Herrliche Zeiten im Spessart (DE 1967) #Filmfest 1231

Filmfest 1231 Cinema

Herrliche Zeiten im Spessart ist eine deutsche Filmkomödie des Regisseurs Kurt Hoffmann aus dem Jahr 1967. Die Handlung knüpft lose an die Vorgängerfilme Das Wirtshaus im Spessart und Das Spukschloß im Spessart an, die ebenfalls unter Hoffmanns Regie in den Jahren 1958 und 1960 entstanden. Die Hauptrolle ist erneut mit Liselotte Pulver besetzt, der männliche Hauptpart wird von Harald Leipnitz gespielt. Das Filmplakat titelte seinerzeit: „Von Millionen erwartet: Der dritte große Spessart-Film!“[1]

Nach „Das Wirtshaus im Spessart“ (1958) und „Das Spukschloß im Spessart“ (1960) nun also noch eine Fortsetzung – oder ein Sequel, denn eine echte Handlungsfortsetzung gibt es zwischen den drei Filmen nicht, nur Motive, regionales Setting, Figuren werden wiederverwendet bzw. bauen aufeinander auf. In allen drei Filmen spielt Liselotte Pulver die Hauptrolle, in allen drei Filmen spielt Hubert von Meyerinck einen oder mehrere Militärs.

Handlung (1)

Anneliese, eine Nachfahrin der Komtesse Franziska und der Gräfin Charlotte, ist die Tochter eines Hotelbesitzers im Spessart. Die junge Frau plant gerade ihre Hochzeit mit ihrem Verlobten Frank, einem amerikanischen Offizier deutscher Herkunft, als dieser überraschenderweise mitten in den Hochzeitsvorbereitungen wegen einer Spionageangelegenheit zurück in die USA beordert wird. Die Feier droht zu platzen.

Die zu Gespenstern mutierten Räuber aus dem „Wirtshaus im Spessart“, die schon über fünf Jahre im Weltraum in einer Landekapsel unterwegs sind, weil eine Düse verklemmt ist, finden heraus, dass sie diese reparieren können. Daraufhin landen sie auf dem Dach des Spessart-Hotels, wo sie Anneliese treffen. Sie zeigen sich hilfsbereit und wollen die junge Frau mit der Landekapsel nach Amerika zu ihrem Verlobten fliegen. Allerdings können sie die Steuerung nicht richtig bedienen und werden durch die Zeit geschleudert, was bedeutet, dass sie verschiedene Epochen der Vergangenheit und der Zukunft durchlaufen. Zuerst landen sie in der Vergangenheit bei den Germanen, den Minnesängern und auch im Dreißigjährigen Krieg. In jeder dieser Zeiten begegnet Anni dem Typus ihres Verlobten, verliert ihn aber jedes Mal wieder an das Militär.

Später in der Zukunft, als die Reisegefährten einen Raketentechniker wegen der verklemmten Düse suchen, treffen sie auf das mittlerweile um viele Jahre gealterte Paar Anni und Frank, das entgegen allen Widrigkeiten die geplante Hochzeit durchführen konnte und mittlerweile drei Söhne hat. Bei einer Probereise in der Raumkapsel dreht sich die Zeit wieder zurück, der mitreisende Frank wird jünger und jünger, bis nach einem kurzen Umweg über die Kinderzeit die termingerechte Landung erfolgt. Die Erinnerungen Franks sind ebenfalls zurückgelaufen, sodass er sich an sein langes Leben nach der Hochzeit nicht mehr erinnern kann: So meint er trocken, als Anni, deren Erinnerung Bestand hat, ihm freudig von den gemeinsamen drei Söhnen erzählt, sie sei ein nettes Mädchen, aber leider etwas verrückt. Die Gespenster aber haben das von ihnen geforderte gute Werk vollbracht und sind nun erlöst. 

Rezension 

Wie die meisten Ideen, die in Sequels ausgeschlachtet werden, gibt es eine Abwärtsbewegung, wobei die beiden ersten Filme hier qualitativ dichter beieinander sind als der dritte beim zweiten – der Abstand zwischen den Produktionsjahren ist ja auch mehr als doppelt so groß.

Politische Anspielungen gibt es in allen drei Filmen, und die Tendenz ist okay: Gegen den Militarismus und das sinnlose, ewige In-den-Krieg-Ziehen, das sich natürlich in einer Zeitreise-Story besonders anschaulich in seiner Absurdität darstellen lässt. Einige Seitenhiebe auf den Weltraum-Hype der späten 1960er und „Raumschiff Orion“, der im Vorjahr gestartet war, möglicherweise auch „Star Treck“, ebenfalls 1966 in Serie gegangen, gibt es auch, indem ein vergammeltes Raumschiff gezeigt wird, das schon jahrelang unterwegs ist und die Idee interstellarer Reisen so ad absurdum führt, wie sie bis heute geblieben ist. Fairerweise muss man sagen, das Raumschiff in „Herrliche Zeiten“ umrundet nur die Erde und fällt zur falschen Zeit am falschen Ort herunter, seltsamerweise immer im Spessart, anstatt in den USA niederzugehen, wo die Kapsel, ihrer Optik nach zu urteilen, gebaut wurde. Auch „Die Zeitmaschine“ von H. G. Wells wird ein wenig in Bezug genommen.

