinweg regiert werden darf. Wir erwarten, dass sich eine Landesregierung gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ausspricht und über den Bundesrat Druck auf die Bundesregierung ausübt, denn eine übergroße Mehrheit in Ostdeutschland lehnt die Stationierung der US-Raketen ab. Wir brauchen mehr Diplomatie statt Säbelrasseln. Dafür steht das BSW im Wort.

Mittlerweile ist es um dieses Thema schon etwas ruhiger geworden, aber es ist eingekapselt in den Komplex „Frieden ja, aber wie?“, den das BSW auch in Brandenburg wieder, man kann sagen, verwendet hat, um ein zweistelliges Ergebnis zu erzielen.

Wir haben zuletzt geschrieben, dass bereits an Formulierungen gearbeitet wird, die es den Landesverbänden der CDU in Sachsen und Thüringen ermöglichen sollen, dem BSW entgegenzukommen, ohne sich dabei komplett quer zur Bundespartei zu stellen. Die CDU kann gar nicht ohne das BSW regieren, wenn sie in Sachsen an der Macht bleiben und sie in Thüringen erringen will, ohne die AfD ins Boot zu nehmen. Mittlerweile gilt das Gleiche in Brandenburg. Mit dem Unterschied, dass die SPD als Wahlsiegerin die Verhandlungen führen wird und es zur „Brombeer-Koalition“ kommen könnte (SPD-BSW-CDU, die Namen der Parteien nach Wahlergebnis geordnet). 

CDU und AfD, das wäre ja angeblich die Wunschkoalition vieler Menschen in diesen Bundesländern Sachsen und Thüringen, während in Brandenburg klar ist, dass die SPD nicht mit der AfD verhandeln wird. Wir in Thüringen hat die AfD allerdings auch in Brandenburg die „Sperrminorität“ erreicht, die ihre viele Einflussmöglichkeiten gibt, auch wenn die anderen Parteien nicht mit ihr zusammenarbeiten wollen.

Also bleibt das BSW, und diese Situation bietet ein hohes Erpressungspotenzial. Kann man aber von Erpressung sprechen, wenn in der Tat eine Mehrheit der Menschen in Ostdeutschland und, je nach Umfrage, auch eine Mehrheit in Westdeutschland, zum Biespiel die  Stationierung von amerikanischen, nicht atomaren Mittelstreckenraketen ablehnt? Deswegen haben wir gefragt, ob zum Thema Umfragen vorliegen.

Ja, es gibt mehrere Umfragen zu diesem Thema. Hier sind die relevanten Ergebnisse:

## Gesamtdeutschland

Eine Civey-Umfrage für die Funke Mediengruppe ergab:

– 50% der Befragten befürchten eine Eskalation des Konflikts mit Russland durch die Stationierung[1][2].

– 38% glauben nicht an eine Eskalation[1][2].
– 12% sind unentschieden[1][2].

Eine Forsa-Umfrage zeigte:

– 49% lehnen die Stationierung ab[4].
– 45% befürworten sie[4].

## Ostdeutschland

– 60% der Ostdeutschen sprechen sich gegen die Stationierungspläne aus[1][2].
– 26% der Ostdeutschen befürworten die Pläne[1][2].

In der Forsa-Umfrage:

– 74% in Ostdeutschland lehnen die Stationierung ab[4].
– 23% in Ostdeutschland stimmen zu[4].

## Westdeutschland

– 50% der Westdeutschen sind für die Stationierung[1][2].
– 36% der Westdeutschen sind dagegen[1][2].

In der Forsa-Umfrage:

– 49% in Westdeutschland befürworten die Stationierung[4].
– 45% in Westdeutschland sind dagegen[4].

## Zusätzliche Erkenntnisse

Eine MDRfragt-Umfrage ergab, dass zwei Drittel der Befragten gegen die Pläne zur Stationierung sind[6]. Diese Umfrage zeigt eine noch stärkere Ablehnung als die anderen Erhebungen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Ergebnisse je nach Umfrage leicht variieren, aber insgesamt eine Tendenz zur Skepsis gegenüber der Stationierung zeigen, besonders in Ostdeutschland.[1]

Eine leichte Mehrheit von 47 zu 45 bejaht allerdings eine Abschreckungswirkung (in der Quelle Berliner Zeitung liest es sich, als sei die Civey-Umfrage gemeint, aber in diesen Umfragen werden nie zwei Themen gleichzeitig behandelt und die Befürwortung oder Ablehnung und die Abschreckungswirkung und des Weiteren die Eskalationsmöglichkeit  sind nicht das Gleiche. Offenbar wird eine weitere Umfrage oder werden zwei weitere Umfragen zitiert, aber das Meinungsforschungsinstitut nicht genannt, das sie erstellt hat. Darüber ist oben auch die KI gestolpert.

