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„Trump startet Handelskrieg“ it heute der Aufmacher in der Presse, nebst dem, was in der deutschen Politik gerade gewaltig in die Binsen geht, natürlich. Wir werden im Anschluss an die Infos kommentieren, aber hier erst einmal eine Statista-Grafik zu den wichtigsten Handelspartnern der USA. Anmerkung Ergänzungstext: Die Grafik wurde vor dem Aussetzen der Zölle gegen Kanada und Mexiko am 03.02. erstellt, im Leitkommentar berücksichtigen wir diese aktuelle Wendung.
Infografik: Trumps Zölle treffen wichtigste Handelspartner der USA | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.
US-Präsident Trump hat ernst gemacht: Für Waren aus Mexiko und Kanada sind seit vergangenem Samstag künftig Zölle von 25 Prozent fällig, auf kanadische Energieimporte – etwa Öl, Erdgas und Strom – werden zehn Prozent erhoben. Für Importe aus China gelten ab sofort Strafzölle in Höhe von zehn Prozent. Wie die Infografik von Statista mit Daten des International Trade Centres zeigt, sind die genannten Länder die wichtigsten Handelspartner der Vereinigten Staaten. So importieren die USA nach Wert gerechnet die meisten Waren aus Mexiko, China und Kanada. Mit einigem Abstand folgen Deutschland und Japan.
Bei den wichtigsten Exportmärkten zeigt sich ein ähnliches Bild. Unter den Top Fünf sind hier auch die Niederlande, die mit dem Seehafen Rotterdam ein wichtiges Tor für Waren aus den USA sind, die von hier aus in viele andere EU-Länder weitertransportiert werden.
Trumps droht auch der EU mit höheren Zöllen. Märkte und Analysten zeigen sich besorgt, denn auch deutsche Unternehmen wären betroffen – vor allem Autohersteller. Trump hatte zuletzt wiederholt kritisiert, dass die EU zu wenig Kraftfahrzeuge aus den Vereinigten Staaten importieren würde.
Wieder einmal hat es sich als gar nicht dumm erwiesen, einen Artikel nicht sofort zu veröffentlichen, sondern noch einmal zur Durchsicht zurückzustellen. Inzwischen nämlich hat es sich begeben, dass die USA, Mexiko und Kanada sich doch nicht in einen Handelskrieg verwickeln – zumindest nicht in den nächsten 30 Tagen.
In der Tat hat Trump die Strafzölle gegen Mexiko und Kanada vorerst ausgesetzt, weil sie sich scheinbar seinem Wunsch nach einem strikteren Anti-Drogen-Schmuggel-Grenzregime gebeugt haben. In Wirklichkeit, meine ich, hat er den dicken Max markiert, etwas gekriegt und etwas nicht, nämlich ein Handelsgleichgewicht, das ich für viel wichtiger halten würde als dieses Grenzregime. Ich habe weiter unten, im ursprünglichen Teil des Textes, ausgeführt, warum das eine kluge Idee ist, im Sinne seines wohl allerwichtigsten Wahlversprechens, nämlich die Inflation in den USA zu dämpfen. Dafür wäre ein Handelskrieg mit allen großen Wirtschaftsblöcken Gift.
China und die EU können allerdings nicht mit einem „Grenzregime“ den US-Wunsch nach mehr „Fairness“ kompensieren. Man wird sehen, was Trump sich ihnen gegenüber ausenkt. Ich könnte mir vorstellen, dass es, Europa betreffend, höhere Rüstungsausgaben und mehr Beteiligung an allen möglichen US-Projekten sein werden, die der US-Wirtschaft noch mehr Geld in die Kassen spülen. Der Iron Dome für die USA, den er mit riesigen Ausgaben plant, den könnte er auch Europa überhäufen, dafür dürfen die Deutschen weiterhin ein paar Autos in die USA liefern. In Deutschland wird das alles nicht ohne Aufhebung der Schuldenbremse oder endlich die Reichen mehr an den Kosten ihrer eigenen Sicherheit beteiligen gehen, Trumps Forderungen nachzukommen.
Zurück zu Kanada und Mexiko: 30 Tage sind schnell vorbei, und Trump ist der Typ, der immer in Aktion sein muss, um sich und anderen zu beweisen, was für ein patenter Führer er ist. Ich bin gespannt, ob er Kanada und Mexiko bald die nächsten Forderungen auftischen wird, denn das eigentliche Problem ist ja nicht gelöst. Besonders im Falle Kanadas halte ich es auch nicht für lösbar, außer die USA stellen bezüglich ihrer Energieversorgung weit mehr als bisher auf Autarkie um. Ansätze dazu gibt es ja, aber die sind nicht von heute auf morgen wirksam.
