Filmfest 1211 Cinema
Im weißen Rößl ist eine deutsch-österreichische Filmkomödie aus dem Jahr 1960 mit den Hauptdarstellern Waltraut Haas und Peter Alexander.
Ich kenne die Operettenvorlage nicht und müsste mich durch deren Handlungsbeschreibung lesen, um die Unterschiede festzustellen. Ganz sicher gab es in der Uraufführung von 1930 am Großen Schauspielhaus in Berlin keinen Hubschrauber, dafür hat man den Kaiser aus der auf modern getrimmten Filmversion begreiflicherweise herausgelassen und ihm nur ein Zimmer gewidmet, in dem er einst übernachtete. Dass diese Singspieladaption fürs Kino sehr erfolgreich war, liegt an der erfolgreichen Vorlage, aber auch an der Besetzung.
Handlung (1)
Im Hotel „Zum weißen Rößl“ ist Hochsaison. Das Personal ist überfordert, Oberkellner Leopold schafft es aber mit Gesang, die unzufriedenen Gäste zu beruhigen.
Weniger Erfolg mit seinem Charme hat er bei seiner Chefin Josepha Vogelhuber, bei welcher er Annäherungsversuche macht. Diese jedoch weist ihn zurück: Sie ist verliebt in den Berliner Rechtsanwalt Dr. Otto Siedler, einen langjährigen Stammgast, der für den Nachmittag erwartet und dann herzlich von ihr begrüßt wird.
Die Ankunft von Dr. Siedler wird auch von einem anderen Gast nur ungern gesehen: Der Fabrikant Wilhelm Giesecke, der nur auf Drängen seiner Tochter Brigitte Urlaub macht, hat gegen Siedler und dessen Mandanten, seinen Erzkonkurrenten Sülzheimer, einen Prozess verloren. Brigitte hindert dies jedoch nicht daran, den Avancen Siedlers nachzugeben.
Infolge eines Streits zwischen Leopold und Josepha wird Leopold gekündigt. Inzwischen ist auch der Sohn des Fabrikanten Sülzheimer namens Sigismund, ein ausgesprochener Weiberheld, im Hotel eingetroffen. Bei der Anreise hat er sich in das lispelnde Klärchen verliebt.
Der gekündigte Leopold sieht sich gezwungen, außergewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen, um seiner verehrten Josepha die Augen zu öffnen. Er zieht als Gast in das Hotel ein und freut sich über das nun entstehende Chaos. Die Folgen sind Intrigen und turbulente Verwicklungen, die Leopold schlussendlich ans Ziel bringen, Josephas Liebe zu gewinnen.
Rezension
Es handelt sich um eine Verfilmung der Operette Im weißen Rößl von Ralph Benatzky. Gedreht wurde an den Originalschauplätzen am österreichischen Wolfgangsee. Diese Filmversion stützt sich auf die Operette, nimmt aber zahlreiche Veränderungen vor. So wurde die Handlung in die Gegenwart versetzt, was es ermöglichte, dass Sigismund Sülzheimer in einem Hubschrauber vor dem Hotel Weißes Rössl eintrifft. Ottilie Giesecke wurde in Brigitte umbenannt. Die Musik reicht von authentischer alpenländischer Musik, u. a. gespielt vom Heurigen-Musiker Anton Karas, bis zu modernen Arrangements von Heinz Gietz, die auch Swing– und Schlager-Elemente enthalten.[1]
Waltraud Haas war in Österreich seinerzeit eine der bekanntesten Filmschauspielerinnen und der sympathische Peter Alexander, der den Leopold spielt, war auch in Deutschland äußerst beliebt. Mit geschätzten 46 Millionen Tonträgern seit 1956 und seinen vielen Film- und Fernsehauftritten zählt er zu den größten Entertainern des deutschsprachigen Raums. Man sieht weiterhin Adrian Hoven als Dr. Siedler, Gunther Phillip, der wieder einmal den gemäßigt komischen Part gibt und die 22-jährige Karin Dor, die man aus der Edgar-Wallace-Reihe, zwei Karl-May-Filmen und natürlich wegen ihrer Rollen als Bond-Girl und Hitchcock-Heroine kennt. Adrian Hoven als Dr. Siedler ist in diesem Fall ebenfalls eine überdurchschnittliche Besetzung, eigentlich sind alle wichtigen Rollen ausgezeichnet verkörpert. Die Musik und das Setting sind natürlich in diesem Genre kaum zu überbieten.
Ganz gewiss war „Im weißen Rössl“ ein Hit unter den deutschsprachigen Filmen des Jahres 1960. Und doch. In der IMDb erhält er heute nur 5,8/10 (6/10 im Jahr 2024, was nun zufällig genau unserer Wertung entspricht, die wir hiermit vorwegnehmen). Nun sind deutschsprachige Komödien dort sicher nicht überbewertet, aber – soll man sagen, die Einzelteile, also die Darsteller und die Vorlage, sind mehr wert als das Ganze. Doch, ziemlich sicher sogar.
Und das liegt an der Regie. Sie schafft es nicht, einen Swing zu erzeugen oder auch eine Melodie, eine Atmosphäre, die dem Setting und der Handlung gerecht wird. Ich bin immer wieder erstaunt, wie sehr Handwerker-Regisseure wie Werner Jacobs damals offenbar den Geschmack des Publikums treffen konnten, denn sie haben ja viele recht erfolgreiche Filme gemacht. Durch die steife und den Witz immer etwas platt wirkenden lassende Inszenierung sind aber nie Klassiker daraus geworden.
