Dream of a Rarebit Fiend  (USA 1906) #Filmfest 1195

Filmfest 1195 Cinema

 Dream of a Rarebit Fiend ist ein stummer Trickfilm aus dem Jahr 1906 unter der Regie von Edwin S. Porter für die Edison Manufacturing Company[1] Es handelt sich um eine siebenminütige Live-Action-Verfilmung des Comics Dream of the Rarebit Fiend des amerikanischen Cartoonisten Winsor McCay. Der Film wurde mit mehreren Spezialeffekten vermarktet, bei denen „einige der fotografischen ‚Stunts‘ noch nie zuvor gesehen oder versucht wurden“. [2]/[1]

Wir finden immer noch „Firsts“, nach nunmehr 16 bis 17 Jahren amerikanischem Film, aber wenn man es darauf anlegt, kann man bis heute welche entdecken. In diesem Fall ist es die vermutlich erste Völlerei, die auf Film gebannt wird, und wir dürfen schon verraten, dass uns beim Zusehen bereits kurz nach Beginn schlecht geworden ist, angesichts des Vielfraßes, den wir hier sehen. Auf den ersten Blick hat das keine soziale Implikation, außer vielleicht, dass man schlechte Träume bekommt, wenn man sich überfrisst, aber ganz so einfach machen wir es uns nicht und schreiben noch das eine oder andere in der Rezension.

Handlung (1)

Der Rarebit Fiend verschlingt walisischen Rarebit in einem Restaurant. Als er geht, beginnt ihm schwindelig zu werden, da er zu halluzinieren beginnt. Verzweifelt versucht er, sich an einem Laternenpfahl festzuhalten, während sich die Welt um ihn herum dreht. Ein Mann hilft ihm, nach Hause zu kommen. Er fällt ins Bett und beginnt, weitere halluzinatorische Träume zu haben.

Während einer Traumsequenz beginnen sich die Möbel im Raum zu bewegen. Kobolde tauchen aus einem schwimmenden walisischen Rarebit-Behälter auf und beginnen, in seinen Kopf zu stechen, während er schläft. Sein Bett beginnt wild durch den Raum zu tanzen und sich zu drehen, bevor es mit dem Unhold aus dem Fenster fliegt.

Das Bett schwebt quer durch die Stadt, während der Unhold sich am Gestell festhält und mitschwebt. Er bleibt schließlich an einer Wetterfahne auf einem Kirchturm hängen. Sein Nachthemd reißt, er fällt vom Himmel und kracht durch die Decke seines Schlafzimmers. Der Unhold erwacht aus dem Traum, nachdem er aus seinem Bett gefallen ist.

Rezension

Im Jahr 2015 wählte die United States Library of Congress den Film für die Konservierung im National Film Registry aus und befand ihn als „kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsam“. [3][4]

Die Edison Military Band spielte 1907 ein Stück mit dem Titel „Dream of the Rarebit Fiend“ auf einem Edison-Zylinder (Edison 9585),[5] geschrieben von Thomas W. Thurban. Das Stück wurde wahrscheinlich von Porters Film aus dem Jahr 1906 inspiriert und sollte ihn möglicherweise begleiten. Das Stück wurde für eine 18- bis 20-köpfige Band geschrieben und mehrfach aufgenommen. [6]

„Firsts“ sind hingegen nicht die Tricks in dem Film, wenn man sie einzeln betrachtet. Die Kombination hat es so natürlich vorher noch nicht gegeben, deswegen stimmt die Werbung zumindest insofern, als der Ablauf und die Zusammenfügung verschiedener Tricks einen Innovationswert hatte, außerdem basiert der Film auf einem Comic aus dem Jahr 1904 – es war also schon möglich, so früh in der Entwicklung des Films mit Tricks zu arbeiten, mit denen man einen Comic in bewegten Bildern nachzeichnen konnte. Allerdings ist „Dream of a Rarebit Fiend“ kein Animationsfilm, der die Möglichkeiten der Fantasie hätte vollkommen fesseln können. Solche Animationsfilme entstanden schon ganz früh, also noch einmal etwa 15 Jahre zurück, in Frankreich, und ich freue mich schon darauf, über sie schreiben zu können. Sie zeigten die wohl bis dahin komplettesten Handlungen im Film, kleine Geschichten, als der Realfilm noch lange nicht so weit war.