Bei Trump muss man wirklich langsam zwischen Taktik, Strategie und Eindruck schinden unterscheiden, sonst kann man ihn nicht analysieren. Schwierig genug, bei diesem hochgradig komplexen, alles andere als simpel strukturierten Typ, denn wie will man die Anteile bestimmen, wenn jemand so erratisch wirkt, vielleicht mehr, als er es tatsächlich sit? Langsam habe ich den Eindruck, dass er auch deswegen nicht konzentriert zu einem Thema sprechen kann, weil er ein „Fountainhead“ ist, bei dem der Input, auch wenn man ihn nicht messen kann, noch größer ist als der eher messbare, gigantische Output. So jemand kann sich nicht ohne Weiteres begrenzen, und Trump ist wieder in der Position, es nicht zu müssen. Okay, ihn zu unterschätzen, den Fehler macht sowieso jetzt hoffentlich niemand mehr. Und damit zum ursprünglichen, gestern vor den neuen Wendungen in den Fällen Kanada / Mexiko geschriebenen Textteilen.
Kommentar – was sind die aktuellen Eindrücke, Ansichten und Lehren? Womit fangen wir bei der Beschreibung des Irrsinns an?
Ein Schlaglicht des heutigen Tages: Der Dollar zieht gerade gegenüber dem Euro stark an, dank Trumps Zoll-Furor. Die Federal Reserve hat ihm eine Zinssenkung verweigert, mit der Trump hätte gegensteuern können. Je höher der Dollar gegenüber dem Euro, desto teurer werden Exporte der USA nach Europa. Das wird wohl nichts mit den viel Minitrucks vom Typ Ford 150, die sich Trump wohl für die deutschen Innenstädte vorstellt und die noch viel mehr Platz wegnehmen als SUVs.[1]
Okay, dann gehen wir zunächst auf die Autos ein. Stimmt Trumps Spin ausnahmsweisse?
Deutschland hat gegenüber den USA einen riesigen Handelsüberschuss, den größten gegenüber allen Handelspartnern, das ist richtig. Wenn Trump „EU“ sagt, meint er vor allem Deutschland und will damit u. a. erreichen, dass die EU-Länder sich zanken, was ihm das Geschäft leichter macht. Längst nicht alle in der EU zittern so sehr vor Trumps Zöllen wie die deutsche Wirtschaft. Sie hängen aber oft mit drin, wegen vieler Zulieferer und auch Beteiligungen an deutschen Firmen, das sieht man erst auf den zweiten Blick. Die Geschichte des Auto-Überschusses ist aber generisch. Man kann diese Erfolgsstory zwar durch Zölle bremsen, aber wie sie zustandekam, sollte man vielleicht doch einmal erwähnen.
Woher kommt also dieser Exportüberschuss geschichtlich?
Dadurch, dass die US-Autoindustrie in den 1970ern den Anschluss verloren hat. Die Autos blieben technisch und vom Design zurück, hinzu kamen staatliche Vorgaben, die den US-Autos das Wesentliche nahmen, ihre Größe und Stärke. Und dann kam Reagan und schraubte mit seiner Politik den Dollar so hoch, dass die US-Autos nicht nur uninteressant, sondern auch zu teuer wurden. Mittlerweile sind weite Teile des Marktes in der Hand der Japaner und Deutschen, die aber auch vor Ort produzieren. Die importierten Teile werden mit Zöllen auch teurer, das gilt auch für US-Hersteller, die Zulieferteile aus dem Ausland beziehen, vielfach gerade aus Mexiko. Die Preise für Krz in den USA werden massiv anziehen, mehr als unter Biden, wenn Trump so weitermacht. Diese Industrien sind weltweit vernetzt.
Es geht also nicht um unfaires Verhalten Deutschlands?
