Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus – 80 Jahre Befreiung von Auschwitz (Statista, Europarat)

Briefing Gesellschaft, Geschichte, Gedenken, Erinnerung, Vernichtung der Juden in Europa, NS-Verbrechen gegen die Menschlichtkeit, Genozid, Holocaust

Wir halten heute einmal inne, nehmen Abstand vom politischen und allgemeinen Alltagsbetreieb aus und widmen uns dem Gedenken an den Holocaust. Auch an den beiden folgenden Tagen werden noch Beiträge dazu von uns erscheinen.

Sicherlich ist der Gedenktag dieses Jahres ein besonderer, weil die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee sich zum 80. Mal jährt und weil es immer weniger Überlebende gibt, die Zeugnis von den Schrecken des Nazi-Regimes geben können. Er ist aber auch ein Tag wie jeder Tag, an dem es gilt, nicht zu vergessen und die Demokratie zu schützen, die allein Menschen vor einer Wiederholung schützen kann.

Die Erinnerung darf nicht mit den Überlebenden sterben, deshalb heute der erste Beitrag mit einer Geografie des Terrors. Darauf sind die größten Konzentrations- und Vernichtungslager und Euthanasiestätten des sogenannten Dritten Reiches verzeichnet.

Infografik: Wo befanden sich die größten Lager der Nationalsozialisten? | Statista

Während der NS-Diktatur in Deutschland wurden wissenschaftlichen Schätzungen zufolge ungefähr 17 Millionen Menschen von Nationalsozialisten und ihren Unterstützern ermordet. Ein großer Teil starb in Konzentrations- und Vernichtungslagern, die von den Nazis zwischen 1933 und 1945 errichtet worden sind. In diesen wurden Menschen inhaftiert, zur Zwangsarbeit herangezogen und millionenfach ermordet.

Die Statista-Infografik zeigt auf Basis einer Karte des Projekts Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern (DGDB) die bedeutendsten dieser Lager, eingeteilt nach deren Funktion. Unter dem Begriff Konzentrationslager sind diejenigen Lager dargestellt, in denen ab 1933 politische und ideologische Gegner des Regimes und sogenannte „Rassenfeinde“ unter dem Vorwand der „Schutzhaft“ oder „Vorbeugungshaft“ inhaftiert wurden.

Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das Lagersystem auf die vom Deutschen Reich besetzten Gebiete ausgeweitet. Zudem wurden die Konzentrationslager zunehmend zu Hinrichtungsstätten. Zu diesem Zweck wurden ab 1941 in den Lagern Auschwitz I, Majdanek, Sachsenhausen und Mauthausen von der SS Gaskammern gebaut. Um die Pläne der Nationalsozialisten für die „Endlösung der Judenfrage“ umzusetzen, wurden schließlich im besetzten Polen Vernichtungslager eingerichtet, deren einziger Zweck der Massenmord an den europäischen Juden war.

Das erste dieser geheim gehaltenen Lager wurde im Dezember 1941 im polnischen Chełmno (Kulmhof) eröffnet. 1942 folgten – ebenfalls in Polen – die Lager der sogenannten „Aktion Reinhardt“: Bełzec, Sobibór und Treblinka. Das Lager Auschwitz I wurde um den deutlich größeren Arbeits- und Vernichtungslagerkomplex Auschwitz II-Birkenau erweitert. Juden aus ganz Europa wurden hierher deportiert und kurz nach ihrer Ankunft ermordet.

Für die systematische Ermordung von über 200.000 Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen errichteten die Nazis außerdem „Euthanasie“-Zentren. Hier wurden Menschen ermordet, deren Leben aufgrund tatsächlicher oder angeblicher Erbkrankheiten von Ärzten als „lebensunwert“ beurteilt wurde.

In den obigen Zahlen sind nicht die Toten des Zweiten Weltkriegs enthalten, der vom deutschen NS-Regime ausgelöst wurde und über 50 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. An diesem Tag wird viel gesagt und geschrieben. Wir halten uns zurück, weil es auch um Relevanz geht, genau deshalb wollen wir auch keine Stellungnahme deutscher Politiker abbilde. Wir werden aber sehr wohl weiterhin Stellung beziehen. Der nachfolgende Text ist schlicht, kurz, vielfach wurden heute sicherlich ähnliche Worte gewählt, aber er schließt für uns die europäische Dimension ein, weil er vom Europarat stammt:

Heute, da wir den Internationalen Holocaust Gedenktag begehen, jährt sich die Befreiung des deutschen nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal. Wir erinnern uns an die beispiellosen Gräuel des Holocaust. Sechs Millionen Jüdinnen und Juden und Millionen weiterer Menschen wurden ermordet – 1,1 Millionen allein in Auschwitz.

Derzeit erleben wir einen beispiellosen Anstieg von Antisemitismus auf unserem Kontinent, wie er seit dem Zweiten Weltkrieg nicht zu beobachten war. Wir verurteilen auf das Schärfste die besorgniserregende Zunahme gewaltsamer antisemitischer Vorfälle, von Leugnung und Verfälschung des Holocaust sowie von Verschwörungstheorien und Vorurteilen gegenüber Jüdinnen und Juden.

Mehr denn je ist es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir unserer Verantwortung, die Opfer des Holocaust zu ehren, gerecht werden. Wir sind entschlossen, Antisemitismus zu bekämpfen und jüdisches Leben in Europa zu schützen und zu fördern. Wir verurteilen alle Formen von Diskriminierung, Intoleranz, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und werden entschlossene Maßnahmen ergreifen, um diesen Bedrohungen für demokratische Gesellschaften entgegenzuwirken.

Die Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte, einschließlich der Meinungs-, Religions- und Weltanschauungsfreiheit, sowie der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören, muss und wird – im Einklang mit den Werten, auf die sich unsere Europäische Union gründet und die uns allen gemeinsam sind – unser Handeln stets leiten.

„Nie wieder“ gilt jetzt.

TH


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