Aber auch sonst kann man sagen, dass Frankreich 1907 noch die führende Filmnation war, vor allem dank der anhaltenden Schaffenskraft von Georges Méliès, der schon seit zwölf Jahren am Werk war und dem die Ideen, was man alles auf fantastische, tricktechnisch wundervolle und magnetische Weise verfilmen könnte, nicht auszugehen schienen. Aber zum Langfilm war es dabei noch nicht gekommen und das US-Kino nahm das Rennen mit realistischeren Ansätzen auf, zumindest den Stil betreffend – ein ganz frühes Beispiel dafür, „The Great Train Robbery“ (1903), haben wir bereits auf dem Filmfest vorgestellt. Interessant ist, dass es danach nicht direkt so weiterging, dass also Jahr für Jahr längere und komplexere Spielfilme entstanden. „A Rarebit Fiend“ ist nur halb so lang, etwa 7 Minuten inklusive Vorspann. Wir warten also 1906 noch auf den nächsten Schub, werden dazu aber bald kommen.

Ich musste, nachdem ich dieses Ekelgefühl abgeschüttelt hatte, wirklich ein- oder zweimal lachen, und das gelingt mir bei frühen Chaplin-Komödien nicht immer. Da ich noch kein Spezialist für die Filme von Méliès bin und was „A Rarebit Fiend“ von ihnen unterscheidet, habe ich ein wenig recherchiert und eine wunderbare Rezension gefunden, die richtig Laune darauf macht, sich dieses kleine und in der Tat technisch schon recht präzise gefilmte Wunderwerk aus dem Jahr 1906 anzuschauen. Ich habe eine KI die Eckpunkte dieses Kommentars zusammenfassen lassen:

Der Artikel bespricht den Stummfilm „Dream of a Rarebit Fiend“ aus dem Jahr 1906, der auf einem Comic-Strip von Winsor McCay basiert. Hier sind die wichtigsten Punkte:

## Über den Film

– Regisseure: Edwin S. Porter und Wallace McCutcheon
– Produziert von Edison Studios
– Basiert auf McCays Comic-Strip „Dreams of the Rarebit Fiend“ von 1904
– Laufzeit: etwa 7 Minuten

– Handlung: Ein Mann isst zu viel Welsh Rarebit (eine Art Käsetoast) und Bier, was zu surrealen Albträumen führt[1]

## Technische Aspekte

– Verwendung innovativer Spezialeffekte für die Zeit, einschließlich Doppelbelichtungen und Miniaturmodelle
– Der visuelle Stil ahmt McCays Comic-Ästhetik erfolgreich nach
– Die Effekte werden als beeindruckend beschrieben, sogar im Vergleich zu späteren Filmen[1]

## Bedeutung und Erfolg

– War einer der erfolgreichsten Filme von Edison Studios im Jahr 1906
– Verkaufte 192 Kopien, deutlich mehr als der Durchschnitt von 50-140 Kopien
– Trug zur Überbrückung des damaligen Filmmangels während des Nickelodeon-Booms bei[1]

## Kultureller Einfluss

– Ein gleichnamiges Musikstück wurde im Juli 1906 urheberrechtlich geschützt, war aber nicht als Filmmusik gedacht- Das Musikstück basierte tatsächlich auf einer älteren Komposition von 1899 mit dem Titel „The Brooklyn Cake Walk“
– Der Film gilt als frühes Beispiel für eine erfolgreiche Comic-Adaption im Kino[1]

