USA gespalten bei Trump und Musk (Statista + Kommentar)

Briefing Geopolitik, Wirtschaft, Economy, Donald Trump, Elon Musk, #Election2024, #USElection

Wir haben einen fast fertigen Artikel mit Wirtschaftsdaten, die auch die USA betreffen, zurückgestellt, weil wir gerade etwas gesehen haben, was noch näher am US-Wahlkampf liegt, den wir weiterverfolgen wollen, wenn nicht mittendrin. Wir werden kurz vor der Wahl, wie schon bisher, nicht überwiegend markige Sprüche referieren, deren Wirkung wir nur schwer einschätzen können, sondern weiterhin überwiegend mit Zahlen operieren – auch dann, wenn sie aus Umfragen resultieren.

Hier geht’s zu unserem vorausgehenden Artikel zur US-Wahl „Die Wahlsysteme verschiedener Staaten“

Infografik: USA gespalten bei Trump und Musk | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Donald Trump und Elon Musk pflegten nicht immer ein harmonisches Verhältnis. Davon war beim gestrigen Gespräch der beiden auf Musks Onlineplattform X (ehemals Twitter) jedoch nichts zu spüren – Musk hat sich Trump sogar als politischer Berater angeboten, sollte dieser die Wahl gewinnen.

Das zeitweise von mehr als 1,3 Millionen Menschen gehörte Gespräch wurde vor allem von Trump wieder durch unwidersprochene Unwahrheiten geprägt. Doch auch Elon Musk hat seine Plattform in den letzten Monaten häufig für irreführende Botschaften in Bezug auf die anstehende US-Wahl und zur Verbreiterung seiner persönlichen politischen Ansichten genutzt, wie Untersuchungen des Center for Countering Digital Hate haben.

Auch deshalb stehen Donald Trump und Elon Musk bei der breiten Bevölkerung in der Kritik. Die Statista-Grafik zeigt auf Basis regelmäßiger YouGov-Umfragen, dass beide in der US-Bevölkerung polarisieren. Rund 47 Prozent der Befragten haben eine positive Meinung zu Trump, bei etwa 40 Prozent ist er unbeliebt, weitere elf Prozent stehen ihm neutral gegenüber. Von Elon Musk haben etwas weniger Menschen ein negatives Bild (32 Prozent), aber er ist dabei auch nicht so beliebt wie sein gestriger Gesprächspartner (43 Prozent). Etwa 21 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen haben eine neutrale Einstellung zum Tesla-Chef.

Es sind nur noch elf Tage, bis die Wahl in den USA abgeschlossen sein wird (in manchen Staaten und per Brief kann man jetzt schon seine Stimme abgeben), und in der obigen Grafik sehen wir eine Darstellung zweier Personen, die in Deutschland ebenfalls fast jeder kennt. Beide sind hierzulande höchst umstritten, das gilt angeblich auch für die USA. Elon Musk gilt bei uns vielen als der Prototyp des überreichen Unternehmers mit ultrarechten Einstellungen. Seine Investition in Brandenburg ist wohl auch deshalb umstritten, nicht nur wegen der ökologischen Probleme, die sie verursacht, oder weil nicht alle positiv zur E-Mobilität als Lösung aller Verkehrs-Klima-Probleme stehen.

Das Gespräch, das im Statista-Text erwähnt wird, muss demnach am 12. August stattgefunden haben,  ist also schon mehr als zwei Monate her. Seitdem schmeißt Elon Musk sich mächtig ins Zeug, und es steht in der Tat zur Debatte, dass er in einer neuen Trump-Administration einen wichtigen Posten erhalten soll. Das ist in den USA nicht so ungewöhnlich. Allerdings war unseres Wissens noch kein aktiver Firmenchef eines solchen Unternehmenskonglomerats dabei, der dann bei seinen unternehmerischen Aktivitäten kürzertreten müsste, wenn sein Posten nicht bloß eine rein formale Angelegenheit sein sollte. Meist handelte es sich beim Einstieg in die Politik um einen Jobwechsel, nicht um einen Zusatzjob.

Sollte Friedrich Merz im Jahr 2025 Bundeskanzler werden, wäre diese Karriere in den USA nicht so ungewöhnlich, wie sie bei uns ist, weil damit die Kapitalinteressen offensichtlicher als je zuvor Regierungspolitik würden. Ob das einen großen Unterschied zum jetzigen Lobbyeinfluss ausmachen würde, wagen wir mittlerweile eher zu bezweifeln.