Wenn in Ostdeutschland (ca. 14 Millionen Einwohner inklusive dem früheren Gebiet Ostberlins) 26 Prozent der Menschen für die Stationierung sind und in Westdeutschland (ca. 70 Millionen Einwohner inklusive dem früheren Westberlin) 60 Prozent, dann kann keine Mehrheit gegen eine Stationierung zustandekommen: (14 x 0,26 = ca. 3,65 Millionen pro Stationierung) + (70 x 0,6 = ca. 42 Millionen pro Stationierung) = insgesamt 45,65 Millionen pro Stationierung = etwas mehr als 54 Prozent von 84 Millionen. Unentschiedene sind dabei selbstverständlich nicht zugunsten von „pro“ berücksichtigt.

Anders bei der Forsa-Umfrage: Sie lässt auf den ersten Blick erkennen, dass es insgesamt in Deutschland keine Mehrheit pro Stationierung gibt. Wir rechnen noch einmal kurz durch: (14 x 0,23 = 3,22 Millionen pro Stationierung) + (70 x 0,49 = 34,3 Millionen pro Stationierung) = 38,52 Millionen pro Stationierung. Das ergibt insgesamt nur eine Minderheit von knapp 46 Prozent pro Stationierung, das Thema ist nach dieser Umfrage also ebenso eng wie nach der anderen, aber mit einer Tendenz in die ablehnende Richtung.  Ob es eine ablehnende Mehrheit gibt, hängt in dem Fall davon ab, wie viele der Abstimmenden sich unentschieden gezeigt haben, während oben eindeutig eine Pro-Mehrheit zu sehen ist.

Vor diesem Hintergrund müssen Sie den BSW-Newsletter lesen. Man kann es so sehen, wie darin beschrieben, aber so eindeutig ist es nicht.

Das BSW fordert des Weiteren   eine Volksbefragung zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Trotz des Ukrainekriegs wäre derzeit die Chance gegeben, dass die Bevölkerung die Stationierung mehrheitlich ablehnen würde – je nachdem, wie valide die Umfragen sind und wie sich das Stimmungsbild wandelt. Unsere Prognose ist, dass, wenn nicht Gefährdungslagen für EU- oder Nato-Länder entstehen, die von Russland verursacht werden und wenn die Propagandaerfolge der Ukraine nachlassen, wie zum Beispiel der Vormarsch auf russisches Territorium bei Kursk, die Stimmung hierzulande sich eher zulasten der Stationierung entwickeln wird.

Unsere Haltung haben wir mehrfach dargelegt: Wir sind sehr wohl für eine Verteidigungsertüchtigung, aber soweit irgend möglich in eigener Regie, nicht abhängig von Ländern wie den USA, die politisch immer volatiler werden und deren Interessen von ihren Regierungen als immer mehr von denen Europas abweichend definiert werden könnten. Das wäre ja dann auch die aus ebenjenen USA geforderte Selbstermächtigung der Europäer, deren stärkerer Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung. Ob man allerdings deutsche Waffen vorbehaltlos dem Nato-Regime unterstellen sollte, ist eine andere Frage, denn dadurch ginge ja wieder die Unabhängigkeit verloren, die man sich erarbeiten wollte. Frankreich und Großbritannien halten ihre Atomwaffen ausschließlich unter nationaler Ägide.

Eine weitere Frage stellt sich unweigerlich. Ist die Mehrheit immer der Maßstab? Das ist eine Frage in jeder Demokratie, die nur Menschen, die davon keine Ahnung haben, klar mit „ja“ beantworten würden. Da Demokratie unter anderem die Menschenrechte auch von Minderheiten zu schützen hat, darf natürlich nicht eine bösartige Mehrheit, wie sie in Deutschland ohne Weiteres organisiert werden könnte, diese Rechte schleifen, bloß, weil sie die Mehrheit ist. Eine Demokratie hat auch Schutzverpflichtungen, die ein Korrektiv zur Mehrheitsmeinung darstellen können.

