9 Tage vor der #Wahl: 3 gewinnen, 2 verlieren #btw2025 #Umfragen #Sonntagsfrage

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Selbstverständlich haben wir schon viel über Themen geschrieben, die mit der Bndestagswahl 2025 zu tun haben #btw2025. Aber heute startet unser Wahlkampf-Special, in dem wir Tag für Tag die Tendenzen und Entwicklungen beobachten, beschreiben, kommentieren wollen.

Wir fangen mit einer ganz einfachen Betrachtung an. Am 6. November 2024 kam das Ampel-Aus, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister Christian Lindner (FDP) entließ. Dem Ampel-Chaos folgte das Ampel-Aus. Nach allem, was man hätte vermuten können, müsste nun, kurz vor der Neuwahl, das total Desaster für die Ampel-Parteien eingetreten sein. Wir haben uns die Zahlen der kontinuierlichen Zeit-Online-Grafik dazu angeschaut. Sie fasst den Durchschnitt aller aktuellen Umfragen zur „Sonntagsfrage“ zusammen. Wir haben im Anschluss noch den Civey-Check gemacht, die Werte dazu sind bei den aktuellen Zaheln in eckigen Klammern hinter +/- beigefügt. Zwischen dem Entwurf des Artikels und der Publikation (ca. 3 Stunden) hat es Verschiebungen von bis zu 0,1 Prozent gegeben.

Am Tag vor dem Ampel-Aus, dem 5. November 2024, waren folgende Werte zu verzeichnen:

– CDU/CSU: 32,5 Prozent
– AfD 17,3 Prozent
– SPD 15,8 Prozent
– Grüne 10,5 Prozent
– BSW 7,5 Prozent
– FDP 3,8 Prozent
– Linke 3,3 Prozent

Bis heute, 14.02.2024, neun Tage vor der Wahl, haben sich die Werte wie folgt verändert:

– CDU/CSU: 30,1 Prozent (-2,4 Prozent) [30,1]
– AfD 20,7 Prozent (+2,4 Prozent) [20,5]
– SPD 15,5 Prozent (-0,3 Prozent) [15,3]
– Grüne 13,6 Prozent (+3,1 Prozent) [14,0]
– Linke 5,6 Prozent (+2,3 Prozent) [5,8]
– BSW 4,5 Prozent (-3,0 Prozent) [4,5]
– FDP 4,0 Prozent (+0,2 Prozent) [4,0].

Hätten Sie diese Entwicklung nach dem Ampel-Aus für möglich gehalten? Die Situation war für die Opposition wie gemalt, vor allem für die CDU als natürliche Alternative zur Ampel. Aber was ist wirklich geschehen. Grob interpretiert:

  • Dank eines in weiten Teilen der Bevölkerung unbeliebten Kanzlerkandidaten und aufgrund ihres freidrehenden Rechtspopulismus hat sich die Union selbst geschadet. Anstatt die Situation zu nutzen und ein Angebot für die Zusammenführung eines zerstrittenen Landes zu machen, greift sie immer weiter nach rechts aus und
  • liefert der AfD damit den Stoff, aus dem die Träume der Rechtsextremisten gemacht sind. Die AfD gewinnt exakt so viel hinzu, wie die Union verliert, Stand heute. Zwar kann man keinen Eins-zu-Eins-Wähleraustausch annehmen, aber zwischen diesen beiden Parteien ist die Wählerschaft nun einmal am durchlässigsten.
  • Kanzler Olaf Scholz hat gestern verkündet, er sehe einen Siegwahrscheinlichkeit für sich von 60 Prozent. Dafür müsste die SPD innerhalb von neun Tagen noch mindestens um 60 Prozent auf etwa 25 Prozent zulegen, die Annahme vorausgesetzt, dass die CDU einige Prozentpunkte an die SPD verlieren würde. Nun regen sich alle über diese „Den-Bezug-zur-Realität-verloren-Annahme“ auf. Was soll er denn sonst tun? Gleich sagen, ich lasse den Wahlkampf sein, wir schaffen es eh nicht? Er hat bisher viel zu wenig gekämpft und seine Art ist für Situationen wie diese einfach nicht geeignet. Er kann nicht aus seiner Haut. Wenn er mal aus sich herausgeht, wird er auch gleich ausfällig, was seine Arroganz leider offenlegt. Scholz ist kein guter Wahlkämpfer und profitierte 2021 von einer dramatischen Fehlkalkulation der Union.
  • Für die Grünen ist der Ausstieg aus der Ampel und die gegenwärtige Situation, Teil einer Minderheitsregierung mit der SPD zu sein und dies in einigermaßen Harmonie, eine Erholung, das ist deutlich zu sehen. Keine andere Partei hat seit dem 5. November so viel zugelegt (in Wählerprozenten, nicht prozentual gegenüber dem Ergebnis am 5. November). Dabei kommt ihnen zugute, dass Kanzlerkandidat Robert Habeck wenig aneckt, überragende Beliebtheitswerte hat aber auch er nicht vorzuweisen.
  • Die Linke schreibt gerade eine richtige Story. Auch gegenüber gestern hat sie wieder um 0,2 Prozent Anstieg zu verzeichnen. Als letzte klar humanistisch orientierte Partei im Bundestag, dank ihres großen Erfolgs in den sozialen Medien, dank des Projekts „Siberlocke“, das die drei letzten großen Politiker der Partei vereint, entsteht eine neue Chance für die Partei. Für uns hat dieser rasante Anstieg vermutlich gravierende Folgen bezüglich einer Wahlentscheidung, die im Grunde schon feststand, aber bei der wir nie ein gutes Bauchgefühl hatten.
  • Genau die gegenteilige Entwicklung nimmt das BSW, aber auch hier ist Vorsicht geboten bei der Idee, dass hauptsächlich ein Austausch zwischen diesen beiden Parteien stattgefunden hat.
  • Die „Sonstigen“ verlieren im Moment deutlich, weil die Polarisierung die größeren Parteien begünstigt, in der Zeit-Grafik sind sie nicht ausgewiesen.

Analyseschritt 2, aktuelle Beobachtungen und Gedanken vor allem zum BSW

Die vielen Umfragen, die vielen Wahlformate – beeinflussen sie die Wahl noch entscheidend? Oder der gestrige Anschlag in München, der in den heutigen Zahlen natürlich noch nicht stark gespiegelt ist, weil die Umfragen, die jetzt präsentiert werden, schon vorher abgeschlossen waren? Das ist ein Unsicherheitsfaktor, aber wir meinen: Dies wird die Lage nicht dramatisch wenden. Unangenehm ist vor allem das schrille Gebaren der Rechten nach dieser Tat, die versuchen, sie noch schnell auszuschlachten. Kein Wunder, dass Verschwörungstheorien darüber entstehen, wieso sich diese Taten gerade vor der Wahl so häufen. War der Täter von München von Putins Infiltratoren gekauft? Das ist nur so eine Idee mit vielleicht fünf Prozent Wahrscheinlichkeit, aber man darf heutzutage ja nichts ausschließen. Wir lernen doch jeden Tag, dass das Unmögliche nicht vorhanden ist.

Die Union fährt also den verdienten Abwärtstrend ein, was leider deshalb niemanden erfreuen kann, weil die AfD in gleichem Maße zulegt. Allerdings ist unser Eindruck aus der Zeit-Grafik, dass nicht die Union und die AfD, sondern die AfD und das BSW am stärksten korrelieren. Als im Sommer das BSW seinen Höhenflug von bis zu 8 Prozent hatte, schwächelte die AfD auffällig, ohne dass es einen besonderen Grund dafür gegeben hätte. Wir erinnern uns noch, wie sich damals Alice Weidel über die Spaltung des Wählerpotenzials gegen die „Altparteien“ ärgerte. Im Osten hat sich das BSW sofort manifestiert, war aber wohl schon über dem Zenit, als die Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September 2024 stattfanden. Damals war aber noch nicht abzusehen, ob es sich um eine kurzfristige Schwankung oder um einen ersten Negativtrend handelte, der sich verfestigen könnte. Ihn jetzt ohne Momentum zu drehen, wird schwierig werden – und nach der Wahl? Dazu kommen wir noch.