Unsinn. Deutsche Autos waren nie wirklich billig, auch nicht in den USA, auch nicht, als der Dollar sehr hoch stand, weil die meisten von ihnen diese Premium-Aura haben. Sie waren von den Kunden gewollt, aber wurden überwiegend von Leuten gekauft, die von Trump und seinen Redneck-Anhängern gehasst werden, dieser Aspekt seiner Manipulation wird gerne mal übersehen, dass diese Autos als elitär gelten. Trump selbst war auch mal anders drauf, wie die Mercedes-Mobile in seinem Bestand oder seiner Geschichte belegen. Als er die Autos kaufte, wollte er noch nicht der manipulativste Präsident der amerikanischen Geschichte werden.
Es gibt diese wirtschaftswissenschaftliche Sicht, dass Deutschland mit seinen Exporten die Nachbarn beraubt, das würde auch für die USA gelten.
Das ist keine Wissenschaft, das ist wie bei Trump. Schlichte Manipulation Unwissender. Es geht bei dieser vulgärkensianischen Ansicht vor allem um den Austausch zwischen Deutschland und Frankreich. Zur Beruhigung dieser Leute: Mit der übrigen EU hat Deutschland mittlerweile sogar eine negative Handelsbilanz. Es ist trotzdem Quatsch. Siehe oben: Die Erfolge der deutschen Autoindustrie beruhen auf Kundenwünschen, deutsche Autos sind keine Billigangebote, die man dadurch in die Welt drückt, dass man hierzulande die Arbeitskosten dramatisch senkt. Sie sind unter und seit Schröder über Jahre weniger stark gestiegen als anderswo. Aber wenn ich Grafiken sehe, die im Jahr2000 anfangen und dann auch noch prozentual ausgerichtet sind, nicht in Euro, kann ich nur lachen. Diese Quatschköppe, die nur schlecht gebildeten Studenten irgendwas Ideologisches einreden wollen, lassen schön die 1990er raus, als die deutschen Arbeitskosten allen anderen davonliefen und natürlich auch, dass sie immer noch EU-Oberklasse sind. Ich amüsiere mich heute noch über die „Flassbeck-Kurve“. Es gibt aber auch ernstere Dinge. Außerdem ist wohl diesen Schlaumeiern entgangen, dass bereits mehr Autos mit deutschen Markenlogos im Ausland als bei uns produziert werden, auch und gerade ein den USA. Das größte BMW-Werk steht dort, nicht in Bayern. Wenn Porsche auch noch nachzieht, heißt das, auch das Luxussegment ist keine inländische Fertigungsdomäne mehr. Aber bei uns ist man dermaßen tranfunzelig oder marktradikal, dass man das alles einfach hinnimmt.
Woran hängt es wirklich, wenn nicht an den Arbeitskosten?
Die Absenz strategischer Wirtschaftspolitik in Deutschland. Schaut man sich mal die Leisungsbilanz an, sieht die Sachlage nämlich anders aus als bei der Handelsbilanz. Erstere gehört aber dazu, wenn man die Aufstellung einer Volkswirtschaft beurteilen will. Deutschland hat immer ein Defizit bei den Dienstleistungen, auch gegenüber den USA. Das lässt Trump gerne weg, das lassen auch die Vulgärkeynsianer gerne weg. Und das massive Problem daran ist: Internetdienstleistungen beispielsweise, auch die Infrastruktur, die ich hier gerade in Anspruch nehme, sind weitgehend US-basiert, können aber nicht mit Zöllen belegt werden, weil sie keine Warenströme sind. Das wissen die Strategen in Washington natürlich, dass sie ihre eigenen Stärken und Vorteile hier bewusst außen vor lassen, um eine Opferrolle einnehmen zu können bzw. sie den Amerikanern einzureden.
Kann die EU überhaupt dagegen etwas tun, wenn das Defizit vor allem auf der Dienstleistungsseite besteht?
Nicht so einfach. Einige EU-Länder haben es sich zum Geschäftsmodell gemacht, Konzerne aus aller Welt bei sich gegen fast null Steuern anzusiedeln. Das sind zum Beispiel diejenigen, denen es ziemlich schnurz ist, ob Deutschland unter Warenzöllen leidet. Ich glaube nicht, dass es in den USA gerne gesehen wird, wenn sich die Konzerne auf diese Weise einen schlanken Fuß machen. Jetzt rächt sich bitter, dass Deutschland keine dienstleistungsorientierte Wirtschaftsstrategie gefahren hat, sondern komplett auf alten Industrien aufbaut. Ich kritisiere das über zwei Wahlberliner-Blogs hinweg seit fünfzehn Jahren. Anfangs ging es vor allem um China. Dass die USA das größere Problem werden könnten, hätte ich mir damals nicht träumen lassen. Und wenn man shcon in der Industrie stark sein will, muss man dort endlich neue Branchen erschließen. Aber was ist passiert? Bei den Erneuerbaren Energien hat man brutal dabei versagt, daraus langfristig einen Jobmotor zu machen. Gar nicht zu reden von IT-Zukunftstechnologie.