Ist die Raktenstationierung aber damit zu vergleichen? Nach unserer Ansicht nicht. Sie ist eher ein Thema wie die Enteignungsfrage in Berlin, die von der Bevölkerung 2021 positiv beantwortet wurde, was die Rechte der Zivilgesellschaft angeht, sogar noch weniger, weil es sich nicht um eine soziale Frage handelt, die sich wiederum auf „Grundrechte für alle“ auswirkt. Vielmehr geht es um eine strategische Entscheidung. Und um die repräsentative Demokratie. Wenn die Mehrheit der vom Volk Gewählten sich für etwas entscheidet, kann das Volk dann jede einzelne solche Entscheidung angreifen, wenn es in dieser einzelnen Frage anders tickt als die von ihm gewählten Repräsentanten?

In Deutschland hat man das Plebiszitäre nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem auf Bundesebene, bewusst kleingehalten, um den oben erwähnten Durchgriff einer zum Verbrechen bereiten Mehrheit zu verhindern. Die Idee dahinter war, dass nur noch sehr verantwortungsvolle Menschen in die Politik gehen werden, die den Volkswillen kanalisieren und dem Bevökerungsdurchschnitt an Wissen und strategischem Denken überlegen sind. Die das Volk also sehr wohl führen, auch wenn sie demokratisch legitimiert sind.

Wir meinen, die Sicherheit des Landes und seiner Bevölkerung darf nicht zum Gegenstand einer Volksbefragung gemacht werden. Wenn auf dem Gebiet Fehler passieren, sind sie irreversibel und die Mehrheit, gerade in diesem Land, hat sich schon  oft geirrt. Wir würden plebiszitäre Elemente auf vielen Gebieten stärken, zum Beispiel, um den Sozialstaat gegenüber Art. 14 I GG wieder zu stärken, aber Krieg und Frieden dürfen nicht nach Gefühl und Stimmung entschieden werden, zumal, wenn im Osten in weiten Teilen eine Bevölkerung zugange ist, die die BRD in ihrem aktuellen Zustand mit der DDR gleichsetzt. Auf der anderen Seite wird die DDR glorifiziert, und am Ende war auch noch alles besser als im Westen, obwohl die Fluchtbewegungen exakt das Gegenteil ausdrückten. Hätte es die Mauer nicht gegeben, hätte die DDR sich geleert und wäre zusammengebrochen. Dass Menschen das nicht mehr auf dem Schirm haben, zeigt, dass hier eine Wahrnehmungsverschiebung vorliegt, die sich auch zugunsten des Putin-Regimes auswirkt. Anders ausgedrückt: Weite Teile der Bevölkerung im Osten können in dieser Frage nicht wenigstens überwiegend rational entscheiden.

Natürlich haben wir auch wir Gefühle, die mit unserer Prägung zusammenhängen, aber wir hatten uns sehr gefreut, als die Wende kam und Russland ein Freundesland auch für uns im Westen zu werden schien.

Dass im Osten so viele Friktionen eine Rolle spielen, die auch das Friedensverständnis negativ beeinflussen, wissen natürlich auch die – sic! – Strategen vom BSW, und da kommt der Begriff Populismus ins Spiel. Populismus ist nicht, die Meinung des Volks zu berücksichtigen, wir sind durchaus für die sozialen Aspekte, die im BSW-Newsletter erwähnt werden und die sicher in Deutschland mehrheitsfähig sind. Die Mehrheitsfähigkeit macht sie nicht schlecht, diskreditiert sie nicht. Es geht ja um Verbesserungen und mangels bisher vorliegender Erfahrung mit Regierungsarbeit des BSW nehmen wir diese Absichten mal so hin und werden zu gegebener Zeit nachschauen, wie es in der Realität damit aussieht. Natürlich haben wir auch hier eine Prognose, die wir in eine Aufforderung kleiden: Man soll nicht ein Mehrfaches von dem versprechen, was man wirklich umsetzen kann, sonst wird man schnell als unseriös abgestempelt, und wir wissen ja, wie schnell die Bevölkerung derzeit bereit ist, Parteien als unseriös zu markieren. Es wird sich alles weisen, denn in keinem der drei Ost-Bundesländer, in denen zuletzt gewählt wurde, wird es ohne das BSW gehen, wenn man die AfD aus der direkten Regierungsbeteiligung raushalten will.

