Briefing PPP Politik Personen Parteien, Die Linke, Janine Wissler, Martin Schirdewan, Ines Schwerdtner, Jan van Aken, Führungswechsel, Bundestagswahl 2025, #btw25, Wiederaufstieg, Wahlkampf, Direktmandate, soziale Politik, Solidarität, Klimagerechtigkeit, Mietengerechtigkeit
Dieses Thema interessiert uns auch persönlich, ist aber derzeit kein heißer Gegenstand. Umso schöner, dass Civey eine Umfrage dazu erstellt hat:
Kaum ist man ein paar Stunden weg, da gibt es schon wieder Neues aus der Linken und wir müssen den Beitrag überarbeiten, dazu mehr im Kommenar. Die Ergänzungen sind in Blau verfasst. Weitere Ergänzung vom 24.10.2024: Wir werden den Artikel noch einmal überarbeiten und ergänzen, nach heutigem erweiterten Quellenstudium, aber in der vorliegenden Form als erste Version veröffentlichen, sonst verliert er seine Aktualität. Es ist ohnehin auffällig, wie oft wir Artikel über Die Linke oder das BSW entwerfen und sie nicht publizieren, weil wir nicht damit nachkommen, die erratischen Wendungen in diesen politischen Gruppierungen einzupflegen.
Begleittext zur Umfrage
Am Wochenende wählte die Partei Die Linke auf ihrem Bundesparteitag eine neue Führung. Ines Schwerdtner und Jan van Aken wurden von den Delegierten als Parteivorsitzende gewählt und treten die Nachfolge von Janine Wissler und Martin Schirdewan an, die nicht erneut kandidierten.
Die neue Spitze setzt sich das Ziel, den Wiedereinzug in den Bundestag zu schaffen. Van Aken betonte, dass er die Interessen der Mehrheit vertreten und sich gegen die „unanständig Reichen” stellen werde. Schwerdtner fügte hinzu: „Wir verschwinden doch nicht, weil die Umstände schwieriger werden, wir richten uns auf.“ Schirdewan forderte auf dem Parteitag ein Ende der „destruktiven Machtpolitik“ in der Partei und warnte davor, dass „eine Flucht in die Orthodoxie oder als BSW- light-Kopie” das Ende wären.
Die jüngsten Wahlergebnisse zeigen, dass Die Linke in einer tiefen Krise steckt. Besonders die Abspaltung des Flügels um Sahra Wagenknecht und ihre Parteigründung haben die Linke geschwächt. Auch inhaltlich ringt die Partei um Einigkeit, wie eine Kompromissformulierung zum Nahostkonflikt zeigt. Im Anschluss an den Parteitag trat die Linken-Politikerin Henriette Quade aus der Partei aus und begründete dies mit dem Umgang mit Antisemitismus in den eigenen Reihen.
Information und Kommentar
Wir bauen diesen Artikel ein wenig anders auf als üblich, vorweg unser eigenes Abstimmungsverhalten: unentschieden. Man muss sich ohnehin mit der Linken ziemlich gut auskennen, um einschätzen zu können, ob die neuen Vorsitzenden wenigstens im eigenen Laden ein besseres Standing haben als die Vorgänger, unter deren Ägide die BSW-Abspaltung stattfand. Danach hatten sie auch keine Ruhe, weil ihnen die Wagenknecht-nahe Kommunistische Plattform immer mit abweichenden Ansichten daherkam und ständig Kritik an der Führung übte. Daher wohl auch die Warnung vor der „Orthodoxie“ und dem „BSW light“. Nach dem, was wir im Moment vom BSW sehen, würden wir ein BSW light auf keinen Fall wählen, auch wenn es als Die Linke daherkäme.