Gibt es also keine Möglichkeit, mit Wucht dagegen zu steuern?
Trump hat heute gesagt, per aspera ad astra!
Wie bitte?
“Durch die Enge zu den Sternen“. Nicht wörtlich, natürlich. Welcher Amerikaner kann schon Latein? Er hat gesagt, kann schon sein, dass die US-Bürger erst einmal hohe Preise in Kauf nehmen müssen, damit das Land eines Tages in nie gekanntem Glanz erstrahlt. Typische Argumentation von Marktradikalen der Normalbevölkerung gegenüber und natürlich auch von Diktatoren, die immer Opfer im Jetzt verlangen, damit das Morgen so richtig toll wird. Er merkt schon selbst, dass seine Wahlversprechungen total widersprüchlich sind. Vielleicht hat er es sogar immer gewusst, er ist ja Kaufmann.
Anmerkung Ergänzungstext: Das könnte auch ein Hebel sein, um ihn zu bremsen, dass er nicht riskieren will, dass in den USA die Preise davonschießen, denn viele Amerikaner werden sich sagen: Was, schon wieder Opfer, also weiter wie unter Biden?
Aber manchmal müssen doch Opfer gebracht werden.
Wenn man von außen angegriffen wird, dann, um die Freiheit zu verteidigen. Alles andere ist Quark, solange die Reichen nie angemessen an diesen Opfern beteiligt werden. Und was Trump vorhat und auch die Rechten hier vorhaben, ist das genaue Gegenteil, nämlich eine weitere Umverteilung von unten nach oben.
Apropos, was ist mit den Außenangriffen, wenn Trump Präsident ist?
Es gibt ja schon genug Leute hier mit einem Feindbild Amerika. Wenn er so weitermacht, dann wird sich diese Tendenz verstärken. Nicht nur in Deutschland, sondern bei jenen, die die USA nicht eh schon hassen. Wer das noch nicht tut, das sind vor allem ihre engen Verbündeten in Europa. Wenn er die jetzt dermaßen schikaniert, wie er es gerade mit Kanada und Mexiko tut, wird er immer weitere Länder in die Arme Chinas treiben, denn mit irgendwem muss man ja wirtschaftlich kooperieren, in einer vernetzten Welt. Die EU kann jetzt zum Beispiel nicht gegen China Zölle wegen deren unfairen Subventionen von BEVs verhängen und gleichzeitig Gegenzölle gegen die USA. Das hält die Wirtschaft nicht aus.
Es gäbe eine Möglichkeit, die ist aber nur theoretisch: Alles, was die USA in Europa anbieten, zu boykottieren, auch die Internetdienstleistungen. Das geht nicht von heute auf morgen, mangels strategischer Wirtschaftspolitik über Jahrzehnte hinweg, aber es ist wie bei der Verteidigung: endlich mehr auf eigenen Füßen stehen!.Die Konsumenten werden Sturm laufen, Regierungen werden abgewählt werden, denn Menschen sind dumm, denken kurzfristig, egoistisch und spalten sich ab, wo sie nur können. Es kommt dann darauf an, wer den längeren Atem hat. Die Amerikaner lassen sich nicht so viel gefallen wie wir, wenn es um die Verschlechterung ihrer Kaufkraft geht.
Trump können sie nicht mehr abwählen.
Aber einen Nachfolger wie J. D. Vance, Trumps Vermächtnis können sie ebenfalls als nicht so toll ansehen, und Trump ist nicht nur nachtragend, sondern auch äußerst imagebewusst. Er wird aufpassen, dass er und die Republikaner nicht komplett vergeigt haben, wenn der nächste Präsidentschaftswahlkampf startet. Oder er tut es nicht und die Zeiten werden wieder normaler, weil wieder Demokraten an die Regierung kommen. Ich meine aber eher, er denkt über die nächsten vier Jahre hinaus.
Also doch Opfer, um auf den Text zwei Absätze zuvor zu sprechen zu kommen. Welcher Politiker in Deutschland soll denn die Menschen darauf einschwören, dass Trump Kante wichtiger ist als die eigene Bequemlichkeit?