Um eine echte Satire auf alles dies oder wenigstens auf eins seiner Themen darzustellen, ist der Film leider zu klamaukig ausgefallen. Sicher, Ideen wie der bayerische Separatismus, der sich dann sogar so weit verdichtet, dass selbst Bayern sich noch einmal spaltet, sind witzig, und die Weltregierung, die kann nicht funktionieren, wenn immer mehr kleinstaatlich gedacht wird. Alles richtig und beinahe prophetisch, in Zeiten, in denen auch in Europa die nationalen Interessen wieder immer mehr in den Vordergrund treten, nachdem man den Fehler gemacht hat, die europäische Freundschaft nur durch Geld, durch wirtschaftliche Verflechtungen, stützen zu wollen. Ob die Bayern 1967 aber schon Nettozahler im innerdeutschen Länderfinanzausgleich waren? Das wagen wir eher zu bezweifeln. Der Separatismus findet jedoch immer einen Grund, wenn er einen sucht.

Regisseur Kurt Hoffmann, der in den 1950ern einige der besten westdeutschen Filme des Jahrzehnts gemacht hatte (die erwähnten ersten beiden Spessart Filme, „Ich denke oft an Piroschka“ (1955), ebenfalls mit Liselotte Pulver oder, dieses Mal mit gelungenem satirischen Einschlag, „Wir Wunderkinder“ (1958), hatte auch 1967 nicht das Gespür für die Themen der Zeit verloren. Der Antimilitarismus lag in der Luft, Vietnam war in vollem Gang. Aber um die Kritik an der NATO, mithin an den USA, nicht zu scharf werden zu lassen, hat Hoffmann seinen Film ziemlich zerstreut angelegt und dabei außerdem den Geschmack verloren. Manche Gags sind nicht nur bescheiden, sie tragen auch nichts zur Sache bei, sondern wirken eher wie eine Aneinanderreihung von Sketchen, die nicht nach einem Konzept gestaltet wirken.

Besonders in der am weitesten ausgedehnten Mittelalter-Sequenz wird das deutlich; wiewohl auch diese sich ironisch mit den Kreuzzügen auseinandersetzt (ebenso wie die Germanensequenz mit der Schlacht im Teutoburger Wald, dem Limes [der zur innerdeutschen Mauer in Bezug gesetzt wird], ebenso wie die Sequenz „1524“ mit den Bauernkriegen und die betreffende Sequenz mit dem Dreißigjährigen Krieg).  Die deutsche Geschichte wird also als die Aneinanderreihung von Kriegen gezeigt, die sie tatsächlich ist. Die Sprache wird dabei oberflächlich der entsprechenden Epoche angepasst, das ist auch ganz witzig gemacht, wie insgesamt der Film so viele Gags enthält wie sonst etwa zehn deutsche Komödien zusammen – allein, es will keine rechte Stimmung aufkommen, trotz Lilo Pulvers nach wie vor frischem Spiel. Man merkt aber auch, dass sie mehr Humor im linken Zeh hat als das übrige Ensemble in toto.

Finale

Man konnte in Deutschland in diesem heißen Jahr 1967, dem das ebenso heiße 1968 folgen sollte, on den Vertretern des „Altkinos“, zu dem Kurt Hoffmann zählt, keine echten Antworten auf die politischen Herausforderungen der Zeit erwarten, aber man spürt den Wunsch, dass er etwas beitragen wollte. Dass er dabei zwar aktuelle Themen erspürt hat, aber sie so aufgegriffen, dass sie nicht der angesagten, zumeist ausgesprochen humorlosen und viel radikaleren Filmkunst entsprachen, die gerade im Entstehen war, liegt auf der Hand. Selbst in den USA haben hervorragende Vertreter des klassischen Hollywodfilms es selten hinbekommen, ihre Karriere im Zeitalter von „New Hollywood“ ohne Verlust an Popularität fortzusetzen. Warum sollte es ausgerechnet Kurt Hoffmann besser machen? Mit „Rheinsberg“ und „Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung“ hat er noch zwei recht erfolgreiche Kinofilme gemacht, aber es dann sein lassen, weil er nicht, wie andere Regisseure, deren Stil aus der Kinozeit gefallen war, fürs Fernsehen arbeiten wollte.

56/100

© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2015)

(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia

Regie Kurt Hoffmann
Drehbuch Günter Neumann
Produktion Heinz Angermeyer,
Artur Brauner,
Kurt Hoffmann
Musik Franz Grothe,
Oskar Sala
Kamera Richard Angst
Schnitt Gisela Haller
Besetzung

 

 


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