Der allerneueste Move ist, dass prominente Mitglieder der Berliner Linken aus der Partei ausgetreten sind, die dem Anti-Wagenknecht-Lager angehören. Die Gründe können Sie hier nachlesen. Die Hintergründe hingegen können wir höchstens erahnen, nicht mehr dezidiert beschreiben, weil wir dafür nicht mehr dicht genug dran sind. Jedenfalls braucht die Linke keine Sahra Wagenknecht, um sich weiter selbst zu beschädigen, so viel steht fest. Dass es ausgerechnet unter ihren erbittertsten Gegner:innen, die ohne sie hätten mehr „Beinfreiheit“ haben sollen, wie die frühere Sozialsenatorin von Berlin, Elke Breitenbach, jetzt zu Austritten kommt, zeigt, wie unruhig diese Partei insgesamt ist. Und wieder einmal ist der Nahostkonflikt der Stolperstein. Wenn es so weitergeht, erreichen die Rechten und Rechtsextremen, gleich, ob in Israel oder Deutschland, ihr Ziel mehr oder weniger von alleine, weil Linke sich nicht auf vernünftige Kompromisse zum Thema einigen können. Wir haben weiter unten zum Thema mehr geschrieben und dachten nach dem, was Sie im Anschluss lesen werden, der Bundesparteitag in Halle hätte das Thema vorerst wenigstens in der Linken befriedet. Wir haben zwar von einem Streit während des vorausgehenden Parteitags des Landesverbandes Berlin gelesen (11. Oktober) und dem Eklat auf dem Parteitag, aber die Vorgänge so interpretiert, dass die Formulierung, die auf Bundesebene gefunden wurde, diesen Vorgang berücksichtigt. Nun heißt es, der LV Berlin und wichtige Parteimitglieder seien gar nicht gefragt worden.
Wir glauben zum Einen, dass Menschen, die einfach nur soziale und weltoffene Politik sehen wollen, herzlich wenig daran interessiert sind, wer gerade die Linke führt. Das hat, wenn man von der Ex-Fraktions-Co-Vorsitzenden im Bundestag, Sahra Wagenknecht, absieht, gleich einen doppelten, aber auch zusammenhängenden Hintergrund: Das Spitzenpersonal der Linken ist seit dem Abgang von Gregor Gysi und Oskar Lafontaine nicht mehr so prominent, dass es Wahlergebnisse nach oben ziehen könnte, außerdem sind wirklich links denkende, nicht autoritär geprägte Menschen programmatisch ausgerichtet, nicht am Personenkult orientiert. Ines Schwerdtner kennen wir nur von ihrer publizistischen Tätigkeit her und Jan van Aken nur dem Namen nach. Die Streitigkeiten aber, die jetzt schon wieder an die Oberfläche dringen, die kennen die Menschen schon von der Ampelregierung und haben es langsam satt. Und sie kennen sie natürlich aus der Linken selbst, und das seit vielen Jahren, wenn sie die Gelegenheit hatten, Einblick in diesen Betrieb zu bekommen.
Trotz dieser Prämisse und Voraussetzungen bekommen Sie von uns selbstverständlich Informationen, die die Einordnung erleichtern:
Bitte referieren Sie zur Partei „Die Linke“: Wie wirkt sich der Wechsel im Vorsitz von Wissler / Schirdewan hin zu Schwerdtner / van Aken aus, aus welchen Gruppierungen innerhalb der Linken kommen die alten und die neuen Vorsitzenden, wie sind die Wahlchancen der Partei nach dem Wechsel einzuschätzen?
Die Partei *Die Linke* hat kürzlich einen Wechsel in ihrer Parteispitze vollzogen. Ines Schwerdtner und Jan van Aken wurden als neue Vorsitzende gewählt und treten die Nachfolge von Janine Wissler und Martin Schirdewan an[1][3]. Dieser Wechsel erfolgt in einer kritischen Phase für die Partei, die mit internen Konflikten und einer Abspaltung um Sahra Wagenknecht konfrontiert ist[1][4].
## Herkunft der Vorsitzenden
**Janine Wissler und Martin Schirdewan**: Die bisherigen Vorsitzenden Wissler und Schirdewan traten nicht erneut an. Wissler war bekannt für ihre Zugehörigkeit zum linken Flügel der Partei, während Schirdewan als pragmatischer Politiker galt[2].
