Nach der Silvesternacht: Der irgendwie komische Herr Scholz (Kommentar)

Briefing Gesellschaft Politik, Silvesternacht 2024/2025, Böllerverbot, Schäden, Tote, Verletzte, Festnahmen, Angriffe

Das Ende des Endes der Geschichte – und wie man journalistisch darauf reagiert.

Wenn uns nicht alles täuscht, wird 2025 ein weiteres Jahr großer Veränderung sein. Es wird keine Ruhe eintreten, der Stress, dem Menschen seit 2020 aus verschiedenen Gründen ausgesetzt sind, wird nicht weniger werden.

Schon am 23. Februar werden wir mit einer ganz bitteren Wahrheit konfrontiert werden. Wir müssen noch einmal überprüfen, ob es wirklich eine gute Idee war, „das kleinere Übel“ zu wählen, also Olaf Scholz unsere Stimme zu geben. Es wäre das erste Mal, dass wir bei einer wichtigen Wahl taktisch wählen aus Angst, es könnte noch schlimmer kommen. Es wird eh schlimmer kommen, die Frage ist bloß noch, in welchem Ausmaß.

Nach Neujahr gab es gleich zwei Ereignisse, die uns wieder daran erinnert haben, warum wir Scholz nicht mögen und ihn bisher auch nie gewählt haben: Zum einen wurde daran erinnert, dass es auch die Ampelregierung nicht geschafft hat, die Cum-Cum- / Cum-Ex-Geschäfte, vor allem Erstere, in Deutschland endlich unmöglich zu machen, und der Vorstand der Ampelregierung ist vermutlich selbst in den größten Finanzskandal der deutschen Geschichte verstrickt.

In der Silvesternacht hat nur 500 Meter von unserem Wohnort entfernt eine Kugelbombe so erhebliche Schäden an einem  Haus hervorgerufen, dass der Vorfall deutschlandweit in den Medien war. Seit Jahren setzen wir uns für ein Böllerverbot ein und die Politik tut – was? Wir konnten des zunächst gar nicht glauben, der Diktion wegen, gerade in einem Moment, in dem die Emotionen wegen des Themas hochgingen. Doch Scholz‘ Aussage stimmt tatsächlich, wir haben es recherchieren lassen:

Hat Olaf Scholz wirklich gesagt „er findet ein Böllerverbot irgendwie komisch“? Bitte, falls ja, das genaue Zitat, Quellenangabe, wie es entstanden ist.

Ja, Bundeskanzler Olaf Scholz hat tatsächlich eine Aussage getätigt, in der er ein Böllerverbot als „irgendwie komisch“ bezeichnet. Das genaue Zitat lautet:

„Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird. Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch.“[1][5]

Diese Äußerung machte Scholz in einem Interview mit dem Magazin „Stern“, das Anfang Januar 2025 veröffentlicht wurde[1][5]. Der Kontext dieser Aussage war die Debatte über ein mögliches bundesweites Böllerverbot als Reaktion auf die Vorfälle in der Silvesternacht 2024/2025, bei denen es zu Todesfällen, Verletzungen und erheblichen Sachschäden kam[2][3].

## Hintergrund und Entstehung

Die Aussage entstand im Rahmen der öffentlichen Diskussion über die Konsequenzen aus den Silvester-Exzessen. In mehreren deutschen Städten, insbesondere in Berlin, kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen, bei denen auch Einsatzkräfte angegriffen wurden[2]. Als Reaktion darauf forderten verschiedene Gruppen, darunter die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP), ein bundesweites Böllerverbot[2].

Scholz äußerte sich zu diesem Thema sowohl im „Stern“-Interview als auch bei einem Besuch der Feuerwehr in Brandenburg[1]. Seine Haltung spiegelt die Position wider, dass ein generelles Verbot nicht die richtige Lösung sei, sondern vielmehr klare Regeln und gezieltes Vorgehen gegen Gesetzesverstöße notwendig seien[1][5].

## Reaktionen und Kontext

Scholz‘ Aussage steht im Einklang mit der Position von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die ebenfalls ein bundesweites Feuerwerksverbot ablehnt[1][5]. Stattdessen plädieren beide für mehr gezielte Handlungsmöglichkeiten vor Ort und klare Regeln für die Herstellung und den Gebrauch von Feuerwerkskörpern[1][5].

Die Äußerung des Bundeskanzlers hat eine kontroverse Debatte ausgelöst, insbesondere angesichts der Tatsache, dass bei den Silvester-Vorfällen mehrere Menschen ums Leben kamen und zahlreiche Verletzte zu beklagen waren[2][3]. Eine Online-Petition für ein bundesweites Böllerverbot hatte zum Zeitpunkt der Berichterstattung bereits über eine Million Unterschriften gesammelt[2]./[1]

Wir haben noch einmal nachgefragt, ob Scholz diese Aussage nicht vielleicht vor den neuerlichen Exzessen von 2024/2025 gemacht hat:

Wann hat Scholz das gesagt?

Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Aussage über das Böllerverbot Anfang Januar 2025 getätigt. Das genaue Zitat wurde in einem Interview mit dem Magazin „Stern“ veröffentlicht, das am 4. Januar 2025 erschien[4][6].

Die Äußerung erfolgte im Kontext der Debatte über die Silvester-Exzesse zum Jahreswechsel 2024/2025, bei denen es zu Todesfällen, Verletzungen und erheblichen Sachschäden kam. Scholz wiederholte seine Position auch bei einem Besuch der Feuerwehr in Brandenburg am 3. Januar 2025[2].

## Zeitlicher Kontext

Die Aussage des Bundeskanzlers fiel in die ersten Tage des neuen Jahres 2025, als die Diskussion über die Konsequenzen aus den Silvester-Vorfällen besonders intensiv geführt wurde. Sie war Teil einer breiteren politischen Debatte, an der sich auch andere hochrangige Politiker wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser beteiligten[4][5]. /[2]

Allein diese Ausdrucksweise ist angesichts der Schäden, die entstanden sind, der Toten, Verletzten, Angriffe auf Einsatzkräfte und Polizei und auf Polizei, die Einsatzkräfte schützen musste, unzähliger Festnahmen und natürlich der allgemeinen Probleme, die selbst ohne diese Ereignisse den Silvester-Pyrotechnik-Exzess von Privatleuten zu einem No-Go machen, ein Wahnsinn, um es schlicht auszudrücken.

Und jetzt verliert Scholz‘ SPD gerade massiv an Zustimmung. Noch einmal. Aus einer ohnehin aussichtslosen Position heraus, was den Abstand zur Union angeht. So viel anderes ist in den letzten Tagen nicht passiert, dass man sagen kann, der Einfluss dieser Aussage wäre hinwegdenkbar und trotzdem hätte die SPD gleichermaßen verloren.

Wir können uns nur noch an den Kopf fassen. Wie kann jemand, der genau weiß, dass die Bevölkerungsmehrheit diesem Silvester-Irrsinn gerne Grenzen setzen würde, sich so äußern, wie Scholz es getan hat? Weil er absichtlich seine Wahlchancen endgültig vernichten will? Und wir sollen jemanden wählen, der mit dieser Mentalität im Wahlkampf unterwegs ist und vor allem keine Fehler mehr machen darf?

Für uns hat er jetzt einen entscheidenden Fehler gemacht. Wir werden vermutlich doch positionstreu wählen. Hier geht es nicht um Verantwortung oder nicht, hier geht es um diese eklatante Scholzsche Besserwisserei, die er auch noch auf eine so wurschtige Weise ausdrückt, und das ist unverantwortlich und ein weiterer Arschtritt für alle, die sich Sorgen um die Demokratie machen müssen, weil die von ihm geführte  Regierung geplatzt ist und zuvor schon unbeliebt war wie keine vor ihr.

Die Petition, die im Recherchetext erwähnt wird, hat übrigens mittlerweile zwei Millionen Unterstützer:innen und ist damit diejenige mit der höchsten Unterstützerzahl aller Petitionen, die wir jemals besprochen oder im Blick hatten, mehr als jede AfD-Verbotspetition. Sie stammt in der Tat von der GdP. Wir haben übrigens (noch) nicht unterschrieben, weil wir die GdP und den Teil des Staates, den sie vertritt, auch kritisch sehen. Vielleicht schließen wir uns in diesem Fall doch an. Es ergibt sicher mehr Sinn, dies zu tun, als Scholz zu wählen.

Zugegeben, es war immer kippelig, es hat schon bei der Europawahl 2024 wieder nicht fürs SPD wählen gereicht. Aber wenn Scholz nicht merkt, dass das bei vielen Menschen im Moment der Fall ist, die ihn mit Ach und Krach wählen würden, um den Einfluss der Rechten so weit wie irgend möglich zu begrenzen, dann muss er mit aller Deutlichkeit abgewählt werden, der Kanzler von Gnaden einer Union, die im Jahr 2021 selbst einen riesigen Fehler mit der Auswahl ihres Kandidaten gemacht hatte, sonst wäre Scholz nicht Kanzler geworden. Er hat seitdem nicht viel getan, um seine Beliebtheit zu steigern, und jetzt dies.

Das leitet uns auch  zu einem anderen Vorgang, den wir beobachtet haben und zu den Schlüssen, die daraus gezogen wurden: Nicht erst die Aussage einer Grünen-Politikerin hat darauf hingewiesen, dass Scholz auch bei seinen eigenen Leute nicht beliebt ist und dass Journalisten vermuten, er darf noch einmal antreten, damit sich bei diesen Wahlen die nächste Generation nicht blamiert, besonders häufig fällt dabei der Name Lars Klingbeil, einer der beiden SPD-Chefs. Aus Gründen der Zukunftsstrategie habe man Scholz dabei geholfen, Boris Pistorius als Kanzlerkandidat zu verhindern, obwohl er der SPD bessere Chancen eröffnet hätte. Vermutlich hätte er sich auch nicht in der Art wie Scholz zu einem Thema geäußert, das gerade zu den vielen Demokratie-Sprengsätzen zählt.