Keiner. Es gibt keinen, dem die Menschen so vertrauen, wie die Amerikaner im Moment bei Trump darauf vertrauen, dass er am Ende das Richtige tun wird. Das ist eine Kombination von guten und schlechten Eigenschaften, die eine solche Haltung hierzulande vorerst ausschließt, aber die Erklärung würde hier zu weit führen.
Worauf kann man denn dann hoffen? Dass die USA sich selbst abwürgen?
Zum einen dies, zum anderen auf die angeblichen tatsächlichen Herrscher in Washington. Auf diejenigen, denen klar ist, dass die USA gerade ihre letzten echten Verbündeten zu Feinden machen, wenn es so weitergeht. Ein Fest für die Putins und Xis dieser Welt. Und ein Dorn im Auge der Washingtoner Elite. Vielleicht bringen sie ihn um, wenn er sich nicht gibt, der Tumpofant.
Anmerkung Ergänzungstext: Die heutigen Vorgänge könnte man auch so deuten, dass man Trump klargemacht hat, dass er zu weit geht, wenn er jetzt anstatt einem mittelprächtigen Deal gleich alles haben will.
Wie Kennedy?
Falls das damals so war, dann aber aus ganz anderen Gründen. Eine Beleidigung von Kennedy werde ich nicht tolerieren. Man kann nicht alles haben, das wird auch Trump merken. Autarkie, alles nur noch auf sich selbst gerichtet, gleichzeitig aber die Weltmachtstellung behalten, das wird nicht funktionieren. In den 1920ern, 1930ern gab es schon einmal solch eine Phase, wir wissen, wie sie endete. Mit dem größten Krieg aller bisherigen Zeiten. Die Weltwirtschaftskrise, die diesen wiederum beförderte, indem sie den Nazis half, an die Macht zu kommen, wurde durch die isolationistische US-Politik verschärft. Kennedy machte das genaue Gegenteil, er öffnete die USA in alle Richtungen.
Und jetzt sind die Ergebnisse dieser jahrzehntelangen Infiltration der Welt in Gefahr.
Da haben die USA so lange einen so intensiven Imperialismus betrieben und Trump vernichtet alles, was sie dadurch erreicht haben? Dabei überschätzt er auch die Größe des Landes. Die USA beheimaten nicht einmal fünf Prozent der Weltbevölkerung. Wenn er den Rest gegen sich aufbringt, wird es schwierig werden für die Global Player aus den USA, sowohl die militärischen als auch die wirtschaftlichen. Der Rest der Welt kann ohne die USA, aber nicht mehr umgekehrt, seit die Rüstungs- und IT-Industrie, die stärksten Schienen der US-Wirtschaft, auf ihre globale Präsenz angewiesen sind. Kein Land allein kann gegen alle anderen, heutzutage. Selbst krude Diktaturen stützen sich gegenseitig.
Und die sind im Aufwind, dank Trumps Disruptionspolitik.
So wird es sein, wenn er wirklich ernst macht. Es sei denn, er zwingt Russland zu einem echten Kompromiss in der Ukrainefrage, das würde überall verstanden werden. Dafür könnte er sich einige andere böse Aktionen leisten.
Schauen wir uns noch einmal die Handelsbilanzgrafik an: Das ist ein Riesending, das Trump da dreht.
Allerdings. Mir war auch nicht so klar, wie dominierend Kanada und Mexiko als Handelspartner der USA sind. Mexiko hätte ich wirtschaftlich nicht als so stark eingeschätzt und Kanada hat nur 30 oder 40 Millionen Einwohner. Aber es sind Energieexporte, die Kanada tätigt, und die gehen zu 75 Prozent in die USA. Mexikos Fertigungsindustrie, die Richtung USA exportiert, ist wohl auch größer, als ich sie eingeschätzt hätte. Beteiligt sind auch deutsche Unternehmen, die von den niedrigeren Löhnen dort profitieren. Aber vor allem der gigantische kanadische Überschuss ist energiebasiert, da schießen sich die USA selbst ins Knie. Dieser Überschuss wird sich auch nur dadurch verringern lassen, dass die USA ihre eigenen Rohstoffe ausbeuten wie nie zuvor. Bis zum bitteren Ende. So muss man verstehen, dass Trump alle Beschränkungen zur Rohstoffförderung im eigenen Land aufgeben will, dass er nach Grönland schielt und was alles. Mir fällt auch nichts ein, wie die Kanadier diesen Überschuss drastisch mindern könnten. Mexiko ist da durchaus volatiler. Diese Länder sind sehr einseitig auf die USA ausgerichtet, viel mehr als Deutschland auf irgendein Land. Einen Vorteil hat diese Warenexportausrichtung: Es lassen sich immer neue Märkte erschließen, weil nicht die Transportwege die Hauptrolle spielen, sondern, weil die Wettbewerbsfähigkeit der Produkte ausschlaggebend ist.