**Ines Schwerdtner und Jan van Aken**: Schwerdtner ist eine Publizistin mit einem Hintergrund in politischer Theorie und war zuvor Chefredakteurin des deutschen *Jacobin*-Magazins. Sie trat erst 2023 in die Partei ein, was auf eine relativ neue Parteikarriere hindeutet[3][4]. Van Aken ist ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter und Biologe, der auch als Kampagnenleiter bei Greenpeace tätig war. Er hat eine längere Parteigeschichte und war bereits stellvertretender Bundesvorsitzender der Linken[1][4].
## Auswirkungen des Wechsels
Der Wechsel in der Parteiführung soll einen Neuanfang signalisieren. Schwerdtner und van Aken wollen die Partei durch eine neue Diskussionskultur und einen Fokus auf soziale Themen revitalisieren. Sie betonen die Notwendigkeit von Klarheit und Glaubwürdigkeit in den politischen Positionen der Linken[2][3]. Van Aken hat sich in seiner Rede kämpferisch gezeigt, indem er sich gegen die „unanständig Reichen“ positionierte und betonte, dass die Linke Hoffnung geben solle[1][3].
## Einschätzung der Wahlchancen
Die Wahlchancen der Linken nach diesem Führungswechsel sind unsicher. Die Partei befindet sich in einer existenziellen Krise, insbesondere nach der Abspaltung um Sahra Wagenknecht, die im Osten Deutschlands viele ehemalige Wähler der Linken anzieht[4]. Aktuelle Umfragen sehen die Partei bei lediglich zwei bis vier Prozent, was das Erreichen der Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestagswahlen 2025 gefährdet[4]. Das neue Führungsduo plant, sich auf soziale Gerechtigkeitsthemen zu konzentrieren und hofft, mit einem neuen Stil sowie einer klaren Positionierung im politischen Spektrum wieder an Einfluss zu gewinnen[2][4]./[1]
Kommentar Teil 2
„Soziale Gerechtigkeit“ heißt Klassenkampf, denn freiwillig werden die gepamperten Reichen keinen Cent abgeben. Wenn wir uns darauf verständigen können, dass das in diesem System eh nicht Umsturz heißt, aber dass es wichtig ist, auch begrifflich klar für eine andere als die herrschende Politik zu stehen, wählen wir die Linke auch mit ihren neuen Vorsitzenden. Von Ines Schwerdtner hatten wir bisher ein positives Bild, aber beide Vorsitzende haben das Problem, dass sie außerhalb der parteilinken Szene noch keine Namen sind.
Wir sind keine durchschnittlichen Wähler, wir hatten interne Kenntnisse, bis zum Jahr 2022, darunter auch solche, die aus dem direkten Umfeld von Sahra Wagenknecht stammten. Uns muss echte linke Politik nicht überzeugen, aber draußen im Land, angesichts des dramatischen Rechtsrucks in der Gesellschaft, zu dem wir auch das Aufpoppen des BSW rechnen, sieht es anders aus. Wir haben weitergefragt, denn wenn die Linke bei den Wähler:innen wieder mehr Zuspruch erlangen will, dann muss sie zuerst ihre internen Konflikte lösen, die bisher immer dafür gesorgt haben, dass zu viel Kraft für deren Management aufgewendet werden musste. Wir hatten auch einmal eine Vorstellung von einer integrativen Linken, aber davon sind wir abgerückt. Viele sind ideologisch viel zu betonfest, um sich auf das Machbare zu konzentrieren und eine gute Ansprache für skeptische Menschen zu finden. Die Außenwahrnehmung dessen, was gerade wieder in der Partei läuft, ist verheerend und sabotiert auch die Idee vom Neuanfang.
