Mehr Investitionen in grüne Technologie unter Biden (Statista + Zusatzinfos + Kommentar)

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Welcher vernünftige Mensch hätte nicht gehofft, dass Donald Trump es nicht noch einmal schafft, das Weiße Haus zu erobern. Nun aber muss man das mindestens für möglich halten. Wer dafür am meisten verantwortlich ist, dass Kamala Harris das Momentum ihrer Kampagne verloren gegangen zu sein scheint, das sie nach ihrer Übernahme der Kandidatur für das Amt der US-Präsidentin von Joe Biden hatte, darüber kann man viel schreiben. Wir werden vermutlich noch tun, aber wir hatten versprochen, vor der Wahl einige Daten zu den USA zu liefern und damit auch den auf jeden Fall feststehenden Abschied von Joe Biden, dem 46. Präsidenten, mit einem Rückblick zu begleiten. Zum Beispiel in der Form, dass wir darauf verweisen, wie er das Land versucht hat umzugestalten, nach der klimafeindlichen, erzkonservativen Politik seines Vorgängers und möglicherweise Nachfolgers.

Heute haben wir eine Statista-Grafik ausgesucht, in der es um „Green Technology“ geht:

Infografik: Mehr Investitionen in grüne Technologie unter Biden | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Die Investitionen der USA in klimafreundliche Technologie sind unter Präsident Joe Biden deutlich höher ausgefallen als unter seinem Vorgänger Donald Trump. Das zeigt die Statista-Grafik mit Daten des Dashboards Clean Investment Monitor. Unter Biden erreichten die Investitionen in emissionsreduzierende Technologien im zweiten Quartal 2024 den bisherigen Spitzenwert von 76,3 Milliarden US-Dollar. Die Daten beziehen sich auf die Investitionen in den Sektoren Fertigung, Energie, Industrie und Einzelhandel. Daten sind erst ab dem Jahr 2018 verfügbar – daher konnte das erste Amtsjahr von Donald Trump nicht abgebildet werden.

Joe Biden trat sein Amt mit der Vision einer „sauberen“ Energiezukunft für die USA an, während sein Amtsvorgänger Donald Trump noch einen klaren Fokus auf die Förderung der fossilen Energieträger Kohle, Erdgas und Erdöl legte. Um die USA als Standort der grünen Industrie zu stärken, formulierte die Biden-Administration unter anderem mit dem Federal Sustainability Plan Nachhaltigkeitsrichtlinien für die öffentliche Vergabe von Aufträgen.

Wie die Bundeszentrale für politische Bildung anmerkt, ist Bidens Politik zwar darauf angelegt, die Emissionen fossiler Energieträger im Inland zu senken, nicht aber, ihre Förderung und Nutzung zu beschränken. Fossile Energieträger bleiben daher auch weiterhin zentraler Teil der Energiepolitik der USA.

Es ist nicht so, dass es nicht unter Trump auch schon eine Steigerung der Investitionen in grüne Technologie gegeben hätte, auch das weist die Grafik aus. Außerdem muss man die hohe Inflation der letzten Jahre berücksichtigen. Würde man die Grafik um diese bereinigen, fielen die Steigerungen weniger stark aus. Die Balken, die wir sehen, das sind Quartalswerte, im gesamten Jahr 2024 werden die öffentlichen und privaten Investitionen in umweltfreundliche Technologie wohl 200 Milliarden US-Dollar erreichen oder überschreiten, in Euro läge die Summe aktuell etwa sieben Prozent niedriger.

Für deutsche Verhältnisse sind dies sehr hohe Ausgaben, aber in Relation zur Größe einer Volkswirtschaft, die ein jährliches BIP von mehr als 20 Billionen Euro hervorbringt, ist das so viel wieder nicht, nur etwa 1 Prozent der Wirtschaftskraft fließen (zurück) in klimaschützende Investitionen. In die Rüstung werden in den USA zwischen 3,5 und 4 Prozent des jährlichen BIP gesteckt.

Da die Wirtschaft, anders als bei uns, in den USA wächst und jedes Wachstum bei einer noch nicht klimaneutralen Ökonomie mehr Treibhausgase verursacht, ist es schwierig, mit diesen Investitionen überhaupt Reduktionen beim CO₂-Ausstoß zu erzielen. Die Zahlen für 2023 waren enttäuschend, die Reduktion von 1,4 Prozent lag am unteren Ende der Erwartungen; wir haben das, eingebettet in den Rahmen der laufenden Berichterstattung zur US-Präsidentschaftswahl, hier dargestellt:

Treibhausgase: CO₂-pro-Kopf-Emissionen in Russland und den USA besonders hoch

Wenn man sieht, wie groß die Widerstände der mächtigen Lobbys und auch in weiten Teilen der Bevölkerung gegen mehr Umwelt- und Klimaschutz sind. Wie sehr Donald Trump sich dieser Widerstände bedient, um Wahlkampf zu machen, und dies als Maßstab für seine kommende Politik heranzieht, muss man davon ausgehen, dass seine zweite Präsidentschaft noch regressiver ausfällt als die erste. Nicht nur auf diesem Gebiet. Zur Erinnerung: Unter Trump sind die USA sogar aus dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 ausgestiegen, das von dessen Vorgänger Barack Obama maßgeblich mitverhandelt wurde.