Ein Ernst Marischka hätte dem Film sicher eine viel weichere und berührendere Anmutung gegeben und wenn man einen deutschen Komödienregisseur einsetzt, dann wäre jemand vom Schlag eines Kurt Hoffmann perfekt gewesen – der konnte ja auch Musikfilme und hätte das Ganze mehr überdreht und dabei sicher ein viel besseres Timing bewiesen.
Die Verfilmung, die wir vor uns haben, hat jedoch etwas Leierendes und viel zu Gleichförmiges. Es gibt kaum eine erkennbare dramaturgische Kurve, und die netten Momente, die ich in solchen Filmen ja immer finde, sind wirklich dem Spiel der Darsteller geschuldet. Leider muss Waltraud Haas zu unsympathisch und auf so eine ziemlich steife und laute Art schroff agieren, die typisch fürs alte deutsche Kino ist. Peter Alexander wird etwas zu viel zugemutet, er ist nach meiner Ansicht kein Slapstick-Komödiant, auch wenn man ihm Humor nicht absprechen kann und er für ein paar Sekunden den Hans Moser imitiert.
Karin Dor ist zwar ein Hingucker, kann sich aber hier noch nicht profilieren, ihr Berliner Vater ist bedauerlicherweise so berlinerisch, wie viele Urberliner wirklich sind. Solange sie in Berlin so sind, finde ich das auch okay, aber abroad werden sie nicht umsonst als Verkörperung des plumpen Piefkes dargestellt. So kam es dazu, dass ich in Estelle Blain, die das lispelnde Klärchen spielt, meine Lieblingsfigur gefunden habe und in ihrem Vater, dem versonnenen Schmetterlingsforscher oder –sammler den deutschen Typ, den ich mit am meisten mag, weil er so versonnen und versponnen, mithin ungefährlich wirkt.
Jedoch lässt sich ein Mangel des Films hieran gut festmachen. Man sieht Vater und Tochter zum ersten Mal und in der nächsten Szene dann den schönen Sigismund, wie er im Hubschrauber der Szene näherkommt. Da man ja schon ahnt, wie die bisherigen Mann-Frau-Paarungen am Ende zueinander finden werden, weiß man innerhalb einer Sekunde, dass jetzt noch ein weiteres Pärchen zusammengebracht werden muss. Selbst wenn man die Handlung des Singspiels nicht kennt, ist alles maximal vorhersehbar. Und etwas zu viel des Guten.
Dadurch wirkt der Film stellenweise hektisch, nicht etwa dynamisch. Das Vorhersehbare hingegen, ein Dreifach-Happy-End, das ist sicher auch für jene Zeit programmatisch. Man mochte in Deutschland keine unliebsamen Überraschungen mehr. Meistens waren die Filme auch recht übersichtlich und geradlinig erzählt. Im Vergleich zu anderen Komödien war „Im weißen Rößl“ geradezu ein Stück Budenzauber. Gesellschaftlich ist der Film eher liberal, aber natürlich sieht man keinerlei Kritik an irgendwas. Und Leopold muss erst einmal kräftig auftreten und den Chef spielen dürfen – als Gast –, um bei seiner geliebten, etwas ruppigen Wirtin den Durchbruch zu erzielen. Natürlich gibt es da ihren Verdacht, dass Männer sich nur wegen ihres Geldes bzw. des Hotels an sie heranmachen, aber daraus wird nichts in irgendeiner Form Philosophisches oder Satirisches gemacht. Schade eigentlich, der Stoff gibt mehr her.
Finale
Was Filme aus der Zeit kennzeichnet, ist, dass sie Schauwerte haben und einen Nostalgiefaktor. An der Damenmode dieser Jahre kann man sich und sollte man sich erfreuen und das Ästhetische daran genießen und sagen: Wenigstens gibt es Filme, die das noch dokumentieren. Freilich sind Filmkostüme nicht der Alltag, aber irgendwas hat sich falsch entwickelt, das wird man ohne Übertreibung und ohne als ewiggestrig zu gelten, festhalten dürfen, wenn man (…) unterwegs ist.
Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung des Textes im Jahr 2024: Wir stehen insgesamt zu dem, was wir geschrieben haben, es ist ja auch erst sechs Jahre her. Was bei der Durchsicht und der Vornahme kleiner Korrekturen aber zum Schmunzeln anregte, könnten andere ganz anders auffassen, nämlich die Benennung konkreter Plätze oder Straßen in Berlin, die wir durch die Sitzung der (…) zensiert haben. Das ändert nichts daran, dass allgemein das Geschriebene gilt.
60/100
© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2018)
(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia
| Regie | Werner Jacobs |
|---|---|
| Drehbuch | Helmuth M. Backhaus, Janne Furch |
| Produktion | Günther Stapenhorst, Herbert Gruber |
| Musik | Ralph Benatzky (Operette), Heinz Gietz (Bearbeitung), Johannes Fehring (Leitung) |
| Kamera | Heinz Schnackertz |
| Schnitt | Arnd Heyne |
| Besetzung | |
sowie ungenannt
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