Allerdings schien auch die Linke durch das Entstehen des BSW noch einmal etwas zu verlieren, was ja natürlich wäre, denn von der Linken hat es sich abgespalten. Dass sich nun der Wind so gedreht hat, ist vielleicht eine Form von Gerechtigkeit vor allem für die Linke. Viele, die sich neu für die Partei interessieren und sogar in großen Zahlen in sie eintreten (gestern hat sie über 83.000 Mitglieder vermeldet, ein Zuwachs von über 20.000 innerhalb eines Jahres), werden nicht wissen, dass dort immer noch Autokratenfreunde und Stalinisten sitzen, die jeden Wahlerfolg für ihre Ideologie verkaufen würden. Sie haben im Vergleich zu dem Wählerpotenzial, das wir im Moment vermuten, überproportional viel Einfluss, obwohl einige von ihnen zum BSW abgewandert sind. Wir hoffen, dass die Linke sich nicht noch einmal zerlegt und unwählbar macht.

Beim BSW ist das Momentum raus. Auch das Kleinhalten der Mitgliederzahl hat nicht dazu geführt, dass es keine internen Störungen gibt, einige merken, dass sie sich mit dem Engagement für diese Partei verkalkuliert haben, zu naiv waren, außerdem verliert das BSW massiv an Momentum. Der neueste Spin ist, dass man sich bei Sahra Wagenknecht entschuldigen müsse, weil man doch jetzt sehe, wie verhandlungsbereit Putin bezüglich der Ukraine ist. Das ist zynisch. Die Wahrheit ist, Rechtsausleger wie Putin und Trump werden ohne jede Rücksicht auf das überfallene Land einen Diktatfrieden schließen, und die USA werden dabei geschäftlich abgreifen, was geht und die Europäer dürfen später den Frieden sichern, der möglicherweise trotz der vielen Verluste ein wackeliger sein wird.  Da waren die Europäer letztlich naiv, aber Parteien, die im ihrer vollständigen Bezeichnung Gerechtigkeit stehen haben und das, was sich da gerade tut, super finden, können uns nicht überzeugen.

Denn der Rückschluss auf das Gerechtigkeitsempfinden von deren Protagonisten in anderen Fragen liegt nah. Außerdem hat Wagenknecht schon angekündigt, dass sie ihre Partei eventuell kicken will, wenn sie nicht in den Bundestag einzieht. Genau das narzisstische Schema ohne Rücksicht auf die vielen, die sich für sie persönlich engagiert haben, welches wir von ihr und ihrem Mann Oskar Lafontaine kennen. Wir sind über diese Einlassung zu einem maximal ungünstigen Zeitpunkt nicht überrascht. Wir haben sie noch einmal verifiziert, um sicher zu sein, dass wir nichts falsch verstanden haben:

Hat Sahra Wagenknecht angedeutet, dass sie das BSW aufgeben könnte, wenn es am 23.02. an der Fünfprozent-Hürde scheitern sollte?

Sahra Wagenknecht hat tatsächlich angedeutet, dass ihre politische Zukunft vom Wahlerfolg des BSW bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 abhängt. Sie verknüpft den Einzug ihrer Partei in den Bundestag direkt mit ihrer weiteren politischen Laufbahn[3][4].

Wagenknecht erklärte: „Die Wahl ist natürlich auch die Entscheidung über meine politische Zukunft“[4]. Sie betonte, dass eine Partei, die nicht im Bundestag vertreten ist, in der deutschen Politik kein relevanter Faktor mehr sei[3][4]. Diese Aussage impliziert, dass ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde möglicherweise das Ende ihrer aktiven politischen Karriere bedeuten könnte.