Es zeigt sich, dass es gar nicht so einfach ist, auf einer allgemeinen Ebene die neue Linke griffig werden zu lassen, das merkt man der Antort der KI an:
Wie beeinflusst die neue Führung die innerparteilichen Konflikte der Linken
Die neue Führung der Partei *Die Linke* mit Ines Schwerdtner und Jan van Aken hat einen bedeutenden Einfluss auf die innerparteilichen Konflikte. Ein zentrales Ziel der neuen Vorsitzenden ist es, die internen Streitigkeiten zu reduzieren und eine neue Diskussionskultur zu etablieren. Anstatt öffentliche Auseinandersetzungen zu führen, sollen Konflikte nun hinter verschlossenen Türen ausgetragen werden, was als ein wichtiger Schritt zur Beruhigung der Partei angesehen wird[1].
Jan van Aken hat in seiner Bewerbungsrede betont, dass es „Schluss mit Zoff“ sein soll und die Partei sich auf Kompromisse einigen muss. Diese Herangehensweise soll die Partei stabilisieren und die politische Handlungsfähigkeit wiederherstellen[1]. Die neue Führung versucht auch, die Partei durch eine klare Positionierung in sozialen und wirtschaftlichen Fragen zu revitalisieren, indem sie sich gegen Ungleichheit und für soziale Gerechtigkeit einsetzt[3].
Zudem hat die neue Parteispitze bereits erste Erfolge bei der Bewältigung heikler Themen erzielt, wie etwa bei der Diskussion über den Nahost-Konflikt. Dies zeigt ihre Fähigkeit, schwierige Debatten zu moderieren und zu einer einheitlichen Haltung innerhalb der Partei zu führen[4]. Insgesamt scheint die neue Führung darauf abzuzielen, die Partei zu einen und ihre politische Ausrichtung klarer zu definieren, um interne Spannungen abzubauen und die Partei für zukünftige Herausforderungen besser aufzustellen.[2]
Den obigen Absatz hätte die KI heute Abend vielleicht nicht mehr so formuliert, die aktuellen Austritte in Berlin kann man auch als Affront gegen den neuen Bundesvorstand lesen, aber sie kamen so kurz nach dessen Antritt, dass man andererseits sagen kann, besser jetzt, wo eh große Unruhe herrscht, als wenn man glaubt, es läuft einmal einigermaßen konfliktfrei und dann kommt es doch wieder zu solchen Vorgängen.
Wir pflegen die Angewohnheit, Politik immer auch mit dem Auge des Gegners zu betrachten, das ergibt sich bei den rechten Parteien sowieso, wenn wir Mitte-Links-Publikationen lesen, aber eine in der letzten KI-Recherche zitierten Quellen haben wir uns näher angeschaut, hier schreibt die konservative FAZ über den Bundesparteitag in Halle, der den Übergang zur neuen Parteispitze bedeutete und in dem es gleich um das heiße Eisen ging, das auch in unseren Artikeln derzeit immer wiederkehrt, wozu die Linke sich stellen musste. Zunächst wird beschrieben, wie van Aken den Prozess der Antragsfindung geschickt moderiert hatte und es dann zu folgendem Ergebnis kam:
Der von ihm verhandelte Antrag erhielt am Ende eine deutliche Mehrheit. Darin wird ein sofortiger Waffenstillstand in Israel und Palästina gefordert. „Die völkerrechtswidrige Kriegsführung in Gaza und Libanon muss sofort eingestellt werden.“ Die Partei spricht nicht von einem Genozid, nutzt aber das laufende Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof auf Klage Südafrikas, um zu schreiben: „Der Internationale Gerichtshof hat in seinen Eilentscheidungen zur Klage Südafrikas im Rahmen der Völkermordkonvention deutlich gemacht, dass er die Gefahr genozidaler Handlungen in Gaza sieht.“ Und: „Wir begrüßen das Bemühen des IGH, mit ihren Eilentscheidungen einen Genozid zu verhindern.“ Der Antrag enthält aber auch ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels und zum Kampf gegen Antisemitismus. „Wir betonen: Nichts rechtfertigt die abscheulichen Taten der Hamas.“