Es gibt trotz dieses Irrsinns Größeres als dieses Thema, vor allem aufs ganze Jahr gesehen, aber es ist so symbolisch, deswegen haben wir auch einen ziemlich angeranzten Artikel vor Silvester geschrieben, danach hatte sich bestätigt, dass wir allen Grund hatten, angefressen zu sein und nicht mehr schön sauber alle Contras und wenige Pros durchzuargumentieren, wie wir das in den Jahren zuvor getan hatten. Seit 2018/19, um genau zu sein, in einer  zweistelligen Zahl von Beiträgen.

Jetzt meinen wir: Gut so. Wir hatten auch das Scholz-Niveau im Umgang mit dieser Debatte antizipiert.

Wir werden nach dem 6. Februar, wenn er verfügbar ist, den Wahl-O-Mat ausfüllen und dann wird ohnehin wieder herauskommen, dass die SPD höchstens auf Rang 10 steht. Das reicht einfach nicht, um diesem unsympathischen, überheblichen Typ unsere Stimme zu geben. Natürlich bekommt sie Friedrich Merz auch nicht, beinahe überflüssig, dies zu erwähnen. Die Grünen ziehen noch an der SPD vorbei, wenn Scholz so weitermacht, aber auch Robert Habeck möchten wir nicht als Kanzler sehen und nicht deshalb mehr, weil er 2024 noch keinen schlagzeilenträchtigen Fehler gemacht hat. Wird es also erstmals eine Partei werden, die nach aller Voraussicht ab 2024 nicht mehr im Bundestag vertreten sein wird und damit zum ersten Mal bei Bundestagswahlen eine Partei, die uns anschließend nicht im Parlament repräsentieren kann?  

Dummerweise haben wir auch in dem Fall zumindest so viel Einblick, dass wir das ebenfalls nicht mit gutem Gewissen tun können, auch wenn nicht die Gefahr besteht, dass jemand dort so medienwirksam Tünkram reden kann wie Scholz.

Eigentlich ist alles anders. Wir denken uns einfach die nicht überzeugenden Kandidat:innen weg und schauen auch nicht zu genau auf die Positionen der Parteien, für die sie antreten, sondern darauf, wie in der aktuellen Lage nur noch eine Sache zählt: Die Demokratie zu erhalten. Dann wird es wieder klarer. Wer dabei unverdientermaßen als Person unsere Stimmen bekommt, darauf dürfen wir gar nicht achten, sonst ärgern wir uns nur noch darüber, wie diese Politiker mit unserer Stimmung und mit unseren Stimmen umgehen.

Mag sein, dass Scholz das alles nicht wichtig findet, aber warum sollen wir ihn dann wichtig finden?

TH

[1] Böllerverbot „irgendwie komisch“

[1] https://www.tagesspiegel.de/politik/finde-ich-irgendwie-komisch-scholz-lehnt-generelles-bollerverbot-ab-und-fordert-klare-regeln-12959962.html

[2] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2025/01/boellerverbot-petition-silvester-gdp.html

[3] https://taz.de/Nach-Unfaellen-zu-Silvester/!6056929/

[4] https://www.google.de/policies/faq

[5] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/olaf-scholz-nancy-faeser-boeller-silvester-feuerwerk-100.html

[6] https://www.instagram.com/mauricehoefgen/reel/DEg-o5Ssq3L/

[7] https://www.morgenpost.de/politik/article408011912/olaf-scholz-findet-boellerverbot-irgendwie-komisch.html

[8] https://www.youtube.com/watch?v=Gaq-tyLgF0Y

[9] https://www.tagesschau.de/inland/regional/brandenburg/rbb-silvester-exzesse-warum-ein-boellerverbot-so-schwierig-ist-100.html

[10] https://www.berliner-zeitung.de/news/bundeskanzler-scholz-ein-boellerverbot-finde-ich-irgendwie-komisch-li.2286634  

 

[2]Zeitpunkt von  „irgendwie komisch“:

[1] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/boellerverbot-silvester-bremen-berlin-102.html

[2] https://www.stern.de/gesellschaft/regional/berlin-brandenburg/debatte-ueber-boellerverbot–bundeskanzler–brauchen-klare-regeln-fuer-pyrotechnik-35353534.html

[3] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2025/01/boellerverbot-gesetze-silvester-knaller-petition-gdp.html

[4] https://www.tagesspiegel.de/politik/finde-ich-irgendwie-komisch-scholz-lehnt-generelles-bollerverbot-ab-und-fordert-klare-regeln-12959962.html

[5] https://taz.de/!6056929/

[6] https://www.stern.de/panorama/debatte-nach-silvester–scholz—ein-boellerverbot-finde-ich-irgendwie-komisch–35354042.html

[7] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/olaf-scholz-nancy-faeser-boeller-silvester-feuerwerk-100.html

[8] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/boellerverbot-petitionen-faeser-lindholz-100.html

[9] https://taz.de/Nach-Unfaellen-zu-Silvester/!6056929/  

 


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