Allerdings hat Wagenknecht nicht explizit gesagt, dass sie das BSW aufgeben würde. Sie äußerte sich zuversichtlich, dass ihre Partei den Einzug ins Parlament schaffen werde[4][5]. Zudem kritisierte sie die Berichterstattung und Umfragen, die ihrer Meinung nach das BSW benachteiligen würden[3][5].

Aktuell liegt das BSW in Umfragen bei 4 bis 6 Prozent, was den Einzug in den Bundestag unsicher macht[3][4]. Die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 wird somit nicht nur für das BSW, sondern auch für Wagenknechts persönliche politische Zukunft entscheidend sein[5]./[1]

Würden Sie eine Partei wählen, deren Gründerin schon zu erkennen gibt, dass sie nicht bereit ist, ein Wählervotum zu akzeptieren, das ihr ein paar Jahre echte Aufbauarbeit auferlegt?

Der Eindruck, dass unausgereifte, kindische, narzisstische und außerdem stramm rechte Personen die heutige Politik prägen, verdichtet sich allgemein und ist eine Erscheinung unserer Zeit, die nicht nur in Deutschland zu beobachten ist. Wenn diese Menschen dann extrem viel Macht bekommen, dann wird es richtig gefährlich, wie wir im Moment sehen. In einigen Fällen schon länger, aber wenn sich das Netz dieser über geostrategische Grenzen hinweg verdichtet, kann die Gefahr exponentiell ansteigen. Sicherlich gibt es wiederum Möglichkeiten, darauf zu reagieren, aber dazu müsste man ja anders sein, als die Politiker:innen sind, die wir haben, also standfest und in der Lage, nicht nur bis zur nächsten Wahl zu denken.

Was an der BSW-Sache so besonders unangenehm ist: Offenbar ist man dort davon ausgegangen, in einem Jahr schaffen zu können, wofür die AfD als bisher einzige vollständig populistische Kraft, die von Beginn an eine viel breitere Basis hatte, vom Zeitpunkt ihrer Gründung an vier Jahre gebraucht hatte.

Das Problem an diesen Verhaltensweisen: Verbrannte Erde. Sinnlos verpulverte Energie, noch mehr Demokratiefrust. Aber vielleicht es dies ja letztlich auch die Idee hinter dem, was viel in der heutigen Politik umtreibt. Im Auftrag von Lobbys oder zur Unterstützung von Autokraten Disruption in unterschiedlichen Formen zu betreiben, um ein aktuelles Modewort zu verwenden, das leider eine handfeste Ausprägung in immer mehr Bereichen der Politik erfährt und sicher auch bald des Lebens der meisten von relevant werde wird.

TH

[1] Quellen zum Infoblock BSW / Wagenknecht-Rückzug

[1] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/wagenknecht-bsw-bundestag-buergergeld-friedensverhandlungen-russland-100.html

[2] https://www.deutschlandfunk.de/bsw-bundestagswahl-2025-100.html

[3] https://web.de/magazine/politik/wahlen/bundestagswahl/wagenknecht-entscheidung-politische-zukunft-40632896

[4] https://www.zeit.de/politik/2025-02/bsw-wagenknecht-wahlerfolg-bundestagswahl-2025

[5] https://www.derwesten.de/politik/wagenknecht-bundestagswahl-fuenf-prozent-huerde-id301371921.html

[6] https://www.tagesschau.de/inland/bundestagswahl/parteien/sahra-wagenknecht-132.html

[7] https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/kommentar-wagenknechts-partei-droht-zum-auslaufmodell-zu-werden-105702000

[8] https://www.xn--allgu-jra.tv/mediathek/video/vor-der-bundestagswahl-wie-das-buendnis-sahra-wagenknecht-ueber-die-fuenf-prozent-huerde-kommen-moechte/

[9] https://www.bpb.de/themen/parteien/wer-steht-zur-wahl/bundestagswahl-2025/558940/buendnis-sahra-wagenknecht-vernunft-und-gerechtigkeit/

 


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