Dann ist man doch gut diversifiziert.
Ein Einbrechen des China- und des US-Handels gleichzeitig wird trotzdem gewaltige Folgen haben. Die Warenströme innerhalb der EU werden davon ebenfalls betroffen sein, siehe oben, Vernetzung. Für Deutschland sind die USA trotzdem der größte einzelne Handelspartner, knapp vor China, zuletzt war es auch mal umgekehrt. Früher standen Länder wie die Niederlande und Frankreich ganz vorne. Heute finden noch ca. 53-55 Prozent des deutschen Warenaustauschs mit der EU statt, obwohl die EU im Laufe der Jahre gewachsen ist (vom Brexit abgesehen), früher waren es über 60 Prozent. Überschlägig und ohne exakte Zeitangabe.
China und Deutschland werden also auch drankommen, nur hat Trump sich die größten Defizit-Brocken, Kanada und Mexiko, zuerst vorgenommen.
Deswegen war die Größenordnung auch so erhellend, die sich in der Grafik zeigt. Eigentlich sehr systematisch. Als nächstes müsste China an die Reihe kommen, dann die EU. Und jedes Mal wird Trump vergessen, dass die auf Virtualität basierten US-Unternehmen wie keine sonst vom freien Austausch produzieren, weil sie ihre Dienstleistungen weltweit verkaufen können. Da hätten andere längst Grenzen ziehen müssen, angesichts der gefährlichen US-Dominanz, die damit verbunden ist. China hat es besser gemacht, die haben dort ihre eigenen Internethändler, sozialen Netzwerke und fast alles andere, bis auf bestimmte Chips, bei denen sie nicht führend sind.
Die USA oder China können aber nichts dafür, dass die Europäer jede Digitalisierungsrunde verpennen.
Dann können die Deutschen auch nichts dafür, dass die Amerikaner das Bauen besserer Autos verpennen.
Das ist gut.
Ernsthaft, darin bestand doch bisher das Agreement: Wir akzeptieren eure Dominanz im High-Tech-IT-Sektor und ihr kauft halt ein paar Autos von uns. Quid pro quo, die Handelsbilanz ist eben nicht alles. Trump kann man gar nicht genug dafür tadeln und bewundern zugleich, dass er daraus Unfairness den USA gegenüber ableiten will und die Leute glauben es ihm. Das ist eine persönliche narzisstische Kränkung, die Milliarden von Menschen Sorgen machen wird, wenn er sie über die Ratio dominieren lässt. Aber noch ist nicht raus, wie viel davon Getöse ist und wo er geschickt um die Ecke denkt, um Dinge zu erreichen, die man auf den ersten Blick gar nicht erkennt.
Die europäische Politik kann also nationale Egoismen überwinden, um eine machtvolle Gegenposition aufzubauen?
Wenn nicht jetzt, wann dann? Deutschland kann da auch von anderen Europäern lernen, die immer schon etwas mehr ihr eigenes Ding gemacht haben als insbesondere die jetzige Regierung, die ja keinen einzigen Schritt unternimmt, wenn die USA ihn nicht auch gehen. Wir sind schlechter, nicht besser geworden in Sachen Unabhängigkeit, in den letzten Jahren. Selbst die Aufrüstung wird überwiegend US-Unternehmen beglücken. Das ist strategisch der nächste Fehler, deswegen muss unbedingt auch die Schuldenbremse weg, damit hier massiv in Unabhängigkeit investiert werden kann. Deswegen ist auch die Energiewende richtig, übrigens, nicht nur aus ökologischen Gründen. Auf dem Gebiet sieht man den Wert eines eigenen Weges, auf anderen noch nicht, weil er nicht gegangen wird.
Werden die USA ihren IT-Vorteil überhaupt behalten?
