Wie unterscheidet sich unsere heutige Ernährung von jener im Jahr 1900? (Statista + Kurzkommentar)

Briefing Gesundheit Ernährung, Veränderungen, Milchprodukte, Fleisch, Obst, Gemüse, Salat, Kartoffeln, Brot, Öle, Fette, Zitrusfrüchte

Heute veröffentlichen wir den ersten Artikel im Jahr 2025, der unseren bekannte Mix aus Informationen und Kommentaren beinhaltet – allerdings mit einer deutlichen Akzentuierung der Infos. Es handelt sich dabei um Grafiken, die auf anschauliche Weise die Welt erklären.

Heute geht es darum, wie sich die Ernährungsgewohnheiten der Menschen in Deutschland in den vergangenen hundert Jahren verändert haben. Bei dieser Berechnung sind bestimmte methodische Ansätze zu berücksichtigen, die im Begleittext von Statista erklärt sind.

Infografik: Wie unterscheidet sich unsere heutige Ernährung zu früher? | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Wir konsumieren heute viele Standardlebensmittel in ganz anderen Mengen als noch vor über 100 Jahren. Das zeigt ein entsprechender Vergleich auf Basis von Daten, die der Deutsche Bauernverband veröffentlicht hat. So ist der Pro-Kopf-Konsum von Brot und Kartoffeln signifikant zurückgegangen, alle anderen Lebensmittel verzeichnen hingegen ein deutliches Plus. Das trifft insbesondere auf Zitrusfrüchte zu, deren Konsum im Jahr 1900 bei lediglich zwei Kilogramm lag und gegenwärtig bei 31 Kilogramm liegt.

Insgesamt ist die Ernährung heute vielseitiger geworden. Die Deutschen essen mehr Obst und Gemüse, aber auch mehr Fleisch sowie Öle und Fette. Möglich gemacht haben dies Produktivitäts- und Ertragssteigerungen der Agrarwirtschaft, die unter anderem durch den zunehmenden Einsatz von Kunstdüngern und Maschinen realisiert worden sind.

Ernähren sich die Deutschen deswegen automatisch gesünder? Hier sind Zweifel angebracht, denn vielen Konsumenten fehlt die Zeit, um häufiger persönlich den Kochlöffel zu schwingen. Ein wachsender Trend sind dagegen schnelle Convenience-Produkte, die in der Regel stark verarbeitet sind und neben einem oft nicht optimalen Salz-, Zucker- und Fettgehalt auch viele Zusatzstoffe wie Konservierungsmittel enthalten. Oft sind diese Produkte mehr als ein Snack für Zwischendurch, vor allem zur Zeit des Mittagessens greifen deutsche Konsumenten gerne zu Convenience-Produkten.

Bei den Pro-Kopf-Angaben von Milch, Butter und Käse ist zu berücksichtigen, dass die Angaben von Butter und Käse von der Quelle in Vollmilchäquivalente umgerechnete worden sind. Hierbei wird je nach Produkt ein Umrechnungsfaktor mit einer Spanne zwischen 7 und 22 zugrunde gelegt. Die Angaben für Gemüse und Salat beinhalten auch verarbeitete Lebensmittel, die ebenfalls in Rohwarenäquivalente umgerechnet worden sind.

Wenn Sie ein:e autochthone Deutsche:r sind und als Kartoffel beschimpft werden, verweisen Sie bitte auf die obige Grafik: das stimmt überhaupt nicht mehr. Wobei natürlich auch die Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung eine Rolle bei den Ernährungsgewohnheiten spielt, wenn Kulturen, die hier mittlerweile weit verbreitet sind, keine oder nur wenige Kartoffelprodukte kennen.

Aber auch wir quälen uns eher, um auf die 59 Kilo Kartoffeln im Jahr zu kommen, die in der Grafik als Durchschnittskonsum in Deutschland pro Jahr angegeben sind. Dabei ist die Kartoffel eines der wenigen Vollwertprodukte, das noch nicht aus irgendwelchen Gründen ins Gerede gekommen, das nährstoffreich und traditionell zugleich ist. Auch der Rückgang des Brotkonsums ist signifikant, weil er bedeutet, dass viele Menschen offenbar das Abendbrot und das Frühstück ohne diese Grundlage von mehr oder weniger allem einzunehmen scheinen. Beim Brot liegt unser Konsum vermutlich über dem Durchschnitt, schätzungsweise um 50 Prozent, was aber bedeutet, dass wir weniger Brot konsumieren, als das 1900 ein durchschnittlicher hier lebender Mensch getan hat, anscheinend kam man damals pro Person fast auf ein halbes Kilo täglich. Das können wir definitiv für uns ausschließen, weil wir an 500 Gramm Brot etwa drei Tage essen, dazu kommen einige Brötchen.

Den Anstieg des Fleischkonsums seit 1900 muss man sich als eine Glockenkurve vorstellen, mit deutlichem Anstieg bei mehr Wohlstand, seit einiger Zeit aber wieder Rückgang aus ethisch-gesundheitlichen Gründen. Böse Zungen behaupten: Auch wegen des rückläufigen Wohlstands der Mehrheit im Land.

Was uns überrascht hat, war der große Anstieg bei den Eiern. Auch bei diesem Lebensmittel dürften wir unterhalb des Durchschnitts liegen von knapp fünf Stück pro Woche liegen.

Der Haken ist die Umrechnung in Vollmilch- und andere Äquivalente. Die Grafik gibt daher nur bedingt Ausschluss darüber, wie sich die Ernährungsgewohnheiten tatsächlich verändert haben und wie nährstoffreich das, was wir heute essen, im Vergleich zum Jahr 1900 ist. Unsere Befürchtung ist, dass eine genaue Untersuchung der Nährwert- / Nährstoffbilanz ziemlich negativ für die heutige Ernährung ausfallen würde. Wir gehen zwar in einem  Kiez einkaufen, in dem Menschen das Frische zu schätzen scheinen, gemäß dem vielen Gemüse und Obst, das sie auf die Bänder legen, wir glauben aber, dass diese Gegend und diese Käufer:innen nicht repräsentativ sind, weil wir hier einen hohen Anteil von gutgestellten Grünen und auch einige Promis haben, die bestimmt auf ihre Ernährung viel Wert legen und sich auch die Zeit nehmen (können), in aller Ruhe selbst zu kochen und geradezu einen Hype daraus zu machen.

Bei uns sieht es immer noch eher durchwachsen aus. Immerhin, wir arbeiten  an Fortschritten, dafür haben wir bereits das eine oder andere umgestellt, auch, um unser Gewichtsproblem zu lösen. Sport und gute Ernährung in Kombination dürften immer noch das Beste sein, um gesund und schlank durchs Leben zu kommen. Insofern ist dieser Artikel für uns auch ein Teil der Bewusstmachung guter Vorsätze, die wohl jeden Tag notwendig sein wird, damit das alles klappt und am Jahresende wirklich etwas erreicht sein wird.

TH


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