Wir finden, es ist ein guter Kompromiss geworden. Man kann nicht eine Seite vollkommen beiseiteschieben, seien es Israelis oder Palästinenser, und natürlich muss es ein klares Bekenntnis zum Kampf gegen Antisemitismus geben. Der obige Antrag war nach unserem jetzigen Wissensstand den aus dem Berliner LV ausgetretenen Antrag diesbezüglich nicht klar genug, wobei die konkrten Maßnahmen gegen Antisemitismus ohnehin auf Landesebene beschlossen und umgesetzt werden müssen. Und da hat es wohl an Entgegenkommen gemangelt, wie wir mittlerweile aus einem Statement der KPF (Kommunistische Plattform) herausgelesen haben, wo man sich über diese Abgänge mehr oder weniger freut oder zumindest darüber, dass der lange Zeit dominierende „Realo-Flügel“ der Berliner Linken offenbar in die Defensive geraten ist. Wie das möglich war, obwohl die mit der KPF außenpolitisch eng verbundenen Wagenknecht-Anhänger weg sind, dazu haben wir uns noch nicht einlesen können. Wir sehen aber, dass die Linke von anderen Seiten Annäherung erfährt, zum Beispiel von jungen Grünen, denen ihre Partei zu bürgerlich geworden ist. Die nächsten Flügelkämpfe sind vorprogrammiert, wenn wir deren Hintergrund richtig einschätzen.
Außerdem hat van Aken in seiner Bewerbungsrede gesagt, mit ihm gebe es keinen Zoff mehr in der Linken und außerdem sei er dagegen, dass es Milliardäre gibt, nicht nur sinngemäß, sondern fast wörtlich. Jetzt muss sich die neue Führung damit noch Publizität verschaffen: ein klares sozialpolitisches Profil zeigen, das sich deutlich von der SPD-Form sozialer Gerechtigkeit abhebt, die nur noch in Ansätzen existiert, selbst diese mussten wiederbelebt werden, aber die SPD ist auch ein Vorbild, wie man sich aus Umfragetiefs wieder aufrichten kann, wenn nur die Gegenkandidaten schwach genug sind.
Desweiteren will man sich inhaltlich auf die Wohnungspolitik konzentrieren, was wir aufs Äußerste begrüßen, wer uns schon länger liest, weiß, warum – und auf Hochburgen. Falls es 2025 nicht für das Überspringen der Fünfprozent-Hürde reicht, sollen wieder die Direktmandate für den Einzug einer linken Fraktion in den Bundestag sorgen, wie schon 2021. Richtigeweise hat die FAZ das als schwierig dargestellt, denn zumindest eines der beiden Berliner Direktmandate war an die bei den linken Wählern wie auch parteiintern sehr beliebte Gesine Lötzsch geknüpft, dieses Mandat muss die viel jüngere und in der Partei noch ganz neue Ines Schwerdtner jetzt verteidigen, beim anderen Berliner Mandat ist nicht mehr sicher, ob das alte Zugpferd Gregor Gysi noch einmal antreten wird.
Wir meinen, man sollte es doch lieber mit einer Revitalisierung auf breiter Basis versuchen, sich dabei durchaus auf die Städte konzentrieren, in denen die Wohnungspolitik eine große Rolle spielt und versuchen, damit über die Fünfprozenthürde zu kommen. Allerdings: Im Europawahlkampf hatte das Mieten-Thema gar nicht gezogen, das die Linke in Berlin plakatiert hatte. Vielleicht war es dafür auch die falsche Wahl. Die Bundespolitik hingegen kann man mühelos damit markieren, dass sie auf dem Gebiet so komplett versagt hat wie auf kaum einem anderen, ja, dass es nicht einmal mehr von der Ampel in Angriff genommen wird, obwohl es im Koalitionsvertrag steht, dass Mieter:innen besser vor unendlichem Preisauftrieb geschützt werden müssen.