Aber die Sicherheit ist eine andere Kategorie. Auch bei vielen anderen Themen gibt es internationale, globale Interdependenzen, die das BSW als Regierungspartei auf Länderebene noch spüren wird, also nicht erst, sollte das BSW auch im Bund in Regierungsverantwortung kommen. Doch die Sicherheitsarchitektur ist leider wieder lebenswichtig geworden und jede falsche Bewegung in einem komplizierten geostrategischen Spiel kann einen Krieg auslösen. Und eine richtige kann ihn verhindern. Wir halten es deshalb für unerlässlich, die Verteidigung zu stärken, aber auf die oben kurz angesprochen Weise. Wir sehen die Abschreckungswirkung als gegeben an, wären aber wesentlich beruhigter, wenn Raketen mit Atomsprengköpfen bestückt werden könnten, die ausschließlich nationaler Ägide unterstehen. Wir führen die Gedanken dazu an dieser Stelle nicht aus, wir haben sowieso auf die Frage hin „Soll die CDU mit dem BSW?“ schon eine Verengung und gleichzeitig eine Erweiterung vorgenommen.

Zum Civey-Begleittext ein paar Sätze zu schreiben, fällt nach den obigen Absätzen nicht schwer. Sollte man meinen. Roderich Kiesewetter! Der Name ist schon Gold wert. Im Ernst: Klar ist die Nato ein Friedensprojekt, aber vor allem für ihre Mitglieder. Noch nie wurde ein Nato-Land angegriffen, wenn man vom Falklandkrieg im Jahr 1982 absieht. Länder, die keine Nato-Mitglieder sind, haben zur Funktion des Bündnisses oftmals eine andere Meinung, vor allem diejenigen, die von der Nato und ihrer Führungsmacht USA geostrategisch „bearbeitet“ wurden, und das sind nicht wenige. Die Spur der Verwüstung zieht sich rund um die Welt und besonders der Nahe Osten hat zu spüren bekommen, wie überhaupt nicht friedlich, dafür aber maximal destruktiv Nato-Politik sein kann. Die Nato ist auch wegen dieser unzähligen Übergriffe heute in der weltpolitisch in der Defensive. Leider hat wer auch immer dahintersteckt, es geschafft, ihre sich abzeichnende Überflüssigkeit aufzuheben und sie wieder relevant zu machen.

Wir sehen derzeit keine andere Möglichkeit, die Sicherheit Deutschland zu garantieren, als in diesem Verbund zu bleiben. In der Linken, gerade von der Wagenknecht-Fraktion, wurde das lange Zeit anders gesehen, aber auch in anderen Zeiten als den jetzigen; die Ablehnung der Nato nimmt spürbar ab. Man kann alles, was passiert, auch den Ukrainekrieg, als ein fieses Spiel der Nato-Strategen markieren, aber es hilft ja nichts, die Frontstellung gegenüber Russland ist nun einmal da und wir würden nicht unsere Hand dafür ins Feuer legen, dass Putin nicht immer weitermachen würde, wenn man ihm den Raum dazu geben würde. Diese Dynamik hat sich verselbstständigt. In gewisser Weise ist die Unterstützung der Ukraine vielleicht sogar Zeit schinden, um die russischen Kräfte so lange zu binden, dass man verteidigungsfähig ist, wenn Putin mit der Ukraine durch ist und sich anderen imperialistischen Kriegen zuwenden kann.

Und wie man damit umgeht, hängt davon ab, ob BSW und CDU koalieren können. Wir haben beiden Parteien gegenüber keine größeren Emotionen zu berücksichtigen, anders als bei der Linken, deren zu einseitige Antiwestlichkeit wir in Kauf genommen haben, weil sie zum Ausgleich so viel Gutes wollte. Und weil wir unseren Antiimperialismus eher trotzkistisch sehen als stalinistisch, nämlich: Imperialismus ist Mist, egal von wem er kommt, also gilt das für den amerikanischen ebenso wie für den russischen und chinesischen und jeder Einzelfall von imperialistischem Übergriff ist gesondert zu betrachten.