Jüngsten Umfragen zufolge zeigt das Wahlbarometer in den USA wieder in Richtung Trump. Warum? Wir wissen es nicht, weil wir wohl nicht dicht genug dran sind. Den Wechsel von Joe Biden zu Kamala Harris um die Kandidatur für die Demokraten haben wir noch aktiv begleitet. Wir haben verstanden, dass er Erleichterung, ja Euphorie ausgelöst hat, verstärkt dann durch die Nominierung des offenbar recht sympathischen Tim Walz als Kandidat für die Vizepräsidentschaft. Warum diese Aufbruchstimmung jetzt schon verflogen ist, ist für uns aber schwer greifbar, es hat sich am Personaltableau seitdem nichts mehr geändert und Trump fällt weiterhin mit Ausfällen auf, die hierzulande derzeit noch No-Gos wären. Man kann sich aber vorstellen, wie die Entwicklung auch bei uns weiterläuft, wenn wir, wie üblich, den USA mit einer gewissen Verzögerung bei jedem Trend folgen.

Wir Europäer, so heute eine Presse-Überschrift, haben generell Probleme damit, zu verstehen, was die Amerikaner an Trump so fasziniert. Selbst für einen Rechtspopulisten ist Trump nach hiesigen Maßstäben eine Ausnahmeerscheinung, daran besteht kein Zweifel. Aber das macht ihn vielen hierzulande doch eher suspekt, außerdem ist die Einstellung der Deutsche pro Harris noch aus einem anderen Grund logisch: Was immer die kommende US-Administration für uns bereithalten wird, viele erinnern sich mit Schrecken daran, wie Trump das Verhältnis der USA zum Land seiner Vorfahren ramponiert hat. Seine Deutschland-Fixierung, wenn es um negative Zuschreibungen (was läuft alles falsch in der Welt, wer hält sich nicht an Deals usw.) geht, könnte auch etwas gerade mit dieser Herkunft zu tun haben, an der er sich unterschwellig abarbeitet. Trump ist nun einmal ein Gefühlsmensch im negativen Sinne und mit einem überragenden Instinkt für Macht und die richtigen Knöpfe bei den Wählern drücken bekannt, die ihn in den USA eben auch nicht so unsympathisch finden. Die Grafik oben belegt das grundsätzlich. Dass er polarisiert, ist klar, aber es reicht ja, wenn er die Mehrheit der Wähler oder auch eine knappe Minderheit plus die Mehrheit in den Swing States hinter sich bringt.

Und so sah es schon vor mehr als zwei Monaten aus, und zwar bereits nach dem Wechsel von Biden zu Harris bei den Demokraten: Wer ihn nicht mag, wird ihn nicht wählen, aber das ist offenbar eine Minderheit, wenn auch eine große. Wer ihn aber mag, der wird ihm auch seine Stimme geben. Das ist vielleicht bei bisherigen Überlegungen zur Wahl zu wenig beachtet worden: Dass es in den USA mehr Menschen gibt, die ihn positiv sehen als umgekehrt. Musk wird ihm bei seinem geringeren Beliebtheitsgrad keine große Hilfe sein, also nicht seine eigene Beliebtheit in die Waagschale werfen können, um Trump Wähler zuzuführen, die Trump ohne Musks offene Unterstützung nicht ihre Stimme gegeben haben. So sieht es auf den ersten Blick aus, aber die Beliebtheit von Trump und Musk muss ja nicht ausschließlich bei denselben Menschen vorhanden sein. Wer zum Beispiel Trump nicht sehr schätzt, aber ein Fan von Musks Space-Aktivitäten ist, könnte durchaus, wenn kein sehr starker Demokrat, anhand dieser Freundschaft zweier Ausnahmegestalten sein Kreuz bei Trump machen. 

An Trumps Werten wird sich nicht mehr viel ändern, denn seine Art ist ja hinlänglich und seit vielen Jahren bekannt, und auch, dass er mit dem Gesetz vielfach in Konflikt steht, wird von vielen akzeptiert. Was auch bedeuten kann, sie bewundern ihn dafür, dass er sich einfach seine eigenen Regeln macht. Letztlich bedeutet dies, dass Hollywood uns etwas vorgemacht hat, als es nicht den reichen Rancher mit seinen Hilfsbanden, die die Stadt beherrschte und terrorisierte, sondern den Sheriff, der die Ordnung wiederhergestellt hat, als den Helden verkaufte. 

Dass Trump in den USA die Spaltung des Landes wieder vertiefen wird, die Joe Biden nicht schließen konnte, dürfte allerdings unausweichlich sein, und so wird auch seine Außenpolitik aussehen. Es ist im Grunde auch keine Deal-Politik, wie vielfach behauptet wird, vor allem natürlich von ihm selbst. Vielmehr ist diese Politik meist mit offenen Drohungen verbunden, die größere Macht der USA gegenüber allen anderen Partnern auszuspielen, es geht also um Erpressung mit Macht, ganz wie in den Filmen, in denen dies als falsch dargestellt wird.

Dass das in den USA, wo die Menschen doch alle frei und gleich sein wollen, so gut ankommt, ist bedenklich, aber frei ist eben nicht gleich. Das war in diesem dort immer schon so.

TH


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