Die Linke wird auch nach 2025 keinen Einfluss auf die Bundespolitik haben, aber sie könnte mit einem anständigen, achtbaren 5+x-Ergebnis ein Zeichen setzen. Und dann in einigen Ländern wieder wirken. Das kann sie vor allem dann schaffen, wenn das BSW sich weiter im Eiltempo entzaubert und Generalopposition macht. Das BSW würden wir als Linke frontal angreifen und überhaupt keine Melancholie über den Abgang des Medienstars Sahra Wagenknecht aufkommen lassen, die der Linken zum Ende hin so massiv geschadet hat wie sonst keine einzelne Person.
Eine gute bundespolitische Statur wiederum könnte der Linken 2026 helfen, wenn die nächste Abgeordnetenhauswahl in Berlin ansteht, um die Rückschrittskoalition zu beenden, die rein gar nichts für die Menschen auf die Beine bringt und stillschweigend die Mehrheitsmeinung der Berliner:innen in Sachen Deutsche Wohnen enteignen beerdigt hat. Wenn die Linke Aussicht auf einer erneute Regierungsbeteiligung in Berlin hat, wird sie auch gewählt werden, wohingegen das BSW bis dahin entweder als politikunfähig enttarnt sein wird oder kleinere Brötchen backen und in eine Mitte-Links-Koalition in Berlin mit den Ex-Kollegen eintreten muss, um sich als seriös zu erweisen.
Links sein, heißt, solidarisch sein und den eigenen Narzissmus in vertretbaren Grenzen halten, das hat Wagenknecht nicht verstanden und das verstehen auch einige naive Wähler:innen noch nicht. Wenn es so weitergeht wie gerade zu sehen, wird die Entlarvung von selbst kommen, und in dieses Szenario kann die Linke einsteigen. Das wäre auch keine Rache, sondern schlicht und einfach die Verwertung der Erkenntnis, dass Politik realistisch sein muss, selbst bei hohen Forderungen, wie die Linke sie berechtigterweise an das System zu stellen hat, wenn sie für die Menschen arbeiten will. Die Zivilgesellschaft muss sich auf die einzige relevante linke Partei verlassen können. Es ist bezeichnend, dass sie in Berlin bisher eher an die Grünen angedockt hat, obwohl die Linke ihr politisch näherstehen müsste.
Sicher ist das Gepräge der Grünen in Berlin mehr links als im Bund und in anderen Ländern, aber darauf sind wir sehr gespannt: Ob die Linke sich in die Bewegungen so einarbeiten kann, dass zusammen eine Dynamik erzielt wird, die wieder an die alten Zeiten vor Corona heranreicht. Auch dafür stehen die Zeichen günstig: Die Grünen, die damals dichter dran waren, haben sich im Bund während der Ampelkoalition erwartungsgemäß in sozialen Fragen als unfähig erwiesen, dagegen können die Stadtpolitiker der Partei nicht argumentieren, und wir haben vier verlorene Jahre gesehen. Außerdem sollte van Aken, der von Greenpeace kommt, wissen, wie man Themen so platziert, dass sie als Funktionsmodule für relevante Bewegungen funktionieren und Zuspruch beim fortschrittlichen Teil der Bevölkerung finden.
Ab 2025 muss der Trend gedreht werden, und wer sollte diese Wende sonst einleiten als die Linke? Sie darf ruhig ihre eigene Funktion als letzte Anlaufstelle linker Politik etwas mehr in den Vordergrund rücken, anstatt sich mit Uralt-Parolen in die Defensive drängen zu lassen, wie sie im Zeitalter des Rechtspopulismus aufleben, aber auch nicht sehr lange wirken werden.