Den ersten Austritt der USA kündigte Trump schon 2017 an, er zog sich aber wegen vertraglicher Sperrfristen hin bis zum Ende von Trumps Präsidentschaft und wurde schlussendlich im November 2020 vollzogen. Schon im Januar des Folgejahres traten die USA unter Joe Bidens Ägide wieder bei.

Ab diesem Jahr kam die Corona-Krise der weltweiten CO₂-Reduktion zugute, aber nachhaltig war diese Verminderung, die auf scharfe Wirtschaftseinbrüche wegen der Corona-Maßnahmen zurückzuführen war, selbstverständlich nicht. Die Vor-Corona-Werte sind in den meisten Ländern der Welt längst überschritten – mit Ausnahme der EU, die im Jahr 2023 über alle Staaten hinweg eine Reduktion von über 7 Prozent vorweisen konnte. Auch dabei spielt das schwache Wirtschaftswachstum, insbesondere der Rückgang der Produktion im Industrieland Deutschland, eine Rolle, es gibt aber auch mittlerweile autarke Effekte, die wirklich auf verbesserte Technologie, zum Beispiel auf die hiesige Energiewende, zurückzuführen sind. Davon sind die USA noch ein gutes Stück entfernt. Sollte Trump es tatsächlich zu einer zweiten Präsidentschaft bringen, wird das weltweit dazu führen, dass der Klimaschutz noch weniger ernst genommen wird als derzeit, weil die USA immer noch eine Vorbildfunktion haben. Was dort an Trends vorherrscht, ist für die Definition des richtigen Weges zum wirtschaftlichen Erfolg in erheblichem Maße mitverantwortlich.

Joe Biden hat sich bemüht, wenigstens das Mindeste zu tun, ohne es schon erreicht zu haben, Donald Trump wird wohl auch die Bemühungen nicht weiter forcieren. Es sei denn, er erkennt, dass es ein guter Deal für die USA wäre, umwelttechnisch die anderen abzuhängen. Das ist aber objektiv schwierig, angesichts des gewaltigen Pro-Kopf-Verbrauchs an nahezu allen Gütern in diesem Land, der per Saldo, den jedes anderen Landes übersteigt und damit den US-Amerikanern den größten ökologischen Fußabdruck aller Nationen zuweist. Die Mentalität, dass das so in Ordnung ist, wird sich nicht ausgerechnet unter Trump ändern, der die USA ja schon wieder noch größer oder auch großkotziger machen will, als sie ohnehin sind.

Die verschiedenen Investitions- und Subventionspakete von Joe Biden, die auch wirtschaftspolitische Aspekte unabhängig vom Klimaschutz, wie den Protektionismus, zum Ziel hatten, vor allem der viel beachtete IRA (Inflation Reduction Act), aber auch der oben erwähnte FSP, sind der Ansatz zu einer Wende, wenn sie gut greifen, mehr nicht.

Der Fahrplan der USA sieht im Moment so aus: Im Jahr 20230 sollen die Treibhausgas-Emissionen gegenüber dem Wert von 2005 um 50 bis 52 Prozent reduziert werden, 2035 soll der komplette Stromsektor klimaneutral sein und 2050 das gesamte Land. Das ist ein recht komfortabler Zeitplan, den Gesamtwert betreffend. Aber mit etwas Pech werden nun wieder vier verlorene Jahre folgen, und dann wird es schwierig, selbst diesen für europäische Verhältnisse gemütlichen Plan einzuhalten.

In Deutschland soll ab 2045 sogar „Klimanegativität“ erreicht werden, was bedeutet, dass hierzulande die „natürlichen Senken“ mehr CO₂ binden sollen, als menschliche Aktivitäten emittieren. Auch das halten wir für sehr ambitioniert und auch wegen der schlechten Wirtschaftslage für wackelig. Sie senkt zwar den CO₂-Ausstoß erst einmal, aber es wird in der Folge weniger Geld und auch weniger der Wille zur Transformation vorhanden sein. Anders als in den USA gehen hierzulande gerade Entlassungs-Schockwellen durchs Land, die bedeuten könnten, dass dem Erhalt von Arbeitsplätzen eine höhere Priorität als dem Klimaschutz eingeräumt werden. Die USA hätten dank ihrer guten Wirtschaftslage bessere Möglichkeiten, mit dem großen Wumms umzusteuern, aber wenn jemand Präsident wird, der den Leuten einredet, mit Zukunftstechnologie wäre das Ende der guten Wirtschaftslage erreicht, wird es trotzdem schwierig werden.

Wir können nun bloß noch abwarten und dann kommentieren, was am 5. November in den USA geschehen wird. Es hat Einfluss auf so viele Dinge und auf uns, aber wir haben keinen Einfluss darauf und Deutschland muss außerdem darauf achten, dass es selbst auf dem Pfad ist, die Klimaziele, die zunächst eine 65-Prozent-Reduktion des CO₂-Ausstoßes im Jahr 1990 bis zum Jahr 2030 vorsehen, zu erreichen.

TH


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