Der Artikel betont die technische Innovation des Films, seinen kommerziellen Erfolg und seine Bedeutung in der frühen amerikanischen Filmgeschichte. Er wird als „psychedelisch“ beschrieben, lange bevor dieser Begriff geprägt wurde, und zeigt die enge Verbindung zwischen Comics und frühem Kino.[2]

Was Sie in der Zusammenfassung nicht finden, ist der humorige und engagierte Stil der Rezension, die ich schon bei mehreren Kritikern gesehen habe, die sich mit dem frühen Film befassen. Es ist oft lustiger, sich die Rezensionen durchzulesen, als die Filme zu schauen, hier hält es sich etwa die Waage, weil der Film selbst auch hinreichend Witz hat.

Hingegen hat er eines nicht, was bald aufkommen sollte: Einen Star. Im Komödienfach also einen Starkomiker. Diesen Pionieren des Lachgeschichten-Kinos habe ich Aufmerksamkeit im Rahmen der Chaplin-Anthologie gewidmet, denn Charlie wurde zwar der berühmteste von allen, aber er war nicht der erste, und hätte er weitergemacht wie in seinen ersten Filmen, hätte sich sein damals noch sehr robuster Charme irgendwann abgenutzt. Die Emotionen, die er ab etwa 1915-16 zunehmend vielfältiger gestaltete, habe ich bisher in keinem der ganz frühen Filme gesehen, auch wenn zum Beispiel unsere direkte Vorgängerrezension über Edwin S. Porters „A Kleptomaniac“ (1905) ein sehr frühes Sozialdrama zeigt. Was Chaplin daraus für eine Schnulze gemacht hätte, lässt sich denken.

Die oben zusammengefasste Kritik hat auch gut den Unterschied im Stil von „A Rarebit Fiend“ und den Méliès-Filmen herausgearbeitet und auch denen der bereits mehrfach im Rahmen der 3. US-Chronologie „alles von vorne“ erwähnten Brighton School. Wir müssen, da ich bei den USA weiter vorgerückt bin, anderen erst einmal vertrauen, wenn sie diese Unterschiede beschreiben. Hier wieder ein Auszug, mit ihm beginnt die Kritik:

Comics und frühes Kino waren eine himmlische Kombination. Kinofilme waren aus verschiedenen technischen und finanziellen Gründen knapp und brauchten schlagkräftige Geschichten, die mit wenigen dramatischen Bildern vermittelt werden konnten. Nun, was machen Comicstrips? Genau! Darüber hinaus machte die Popularität von Trickfilmen und effektgeladenen Extravaganzen eine Zusammenarbeit zwischen skurrilen Comics und Kinofilmen unvermeidlich.

Der amerikanische Film blieb dem Realismus treu, auch in diesem Film, dessen Tricks nicht, wie bei Méliès etwas farbenfroh-bühnenhaftes und Gemaltes hatten, außerdem begann man, Gegenstände und Figuren bedrohlich wirken zu lassen. Ganz sicher hatten solche Geschichten auf spätere Comics, unter anderem von Walt Disney, einen großen Einfluss, der den Comic vom Film her betrachtete, nicht umgekehrt.

Soll man einem Film wie diesem einen sozialen Kontext, der über die Warnung vor unmäßigem Essen hinausgeht, zurechnen? Sicher nicht in dem Maße wie bei „The Kleptomaniac“, aber wir versetzen uns einmal ins Jahr 1906, so gut es geht. Die meisten Nickelodeon-Betrachter damaliger Tage verbrachten ihre Abende sicher nicht in einem Restaurant, in dem sie sich selbst Käsesahnesoße nachschöpfen konnten, so viel sie wollten, dazu noch dieser sehr auffällige, helle Anzug des Fiends, den man als geckenhaft und protzig eher denn elegant bezeichnen kann, außerdem, das muss man leider beifügen, hat er eine wilde, dunkle Anmutung, inklusive der unter dem Zylinder hervorschauenden Haarstähne. Nicht schwarz, aber auch nicht wie ein WASP, sondern eben leicht unholdmäßig. Wir sehen also keinen Gentleman vor uns, der essensmäßig einen neurotischen Tag erwischt hat, sondern einen neureichen Typ, der nie genug kriegen kann, und dieses Gericht wirkt sowieso wie eine wahre Kalorienbombe, die sich die meisten Menschen damals gar nicht oder höchstens zu Festtagen leisten konnten.