Die Anspielung auf DeepSeek? Ich musste wirklich lachen, was dieses KI-Modul in den angeblich so selbstbewussten USA auslöst. Da haben die Chinesen wohl billig von dort abgekupfert, das eine oder andere eigene dazugetan, machen es Open Source, um die US-Unternehmen zu unterfahren, und schon wackelt der gesamte Koloss. Auf so tönernen Füßen steht er aber auch nicht, wie es gerade scheint. Ich glaube, Trump nutzt diese Sache jetzt für seinen Alarmismus aus. Ich glaube, er ist der beste Instinktpolitiker auf diesem Planeten. Und in Deutschland findet er Nachahmer, die aber nicht seinen perfekten Instinkt haben. Mal sehen, ob sich das ausgehen wird.
Ist Trump also wirklich maximal geschickt?
Diese chinesischen Praktiken sind so durchsichtig, vor Trump hätte ich sie anders kommentiert. Das war geschickt von ihm, mich von den chinesischen imperalistischen Ansätzen wegzubringen.
Eine Gefahr besteht auf jeden Fall, und darauf werden die gewieften Strategen in Washington vermutlich doch ein Auge haben: Wenn man sich am allermeisten darüber zu freuen beginnt, dass der Anführer des eigenen Lagers eins auf die Zwölf bekommt, dann sind die USA wirklich in Gefahr, den Rückhalt zu verlieren, wo sie ihn noch haben. Das ist alles im Grunde nur destruktiv, aber Menschen haben eben auch Gefühle. Trump spielt mit ihnen. Er pflegt falsche Nationalismen und löst echte Ängste aus, auch in den USA übrigens, dank seiner vorzivilisatorischen Innenpolitik. Sie ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass er zwischen Ideologie trennen kann, wo sie gefahrlos für ihn umsetzbar ist, und der Dealpolitik, die im Außenverhältnis wirkt. Durchgreifen im eigenen Haus, starkes Geschäftsgebaren nach außen. Es ist trotzdem ein Ritt auf der Rasierklinge, und auf der sitzen wir hier auch, wenn wir uns nicht endlich von den USA mehr lösen. Dann kriegt Trump, was er will, und wer weiß, was die Europäer am Ende doch alles können, wenn sie so massiv bedrängt werden. Er macht sich gewiss nicht mehr so lächerlich wie teilweise in seiner ersten Amtszeit, als er bei Putin und Xi eigentlich gar nichts erreicht hat, wie man mittlerweile sieht. Die Fakten liegen auch auf dem Tisch, es ist nicht mehr alles so vage wie damals.
Und wir schließen uns Russland und China an, weil wir Trump nicht vertrauen.
Das tun einige jetzt und haben es in der Vergangenheit getan. Ebenfalls mit unabsehbaren Folgen, wie man an unserer Energiepolitik feststellen konnte oder daran, wie abhängig wir mittlerweile in manchen Bereichen von China sind und wie China die EU spalten will, wie es Russland mit anderen Methoden tun will, und auch Trump würde am liebsten mit lauter kleinen, machtlosen Einzelstaaten „dealen“, die sich kaum wehren können. Es kann fast nur besser werden. Leider ist die EU seit über 15 Jahren ein Modul im Dauer-Stresstest.
Wir werden sehen, wie es weitergeht. Angesichts der hiesigen Politikqualität sollten wir aber nicht zu viel an Gegenwehr oder schlauen Zukunftsideen erwarten.
Nicht von der Politik. Wenn sie aus der Zivilgesellschaft kommen, sollte die Politik sie wenigstens zulassen, aber auch da sehe ich eher schwarz. Ja, wir werden sehen, wie es weitergeht, irgendwie wird es das schon tun. Vielleicht kann man ja auch mal ausnahmsweise etwas aus den gegenwärtigen Vorgängen lernen. Immerhin hat Trump die EU nicht zuerst angegriffen, das ist doch ein Vorteil, der es ermöglicht, den Gegner besser studieren zu können, bevor man mit ihm in den Ring steigen muss, weil er es herausfordert.
TH
[1] Der Ford F-150 ist das meistverkaufte Fahrzeugmodell in den USA und wird hierzulande auch als „Pickup“ bezeichnet. Diese Anordnung mit großer Fahrerkabine und einer Pritsche dahinter ergibt vor allem in ländlichen Gebieten mit vielen Farmen Sinn, wo oft Werkzeuge und Ähnliches in diesen Größen in den Weiten des Landes zu transportieren sind, aber natürlich nicht auf deutschen Straßen.
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