Die Linke hat übrigens von allen Parteien die konsequenteste Klima-Agenda. Auch darüber sollten Menschen einmal nachdenken, die bisher die Grünen gewählt haben. Die Linke versteht außerdem mehr vom sozialen Ausgleich, und der ist wichtig, um die Menschen bei diesem Thema mitzunehmen. Also, wo ist das Klimageld? Mietengerechtigkeit, Klimagerechtigkeit, auch die Beibehaltung gesellschaftlich fortschrittlicher Positionen gegen den Trend, das sind Themen, die zumindest in Berlin ziehen dürften.
Wir haben mit „unentschieden“ gestimmt und noch waren wir bei der Mehrheit, wenn wir so abgestimmt hatten. Dieses Mal ist es so, 40 Prozent der Abstimmenden wissen nicht, ob es mit der neuen Führung aufwärts gehen wird. Interessant, dass sich trotzdem so viele beteiligt haben, die es eben nicht zu wissen glauben. Die zweithöchste Stimmenzahl war beim klaren Nein angesiedelt, 23 Prozent (Stand 23.10., ca: 14:30 Uhr). Wir analysieren jetzt nicht, woher das kommen könnte, sondern bleiben hoffnungsvoll gestimmt und können beim Mal vielleicht schon mit „eher ja“ abstimmen, wenn das darum geht, was die neue Führung der Linken schon geschafft hat.
Wir hätten in Kenntnis des Vorgangs von heute in Berlin nicht anders abgestimmt, obwohl das integrative Wirken der neuen Führung schon jetzt infrage steht, wenn man diesen Vorgang als Maßstab nimmt oder auch als böses Omen ansieht. Offenbar waren in der Ablehnung von Wagenknecht auch Kräfte vereint, deren Disparitäten nun, wo sie weg ist, offen zutage treten. Das heißt langfrist für die Linke nicht, dass sie nicht zurückkommen kann. Die Ausgetretenen zählen überwiegend zu den Linken, die ihre politische Karriere schon hinter sich haben, von den Nachwuchshoffnungen ist bisher kein Austritt bekannt, darunter gibt es allerdings auch wenige echte Talente.
Falls Sie finden, der Artikel hat gewisse strukturelle Mängel, dann entspricht das dem Chaos in der Linken, das viel weniger leicht zu beschreiben ist als rechtspopulistische Ausfälle in gewissen anderen Parteien oder deren Haltung zu Sachthemen.
TH
[1] [1] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/linke-waehlt-parteispitze-neustart-mit-schwerdtner-und-van-aken,URepHbz
[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/die-linke-bundesparteitag-halle-van-aken-schwerdtner-lux.GSPLhQ7dMvDUTu5m2TLMrL
[3] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/neue-fuehrungsspitze-die-linke-100.html
[4] https://www.deutschlandfunk.de/bundesparteitag-linkspartei-schwerdtner-van-aken-100.html
[5] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/linke-waehlt-van-aken-und-schwerdtner-zu-neuen-parteichefs-110057570.html
[6] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/10/ines-schwerdtner-jan-van-aken-neue-linke-vorsitzende-vorsitzende.html
[2] [1] https://www.sueddeutsche.de/politik/die-linke-bundesparteitag-halle-van-aken-schwerdtner-lux.GSPLhQ7dMvDUTu5m2TLMrL
[2] https://www.dw.com/de/deutschland-linkspartei-muss-eine-neue-f%C3%BChrung-suchen/a-69973050
[3] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/linke-waehlt-parteispitze-neustart-mit-schwerdtner-und-van-aken,URepHbz
[4] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/linke-waehlt-van-aken-und-schwerdtner-zu-neuen-parteichefs-110057570.html
[5] https://www.deutschlandfunk.de/bundesparteitag-linkspartei-schwerdtner-van-aken-100.html
[6] https://www.die-linke.de/start/detail/wir-muessen-die-linke-stark-machen-um-die-verhaeltnisse-aendern-zu-koennen/
[7] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-10/parteitag-die-linke-jan-van-aken-ines-schwerdtner-nahostkonflikt
[8] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/10/ines-schwerdtner-jan-van-aken-neue-linke-vorsitzende-vorsitzende.html
Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