Der Film setzt also auch auf Schadenfreude gegenüber den Prassern, die es immer schon gab und die in den USA natürlich eine besondere Bedeutung hatten, wo man mit Glück ein Vermögen über Nacht machen und anschließend das Leben in wahrhaft vollen Zügen auskosten konnte. Man hätte den Film noch sehr ausschmücken, weitere Personen auftreten lassen können, aber die oben resümmierte Kritik stellt einige Szenen des Comics denen im Film gegenüber und ich denke, von Anfang bis Ende hat sich Porter eng an der Vorlage orientiert.

Der Film war wohl auch wegen seiner Botschaft, nicht nur wegen der Tricks, ein großer Erfolg, wobei die Botschaft für die meisten Menschen eher unterschwellig gewesen sein dürfte, gleichwohl ist sie eine geschickte Spielerei mit den Nachteilen eines Lebens, das in der Hinsicht begehrenswert zu sein scheint – wenn man in der Lage ist, seine Grenzen zu kennen. Dieser werden hier nicht nur aufgrund des Gerichts, sondern mit gleichzeitigem Alkoholgenuss ziemlich getestet, das Getränk der Wahl schein Bier zu sein, was ja gut zu dem walisischen Gericht passt. Vielleicht gibt es auch einen Film über zu viel Schokolade, der zu mir besser passen würde, aber erst die Kombination mit Alkohol, dem ich nicht sonderlich zugeneigt bin, macht Extravaganzen wie den übergroßen schwankenden Laternenpfahl, mit dem es der Unhold auf dem Nachhauseweg zu tun bekommt, richtig immanent logisch. Wir haben noch ein wenig technische Kunde betrieben:

Bei der Produktion von „Dream of a Rarebit Fiend“ gab es mehrere technische Herausforderungen, die für die damalige Zeit sehr innovativ waren:

  1. Längere Produktionszeit: Der Film benötigte eine ungewöhnlich lange Produktionszeit von zwei Monaten, was für Filme im Jahr 1906 außergewöhnlich war[1]. Dies ermöglichte es den Filmemachern, sich auf aufwendige Details zu konzentrieren.
  2. Komplexe Spezialeffekte: Der Film setzte eine Vielzahl von Spezialeffekten ein, die für die damalige Zeit sehr fortschrittlich waren, darunter:

   – Stop-Motion-Fotografie: Verwendet, um unbelebte Objekte zum Leben zu erwecken, wie z.B. Schuhe, die über den Boden huschen[1].
   – Split-Screen-Effekte: Eingesetzt, um den schlafenden Mann in einer Hälfte des Bildschirms und seine Träume in der anderen Hälfte zu zeigen[1].
   – Doppelbelichtungen: Genutzt, um surreale Effekte zu erzeugen, wie etwa den Gentleman vor einem verschwommenen Hintergrund von New York City[1].

  1. Verwendung von Miniaturmodellen: Die Filmemacher arbeiteten mit Miniaturmodellen, was zusätzliche Zeit und Präzision erforderte[1].
  2. Skriptbasierter Ansatz: Im Gegensatz zu vielen improvisierten Filmen der Zeit verwendeten Porter und McCutcheon Skripte, um die komplexen Effekte und Szenen genau zu planen[1].
  3. Subjektive Darstellungen: Die Filmemacher mussten innovative Wege finden, um subjektive Zustände und Träume visuell darzustellen, wie etwa die Verwendung von Split-Screen-Effekten und Luftaufnahmen von New York City[1].