Das macht uns bezüglich CDU und BSW ziemlich entspannt. Die CDU ist politisch unser Gegner, das BSW könnte sich zu einem solchen entwickeln, trotz vieler Übereinstimmungen in sozialen und wirtschaftspolitischen Fragen. Wer nun in einem solchen Bündnis von Parteien, die wir nicht wählen würden, verlieren und gewinnen könnte, ist nicht unserer größte Sorge. Unsere Sorge gilt der Demokratie, und deswegen werden wir gleich mit „überwiegend ja“ also, da die Frage eine Negierung enthält, mit überwiegend „nein“ abstimmen. Das haben wir nun getan, und wir sind in der Minderheit. Nur ca. 41 Prozent sind klar oder überwiegend dagegen, der CDU den Weg zum BSW zu verbauen, etwa 48 Prozent klar oder überwiegend dafür, etwa 11 Prozent sind unentschlossen / unentschieden (Stand 08.09.2024, ca. 17 Uhr).

Dieses Abstimmungsverhalten wäre okay für uns, wenn sich darin eine robuste, wertkonservativ-demokratisch-transatlantische Hauptlinie bei den CDU-Anhängern zeigen würde. Oder standhafter Putinismus bei den BSW-Fans. Oder was immer sich jene dazu denken, die nicht eine dieser beiden Parteien wählen. Wir haben aber den Verdacht, dass viele deshalb so abstimmen, weil sie die CDU lieber mit der AfD zusammen regieren sehen würden. Für die AfD-Wähler:innen wiederum ein normales Verhalten, aber was ist mit dem CDU-Klientel? Was wird aus der Union, wenn sich immer mehr Teile davon überlegen, lieber gleich die AfD zu wählen, als darauf angewiesen zu sein, dass ihre CDU mit den Rechtsextremen koaliert und die Brandmauerrhetorik offiziell beendet?

Das ist ein sehr unangenehmes Gefühl, das uns wiederum darauf hinweist, dass viele Unionswähler alles andere als „mittig“ sind bezüglich ihrer Positionen, ebenso wie viele aktuelle Spitzenpolitiker der Partei. Sie mögen noch gerade so mittig sein in Bezug auf ihre Verortung in einer immer mehr nach rechts rückenden Gesellschaft. Dieses „mittig“ ist ja sehr flexibel, während „Ersteres“ sich an der Matrix aller politischen Richtungen und Ideologien orientieren sollte. Und da ist die CDU nicht mittig, sondern ziemlich weit rechts, wie der „Political Compass“ zeigt. Wir sind übrigens schon gespannt, wo das BSW dort einsortiert werden wird, vermutlich auch im rechten oberen Feld, also eher autoritär und von den Positionen eher rechts, wie alle anderen aktuell im Bundestag vertretenen  deutschen Parteien außer der Linken.

Wenn man sich diese Matrix anschaut, könnte man eh sagen: Ist ja Quatsch, dass AfD und CDU nicht koalieren, so eng, wie sie, über alle Ideologien hinweg betrachtet, beieinander liegen. Diese Matrix ist auch nicht statisch, veränderte Positionen berücksichtigt sie. Sie ist aber nicht geeignet, um das Verhalten von Parteien in Bezug auf die Demokratie zu ermitteln und kann nicht abbilden, ob eine Partei ihre Positionen strategisch so ausspielt, dass sie damit die Demokratie gefährdet. Die AfD gefährdet die Demokratie aktuell eindeutig mehr, als CDU und BSW das tun. Und deshalb müssen wir die fette Kröte schlucken, sie eventuell im Osten zusammen regieren zu sehen, wenn wir der Demokratie Zeit zum Luft holen und sich regenerieren verschaffen wollen.

TH

[1] Quellen zu den Umfragen pro und contra Stationierung:

[1] https://www.berliner-zeitung.de/news/umfrage-stationierung-von-us-raketen-schuert-furcht-vor-eskalation-li.2243232
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article252917192/Umfrage-Stationierung-von-US-Raketen-in-Deutschland-schuert-Furcht-vor-Eskalation-mit-Russland.html
[3] https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1015784
[4] https://www.n-tv.de/politik/Knappe-Mehrheit-ist-gegen-neue-US-Raketen-in-Deutschland-article25122507.html
[5] https://www.prosieben.de/serien/newstime/news/stationierung-von-us-raketen-ab2026-jeder-zweite-deutsche-befuerchtet-eskalation-415957
[6] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/mdrfragt-umfrage-ergebnisse-waffen-raketen-stationieren-nato-100.html


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