Diese technischen Herausforderungen machten „Dream of a Rarebit Fiend“ zu einer aufwendigeren und kostspieligeren Produktion als die meisten Filme seiner Zeit. Die Bereitschaft von Edison Studios, mehr Ressourcen in den Film zu investieren, ermöglichte es den Filmemachern, diese innovativen Techniken einzusetzen und einen visuell beeindruckenden und technisch fortschrittlichen Film zu schaffen[1]./[3]

In der zuvor zusammengefassten Rezension wird darauf hingewiesen, dass sich ein solcher Trickfilm angesichts des damaligen Mangels an Material in Relation zu den vielen Nickelodeons, die gefüttert werden wollten, günstig und schnell diesen Mangel beheben konnte, der eher dem umgekehrten Zustand von dem entspricht, was man im Film sieht. Aber die lange Produktionszeit und die Effekte, die, siehe oben, zahlreich und gut gemacht sind, sprechen eine andere Sprache, nämlich eher die heutiger Hollywoodfilme oder doch aufwändigerer Fernsehfilme, die Dauer der Herstellung betreffend. Außerdem besteht heute noch die Tradition, dass aufwendige Trickfilme zu den teuersten Produktionen überhaupt zählen. Mittlerweile ist es die hochspezialisierte Computertechnik, die zumindest bis vor Kurzem nicht billig zu haben war, früher war es das Heer von Zeichnern, die damit befasst waren, jedes einzelne Bild zu fertigen. Deswegen waren Disneys Wechsel zum Langspielfilm mit „Schneewittchen“ im Jahr 1937 durchaus ein Risiko und er hat eine legendäre Produktionsgeschichte, die, wie alles, was in den USA Geschichte geschrieben hat, leicht gigantomanisch wirkt.

Hier haben ja nur drei Personen mitgewirkt, der Regisseur Edwin S. Porter, sein Co-Regisseur Walter McClutcheon, den wir bereits mit „Der Vorstädter“ gewürdigt haben (1904) entstanden, und natürlich der Darsteller des Unholds, der dann selbst von Unholden mit Dreizacken eine, ich lehne mich wieder an die oben verwendete Rezension an, sehr instruktiv bebilderte Migräne verabreicht bekommt, indem sie auf seinen Kopf mit dem Dreizacken einstechen. 

Was viel zu wenig beachtet wird: Wie es dem Fiend ergeht, ist eine Erzählung von einer der sieben Todsünden, zu denen Völlerei als Symbol für übermäßiges Essen, aber auch generell einen ausschweifenden Lebensstil steht. Ich könnte mir vorstellen, dass die Menschen das 1906 noch besser identifizieren konnten als heute, weil sie bibelfester waren, zumindest in Europa, in den USA sind sie es ja bis heute. So gesehen, ist die Dreizack-Migräne, das anschießende gefährliche Schweben in luftigen  Höhen über New York (nur drei Jahre nach dem Erstflug der Gebrüder Wright!) und aufgespießt werden auf der Wetterfahne mit Absturz und Deckendurchbruch, was sich alles nur als magenschwerer Alptraum herausstellt, noch ganz gemütlich. Es hätte anders ausgehen können. 

Finale

Wie immer, wenn wir mit KI arbeiten, könnten wir das Ganze endlos vertiefen und jede einzelne Tricktechnik, die in „A Rarebit Fiend“ verwendet wurde, auf ihre Spezifika hin untersuchen und wie sie im Film umgesetzt wurde, aber wir wollen keine Rezensionsvöllerei betreiben, sondern schön bescheiden kurz vor dem Entstehen des Features „Die große Rezension“ einhalten, damit wir keine Schreibmigräne bekommen. Ich habe sowieso einen leichten Druck im Kopf, weil wir so eng an den Veröffentlichungserfordernissen entlang arbeiten müssen, heute kommt es zum ersten Mal seit Jahren – vermute ich – sogar dazu, dass eine Kritik an dem Tag veröffentlicht wird, an dem der Entwurf entstand.

Wir hatten eben nicht gerade Texte zu sehr vielen Filmen aus der sehr frühen Zeit des US-Kinos im Archiv, als wir uns entschlossen, die „dritte Chronologie“ wirklich bei den allerersten Anfängen zu starten, mit „Monkeyshines“, die, ebenfalls im Edison-Studio, im Jahr 1889-1890 entstanden. 1906 war Edison wohl noch immer die führende Filmproduktionsfirma in den USA, aber schon bald sollte das anders sein. Das war vor allem dem Starsystem zu verdanken, das noch vor dem Umzug nach Hollywood von Firmen wie Biograph und Vitagraph etabliert wurde. Da verlor Edison und verlor auch Edwin S. Porter wohl den Anschluss, weil man diese Machtverteilung vermutlich nicht akzeptieren wollte. Alles dem Regisseur und dem Produzenten, das würde zumindest gut zur Persönlicihkeit von Thomas A. Edison passen, der seine Konkurrenten mit Urheberrechtsstreitigkeiten zu überziehen pflegte, wenn sie ihm zu aktiv wurden und, wie viele Unternehmer-Erfinder, ein ziemlich autokratischer Typ gewesen sein dürfte. Das waren die Mogule in Hollywood zwar auch, aber deshalb knallte es auch oft im System und vor allem war ihnen allen klar, dass sie keine Monopolstellung hatten – und das trieb die Entwicklung des Films stark voran, auf eine Weise, die unter einer Totalkontrolle durch die Edison-Company wohl nie stattgefunden hätte.

Man kann das nicht speziell an dem innovativen Rarebit-Film festmachen, der ja eher für den Fortschritt steht, aber man blieb eben beim kurzen Format und setzte nicht auf Namen, deren Träger sich hätten zu eigenständigen Akteuren entwickeln können. Einer der allerersten Pioniere, William K. L. Dickson, der bei Edison maßgeblich daran beteiligt war, dass die amerikanischen Bilder das Laufen lernten, und die Liste früher Filme aus den USA, die wir bisher rezensiert haben, noch immer zahlenmäßig anführt, sorgte dann mit seiner Firma Biograph mit dafür, dass Edison seine führende Stellung auf dem Gebiet verlor – dachte also weiter.

Also ist die Frage erlaubt, wie „A Rarebit Fiend“ mit einem Starkomiker und als etwas längeres Feature gewirkt hätte. Wirklich beantworten muss man sie nicht, das wäre auch für das Jahr 1906, als es noch keine Filmstars gab, etwas unfair. Wir werden noch sehen, dass die US-Kinowelt um 1910 schon anders aussah und welch eine große Rolle Frauen dabei spielten. Unser Eindruck von diesem Film deckt sich recht gut mit dem, was die IMDb-Nutzer über „A Rarebit Fiend“ denken, die auf 6,7/10 kommen, und geben noch ein paar Vielfraß-Exploitations-und-Technik-Punkte extra.

72/100

© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Regie: Wallace McCutcheon
Edwin S. Porter
Geschrieben von Winsor McCay (Comicstrip)
Die Hauptrolle spielend Jack Brawn
Kinematographie Edwin S. Porter
Vertrieben von Edison Produktionsunternehmen
Erscheinungsdatum
  • 19. Februar 1906
Laufzeit
6 Minuten
Land USA
Sprache Stummfilm

[1], kursiv ohne weitere Angabe von Fußnoten und tabellarisch: Traum eines Rarebit-Unholds (Film) – Wikipedia

[2] (ebenso die Fußnote 1 in der Zusammenfassung): https://moviessilently.com/2017/01/08/dream-of-a-rarebit-fiend-1906-a-silent-film-review/

[3] [1] https://www.loc.gov/static/programs/national-film-preservation-board/documents/dream_rarebit.pdf
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Dream_of_the_Rarebit_Fiend

 


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